Kapitel Sechsundvierzig

Ich sitze an meiner Kücheninsel. Eine angebrochene Flasche Rotwein steht zwischen zwei vollen Gläsern. Ich nehme eines in die Hand, drehe es, rolle den zarten Stiel zwischen meinen Fingern hin und her. Links von mir steht ein orangefarbenes Fläschchen mit geschlossenem Deckel.

Dann sehe ich zur Wanduhr: Der große Zeiger steht auf Sieben. Die zu langen Äste der Magnolie draußen kratzen übers Fenster, Nägel auf Glas. Fast ahne ich das Klopfen an der Tür, bevor ich es höre in diesem Augenblick ahnungsvoller Stille, wie in den Sekunden nach einem Blitz, wenn man auf das Donnergrollen wartet. Dann das vertraute schnelle Klopfen mit der Faust – immer gleich, so einzigartig wie ein Fingerabdruck –, gefolgt von einer vertrauten Stimme.

«Chlo, ich bin’s. Lass mich rein.»

«Es ist offen», rufe ich zurück und blicke stur geradeaus. Ich höre die Tür knarren, dann den Signalton meiner Alarmanlage. Die schweren Schritte meines Bruders, als er eintritt und die Tür hinter sich schließt. Er kommt zu mir und küsst mich auf die Schläfe. Dann spüre ich, wie er sich versteift.

«Mach dir deswegen keine Sorgen», sage ich, weil ich ahne, dass er die Tabletten ansieht. «Mir geht’s gut.»

Er atmet auf, zieht den Barhocker neben mir zu sich heran und setzt sich. Dann schweigen wir eine Weile, eine gegenseitige Herausforderung. Jeder wartet darauf, dass der andere den ersten Schritt tut.

«Also, ich weiß, die letzten Wochen waren schwer für dich.» Er gibt nach und legt die Hände auf die Kücheninsel. «Für mich waren sie auch schwer.»

Ich antworte nicht.

«Wie hältst du dich?»

Ich hebe mein Glas und streife mit den Lippen den Rand, verharre so und beobachte, wie jeder Atemzug kurz das Glas beschlagen lässt.

«Ich habe jemanden getötet», sage ich schließlich. «Was glaubst du, wie ich mich halte?»

«Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das gewesen sein muss.»

Ich nicke, trinke einen Schluck, stelle das Glas ab. Dann wende ich mich Cooper zu. «Willst du mich wirklich allein trinken lassen?»

Er sieht mich an, mustert mein Gesicht, als suche er etwas. Etwas Vertrautes. Als er es nicht findet, greift er nach dem anderen Glas und trinkt seinerseits einen Schluck. Er atmet aus, dehnt den Nacken.

«Tut mir leid wegen Daniel. Ich weiß, du hast ihn geliebt. Ich wusste bloß einfach von Anfang an, dass er etwas an sich hatte …» Er hält inne, zögert. «Wie auch immer, jetzt ist es vorbei. Ich bin einfach froh, dass du in Sicherheit bist.»

Schweigend warte ich, bis Cooper noch ein paar Schlucke getrunken hat, bis der Alkohol ihm allmählich ins Blut dringt und seine Muskeln lockert. Dann sehe ich ihn wieder an, direkt in seine Augen.

«Erzähl mir von Tyler Price.»

Ich beobachte, wie Erschütterung über sein Gesicht huscht, nur eine Sekunde lang. So etwas wie ein kleines Erdbeben. Dann reißt er sich zusammen, und sein Gesicht versteinert.

«Wie meinst du das? Ich kann dir sagen, was ich in den Nachrichten gesehen habe.»

«Nein.» Ich schüttle den Kopf. «Nein, ich möchte wissen, wie er wirklich war. Schließlich hast du ihn gekannt. Ihr wart Freunde.»

Er starrt mich an, sein Blick zuckt noch einmal zu den Tabletten.

«Chloe, was du sagst, ist Unsinn. Ich habe den Kerl nie getroffen. Klar, er war aus Breaux Bridge, aber er war ein Niemand. Ein Einzelgänger.»

«Ein Einzelgänger», wiederhole ich, drehe den Stiel meines Weinglases zwischen meinen Fingern hin und her und erzeuge damit ein rhythmisches Kratzen auf der Marmorplatte. «Ach so. Und wie ist er dann in Riverside reingekommen?»

Ich denke zurück an den Morgen bei meiner Mutter, als ich im Gästebuch Aarons Namen las. Ich war so wütend darüber, dass sie einen Fremden zu ihr gelassen hatten. Ich war so wütend, dass ich nicht richtig zuhörte und Marthas Antwort nicht registrierte.

Schätzchen, wir lassen hier niemanden rein, der nicht befugt ist.

«Herrgott, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst dieses Zeug nicht nehmen!» Cooper nimmt das Fläschchen und spürt, wie leicht es ist. «Liebe Güte, hast du die etwa alle genommen?»

«Es sind nicht die Tabletten, Cooper. Scheiß auf die Tabletten.»

Er sieht mich genauso an wie vor zwanzig Jahren, als ich meinen Vater im Fernseher sah und plötzlich scheiß Feigling ausstieß, wie stinkenden Kautabakspeichel.

«Du hast ihn gekannt, Cooper. Du hast jeden gekannt.»

Ich stelle mir Tyler als Teenager vor, mager und linkisch, fast immer allein. Eine gesichts- und namenlose Gestalt, die meinem Bruder auf dem Flusskrebsfest hinterherlief, ihm nach Hause folgte, vor seinem Fenster wartete. Nach seiner Pfeife tanzte. Schließlich war mein Bruder mit allen gut Freund. Er gab ihnen ein Gefühl von Wärme und Sicherheit, das Gefühl, akzeptiert zu sein.

Dann denke ich an meine Unterhaltung mit Tyler am Fluss, als wir über Lena sprachen. Dass sie nett zu mir gewesen war, sich um mich gekümmert hatte.

Das ist Freundschaft , sagte er und nickte. Wissend. Die beste Art von Freundschaft, wenn Sie mich fragen.

«Du hast Kontakt zu ihm aufgenommen», sage ich. «Du hast ihn ausfindig gemacht. Du hast ihn hierhergebracht.»

Jetzt starrt Cooper mich an, und sein Unterkiefer hängt herab wie eine Schranktür mit losem Scharnier. Ich sehe genau, dass ihm die Worte im Hals stecken bleiben wie ein unzerkauter Brotklumpen, und daran erkenne ich, dass ich richtigliege. Denn Cooper hat immer etwas zu sagen. Er hat Worte für alles, die richtigen Worte.

Du bist meine kleine Schwester, Chloe. Ich will nur das Beste für dich.

«Chloe», flüstert er mit großen Augen. Jetzt fällt mir auf, dass seine Halsschlagader sichtbar pulsiert und er die schweißfeuchten Finger aneinander reibt. «Scheiße, wovon redest du? Warum sollte ich das tun?»

Ich sehe Daniel in meinem Wohnzimmer vor mir, erst heute Morgen, sehe wieder die Kette zwischen seinen Fingern baumeln. Erinnere mich an das Zögern in seiner Stimme, als er ansetzte, mir alles zu erzählen, an seinen Blick, der so traurig war, als müsste er mich gleich einschläfern – denn so war es in gewisser Weise auch. Ich stand kurz davor, human geschlachtet zu werden, dort, in meinem Wohnzimmer. Erlöse sie sanft von ihrem Leid.

«Als du mir zum ersten Mal von deinem Vater erzählt hast», sagte Daniel, «von dem, was in Breaux Bridge geschehen war, von dem, was er getan hatte, da wusste ich das schon. Oder jedenfalls dachte ich das. Aber dann hast du mir so vieles erzählt, das mich überrascht hat.»

Wieder erinnere ich mich an diesen Abend am Anfang unserer Beziehung. Daniel strich mir sanft übers Haar, und ich, ich erzählte ihm alles – ich erzählte von meinem Vater, von Lena, wie er sie auf dem Krebsfest angestarrt hatte, die Hände tief in den Taschen vergraben. Von der Gestalt, die durch den Garten hinter unserem Haus geschlichen war, von der Schmuckschatulle im Schrank, der sich drehenden Ballerina und der Melodie, die ich immer noch manchmal im Ohr habe, die mich in meinen Träumen verfolgt.

«Es kam mir einfach merkwürdig vor. Mein ganzes Leben lang hatte ich gedacht, ich wüsste, wer dein Vater ist. Einfach das reine Böse. Jemand, der kleine Mädchen umbringt.» Ich stellte mir Daniel als Teenager in seinem Zimmer vor, wie er den Artikel über meinen Vater in Händen hält und versucht, sich das auszumalen. In den Nachrichten wurden wir alle so schwarz-weiß dargestellt: Meine Mutter, die Helferin. Cooper, der Goldjunge. Ich, das kleine Mädchen, die beständige Erinnerung daran. Und mein Vater, der Teufel in Person. Eindimensional und bösartig. «Aber als ich hörte, was du über ihn erzählt hast … ich weiß auch nicht. Da passte einfach einiges nicht zusammen.»

Denn mit Daniel, und nur mit Daniel, konnte ich darüber reden, dass nicht alles nur schlecht gewesen war. Mit ihm konnte ich auch über die schönen Erinnerungen sprechen. Ich konnte ihm erzählen, dass mein Vater einmal die Treppe mit Handtüchern ausgelegt und uns in Wäschekörben hinuntergeschoben hatte, weil wir noch nie Schlitten gefahren waren. Dass er aufrichtig erschrocken gewirkt hatte, als es bekannt geworden war – ich in der Küche, mit meiner mintgrünen Decke, auf dem Fernsehbildschirm dieser leuchtend rote Balken: MÄDCHEN AUS BREAUX BRIDGE VERSCHWUNDEN . Daniel konnte ich sagen, dass mein Vater mich fest im Arm gehalten, auf der Veranda auf mich gewartet, sich abends vergewissert hatte, dass mein Fenster geschlossen war.

«Wenn er das getan hat, wenn er diese Mädchen ermordet hat, warum hat er dann versucht, dich zu beschützen?», fragte Daniel. «Warum hat er sich Sorgen gemacht?»

Meine Augen brannten. Ich hatte keine Antwort darauf. Diese Frage stellte ich mir schon mein Leben lang. Auf diese Erinnerungen konnte ich mir auch keinen Reim machen – sie schienen unvereinbar zu sein mit dem Ungeheuer, als das er sich erwiesen hatte. Diese Erinnerungen an den Mann, der das Geschirr abwusch und die Stützräder an meinem Fahrrad abmontierte; der mir am einen Tag erlaubte, ihm die Fingernägel zu lackieren, und mir am nächsten das Angeln beibrachte. Ich weiß noch, dass ich weinte, als ich meinen ersten Fisch fing und dieses kleine Maul nach Luft schnappen sah, während mein Vater die Finger auf seine Kiemen drückte, um die Blutung zu stoppen. Eigentlich hatten wir ihn essen sollen, aber ich war so unglücklich, dass Dad ihn wieder ins Wasser warf. Er ließ ihn am Leben.

«Als du mir also von dem Abend erzählt hast, an dem er verhaftet wurde – dass er keinen Widerstand geleistet hat, dass er nicht versucht hat zu fliehen», sagte Daniel, beugte sich vor und hob die Augenbrauen. Hoffte, dass ich es endlich verstehen würde. Es endlich kapieren würde. Dass er es nicht selbst aussprechen musste. Dass ich mir den Gnadenschuss selbst verpasste; dass der Abzug von meinem Verstand betätigt würde anstatt von seiner Zunge. «Und was er zuletzt noch gesagt hat.»

Mein Vater, der eine letzte Anstrengung unternommen hatte, in Handschellen. Der zuerst mich angesehen hatte, dann Cooper. Meinen Bruder hatte er direkt angesehen, als wäre sonst niemand im Raum. Und da traf mich die Erkenntnis wie ein unerwarteter Faustschlag in die Magengrube. Er hatte mit ihm gesprochen, nicht mit uns beiden. Er hatte nur mit Cooper gesprochen.

Er befahl es ihm, bat ihn, flehte ihn an.

Sei brav.

«Du hast die Mädchen in Breaux Bridge getötet», sage ich jetzt und sehe meinen Bruder an. Immer wieder habe ich diese Worte auf der Zunge hin und her gewendet und versucht, ihnen einen Sinn abzugewinnen. «Du hast Lena umgebracht.»

Cooper ist ganz still, seine Augen werden allmählich glasig. Er wirft einen Blick auf den Wein, auf die Pfütze, die noch im Glas ist, hebt es an die Lippen und trinkt es aus.

«Daniel ist darauf gekommen», sage ich und zwinge mich, fortzufahren. «Jetzt ergibt sie einen Sinn, die Feindseligkeit zwischen euch. Denn er wusste, dass Dad diese Mädchen nicht getötet hat. Du warst das. Er wusste es, er konnte es nur nicht beweisen.»

Ich denke daran, wie Daniel mir auf unserer Verlobungsparty den Arm um die Taille schlang und mich näher zu sich heranzog, weg von Cooper. Ich habe ihm so unrecht getan. Er hat nicht versucht, mich zu kontrollieren; er hat versucht, mich zu beschützen , vor meinem Bruder und vor der Wahrheit. Nicht auszudenken, was für ein Balanceakt das gewesen sein muss, Cooper auf Abstand zu halten, ohne zu viel preiszugeben.

«Und das wusstest du auch», fahre ich fort. «Du wusstest, dass Daniel dir auf die Schliche gekommen war. Und deshalb hast du versucht, mich gegen ihn einzunehmen.»

Cooper auf meiner Veranda, der die Worte spricht, die seither wie ein Krebsgeschwür an mir genagt haben. Du kennst ihn nicht, Chloe. Die Halskette, die ganz hinten in unserem Schrank versteckt war – Cooper hatte sie dort deponiert, am Abend der Party. Er war als Erster da, er hatte ja einen Schlüssel. Still und heimlich hat er die Kette dort versteckt, wo sie den größten Schaden anrichten würde, ehe er nach draußen ging und sich im Dunkeln versteckte. Schließlich hatte ich das schon einmal gemacht. Mit Ethan, auf dem College, wo ich vom Schlimmsten ausgegangen war. Cooper wusste, wenn er die richtigen Erinnerungen weckte und sie mir auf die richtige Weise neu einpflanzte, würden sie in meinen Gedanken wachsen wie Unkraut. Sie würden alles überwuchern.

Ich denke an Tyler Price, der Aubrey, Lacey und Riley entführt und Coopers Verbrechen genau nachgeahmt hat, weil dieser es ihm befohlen hatte. Wie kaputt muss man sein, um sich von einem anderen Menschen überzeugen zu lassen, jemanden umzubringen. Das ist auch nicht anders, als wenn psychisch gestörte Frauen Verbrechern Briefe schreiben und ihnen Heiratsanträge machen, nehme ich an, oder wenn scheinbar ganz normale junge Frauen in die Fänge gefährlicher Männer geraten. Es ist immer das Gleiche: einsame Seelen auf der Suche nach Gesellschaft, irgendeiner Gesellschaft. Ich bin niemand , hat Tyler gesagt, die Augen wie leere Wassergläser, zerbrechlich und feucht. Aus ebendiesem Grund bin auch ich immer wieder mit Fremden im Bett gelandet; ich hatte Angst um mein Leben, war aber zugleich bereit, das Risiko einzugehen. Du bist nicht verrückt , sagte Tyler zu mir, die Hände in meinem Haar vergraben. Denn so ist das mit der Gefahr – durch sie erlebt man alles intensiver. Den Herzschlag, die Sinneswahrnehmungen, die Berührungen. Es ist eine Sehnsucht nach Lebendigkeit, denn es ist unmöglich, sich nicht lebendig zu fühlen im Angesicht der Gefahr, wenn die Welt in einen schattigen Schleier gehüllt ist. Allein ihre Existenz ist der Beweis, den man braucht – dafür, dass man hier ist, dass man atmet.

Denn im nächsten Augenblick könnte alles fort sein.

Jetzt ist es mir so klar: Mein Bruder zog Tyler, diesen verlorenen, einsamen Menschen, wieder in seinen Bann, so, wie er es immer getan hatte. Er hat mich dazu gezwungen. Schließlich hatte Cooper schon immer diese besondere Art. Eine Aura, die Menschen für ihn einnahm, eine Anziehungskraft, der man fast nicht widerstehen konnte, wie Eisen, das von einem Magneten angezogen wird. Auf sanfte, gewissermaßen natürliche Art. Eine Zeit lang konnte man versuchen, dagegen anzukämpfen, während man unter der stetig wachsenden Zugkraft erzitterte. Aber irgendwann gab man einfach nach. So verrauchte ja auch stets meine Wut, wenn er mich in diese vertraute Umarmung zog. Genauso erging es seinen Mitschülern auf der Highschool, von denen ihn immer ein Schwarm umgab, der sich sofort zerstreute, wenn er sie nicht mehr um sich haben wollte, sie nicht mehr brauchte, und sie mit einer knappen Bewegung aus dem Handgelenk entließ, als wären sie keine Menschen, sondern Ungeziefer. Entbehrlich. Als hätten sie keinen anderen Daseinszweck als sein Vergnügen.

«Du hast versucht, es Daniel anzuhängen», sage ich schließlich, und meine Worte fallen herab wie Ruß nach einem Brand. «Weil er dich durchschaut hat. Er weiß, wer du bist. Also hast du versucht, ihn loszuwerden.»

Cooper sieht mich an und kaut auf der Innenseite seiner Wange. Ich kann förmlich sehen, wie sich hinter seiner Stirn die Rädchen drehen, während er genaue Berechnungen anzustellen versucht – wie viel er sagen soll und wie viel nicht. Schließlich antwortet er mir.

«Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll, Chloe.» Seine Stimme ist zähflüssig wie Sirup, seine Zunge scheint aus Sand gemacht. «In mir ist eine Finsternis. Eine Finsternis, die nachts hervorkommt.»

Dieselben Worte habe ich schon einmal gehört, aus dem Munde meines Vaters, während er mit Fußschellen an seinem Tisch im Gerichtssaal saß und eine einzelne Träne auf den Notizblock vor ihm tropfte. Ich habe noch im Ohr, dass sie wie wiedergekäut klangen, fast mechanisch.

«Sie ist so stark, ich kam nicht dagegen an.»

Cooper mit der Nase am Bildschirm, so als hätte alles andere im Raum sich in Luft aufgelöst, in Dunstschwaden, die um ihn herumwaberten. So beobachtete er, wie mein Vater das wiederholte, was Cooper zu ihm gesagt haben musste, als er ihn erwischte.

«Sie ist so ein riesiger Schatten, der immer in einer Ecke schwebt», sagt Cooper jetzt. «Sie hat mich angezogen, sie hat mich ganz verschluckt.»

Fassungslos lasse ich den abschließenden Satz aus meiner Magengrube aufsteigen. Den Satz, der das Schicksal meines Vaters besiegelte, die verbale Faust, die ihm die Luft aus der Lunge quetschte, den Satz, nach dem er für mich tot war. Den Satz, der mich bis ins Innerste ergrimmt hatte – weil mein Vater damit die Schuld diesem eingebildeten Ding zuschob. Und weil er nicht aus Reue weinte, sondern aus Bedauern darüber, dass man ihn gefasst hatte. Aber jetzt weiß ich, dass es gar nicht so war. Ganz und gar nicht.

Ich öffne den Mund und lasse die Worte aus mir herausströmen.

«Manchmal glaube ich, sie könnte der Teufel selbst sein.»