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FINN

Ich hatte wirklich vergessen, wie viel Spaß es machen konnte, mit Sam abzuhängen. Gott, wie ich ihn vermisst hatte.

„Und dann habe ich ihr gesagt, sie soll verschwinden und nie wiederkommen. Ich brauche keine Betrügerin in meinem Bett, auch wenn sie hübsch ist“, beendete Sam die Erzählung seiner letzten Beziehung – oder zumindest des Mädchens, mit dem er es getrieben hatte, bevor er herausgefunden hatte, dass sein Bett nicht das einzige war, das sie nachts wärmte, und dass ihre „Mädelsabende“ nicht wirklich mit den Mädels verbracht worden waren.

„Es ist eine Schande, aber es ist besser, du findest es jetzt heraus als später. Und sei froh, dass du dir nichts eingefangen hast.“ Ich reichte ihm den Teig für die Pancakes.

„Ja, stimmt. Und bei dir? Irgendwelche neuen Typen? Hast du kürzlich jemanden aufgegabelt?“

Ich schüttelte den Kopf, während er etwas von dem Teig in die Pfanne goss. „Nichts Ernstes, leider. Ich hatte ein paar Affären, aber ich warte immer noch auf den Richtigen, der mich von den Socken haut. Sogar mein Freund Micah hat vor Kurzem geheiratet, und ich kann dir sagen … Das hat wehgetan, auch wenn ich mich für ihn freue. Aber ich will auch jemanden wie er haben, weißt du? Oder wie seinen Ehemann. Micah ist nicht mein Typ, aber Carter … Schade, dass er immer nur Augen für Micah hatte, und ich würde sowieso nie was mit einem Kerl anfangen, der in einer Beziehung ist.“

Ich starrte auf die Pfanne und erinnerte mich an die Freude in Micahs Augen, als er zum Traualtar schritt. Er und Carter waren wie füreinander geschaffen, und ich freute mich für sie.

Irgendwie wollte ich das auch.

„Tut mir leid, das zu hören.“ Sam wendete den ersten Pancake. „Aber es wird den Richtigen geben, jemanden, der dich genauso liebt, wie dieser Carter seinen Micah liebt.“ Er grinste mich an. „Und in der Zwischenzeit … können wir uns einfach amüsieren.“

„Sagt derjenige, der gestern nicht einmal mit mir in die Bar gehen wollte“, stichelte ich, obwohl ich wusste, dass er von der Heimfahrt zu erschöpft war, um noch etwas trinken zu gehen.

„Wir können heute gehen“, bot er an, obwohl er nicht sehr begeistert klang.

„Nicht dein Ding?“

„Nein, eigentlich nicht. Aber heute Abend gibt es ein Lagerfeuer, wenn du mitkommen willst.“

Ich betrachtete meine Fingernägel, die in einem schönen Rosaton lackiert waren, und deutete auf meine eng anliegende, mit Glitzer überzogene Kleidung. „Sicher? Oder werden sie mich dort als Hexe verbrennen?“

Sam lachte. „Mach dir keine Sorgen. Wir haben schon seit ein paar Jahren keine Hexen mehr verbrannt. Die Dinge haben sich sehr verändert, seitdem du hier gewohnt hast.“

Ich vorzog das Gesicht. Damals war ich der hässliche, picklige Teenager gewesen. Ich wollte auf keinen Fall an diese Zeit erinnert werden. Die Narben waren schon schlimm genug.

„Wenn du garantieren kannst, dass mich niemand ins Feuer wirft, warum nicht?“ Auch, wenn ich versuchte, eine Ausrede zu finden, nicht mitgehen zu müssen. Lagerfeuer. Draußen. Ich. Und ich würde ganz sicher nicht nach Mückenschutzmittel riechen, also würde ich mir auch über diese Plage Gedanken machen müssen.

„Yeah!“ Sam grinste mich an, sichtlich erfreut, dass ich mich entschlossen hatte, mit ihm zu gehen. Er beendete die erste Portion Pancakes, legte sie auf einen Teller und gab eine weitere Portion Teig in die Pfanne. „Wenn wir hier fertig sind, können wir essen und dann sehen wir, was wir heute noch machen können. Aber einfach nur ein bisschen reden ist doch eine gute Idee, meinst du nicht?“

„Klingt ganz gut. Ist ja nicht so, als hätte ich hier noch was anderes zu tun“, sagte ich.

Sam hob eine Augenbraue. „Das nenne ich verbittert, Mann. So habe ich dich nicht in Erinnerung. Außerdem, wenn du keine Zeit mit mir verbringen willst, dann sag es einfach.“ Er wendete einen Pancake.

„Sorry. Ich wollte nicht verbittert klingen, und ich möchte wirklich mit dir abhängen. Ich habe mich nur noch nicht daran gewöhnt, wieder hier zu sein, und bisher war das Wiedersehen mit dir das Einzige, was es erträglich gemacht hat.“

Das und ein guter Blick auf Kane, auch wenn das zu nichts geführt hatte. Obwohl es vielleicht ganz lustig wäre, im Sommer ein bisschen mit ihm zu flirten. Das wäre vielleicht ein Weg, die Sommerferien etwas angenehmer zu gestalten. Vielleicht sollte ich mein Glück versuchen. Er hatte gesagt, er sei nicht schwul, aber es würde niemandem wehtun, wenn ich trotzdem etwas flirtete. Und wer wusste schon? Vielleicht war er weniger hetero, als er dachte. Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Er schien durch meinen Flirt nicht beleidigt zu sein, nur verwirrt, also … würde er mir nicht in den Arsch treten, was auch ein Vorteil war.

Ich würde sowieso Zeit mit Sam verbringen, also würde auch Kane in der Nähe sein. Wenn ich nicht mit ihm im Bett landete, dann … na ja, ich war in ein paar Wochen sowieso wieder weg. Wenn ich Erfolg hätte, würde das den Sommer definitiv interessanter machen.

Das klang wirklich gut. Lächelnd drehte ich mich zu Sam um, der immer noch mit den Pancakes beschäftigt war. „Tut mir leid wegen meiner Laune. Ich gebe mir Mühe. Also, womit kann ich dir helfen?“

„Deck den Tisch, bitte.“ Er nickte in Richtung eines Schranks.

Jetzt, wo ich ein Ziel für den Sommer hatte, sah die vor mir liegende Zeit schon besser aus.

* * *

Zum Frühstück zu bleiben war ein guter Weg, dass sich Kane nach unserer ersten peinlichen Begegnung in meiner Nähe wohler fühlte. Außerdem erfuhr ich so, was er heute vorhatte und wie seine Pläne für den Sommer im Allgemeinen aussahen. Und es war auch schön, seine Eltern zu sehen. Sie hatten mich immer akzeptiert, auch wenn der Rest der Welt das nicht tat.

Es war Jahre her, dass ich bei ihnen zum Essen war, aber es könnte genauso gut gestern gewesen sein.

Na ja, nicht wirklich. Sams Vater war dünn geworden, wirklich dünn, und seine Mutter schien auch abgenommen zu haben. Wir waren auch alle erwachsen geworden, aber die Scherze und das Lachen waren gleich geblieben.

Ich hatte diese kleine Scheißstadt zwar nicht vermisst, aber die Freundschaft hatte mir in den ersten Monaten nach meinem Wegzug gefehlt. Ich hatte nie wieder jemanden gefunden, mit dem es so einfach war, Zeit zu verbringen, wie mit Sam. Ich hatte jetzt andere Freunde, und ich stand ihnen nahe, aber es war einfach nicht dasselbe.

Sam war immer an meiner Seite gewesen und hatte damit einige Übergriffe verhindert, einfach, weil ich nicht allein war. Ich schüttelte kurz den Kopf und versuchte, mich von den alten Erinnerungen zu befreien. Es gab keinen Grund, sich jetzt mit ihnen zu befassen. Ich war kein Kind mehr, und ich konnte mit jedem umgehen, der mich beleidigte. Die einzige Sorge, die ich im Moment hatte, war, wie ich den letzten Pancake auf meinem Teller in mich reinstopfen konnte, ohne zu platzen.

„Gib mir mal bitte den Sirup“, sagte Sams Mutter – die ihr Frühstück nicht wie eine Wilde verschlungen hatte –, und ich reichte ihr die Flasche. „Wie ist es dir ergangen, Finn? Ich konnte es nicht glauben, als ich deine Eltern im Supermarkt sah. Ich wusste nicht einmal, dass sie wieder hierher gezogen sind!“

„Mir geht es ziemlich gut.“ Oder es würde mir gut gehen, wenn ich nicht wieder hier wäre. Ich schüttelte den Kopf. „Sogar ich wusste es nicht, bis sie ihre Sachen gepackt hatten. Irgendwie haben sie das Haus bekommen, das sie wollten, und dann war es einfach … Zeit zu gehen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Und ich war schon ewig nicht mehr zu Hause, um ehrlich zu sein, weil ich die meiste Zeit am College bin. Es ist nicht so, als würde mich das noch groß betreffen, wo sie wohnten.“ Außer, dass ich hierher fahren musste, um sie zu besuchen, aber sogar das war bis jetzt einigermaßen in Ordnung gewesen.

Die ganzen paar Stunden, die ich jetzt schon hier war. Aber immerhin war das ein guter Anfang.

Ich warf einen Blick über den Tisch zu Sam und dann zu Kane, der in seinem Pancake herumstocherte, als befürchtete er, sein Bruder könnte ihn vergiften. Er führte einen Bissen an seine Lippen und nahm ihn vorsichtig von der Gabel. Sinnlich. Diese Lippen könnten –

Ich unterbrach meine Gedanken und konzentrierte mich wieder auf ihre Mutter. „Ich finde es toll, dass sie die Gelegenheit genutzt haben, wieder umzuziehen“, sagte Sams Mutter. „Sie haben es hier geliebt, warum also nicht zurückkommen, jetzt, wo sie im Ruhestand sind?“ Auch sie aß langsam, wodurch ich mich wie ein Schwein fühlte. Nur Sam stürzte sich ohne Zurückhaltung auf seine Pancakes.

„Ja, ich glaube, das ist toll für sie.“ Ich schaffte es, begeistert zu klingen – einigermaßen.

„Wie ist das College für dich?“ Ich hatte vergessen, wie neugierig sie war.

„Gut. Ich studiere beides, Kunst und Kosmetologie, und bis jetzt gefällt es mir. Es gibt viel zu lernen, aber dafür bin ich ja dort.“ Ich schaute auf den nächsten Pancake auf dem kleinen Stapel und versuchte herauszufinden, ob ich noch eine Ecke Platz dafür fand. Ich hatte definitiv keinen Hunger mehr, aber sie waren köstlich, weich und fluffig.

„Was machst du eigentlich danach?“ Diesmal sprach Sam um einen Mund voll Pancakes herum.

„Ich habe darüber nachgedacht, Make-up-Artist zu werden, aber es ist schwer, da reinzukommen. Also … Ich bin mir nicht ganz sicher“, gab ich zu.

„Du siehst auf jeden Fall so aus, als könntest du das machen. Dein Make-up ist wunderschön“, warf Sams Mutter ein.

Ich wurde rot. Ich war es nicht gewohnt, dass man mich für mein Make-up lobte, sondern nur darüber urteilte. Die einzige Person, die in letzter Zeit so fasziniert davon gewesen war, war mein Freund Micah, der sich für seinen Daddy-Dom gerne ein bisschen aufhübschte. „Vielen Dank, Mrs Stiles.“

„Du brauchst mir nicht zu danken. Ich wusste gar nicht, wie viel man mit Make-up machen kann. Ich meine, ich schon, aber nicht bei einem Mann … Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.“ Sie errötete. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“

Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte ich, dass Kane mich musterte, obwohl ich seinen Gesichtsausdruck nicht lesen konnte.

„Nein, ist schon in Ordnung. Ich weiß, dass Sie das nicht jeden Tag sehen.“ Ich zuckte mit den Schultern. Ich war es nicht gewohnt, mit vielen Leuten über meinen Stil zu sprechen, schon gar nicht mit Eltern. Meine versuchten, es zu ignorieren oder mir auf ach so hilfreiche Weise davon abzuraten, Make-up zu benutzen, und andere vermieden das Thema ganz. Es war irgendwie seltsam, aber gleichzeitig schön, geschätzt zu werden.

„Es steht dir.“ Sie lächelte freundlich. Sie und Sams Vater waren schon immer sehr aufgeschlossen gewesen, und mein Make-up schien sie nicht im Geringsten zu stören.

Kanes Blicke verweilten immer noch auf mir, aber ich hatte keine Ahnung, was er dachte. Ich würde viel dafür geben, das zu erfahren.

Sam hatte die Zeit, in der seine Mutter mich verhört hatte, genutzt, um seinen Stapel Pancakes zu verschlingen, aber sein Vater hatte das Essen auf seinem Teller kaum angerührt. Bis dahin war mir nicht aufgefallen, wie seltsam ruhig er war. Ich hatte ihn nicht als so verschlossen in Erinnerung. Er war immer genauso gesprächig gewesen wie ihre Mutter. Seltsam. Wenn ich es mir recht überlegte, sah er auch nicht so gut aus. Seine Haut war blass und er war wirklich zu dünn. Aber Sam hatte nicht erwähnt, dass seine Eltern irgendwelche gesundheitlichen Probleme hatten.

„Danke“, sagte ich nach einer Pause. Ich konnte immerhin höflich sein, wenn ich wollte.

Stille senkte sich über den Tisch. Zuerst war es nicht unangenehm, nur ein wenig seltsam. Dann aber konnte ich es nicht mehr ertragen und sah Kane an. Es war an der Zeit, ihn besser kennenzulernen. „Was machst du, Kane? Auch auf dem College?“

„Nee“, sagte er abweisend. „Ich arbeite im örtlichen Fitnesscenter als Trainer.“ Nun, das erklärte zumindest die Muskeln.

Ich leckte mir über die Lippen und versuchte, es nicht zu offensichtlich machen, aber auf eine Art und Weise, die von jemandem, der aufmerksam war, als Flirten aufgefasst werden konnte. „Du siehst auf jeden Fall aus, als würdest du ein hartes Training genießen …“

Sam hustete.

Kane starrte mich an, als wäre er sich nicht sicher, worauf ich hinauswollte.

„Nicht? Ich dachte, nur Leute, die gerne hart trainieren, arbeiten in einem Fitnessstudio. Nicht, dass ich jemals selbst eines besucht hätte“, gab ich zu. Nichts würde mich in so etwas bringen, nicht mal ein Yogakurs.

Kane sah immer noch so aus, als hätte er keine Ahnung, was zum Teufel ich da machte. War er so ahnungslos? Oder war er es einfach nicht gewohnt, dass ein Mann flirtete? Egal, was es war, er würde es lernen. Ich war gut in dieser Art von Training.

„Ich … ähm.“ Kane hob seine leere Tasse auf, versuchte, daraus zu trinken, schüttelte dann den Kopf und stellte sie wieder ab.

„Ja, die meisten von ihnen trainieren selbst gern, aber Kane ist keiner von diesen hirnlosen –“

„Sam, sie sind nicht hirnlos“, unterbrach ihn Kane mit einem verärgert klingenden Seufzer. Er war sich wohl bewusst, dass Sam eine nicht so nette Beschreibung für die Typen hatte, die praktisch im Fitnessstudio lebten. „Hör auf, sie so zu nennen.“

Sam zuckte mit den Schultern, dann flüsterte er mir zu: „Das sind sie, aber sag ihnen das nicht. Er hat nur Angst, dass er auch zu einem –“

„Das reicht, ihr zwei“, unterbrach ihre Mutter schließlich.

Sam grinste, Kane warf seinem Bruder einen verärgerten Blick zu, und ich gluckste. Manchmal war ich neidisch auf Sam, weil er einen Bruder hatte. Das war bestimmt toll.

„Was habt ihr heute vor?“, fragte Sams Mutter.

„Später gibt es ein Lagerfeuer, vielleicht hängen wir dort ab. Ansonsten nur reden und nichts tun“, antwortete Sam, bevor ich es konnte.

„Ihr spielt nicht ein bisschen mit Make-up?“

„Kane, hör auf. Mach dich nicht über Finn lustig.“ Diesmal klang seine Mutter noch verärgerter.

„Ich mache mich nicht über Finn lustig. Ich habe mich über Sam lustig gemacht“, sagte Kane. „Tut mir leid.“ Er klang ganz sicher nicht so. „Ich bin nur davon ausgegangen, dass es ganz schön viel Zeit kostet, das alles aufzutragen.“

„Das tut es auch, aber nach einer Weile wird es zur Routine. Und mach dir keine Sorgen. Wir werden nicht mit Puppen spielen und uns gegenseitig die Haare machen. Nicht, dass an diesen Dingen etwas auszusetzen wäre, aber der Plan war eigentlich nur, zusammen abzuhängen und sich zu unterhalten. Langweiliges Zeug.“ Verstand er die Andeutung, dass ich den ganzen Tag Zeit hatte und hier sein würde?

„Ich dachte an Sam“, sagte Kane, obwohl er jetzt ein wenig verlegen klang und das Gesicht verzog. „Ich dachte, du würdest versuchen, sein Make-up zu machen, was den ganzen Tag dauern würde. Du magst ja talentiert sein, aber ich meine … in Anbetracht des Ausgangsmaterials …“

Sam verpasste ihm einen Stoß mit dem Ellbogen. Hart.

Ich zuckte zur gleichen Zeit wie Kane zusammen, aber der rieb sich die Rippen.

„Kane, hör sofort auf. Ihr zwei seid wie …“ Ihre Mutter fuhr sich mit der Hand durch die Haare, sodass sie auf seltsame Weise abstanden. Auch sie sah dünner aus als das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte. Müder. Vielleicht lag es am Alter? Meine Mutter war kein guter Maßstab, um so was zu beurteilen, also war ich mir nicht sicher.

„Sorry, sorry.“ Kane klang dieses Mal nicht reumütiger als beim letzten Mal, und Sam warf ihm einen bösen Blick zu. „Aber du musst zugeben, dass es helfen könnte. Und wenn ein Experte wie Finn dir nicht helfen kann, kann es niemand.“

Diesmal räusperte sich ihr Vater, und Kane hörte sofort auf zu reden. Die Belustigung, die über seine Züge zu tanzen begonnen hatte, war abrupt verschwunden.

„Es tut mir leid, Dad. Ich wollte keinen Ärger machen.“

Ihr Vater winkte mit einer Hand. Er sah noch erschöpfter aus als ihre Mutter. „Versucht einfach, nicht zu streiten. Sam ist nur den Sommer über zu Hause, und wir wollen die Zeit doch genießen, oder?“

„Genau“, stimmte Kane sofort zu. „Entschuldigung. Brauchst du irgendetwas, oder ist es okay, wenn ich für eine Weile weggehe? Es wird nicht lange dauern.“

„Nein, mir gehts gut“, sagte sein Vater. „Was hast du vor? Etwas Lustiges, hoffe ich.“

„Ich muss nur noch etwas lesen.“

„Lesen? Ich dachte, du wärst nicht auf dem College?“, fragte ich neugierig. Irgendetwas an dieser Interaktion war merkwürdig, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, was es damit auf sich hatte. Hatten sie irgendein Problem miteinander?

„Nein“, sagte Kane und schüttelte den Kopf. „Wir haben gerade eine neue Maschine bekommen, und ich muss das Handbuch und die Anweisungen durchgehen. Ich werde mich hauptsächlich um die Wartung und solche Dinge kümmern.“

Das hörte sich … unglaublich langweilig an. Ich nickte. „Nicht meine bevorzugte Lektüre, aber ich kann mir vorstellen, dass es … interessant sein könnte?“, bot ich an.

Kane schnaubte. „Es ist ganz sicher nicht interessant, aber das ist der Nachteil, wenn man Trainer ist. Ich bringe es hinter mich, dann kann ich die anderen wenigstens zusammenstauchen, die sich nicht die Mühe gemacht haben, irgendwas zu lesen oder sich die YouTube-Promovideos anzusehen.“

Ich lachte. „Klingt so, als würde es dadurch mehr Spaß machen.“

„Nicht wirklich. Erst, wenn sie zu mir kommen und mich um Hilfe bitten, weil sie keine Ahnung haben.“ Kane warf mir ein fast schelmisches Lächeln zu, das beinahe echt wirkte, dann stand er auf und begann, den Tisch abzuräumen.

Das Lächeln stand ihm viel besser als das grübelnde Gesicht, und das war etwas, was ich gerne öfter sehen wollte. Vielleicht würde es unterhaltsamer werden, Zeit mit ihm zu verbringen, als ich gedacht hatte. Und vielleicht würde ich ihn auch öfter lächeln sehen.