Ohne dass ich jetzt an dieser Stelle auf unzählige Quellen verweisen muss, die dies belegen, ist eine Sache glasklar: Keine Branche hat einen schlechteren Ruf in Deutschland als die Versicherungsbranche beziehungsweise deren Vermittler. (Meist wird nur vom »Versicherungsvertreter« gesprochen als Bezeichnung für alle Versicherungsvermittler, was allerdings fachlich falsch ist. Mehr dazu im Kapitel zu den verschiedenen Formen der Versicherungsvermittlung.)21
Wirklich keine. Und dies auch zu Recht. Ja, du hast richtig gelesen. Die Versicherungsbranche hat sich diesen schlechten Ruf wirklich über Jahre hinweg hart erarbeitet und entsprechend auch verdient. Und auch heute setzen einige »Player« innerhalb der Branche alles daran, dass sich an dem Ruf nichts ändert. Ob bewusst oder unbewusst, spielt hier keine Rolle. Und genau darüber müssen wir jetzt mal sprechen. Wo kommt der schlechte Ruf eigentlich her, wieso hält er sich so hartnäckig und wie kannst du als Kunde beziehungsweise Verbraucher so einer verrufenen Branche dein Vertrauen schenken?
Würden wir uns nun bei einem Kaffee gegenübersitzen, so könnte ich locker die nächsten drei bis vier Stunden mit Beispielen und Geschichten aus der Versicherungswelt füllen, welche alle auf den schlechten Ruf der Branche einzahlen würden.
Und ich bin gerade mal circa 15 Jahre mit dabei. Du würdest vermutlich andauernd nur den Kopf schütteln und dich fragen, wie man eigentlich nur so dumm und verantwortungslos handeln kann. Nachfolgend möchte ich versuchen, ein grobes Bild davon zu zeichnen, was so in der Versicherungsbranche über die Jahre gelaufen ist und warum sie heute so dasteht, wie sie dasteht. Warum kann ich das? Weil ich eben mittlerweile alle Seiten kenne. Ich kenne die Seite des Kunden (ich habe ja auch selbst einige Versicherungen), ich kenne die Seite des Versicherungsvermittlers und durch mein sehr großes Netzwerk und meine Bekanntheit innerhalb der Branche auch die Seite der Versicherer bis hoch zu vielen Versicherungsvorständen.
Damit möchte ich nicht angeben, sondern dir nur darlegen, dass ich wirklich mitten im Geschehen bin und alle Beteiligten extrem gut kenne. Sowohl die guten als auch die schlechten Seiten (Gute Seiten, schlechte Seiten – vielleicht bald auf RTL?).
Auch werden die folgenden Zeilen kein Versicherungs-Bashing werden. Daran habe ich wirklich überhaupt kein Interesse. Das machen die Medien schon genug. Die »Versicherungs-Sau« kannst du halt echt jeden Tag durchs Dorf treiben. Morgens, mittags, abends – komplett egal. »Versicherung XY hat wieder nicht geleistet, Familie XY steht vor dem finanziellen Ruin«, das verkauft sich besser und schneller als warme Semmeln (so heißen Brötchen bei uns). Und das wissen die Medien natürlich auch. Aus dieser Schublade kann man immer was rausziehen. Ist zwar nicht objektiv und definitiv nicht generell so – aber wen juckt das schon? Die Leser bestimmt nicht. Entschuldige, ich drifte ab. Aber achte doch einfach das nächste Mal selbst drauf, wenn du eine entsprechende Meldung in der Zeitung als Schlagzeile siehst.
Um es in wenige Worte zu fassen, die Versicherungsbranche hat Folgendes geschafft: Durch falsche (meist finanzielle) Anreize wurden eben die falschen Menschen angezogen, welche dann nicht kundenorientiert, sondern eben »anreizorientiert« zu Versicherungen und Finanzprodukten »beraten« und diese verkauft haben. Das fasst es eigentlich ganz gut zusammen. Und warum hat das über Jahrzehnte funktioniert und funktioniert teilweise heute noch? Weil die Menschen allgemein zu wenig Ahnung von Versicherungen haben und in den meisten Fällen nicht erkennen konnten und können, was da eigentlich vor ihnen auf dem Tisch liegt beziehungsweise auf dem Bildschirm zu sehen ist. Und beides zusammen war eben ein perfekter Nährboden für entsprechende Vorgehensweisen. Der Kunde hat gar keine Ahnung, der (neue) Vermittler eigentlich auch nicht wirklich, aber immer noch mehr als der Kunde und der Vertrieb oder Versicherer gibt vor, was zu tun ist. Und der Vermittler hinterfragt nicht, sondern macht einfach und ist maximal auf die bunten Scheine fixiert, die ihm jeder neue Vertrag beschert.
Habe ich das jetzt zu krass geschrieben? Oder tut es nur deshalb – mal wieder – so weh, weil es die unangenehme, die unbequeme Wahrheit ist, die doch wieder nur zu selten ausgesprochen wird?
Vielleicht liest du diese Zeilen gerade und arbeitest selbst innerhalb der Versicherungsbranche und bestätigst mir das zuvor Geschriebene. Falls du mir nicht zustimmst, dann empfehle ich dir dringend, mal die Augen aufzumachen. Fast täglich erreichen mich Nachrichten über Instagram, wo jemand bei einem »Vorstellungsseminar« eines Versicherers oder Finanzvertriebes war und es zu 99 Prozent einfach nur um Geldverdienen und »Tschakka-tschakka« ging. Von adäquater und bedarfsgerechter Kundenberatung keine Spur. Und nächste Woche kann man dann auch direkt loslegen und wird auf die Menschheit losgelassen. All dies ist leider immer noch nicht Vergangenheit und sichert weiterhin den schlechten Ruf von Versicherungsvermittlern.
Mich wundert es also nicht mal ansatzweise, dass sich der Ruf jedes Jahr aufs Neue nicht verbessert hat. Der Ruf wird so schlecht bleiben, wie er aktuell ist, solange solche Methoden angewandt werden. Und wenn es auch nicht mehr so viele sind wie vor ein paar Jahren, reichen ein paar wenige aus, die so agieren. Denn die negativen Erfahrungen, die Kunden und Verbraucher damit machen, verbreiten sich um ein Vielfaches mehr als die positiven Erfahrungen, die man mit guten Vermittlerinnen und Vermittlern gemacht hat. Über Negatives sprechen wir Menschen einfach viel mehr als über Positives. Darauf bin ich ja bereits eingegangen.
Leider kann ich nicht durchs Land ziehen und all den Personen und Unternehmen, die noch so agieren, eins über die Rübe ziehen. Das würde vermutlich auch nichts ändern. Aber was ich durchaus machen kann, ist, die Menschen so gut wie möglich über Versicherungen und Versicherungsvermittlung aufzuklären, sodass du sehr gut selbst erkennen kannst, wann du einem Versicherungsvermittler doch besser freundlich den Weg zu deiner Tür zeigst und ihm oder ihr auf Nimmerwiedersehen sagst. Das kann ich tun, und das versuche ich auch bereits seit Jahren – vor allem mit meinen Inhalten auf YouTube, Instagram und TikTok. Denn ein »aufgeschlauter« Kunde kann einfach viel schwerer über den Tisch gezogen werden. Finde ich es toll, dir empfehlen zu müssen, dass du dich vor einem Beratungsgespräch über Versicherungen schlaumachen solltest, um nicht Opfer einer massiven Falschberatung zu werden? Nein, überhaupt nicht. Aber es ist – zumindest aktuell noch – eine sehr sinnvolle Herangehensweise, damit du dich einfach ein wenig selbst schützen kannst. Und auch hier ist es natürlich wieder immens wichtig, woher du diese Informationen bezogen hast.
Vergiss nie: Im Internet gibt es sehr viele Menschen mit ganz viel Meinung, aber ganz wenig Ahnung.
Und ein guter Vermittler oder eine gute Vermittlerin wird es übrigens überaus begrüßen, wenn du tatsächlich schon ein wenig im Bilde bist, was diverse Versicherungen angeht. Das macht es für beide Seiten einfacher, den für dich passenden Schutz zu finden. Vor allem weil von deiner Seite eben auch schon der Wille da ist, dich entsprechend abzusichern. Oder in anderen Worten: Du hast bereits das richtige Versicherungs-Mindset.