WER PROVISIONEN BEKOMMT, BERÄT UND VERMITTELT NICHT UNABHÄNGIG?!

Dieses Kapitel zu schreiben fällt mir persönlich richtig schwer. Nicht deshalb, weil ich nicht weiß, was ich hierzu genau schreiben soll, sondern weil es natürlich sehr einfach ist, mir zu unterstellen, dass ich an dieser Stelle nicht objektiv genug bin. Ich beziehungsweise meine Firma verdient ihr Geld ja unter anderem eben mit Provisionen, die wir für die Vermittlung des passenden Versicherungsschutzes für unsere Kunden bekommen. Ist ja klar, dass ich jetzt hier irgendwas Megapositives über Provisionsberatung schreiben muss. Ich nehme es dir überhaupt nicht übel, wenn du gerade so denkst. Wieso solltest du auch was anderes denken? Es gibt leider eben genug Beispiele aus der Vergangenheit, in denen Berater von Gier und hohen Provisionen geleitet wurden und eben nicht der Kunde im Mittelpunkt stand. Das kann und sollte man weder schön- noch wegreden. Das ist ein Fakt. Und ja, auch heute passiert dies noch. Auch das ist ein Fakt. Vielleicht nicht mehr in dem Umfang wie noch vor ein paar Jahren, da sich auch einige Gesetze geändert haben, neue (sehr viele) Regularien für Versicherungsvermittler hinzugekommen sind und es für »schwarze Schafe« immer schwieriger wird, in einem derartigen Marktumfeld lange zu bestehen.

images

Mir liegt es fern, irgendjemanden überreden oder überzeugen zu wollen, dass es da draußen sehr viele Versicherungsvermittler gibt, die – trotz der Vergütung über Provisionen (oder vielleicht sogar genau deswegen?!) – ihre Kunden extrem gut und maximal kundenorientiert beraten. Denn es geht hierbei nicht darum, zu erklären, wie die Dinge sind – denn das ist eigentlich offensichtlich: Es gibt jede Menge Versicherungsvermittler, welche ihr Einkommen über Provisionen bestreiten, bei jedem einzelnen Kunden einen top Job machen und auch mal zwei oder drei Stunden beraten, ohne am Ende eine Versicherung zu vermitteln.

Weil es einfach nicht gepasst hat. Weil es für den Kunden dann doch keinen Sinn gemacht hat, eine neue oder andere Versicherung abzuschließen. Und dann hat der Versicherungsvermittler nichts verdient. Hat quasi kostenlos gearbeitet. Und das ist absolut normal und gehört in meinen Augen mit zum Berufsrisiko. Wieso sollte ein unternehmerisch, langfristig denkender Vermittler auch irgendwas vermitteln, das der Kunde eigentlich gar nicht braucht, das vom Kunden dann wieder gekündigt wird, sodass die Provision zurückgezahlt werden muss und der Kunde all seinen Bekannten rät, bloß nicht zu diesem Versicherungsvermittler zu gehen, denn der verkauft dir nur Sachen, die du nicht brauchst? Warum sollte all dies ein halbwegs geradeaus denkender Versicherungsvermittler tun? Macht es nicht viel mehr Sinn, immer nur im Sinne des jeweiligen Kunden zu beraten und die Versicherungen zu vermitteln, die er wirklich braucht? Damit der Kunde happy ist und er anderen auch davon erzählen wird, wie gut aufgehoben er sich beim entsprechenden Vermittler gefühlt hat, und der Vermittler eventuell sogar weiterempfohlen wird? Macht dies nicht unglaublich mehr Sinn? Wird nicht genau diese Vorgehensweise die am Ende langfristig erfolgreiche sein? Und kann es vielleicht sogar sein, dass eben genau der Vermittler weiterempfohlen wird, der nach drei Stunden Beratung dem Kunden sagt, dass all seine Versicherungen passen und er keine neue abschließen sollte? Weil er eben genau nicht dem Klischee des Vermittlers entspricht, welches wir alle im Kopf haben?

Du merkst, dass ich hier absichtlich viele Fragen gestellt habe, die du dir einfach mal selbst beantworten sollst. Schlüpfe doch einmal gedanklich ganz kurz in die Rolle des Versicherungsvermittlers. Was würdest du tun? Wie würdest du beraten und Versicherungen vermitteln?

Und jetzt die alles entscheidenden Fragen: Glaubst du (oder eben nicht), dass es genau solche Menschen, solche Versicherungsvermittler da draußen gibt? Die arbeiten und beraten, wie du es selbst vielleicht auch machen würdest? Weil es eben genau so richtig wäre. Und so sollte es sein. Genau das wird auf Kundenseite erwartet. Ob mit oder ohne Provision.

Die Wahrheit ist, dass es diese Versicherungsvermittler gibt. Du musst lediglich für dich entscheiden, ob du diese Tatsache annehmen willst oder nicht (hier sind wir wieder beim Thema Glaubenssätze). Und wenn du für dich die Entscheidung triffst, dass das, was ich hier geschrieben habe, auch der Wahrheit entspricht, dann kannst du so einen Versicherungsvermittler eben auch für dich selbst finden und kannst endlich diese künstlich erzeugte Angst, dieses überholte und pauschalisierte Vorurteil von den bösen »Provisionsgeiern«, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, ablegen.

Meine Mutter hat mir beigebracht, immer an das Gute im Menschen zu glauben und diesen Glauben auch nie zu verlieren. Auch wenn das zugegebenermaßen nicht immer einfach ist. Vor allem wenn man von Menschen und der Menschheit an sich schon oft enttäuscht wurde.

Und vielleicht hast du selbst auch wirklich mal eine schlechte Erfahrung gemacht mit einem Versicherungsvermittler. So etwas hinterlässt Spuren, keine Frage. Aber was ist die Alternative? Eine Versicherungsberatung gegen Honorar vielleicht? Diese wird ja oft als maximal unabhängig beschrieben, und von dort aus wird auch gerne gegen die Provisionsvermittlung geschossen. Nun, ich möchte jetzt nicht zurückschießen, denn jeder, der gegen andere schießt, hat anscheinend nur wenige eigene Argumente auf seiner Seite (sieht man oft in der Politik), aber ich möchte dir hier einfach mal ein paar Impulse mitgeben.

»Nur weil eine Versicherungsberatung beziehungsweise -vermittlung etwas kostet, heißt es noch lange nicht, dass diese auch gut war.«

Das möchte ich als Aussage jetzt erst mal einfach so dastehen lassen.

Was genau meine ich damit? Gedanklich wird oft – nicht nur bei Versicherungen – der Fehler gemacht, dass eine Dienstleistung ja allein deswegen gut sein muss, weil man konkret etwas dafür bezahlt hat. Zum Beispiel ein Stundenhonorar. Also, ich weiß ja nicht, ob du mal ähnliche Erfahrungen gemacht hast, aber ich war mal bei einem Anwalt und habe mich mehrere Stunden beraten lassen, um dann festzustellen, dass das alles ziemlicher Käse war und ich fast eine folgenschwere unternehmerische Fehlentscheidung getroffen hätte. Bei der ich übrigens dann selbst die Konsequenzen hätte tragen müssen. Das Honorar habe ich auch nicht zurückbekommen.

Auch bei der Vermittlung von zum Beispiel einer Rentenversicherung kann es sein – je nachdem, was du mit dem Berater vereinbart hast –, dass dir eine Rentenversicherung vermittelt wird und die Vergütung des Vermittlers über eine separate Honorar- beziehungsweise Vergütungsvereinbarung geregelt wird. Und jetzt wird es spannend: Solltest du den Rentenversicherungsvertrag kündigen, weil du gemerkt hast, dass dieser doch nicht so gut ist, musst du dennoch die Vergütung des Vermittlers weiter bezahlen. Denn dies wurde mit einem separaten Vertrag geregelt. Nicht selten geht es dann um mehrere Tausend Euro.33

Ich sage jetzt nicht, dass das andauernd so gemacht wird oder die Regel ist, aber es lagen schon genügend dieser Fälle auf meinem Tisch. Wie kundenorientiert ist dies in deinen Augen? Wie sieht es hier mit der Motivation des Vermittlers aus, dir einen wirklich guten Vertrag zu vermitteln, wenn er weiß, dass er so oder so seine Vergütung bekommt, egal ob du den Vertrag wieder kündigst oder nicht?

Auf der anderen Seite gibt es eben genauso extrem gute Honorarberater beziehungsweise Versicherungsvermittler, die sich nicht über Provisionen vergüten lassen, sondern eben direkt über eine Vereinbarung mit dem Kunden. Wo alles passt, keine überteuerten Honorare abgerufen werden und am Ende auch ein wirklich gutes Produkt vermittelt beziehungsweise angeboten wird.

Am Ende kommt es also nicht auf die Form der Vergütung oder den Status des Versicherungsvermittlers an, ob du gut oder schlecht beraten wirst, sondern es kommt auf den Menschen an, der dir (in Person oder virtuell) gegenübersitzt. Kannst du dieser Person vertrauen? Hat er oder sie auch wirklich was auf dem Kasten? Stehen du und deine Wünsche im Mittelpunkt?

Und das ist nicht nur bei Versicherungen so, sondern gilt für eigentlich nahezu jeden anderen Dienstleistungssektor genauso.