Achtes Kapitel

Das Dorf war so ähnlich wie das, in dem Gottwitha aufgewachsen war. Nicht viel mehr als drei Dutzend Häuser drängten sich um eine kleine Straße, welche die Mainstreet genannt wurde. Auf ihr konnten die Buggys der Amischen gute zwei Meilen fahren, bis sie auf die Landstraße trafen, die in den nächsten Ort führte. Doch die Amischen verließen ihr Dorf so selten, dass die Zufahrt von Unkraut überwuchert war. Was sollten sie auch in einem Dorf der anderen, die sie die «Englischen» nannten? Sie hatten in ihrer Gemeinschaft alles, was sie brauchten. Nur das Petroleum für die Lampen mussten sie kaufen und gelegentlich ein wenig Papier, Gewürze, Zündhölzer, ein paar Haushaltsgerätschaften oder Werkzeuge. Dafür reichte es, wenn die Familien einmal in der Woche mit einem kleinen Petroleum-Fass zu dem kleinen Store im Dorf der Englischen fuhren. Brot, Butter, Fleisch, Eier, Obst, Gemüse, Seife, all das hatten die Amischen selbst. Auf Spinnrädern wurde Wolle gefertigt, die Webstühle stellten kleine Teppiche und Läufer her, die gegen Petroleum oder Stoffe getauscht wurden, aus denen die amischen Frauen ihre berühmten Quilte nähten.

Selbst das Aussehen der amerikanischen Amischen war genauso wie das der deutschen. Alle Männer trugen schwarze Hosen mit Hosenträgern, da Knöpfe als Luxus galten und deshalb verboten waren, dazu blaue oder weiße Hemden, schwarze Hüte und gewaltige Bärte. Die Haare der Männer waren allesamt gleich geschnitten, kurz und schnurgerade, während die Frauen ihr langes Haar ordentlich aufsteckten. Die Frauen verbargen ihr Haar außerdem unter einer einfachen Gazehaube, die unter dem Kinn nicht geknotet wurde, dazu trugen sie ihre schlichten Kleider und Schürzen. Viele der Frauen schwiegen zumeist. Andere, wenige, mit gutmütigen Ehemännern, lachten verhalten und redeten leise. Laut gesprochen wurden nur die Gebete.

Gottwitha wurde in eines der Häuser geführt, das weiß gestrichen war. Es wirkte so sauber und ordentlich, als wäre es gerade frisch gekalkt worden. Neben dem Haus befand sich eine ungeheuer große Tenne, daneben ein Stallgebäude, das bis in den Nachbarhof hineinreichte. Sie hörte ein paar Kühe muhen, Hühner rannten pickend und gackernd über den Hof. Dahinter befand sich ein Garten, der ebenso gepflegt aussah wie die Gebäude. Das Gemüse stand in schnurgeraden Reihen, ein Wasserfass malte einen blauen Punkt in all das prangende Grün. Hinter dem Garten, zwischen zwei Obstbäumen, flatterte Wäsche auf der Leine. Blaue Hemden, dunkle Kleider. In der Küche erwartete sie eine verhärmte, hagere Frau mit schmalem Mund. «Meine Mutter», erklärte Samuel Stoltzfuß kurz, dann ließ er Gottwitha allein. Was Gottwitha zuerst auffiel, war der Geruch. Nach verdorbenem Obst, nach gammligem Fleisch, süß und schwer irgendwie und auf jeden Fall Übelkeit erregend. Die Mutter stand neben dem Herd, mit erhobenem Holzlöffel, und betrachtete Gottwitha schweigend. Ihre Blicke waren wie ein kalter Wind, der Gottwitha über Gesicht und Gestalt fuhr. Sie versuchte ein Lächeln, doch das Gesicht der älteren Frau blieb streng und hart. «Hast wenig gearbeitet, was?», fragte die Frau.

«Wie kommen Sie darauf? Viel gearbeitet habe ich. Wie alle anderen auch.»

Die Alte rümpfte die Nase. «Bist fett wie eine Weihnachtsgans.»

Gottwitha erschrak. Über die Feindseligkeit und über die Worte. Ja, sie war nicht gerade mager. Sie hatte einen Ammenbusen, wie die Freundin ihr immer wieder versichert hatte, sie hatte Rundungen an den richtigen Stellen, aber nie, nie, nie hatte jemand sie als fett bezeichnet. Amische wurden nicht fett, denn sie gaben sich nicht mit sinnlichen Genüssen ab. Sie fett zu nennen war eine Unterstellung, hieß nichts anderes, als dass sie eine schlechte Frau war.

Die Alte hatte sich wieder ihrem Topf zugewandt und rührte darin. Gottwitha stand noch immer in der Küche, ihr Bündel zu den Füßen, und wusste nicht, was sie tun sollte. Die Küche sah so ähnlich aus wie die ihrer Eltern in Deutschland. Ein großer Holztisch nahm die Mitte des Raumes ein. Der Küchentisch, das Herzstück einer amischen Familie. Hier wurde gegessen, hier wurde gebetet, hier wurden am Abend die Handarbeiten ausgeführt. Daneben, in einer Art kleiner Nische, entdeckte Gottwitha einen Sarg. Tatsächlich! Es war ein Sarg, ein viereckiger Kasten mit einer kleinen Öffnung dort, wo sich das Leichengesicht befand. Und daneben, auf einem Schemel, saß ein etwa fünfjähriges Mädchen, das mit einem Wedel die Fliegen vertrieb, die sich aus der Sargöffnung wie ein Geschwader in die dicke Küchenluft erhoben. Sie schluckte. Lag jemand in diesem Sarg?

«Bist du fertig?», fragte Samuels Mutter.

Gottwitha schüttelte den Kopf. «Fertig womit?»

«Mit dem Glotzen.»

Sie nickte und senkte den Blick zu Boden.

«Bist du festgewachsen, was? Nimm ein Huhn und rupfe es. Morgen beerdigen wir die Oma. Der Bischof kommt. Dann werdet ihr auch gleich verheiratet. Muss er nicht zweimal kommen.»

Gottwitha nickte. Sie war starr vor Schreck, begriff erst jetzt, dass sich ihr zukünftiges Leben in dieser Küche, in diesem Haus, in diesem Dorf abspielen würde. Abgrundtiefe Traurigkeit überkam sie, Trotz stieg auf, doch sie schluckte ihn hinunter. Sie kämpfte auch die Tränen zurück und machte sich daran, das Huhn in kochendes Wasser zu tauchen. Die Alte nahm den Topf vom Herd, strich sich die Hände an der Schürze ab. «Hast nicht viel gelernt bei dir daheim, was?»

Gottwitha zuckte zusammen, hob das Huhn aus dem kochenden Wasser. «Was meinen Sie damit?»

Die Alte deutete auf den Sarg. «Das ist meine Mutter, die Großmutter von Samuel. Du solltest ihr Ehre erweisen.»

Langsam trat Gottwitha an den Sarg. Sie wagte es nicht, dem Kind zuzunicken, das die Fliegen verscheuchte. Der Geruch, der aus der Öffnung des Sarges aufstieg, war schwer und süß. Er drang bis in Gottwithas Kehle, setzte sich auf ihr Haar, in ihr Kleid. Die Frau im Sarg war ebenso mager wie ihre Tochter. Sie hatte einen sichelschmalen Mund, der nach unten gebogen war. Ihre Augen waren geschlossen. Das Gesicht wirkte wie Talg, und wäre nicht der Geruch gewesen, hätte Gottwitha glauben können, dass hier eine Puppe liege. «Sie ist schon seit acht Tagen tot», erklärte die Mutter. «Der Bischof konnte nicht früher kommen.» Gottwitha nickte.

«Mach, streich der Oma die Fliegen aus den Augenwinkeln», herrschte die Mutter das kleine Mädchen an. Die Kleine sah auf, nickte eifrig und machte sich wieder an die Arbeit. Gottwitha aber starrte auf die tote Frau und wurde von einem unbeschreiblichen Grauen überfallen. Acht Tage schon. Deshalb der Gestank. Kein Wunder. Sie hatte jetzt schon Angst davor, sich am Abend an den Tisch zu setzen. Es war, als würde die Tote mit daran sitzen und alles mit ihrem Gestank belegen.

«Bist du schon wieder festgewachsen?», fragte die Mutter, und Gottwitha erschrak. Sie faltete die Hände und betete für die Tote. «Du musst sie auf die Stirn küssen. Immerhin gehörst du ja bald zur Familie.» Die Mutter stand neben ihr, und Gottwitha hatte den Eindruck, dass sie sie sogleich im Nacken packen, ihr Gesicht auf das der Tote pressen würde. Sie trat einen Schritt zurück, musste würgen und hoffte, dass die Mutter davon nichts mitbekam. Sie ekelte sich vor dieser toten Frau, vor ihrem starren, fratzenhaften Gesicht, vor dem Geruch, der aus dem Sarg aufstieg.

«Ihr Blut wird in den Adern deiner Kinder fließen», zischte die Mutter. «Also erweise ihr endlich die Ehre.»

Zögerlich beugte sie sich über den Leichnam und hielt die Luft an, denn mittlerweile war ihr so übel, dass sie sich am liebsten erbrochen hätte. Sie näherte ihre Lippen dem Gesicht der Toten, sah überdeutlich, wie eine winzige Fliege in deren Nasenloch krabbelte.

«Los, mach schon!» Die Mutter drängte. Und jetzt packte sie Gottwitha tatsächlich leicht im Nacken und drückte ihre Lippen auf die Stirn der Toten. Kalt fühlte sich die Leiche an. Kalt und irgendwie schwammig. So als würde sich die Haut schon auflösen. So, als würden unter der Haut winzige Tiere wohnen, die sich bewegten. Gottwitha versuchte den Würgereiz so heftig zu unterdrücken, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Da packte die Mutter noch fester zu, dirigierte Gottwithas Kopf ein Stück weiter, sodass ihr Gesicht zur Hälfte auf dem der schrecklichen Leiche lag. Ihre Lippen berührten den Mund der Toten, der ein wenig offen stand und aus dem ein solcher Gestank entwich, dass Gottwitha den Würgereiz nicht mehr unterdrücken konnte. Sie stemmte sich gegen die Hand in ihrem Nacken, kämpfte mit ihrer ganzen Kraft gegen den festen Griff der Mutter, bis es ihr schließlich gelang, den Kopf ein wenig zur Seite zu reißen, und dann schoss ihr das gesamte Essen des Tages aus dem Mund, ergoss sich wie ein Schwall über den Sarg und beschmutzte sogar das Leichenhemd der Toten.

Die Mutter wich zurück, starrte Gottwitha an, als wäre sie der Teufel in Person. Dann murmelte sie einige Gebete, versah ihre künftige Schwiegertochter mit einem Blick, der die Hölle zu Eis gefroren hätte, und begab sich zurück an den Herd. «Wisch auf, was du angerichtet hast. Nimm deinen Schmutz von meiner Mutter.» Die Worte kamen so hasserfüllt, dass Gottwitha bis ins Mark erschauerte. «Auf Knien kannst du den Herrn darum bitten, dir diese Sünde zu vergeben.»

«Ich … ich wollte das nicht», stammelte Gottwitha, die am ganzen Leib zitterte. «Ich wollte ihr die Ehre erweisen. Ich werde sie in meine Gebete einschließen. Mein Gott, ich wollte das doch nicht.»

«Du wirst damit leben, dass du die Großmutter deines Mannes, die Urgroßmutter deiner Kinder mit Schmutz besudelt hast.» Dann sprach die Mutter nichts mehr, aber Gottwitha sah, wie ihr die Tränen über die Wangen rannen. Sie selbst war wie gelähmt. Natürlich hatte sie niemals die Großmutter ihres Mannes besudeln wollen. Gott wusste, dass es nicht so war. Aber nun war es geschehen. Ihre Übelkeit war wie weggeblasen. Eine ungeheuerliche Schwere hatte sich ihrer Knochen bemächtigt. Sie suchte nach einem Eimer, schöpfte Wasser aus einer Pumpe, und dann begann sie, die beschmutzte Leiche langsam und gründlich zu waschen. Noch immer war ihr, als sitze der Geruch der Toten in ihren Kleidern, in ihrem Haar, in ihrer Kehle. Und doch arbeitete sie so gründlich, wie sie es nie zuvor getan hatte. Danach ging sie vor dem Sarg auf die Knie, faltete die Hände und bat Gott und jeden anderen um Vergebung. Sie tat dies so hingebungsvoll, dass die Mutter schließlich zu ihr kam. «Es reicht nun wohl. Rupfe das Huhn. Und lass uns über den Vorfall nicht sprechen. Ich möchte nicht, dass jemand erfährt, was du meiner Mutter angetan hast.»

Eine Stunde lang oder mehr arbeitete sie schweigend. Ihr Blick fiel immer wieder auf den Sarg neben dem Esstisch, und immer wieder musste sie das Schaudern unterdrücken. Wo bin ich nur hingeraten?, überlegte sie und wusste doch, dass all ihre Gedanken überflüssig waren, weil es niemanden gab, den sie interessierten. Eines aber gab es, das von größtem Interesse war. Das Huhn war noch nicht ganz gerupft, als es an der Tür klopfte und der Schtecklimann, der Heiratsvermittler, in die Küche kam. Die Alte begrüßte ihn mit einem Seufzen und stellte so klar, dass sie die Wahl ihres Sohnes bedauerte. «Hätte auch hier jemanden finden können. Hätte nicht sein müssen, eine aus Deutschland zu holen», murmelte sie und bot dem Schtecklimann ein Glas Wasser an. Der besah Gottwitha von vorn und von hinten, ließ sie sich drehen, den Mund öffnen, dass er ihre Zähne begutachten konnte. Und dann kam das Wichtigste. Der Schtecklimann wartete damit, bis auch Samuel in der Küche erschien und außer Samuel noch sein Vater, seine Schwestern und sein Bruder. Dann erst fragte er, was er zu fragen hatte: «Gottwitha, kannst du sagen, dass du rein geblieben bist? Ist dir ein Mann zu nahe gekommen? Hast du mit einem gesprochen oder gar mehr noch?» Natürlich hatte Gottwitha auf dem Schiff mit Männern gesprochen. Nicht oft. Nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Sie hatte auch in Batterfield Park die Fragen des Mannes von der Einwandererbehörde beantwortet. Also nickte sie, obgleich sie ungefähr wusste, was der Schtecklimann meinte. «Auf dem Schiff, da musste ich mit Männern reden. Sie wollten mein Billett sehen. Und hernach auf der Behörde.» Sie hörte selbst, wie naiv das klang, aber wenn sie die Alte betrachtete, dann schien ihr Naivität nicht die schlechteste Eigenschaft für eine künftige Schwiegertochter zu sein.

Die Alte betrachtete Gottwitha noch einmal misstrauisch, dann nickte sie schließlich. «Sie ist so rein, wie sie dumm ist», teilte sie dem Schtecklimann und den anderen mit. Samuel entspannte sich. Ja, er schenkte ihr sogar ein kleines Lächeln. «Dann werden wir uns also morgen vermählen. Erst die Beerdigung, danach die Hochzeit.»

Am Abend lag sie in einer kleinen Kammer, in der nichts weiter war außer einem Bett und zwei Nägeln für die Kleidung an der Wand. Sie lag mit offenen Augen, die Hände unter dem Kopf verschränkt, und starrte ins Leere. Ihr war, als ginge ihr Leben hier und jetzt zu Ende. Sie fühlte sich wie eine Gefangene, und sie musste sich aufrichten, weil ihr plötzlich die Luft zum Atmen fehlte. Sie warf die Bettdecke von sich und begab sich zum Fenster, starrte wehmütig in die Nacht. Wie oft hatte sie auf dem Schiff zusammen mit Annett und später auch mit Susanne gelacht. Sie hatten geredet und geredet, und niemand tadelte sie deshalb. Susanne hatte geschworen, dass das Kind in ihrem Leib es einmal besser haben sollte als sie selbst. Und Annett erst. Sie hatte erzählt, dass sie studieren wollte. Mathematik und Ingenieurwissenschaften. Gottwitha hatte den Kopf geschüttelt, es als Spinnerei abgetan. Ungefähr so, als hätte Annett beschlossen, eines Tages zum Mond zu fliegen. Aber dann hatte sie begriffen, dass es der Freundin ernst war. Und da hatte sie nicht mehr gewusst, ob sie sie bewundern oder bedauern sollte. «Was ist», hatte sie gefragt, «wenn du eines Tages Kinder bekommst?» Und Annett hatte einfach mit den Schultern gezuckt und geantwortet, dass sie im Grunde keine Kinder haben wollte. Da war Gottwitha die Kinnlade heruntergefallen. Keine Kinder? Sich gegen Gottes Plan stellen? Wider die Natur? Sie hätte gern gefragt, warum, aber sie hatte es nicht gewagt. Diese Gedanken, diese Fragen, das wusste sie, hatten in einem amischen Kopf, in einer amischen Seele keinen Platz. Diese Erkenntnis hatte sie getroffen. Tief in Mark und Bein. Wenn ihre Schwiegermutter wüsste, was in ihrem Kopf los war, sie würde mit Schimpf und Schande aus dem Dorf getrieben werden. Der Bann würde über sie kommen. Das war schlimmer noch als die Tötung des Mannes oder die Besudelung des Leichnams. O Gott, sie fühlte sich so schlecht, so einsam wie nie zuvor in ihrem Leben. Sie wusste genau, dass sie von jetzt an keinen ruhigen Tag mehr haben würde. Samuels Mutter würde sie verfolgen, würde ihr das Leben schwer machen, würde sie hassen, hassen, hassen. Kein Tag mehr in ihrem Leben würde leicht und froh sein. Immer, immer würde sie ihre Schwiegermutter im Nacken haben. Das, was ihr heute am Sarg geschehen war, wog schwerer als der Mord auf dem Schiff.

Auch das durfte man als Amische nicht einmal denken. Doch Gottwitha vertraute in diesem Punkt auf die Güte Gottes. Er hatte gesehen, was für ein Scheusal der Mann gewesen war. Gott hatte sicher erkannt, dass er getötet werden musste, um Susanne und dem Kind das Leben zu retten. Und trotzdem! Was sie ihm angetan hatte, war sehr schlimm. Man hatte dem Herrgott nicht ins Handwerk zu pfuschen.

Aber dass Annett keine Kinder wollte! Das schien Gottwitha so frevelhaft, als hätte Annett Gott gleich ganz geleugnet. Wozu waren Frauen denn da, wenn nicht dafür, Kinder zu kriegen? Einen Augenblick lang stellte sie sich vor, was Annett jetzt wohl gerade tat. Sie saß womöglich in einem wunderschönen Haus, trug ein seidenes Kleid. Sie redete und lachte, man hörte ihr zu, und für den nächsten Tag standen bestimmt schon neue Annehmlichkeiten auf dem Programm. Dann dachte Gottwitha an Susanne und seufzte. Mit ihr stand es schlimm. Sie war schwanger und hatte keinen Mann. Da war niemand, der ihr sagte, was sie tun und lassen sollte. O Gott, wie konnte sie da auch nur einen Tag überstehen? Sie musste so allein sein, so mutterseelenallein wie kein Mensch sonst auf der Welt. Zumindest keiner, den Gottwitha kannte. Wenn sie sich mit Susanne verglich, dann konnte sie von Glück sagen, dass sie Samuel hatte. Dann war am Ende sogar die Schwiegermutter ein wenig Glück. Auch, wenn es sich anders anfühlte.