Einundfünfzigstes Kapitel

«Ich habe mich entschieden.» Annett hatte darauf bestanden, sich mit Arthur in einem feinen Restaurant zu treffen. So war sie sicher, dass er ihr keine Szene machen würde.

«Was hast du entschieden?» Er lächelte sie an, strich mit dem Finger zart über ihre Hand.

Annett zog die Hand weg. «Du hast mich vor eine Entscheidung gestellt. Hast du das schon vergessen?»

Arthur machte ein schuldbewusstes Gesicht. «Hast du das etwa ernst genommen?» Er griff wieder nach ihrer Hand, führte sie an seinen Mund und küsste sie. «Ich war ein wenig überarbeitet. Es tut mir leid. Wahrscheinlich hast du einen ganz falschen Eindruck gewonnen.»

Annett nahm ihre Hand vom Tisch und schüttelte den Kopf. «Ich glaube nicht, dass ich mich getäuscht habe. Du möchtest eine Frau, die dir das Haus gemütlich hält und deine Kinder aufzieht. Du möchtest gewiss keine Frau, die sich in Hörsälen aufhält und mit dem Gedanken spielt, einen Wolkenkratzer zu bauen. Deine Worte ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.»

«Ich sagte doch schon, ich hatte einen schlechten Tag», wiederholte Arthur, nun schon leicht gereizt. «Wie lange willst du noch darauf herumreiten?»

«Gar nicht mehr», erwiderte Annett. «Und es ist mir auch egal, wie du was gemeint haben könntest und was ich falsch verstanden haben sollte. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Deine Forderung war dafür nicht der Anlass. Gewiss nicht. Sie hat es mir nur leichter gemacht, die richtige Entscheidung zu treffen.»

Jetzt wurde Arthur ärgerlich. Sie sah, wie die Ader an seiner Stirn langsam blau hervortrat. Sie sah auch das Glitzern in seinen Augen, die zu schmalen Streifen geworden waren. Und sie sah, wie sich sein Mund verzog. Doch das alles beeindruckte sie nicht. Sie holte tief Luft, dann sagte sie: «Ich werde die Verlobung lösen.» Sie zog den Ring von ihrem Finger und hielt ihn Arthur hin. Doch der tat, als sähe er das nicht.

«Du willst also die Verlobung lösen.» Er nickte, dann sah er auf. «Und warum, wenn ich fragen darf?»

«Ich möchte lieber studieren. Ein Leben als Hausfrau und Mutter ist nichts für mich. Ich wäre dir keine gute Ehefrau.»

«Aber woher willst du das denn wissen?» Seine Stimme klang gepresst, aber irgendwo war doch ein winziger Funken Hoffnung darin.

Annett seufzte. «Ich weiß es eben.» Sie hatte sich vor ihrem Treffen oft genug vorgestellt, wie es wäre, den ganzen Tag nur mit dem Haushalt und den Kindern beschäftigt zu sein, zum Friseur und zur Maniküre zu gehen, sich mittags mit Freundinnen zu treffen und über Wohltätigkeitsveranstaltungen zu sprechen. Allein der Gedanke an solch ein Leben hatte sie zum Gähnen gebracht.

Arthur nickte zornig. «So bist du. Jetzt siehst du es selbst. So bist du immer.»

«Wie denn? Was meinst du?»

«Stur. Widerspenstig. Immer alles besser wissend.»

Annett zuckte mit den Schultern. «Was soll ich darauf sagen, außer, dass ich eben weiß, was ich will und was nicht.»

Das erzürnte Arthur nur noch mehr. «Gar nichts weißt du. Nichts. Ich war so anständig und habe deine Tugend geachtet. Hätte ich dich nur ins Bett gezerrt – wie andere Männer das zweifellos versucht hätten –, dann wüsstest du jetzt, dass eine Frau ohne Mann nicht leben kann. Nicht ohne körperliche Liebe. Alles, was du da so machst, deine merkwürdigen Studien, deine unsägliche Arbeit auf der Baustelle, mit all diesen Dingen suchst du nur die Lücke zu füllen, die die körperliche Liebe hätte füllen sollen.»

«Deine Argumentation ist falsch», stellte Annett ungerührt fest. «Wie kann ich etwas vermissen, das ich noch gar nicht kenne.» Sie schob den Stuhl zurück und machte Anstalten aufzustehen. Aber Arthur packte ihr Handgelenk und hielt sie fest.

«Du kannst nicht einfach gehen, kannst mich nicht einfach hier sitzenlassen.»

Annett schwieg, sah ihn nur an. Da ließ er sie endlich los, so abrupt, dass sie nach hinten prallte. Er hob den Finger. «Das wirst du bereuen. Das wirst du bitter bereuen. Und wenn du dann auf Knien angekrochen kommst, dann erwarte bloß nicht, dass ich dich wieder nehme. Du hast meine Liebe verspielt. Ein für alle Mal.»

Was sollte Annett darauf erwidern? Nichts. Ihr fiel rein gar nichts dazu ein. Sie blickte ihn an und flüsterte mit dem letzten Rest an Zärtlichkeit, der ihr für Arthur noch geblieben war: «Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.» Ein letzter Blick, doch Arthur erhob sich nun. «Pah! Verletzen! Du hast mich nicht verletzt. Du nicht. Du bist eine frigide Ziege, und ich bin letztendlich froh, dass sich das jetzt schon herausgestellt hat und nicht erst nach unserer Hochzeit.»

Diese letzten Worte schmerzten. Sie brannten sich Annett wie ein Siegel in die Haut, aber sie änderten nichts an ihrem Entschluss. Noch nie war sie sich so sicher gewesen, das Richtige getan zu haben.