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Scarlett

Heute

Da ich meinen Podcast veröffentlichen musste, bevor jemand Wind davon bekäme und mich daran zu hindern versuchen könnte, sollte ich am besten schon mal alles aufnehmen, was ich hatte.

Am Anfang wollte ich ein Stück aus einem Text von Ann vorlesen und danach verkünden, dass ich mit Bestimmtheit wusste, dass die junge Hannah 1933 Lawrence nicht ermordet haben konnte, denn er hatte schließlich 1938 noch gelebt. Dann würde ich noch einen kurzen Teaser aufnehmen, in dem es darum gehen sollte, dass die Journalistin Ann O’Shawn in Wahrheit unsere Hannah war.

Und schließlich würde ich herauszufinden versuchen, was aus ihr geworden war.

Ich saß in meinem kleinen Zimmer, schrieb ein kurzes Skript und legte mir mein Arbeitsmaterial zurecht. Dann öffnete der Himmel plötzlich seine Schleusen, und die Regentropfen prasselten so laut auf das Dach des Hostels, dass an Aufnahmen nicht mehr zu denken war. Am besten suchte ich also erst mal nach Joyce und fragte sie nach Ann O’Shawn. Womöglich war sie ja hier am Loch Ness geblieben, und vielleicht hatte Joyce’ Mutter sie sogar gekannt, weil sie damals auch Angestellte des Hotels gewesen war. Und wenn die beiden Frauen in Kontakt geblieben waren, könnte Joyce mir vielleicht sagen, wie ich Hannah erreichen könnte. Insgeheim konnte ich mir allerdings nicht vorstellen, dass sie noch am Leben war. Doch vielleicht gäbe es ja Kinder oder Enkelkinder, die hier oben am Loch Ness geblieben waren.

Ich sammelte die Sachen, die ich brauchte, wieder ein und ging ins Erdgeschoss.

In der Eingangshalle traf ich einen pudelnassen, schlecht gelaunten Quentin neben einem ebenfalls durchnässten Charlie an.

Vor Schreck ließ ich lautstark meine Unterlagen fallen und machte meine Hoffnung zunichte, wieder hinaufzuschleichen, ohne dass mich einer der beiden sah.

»Scarlett«, sagte Charlie ohne jede Wärme und hob Anns Artikel für mich auf. »Hallo.«

Ich bückte mich nach meinen anderen Papieren, und Quentin Wetherby stand einfach da und schaute zu, wie ich auf dem Boden kniete. Bevor ich Gelegenheit bekam, den Rückzug anzutreten, beugte er sich über den Empfangstisch und betätigte mehrmals die Klingel.

Er richtete sich wieder auf und schüttelte missbilligend den Kopf. »Was ist das für eine Absteige? Wir warten schon seit fünf Minuten, ohne dass sich jemand blicken lassen hat.«

Ich starrte ihn entgeistert an. »Sie bleiben doch bestimmt nicht hier?«

Stirnrunzelnd drehte er sich nach mir um. »So war es eigentlich geplant, doch jetzt, wo ich den Kasten hier gesehen habe, sollten wir aus meiner Sicht ins Marriot ziehen. Ich werde meiner Sekretärin sagen, dass sie uns dort Zimmer reservieren soll.«

Er hob sein Telefon ans Ohr und kehrte uns den Rücken zu.

»Was machst du hier?«, raunte ich Charlie zu, während Quentin seiner Sekretärin bellend Anweisungen gab.

»Ich habe ein ums andere Mal versucht, dich zu erreichen«, antwortete er. »Du hast die ganze Sache sauber an die Wand gefahren.«

»Das war nicht meine, sondern seine Schuld.« Ich nickte zu Quentin hinüber. »Er hat dafür gesorgt, dass mein Programm gecancelt wurde.«

»O nein, das hast du ganz allein geschafft.« Er funkelte mich zornig an. »Astrid und ich hatten ein Haus gefunden, und jetzt konnten wir die Anzahlung nicht leisten, weil das Geld von Quentin fehlt.«

»Ach ja? Der Typ ist pleite und hätte die Kohle auch nicht ausgespuckt, wenn wir getan hätten, worum er uns gebeten hat.«

»Aber dann hätte er das Erbe antreten können, oder nicht?«, rief Charlie mir beleidigt in Erinnerung. »Wozu es jetzt deinetwegen nicht mehr kommen wird.«

»Er hätte dieses Erbe nie bekommen, weil Lawrence damals nicht gestorben ist und Quentins Vater es deshalb auch nie angetreten hat.«

»Behauptest du.«

»Ja, bitte?«, unterbrach Joyce’ Stimme unseren leisen Streit.

»Ich glaube, diese Leute haben beschlossen, ein Hotel in Inverness zu nehmen«, erklärte ich ihr spitz.

Sie runzelte die Stirn. »Geht es dir gut, Scarlett?«

»Es geht mir bestens«, log ich.

»Der Wagen kommt zurück, um uns zu holen«, wandte sich Quentin an Charlie. »Aber aufgrund des schrecklichen Verkehrs wird es wohl eine Weile dauern, deshalb trinken wir vielleicht noch was.«

»Wir haben eine Bar«, erklärte Joyce und zeigte auf die Tür. »Kommen Sie mit.«

»Ich hoffe nur, der Service ist dort besser als hier vorn.« Wutschnaubend bückte Quentin sich nach seinen Taschen und marschierte los.

»Jetzt kommen Sie schon«, schnauzte er Charlie an, und wie ein gut dressiertes Hündchen rannte der ihm eilig hinterher.

»Sie auch«, wies er mich an.

»Ich?«

»Sehen Sie hier sonst noch jemanden?«

»Aber ich habe keine Zeit.«

»Sie kommen trotzdem besser mit.«

Natürlich hätte ich mich weigern können, aber da ich ihm sowieso noch ein paar Fragen stellen wollte, nickte ich und folgte ihnen in die Bar, wo Joyce bereits am Tresen stand.

»Scarlett?«, fragte sie.

Ich wollte einen klaren Kopf behalten, deshalb bat ich sie um eine Cola. »Für ein Bier ist es mir noch zu früh.«

Ich wollte nicht zu dicht bei Charlie sitzen, deshalb war ich froh, als Quentin sich für einen möglichst großen Tisch entschied.

Kaum saß er, trank er den ersten Schluck von seinem Bier und wandte sich mir zu. »Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, Miss Simpson. Bitte stellen Sie diesen lächerlichen Podcast ein. Erzählen Sie Ihren Followern, Sie hätten sich geirrt, machen Sie Schluss und fahren Sie heim.«

Was bildete der Kerl sich ein?

»Haben Sie dafür gesorgt, dass mein Programm gecancelt wurde? Wie haben Sie meinen Chef dazu gebracht?«

»Jeder hat seinen Preis.« Mit einem schmalen Lächeln fügte er hinzu: »Wobei sein Preis erstaunlich niedrig war.«

»Wogegen Charlie fünfzig Riesen haben wollte«, murmelte ich säuerlich, und Charlie runzelte erbost die Stirn.

»Ich fürchte, es steht einfach zu viel auf dem Spiel, als dass diese Recherche weitergehen kann. Und wie ich Ihnen und Charles bereits erläutert habe, brauche ich das Erbe. Es steht mir zu.«

»Nach allem, was man mir erzählt hat, ist es dafür zu spät.«

Wir fuhren herum und sahen einen selbstzufriedenen Lucas in der Tür der Bar stehen.

»Zu viele Köche verderben den Brei. Außerdem war diese Sache sowieso nie wirklich sauber.«

Quentin stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Was reden Sie denn da für einen Unsinn?«, fuhr er Lucas an.

»Das ist kein Unsinn«, klärte der ihn nüchtern auf und zählte Quentins Probleme an den Fingern ab. »Die Ermittlungen der Finanzbehörde werden sicher nicht zu Ihren Gunsten ausgehen, und das Ethikkomitee des Parlaments befasst sich eingehend mit diesem Immobiliendeal in Battersea und geht diversen fragwürdigen Ausgaben nach, die Sie getätigt haben.« Quentin runzelte verständnislos die Stirn. »Zum Beispiel den zweihunderttausend Pfund, die angeblich für die Renovierung des Büros in Ihrem Wahlkreis fällig waren. Man fragt sich schon, ob diese Arbeit so viel wert war.«

»Wie können Sie es wagen?«, herrschte Quentin Lucas ungehalten an. »Vor allem, wer Sie sind überhaupt? Ich wette, Sie sind einer dieser dämlichen Verschwörungstheoretiker, die überall das Böse sehen.«

»Ich heiße Lucas Austen und bin Wirtschaftsprüfer«, stellte Lucas sich ihm vor und trat an unseren Tisch. »Sie haben doch sicher schon von Austen Ingleby gehört.«

Das sagte mir zwar nichts, die beiden anderen Männer aber richteten sich kerzengerade auf. Offenbar war ihnen dieses Unternehmen bekannt.

»Ihr arbeitet auch für die Polizei!« Begeistert streckte Charlie eine Hand in Lucas’ Richtung aus und stellte sich ihm als DC Burns aus London vor.

Ohne ihm die Hand zu geben, erwiderte Lucas: »Angenehm«, und wandte sich wieder Quentin zu. »Wir wäre es mit einer kurzen Unterhaltung, Mr Wetherby?«

»Nehmen Sie Platz«, bot Quentin an und zerrte einen Stuhl für ihn unter dem Tisch hervor.

Doch Lucas nahm auf dem Stuhl an meiner Seite Platz, und als sich unsere Knie leicht berührten, breitete sich ein Gefühl der Wärme in mir aus. Schnell stützte ich die Ellenbogen auf den Tisch und legte nachdenklich den Kopf auf den Händen ab, damit niemand mein Lächeln sah.

Mit einem bösen Blick in meine Richtung sagte Quentin: »Charles hatte mich bereits davor gewarnt, dass es mit Ihnen immer Ärger gibt.«

»Und dabei wissen Sie noch gar nicht, wie es in meinem Podcast weitergehen wird«, gab ich mit neuem Mut zurück. Wenn Lucas in der Lage war, es mit ihm aufzunehmen, konnte ich das auch. »Ihr Onkel wurde damals nicht von Hannah umgebracht. Das weiß ich, weil die beiden sich erst 1938 haben scheiden lassen. Vor allem hat er sie danach trotz allem noch in seinem Testament bedacht.«

Zufrieden sah ich zu, wie Quentin nur stumm den Mund öffnete.

Er wandte sich an meinen Ex und fragte: »Wussten Sie das?«

»Erst seit dem Podcast«, räumte Charlie achselzuckend ein.

»Und das haben Sie nicht selbst herausgefunden?«

»Nun, ich bin mir sicher, dass ich das …« Natürlich hatte Charlie gar nicht selbst recherchiert. Er delegierte diese Tätigkeiten meist.

Noch immer hoffnungslos verwirrt massierte Quentin sich die Stirn. »Wie kann das sein?«

»Warum waren Sie so sicher, dass Ihr Onkel 1933 umgekommen ist und Hannah sein Erbe angetreten hat?«, erkundige ich mich.

Er trank den nächsten Schluck von seinem Bier, und als sein Smartphone klingelte, wies er den Anruf einfach ab.

Er stellte sein Bierglas wieder auf den Tisch und gab mit rauer Stimme zu: »Mein Vater hat mir erzählt, er hätte damals seinen Bruder umgebracht.«

Ich riss überrascht die Augen auf, und auch Lucas und Charlie wirkten äußerst erstaunt über diese Worte.

»Das hat er mir erzählt, als er im Sterben lag«, fuhr Quentin fort. »Er musste es sich wohl von der Seele reden, auch wenn meine Stiefmutter, die dabei war, meinte, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne sei.«

»Aber Sie haben ihm geglaubt?«

»Er war sehr überzeugend.«

Auch wenn er mich dafür abermals mit einem bösen Blick bedachte, schlug ich mein Notizbuch auf. »Erzählen Sie uns von Ihrem Vater. Er war Unternehmer, richtig?«

Ich dachte kurz, dass er nicht mit mir sprechen würde, aber dann begann er zu sprechen.

»Er war schon fünfzig, als ich auf die Welt kam, und im Grunde immer eher so etwas wie ein Großvater für mich. Er war kein wirklich netter Mensch und hatte immer das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein.«

Dann war der Apfel also auch in diesem Fall nicht weit vom Stamm gefallen, dachte ich.

»Er hatte das Gefühl, als wäre ihm ein Unrecht widerfahren?«

»Ich schätze schon. Angeblich hatte er in jungen Jahren ein Alkoholproblem und hat bei Pferderennen jede Menge Geld verloren. Meine Mutter meinte immer, dass er sogar darauf wetten würde, welche Fliege schneller eine Wand hochkrabbeln kann. Er selbst hat mir erzählt, es hätte ihn zutiefst verletzt, als das gesamte Erbe der Familie an Lawrence gehen sollte – unter der Bedingung, dass der bis zu seinem fünfunddreißigsten Geburtstag eine Ehefrau fand.«

»Und durch die Heirat hat Ihr Onkel die Hoffnung Ihres Vaters, selbst das Erbe anzutreten, endgültig zerstört.«

»Genau.«

»Und weil er doch noch an das Erbe kommen wollte, hat er seinen eigenen Bruder umgebracht?«, erkundigte sich Charlie und klang plötzlich wie der Polizist, der er ja eigentlich auch war. »Wäre er nach Lawrence’ Tod denn überhaupt als Erbe an der Reihe gewesen?«

»Nein«, sagte Quentin so laut, dass Charlie zusammenfuhr. »Er behauptete, dass es ein Unfall war. Dass sie gestritten hätten, mitten auf dem See.«

»Und dabei hat er den armen Lawrence über Bord geworfen, oder was?«

»Ich kenne keine Einzelheiten«, räumte Quentin schulterzuckend ein.

»Dann hat Simon seinen Bruder also in den See geworfen, aber jemand anderes hat ihm das Familienerbe vor der Nase weggeschnappt?«

»Auf alle Fälle hat jemand das Haus verkauft und alle Konten leer geräumt. Und weil mein Vater sicher war, dass Lawrence nicht mehr lebte, konnte das aus seiner Sicht nur seine Schwägerin gewesen sein.«

»Aber es gibt schriftliche Belege dafür, dass Ihr Vater einen Teil des Geldes aus dem Hausverkauf bekommen hat«, mischte sich jetzt Lucas wieder ein.

»Das stimmt. Das Geld hat er dann in die Gründung seines Unternehmens investiert.«

»Dann ging es ihm also doch nicht so schlecht«, bemerkte ich. »Und dabei hätte er wohl kaum zur Polizei gehen können, um das Erbe anzufechten, ohne zuzugeben, dass er schuld am Tod seines Bruders war.«

»Das war tatsächlich ein Dilemma.«

»Das er selbst verursacht hat. Sein Leben wäre vielleicht einfacher gewesen, hätte er nicht all sein Geld verspielt und dann noch seinen eigenen Bruder umgebracht.«

»Nur, dass er Lawrence nicht wirklich ermordet hat, nicht wahr? Das haben Sie selbst bewiesen. Also hatte er bis an sein Lebensende Schuldgefühle wegen einer Tat, die er gar nicht begangen hat.«

»Sie müssen es mir nachsehen, wenn ich trotzdem kein Mitleid mit ihm habe«, antwortete ich.

Als abermals sein Smartphone schrillte, warf er einen Blick auf das Display und wandte sich an Charlie. »Der Wagen ist jetzt da. Kommen Sie mit zurück nach Inverness?«

»Könnte ich noch kurz mit Scarlett sprechen?«, fragte Charlie, und ich starrte ihn misstrauisch an.

»Allein.«

Obwohl ich mit den Augen rollte, sagte ich: »Wenn es sein muss. Fünf Minuten.«

»Drei«, verkürzte Quentin mein Angebot. Widerstrebend stand ich auf und folgte Charlie in die Eingangshalle, wo ich mit verschränkten Armen stehen blieb.

»Was gibt es?«

»Schön, dich zu sehen, Scar.«

»Ach, hör doch auf.«

»Anscheinend bist du ganz die Alte«, stellte er mit einem leisen Lachen fest, dann aber wurde seine Miene wieder ernst, und er berührte mich am Arm. »Das alles tut mir wirklich leid. Ich gebe mir die Schuld an diesem ganzen Mist.«

»So ist es schließlich auch. Wenn du nicht diesen lächerlichen Auftrag hinter meinem Rücken angenommen hättest, wäre all das nicht passiert. Du bist ein echter Vollidiot. Hast du deshalb jetzt Stress in deinem Job?«

Er starrte seine Füße an und schüttelte den Kopf. »Anscheinend komme ich noch einmal ungeschoren davon.«

»Da hast du wirklich Glück gehabt. Doch das ist einfach typisch, stimmt’s? Schließlich hattest du ja auch im Handumdrehen eine bessere Freundin, als ich bei dir ausgezogen bin.«

»Sie ist nicht besser«, sagte er und machte einen Schritt nach vorn. »Sie ist nur … anders.«

»Also bitte.«

Wir mussten beide lachen. Dann beugte er sich vor und küsste mich auf den Mund. Weil es in diesem Moment so vertraut und tröstlich war, ließ ich es für einen kurzen Augenblick geschehen. Dann kam ich wieder zur Besinnung, machte mich entschlossen von ihm los und konnte über seine Schulter sehen, dass Lucas beobachtet hatte, was geschehen war. Er sah mich reglos an.

»Lucas …«

»Mein Gott, es tut mir leid, Kumpel. Ich wusste nicht, dass ihr …«, fing Charlie an, doch Lucas schüttelte den Kopf.

»Das war’s.«

»Nein, bitte, Lucas«, flehte ich ihn an. »Bleib hier und lass uns über alles re…«

Er hatte sich schon umgedreht, bevor ich meinen Satz beendet hatte, aber ehe ich ihm folgen konnte, tauchte Quentin in der Eingangshalle auf und sah mich fragend an.

»Wir sind uns also einig, dass Sie diesen Podcast einstellen?«

»Was? Auf keinen Fall!«

»Es wäre besser, wenn nicht alle Welt etwas von dieser Angelegenheit erfährt.«

»Besser für Sie vielleicht«, fuhr ich ihn zornig an. »Aber inzwischen wissen alle, dass Ihr Onkel 1938 noch am Leben war. Und wenn es das Letzte ist, was ich mache, werde ich den Podcast auf jeden Fall zu Ende führen.«

»Es könnte wirklich sein, dass das Ihr letzter Podcast wird«, erklärte Quentin düster, doch ich pikste ihn mit meinem Zeigefinger an.

»Ich habe endgültig genug von Ihren lächerlichen Drohungen. Ich sage das nur ungern, aber offensichtlich haben Sie keine Ahnung, wer mein Vater ist.«

»Ein kleiner Polizist wie Charles?«, fragte er mich, und Charlie verzog schmollend das Gesicht.

»O nein, er ist nicht bei der Polizei«, erklärte ich. »Mein Vater ist Michael Newton, und er würde sicher gern in seiner Sendung etwas über Ihre halbseidenen Geschäfte bringen wollen.«

»Und von der Frau in Bloomsbury, die Sie regelmäßig besuchen«, schlug Charlie vor. »Obwohl das sicher hauptsächlich für Ihre werte Gattin von Interesse ist.«

Ich hob die Augenbrauen.

»Was ist? Ich habe eben auch ein wenig recherchiert.«

Ich blickte wieder Quentin an, der kreidebleich geworden war.

»Womöglich sollte ich es dabei belassen«, sagte er.

»Ich glaube auch, dass das das Beste ist, und wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt«, stimmte ich ihm zu und lächelte ihn provozierend an.

Er machte auf dem Absatz kehrt, marschierte Richtung Tür, und ich sah Charlie an. »Und du verschwindest auch.«

»Aber, Scar ...«

»Verschwinde, Charlie.«

Während er mich noch verwundert ansah, machte ich mich auf die Suche nach dem Mann, der nicht nur anders, sondern einfach besser war als der Mann, mit dem ich zu lange zusammen gewesen war.