WIE DU EINE SCHLECHTE BERATUNG ERKENNEN KANNST!

Nachdem ich hoffentlich erklären konnte, dass grundsätzlich nicht die eine Vermittlungs- beziehungsweise Beratungsform besser ist als die andere, schauen wir uns jetzt mal an, wie du selbst eine schlechte Beratung erkennen kannst. Wenn du eines oder mehrere der folgenden Anzeichen erkennst, dann solltest du dir womöglich sehr gut überlegen, ob du diese Beratung wirklich weiterführen möchtest.

Erstinformation wird nicht ausgehändigt

Es ist eine gesetzliche Vorgabe, dass dir ein Versicherungsvermittler beziehungsweise Berater vor dem Beginn der Beratung seine Erstinformation aushändigt. Dies kann zum Beispiel per E-Mail als PDF erfolgen oder du hast eventuell schon bei der Online-Terminbuchung bestätigt, dass du die Erstinformation gelesen und gespeichert hast. Dort findest du nicht nur die genaue Berufsbezeichnung des Vermittlers und seine Registernummer bei der IHK, sondern auch die Form der Vergütung. Die Erstinformation kann dir auch persönlich ausgedruckt vor dem Gespräch übergeben werden. Aber sie muss dir definitiv zugegangen sein, bevor eine Vermittlung beziehungsweise Beratung stattfindet. Wurde dies nicht gemacht, verstößt der Vermittler gegen geltendes Recht.

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Künstlicher Zeitdruck

Ein Klassiker ist vermutlich die Schaffung von künstlichem Zeitdruck im Gespräch. Eigentlich hätte man fast alle Zeit der Welt, um eine bestimmte Versicherung abzuschließen, aber aus irgendwelchen Gründen sollst du noch unbedingt heute unterschreiben. Wenn dann auf deine Nachfrage nur fadenscheinige Argumente kommen, warum die Unterschrift heute gesetzt werden soll und es nicht auch noch nächste Woche reicht, wenn man sich noch mal ein paar mehr Gedanken zu dem Thema machen konnte, dann könnte hier gewaltig was schieflaufen. Selten ist wirklich echter Zeitdruck vorhanden beim Abschluss einer Versicherung. Außer du läufst gerade irgendwie noch ohne Krankenversicherung und ohne private Haftpflichtversicherung durchs Leben. Dann ist die Eile des Vermittlers durchaus berechtigt. Aber ansonsten erachte ich es sogar für sehr wichtig, dass man sich für den Abschluss zum Beispiel einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder einer privaten Krankenversicherung viel Zeit nimmt. Nicht selten gehen diese Themen bei uns über mehrere Wochen. Nicht, weil wir (und andere da draußen) zu langsam arbeiten, sondern weil es einfach viele wichtige Dinge zu beachten gibt. Einmal müssen vielleicht Unterlagen vom Arzt oder der Krankenkasse angefordert werden, dann muss eine anonyme Risikovorabanfrage gestellt werden, um die Versicherbarkeit zu prüfen, und das ausführliche Besprechen von unterschiedlichen Tarifen kostet eben auch entsprechend Zeit.

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Grundsätzlich sollte eigentlich nie eine Versicherung unter Zeitdruck abgeschlossen werden. Tatsächlich verfallen auch oft Kunden in eine Art Zeitdruck, den sie sich selbst schaffen, weil sie das Thema einfach schnellstmöglich durchziehen wollen. Aber auch das ist keine gute Idee. Nimm dir für die Absicherung deines aktuellen Lebensstandards und deiner finanziellen Existenz immer ausreichend Zeit und setze hier bitte keine falschen Prioritäten.

Es werden keine Fragen gestellt

Damit herausgefunden werden kann, welche Versicherungen du wirklich brauchst oder welcher Schutz in deiner individuellen Situation tatsächlich Sinn macht, muss der Vermittler eine Sache sehr häufig tun: dir Fragen stellen. Anders geht es schlichtweg nicht. Nur so kann der passende Versicherungsschutz ermittelt werden. Werden dir keine Fragen gestellt, sondern wirst du irgendwie direkt in eine Art vorgefertigte Form gepresst, dann läufst du Gefahr, dass du am Ende nicht so abgesichert bist, wie es optimalerweise der Fall sein sollte. In der Ausbildung habe ich mal gelernt, dass der Versicherungsvermittler circa 20 Prozent der Zeit im Gespräch reden sollte (Fragen stellen) und der Kunde circa 80 Prozent der Zeit (Fragen beantworten). Aber das ist natürlich nur eine grobe Richtlinie. Am Ende ist es wichtig, dass dir die richtigen Fragen gestellt werden.

Fragen werden nicht beantwortet

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch überhaupt nicht gut, wenn Fragen von deiner Seite nicht vom Vermittler beantwortet werden oder Fragen ausgewichen wird. Es ist nicht nur dein Recht, sondern in meinen Augen auch deine Pflicht, Fragen zum Versicherungsschutz, zum Versicherungsvertrag und so weiter zu stellen. Du sollst am Ende ja auch exakt wissen, warum du diese Versicherung abgeschlossen hast. Und das solltest du auch noch in fünf oder zehn Jahren wissen. Natürlich kann es sein, dass dein Vermittler eine bestimmte Frage ad hoc im Gespräch nicht beantworten kann. Das kann immer mal vorkommen und ist auch nicht schlimm. Niemand weiß alles. Mir ist das auch immer mal wieder passiert. Und in so einem Fall sollte dir der Vermittler sagen, dass er sich die Frage notiert hat, diese klären wird und dich zeitnah über die Antwort informieren wird. Antworten wie »Das ist nicht wichtig« sollten für dich als Kunden an der Stelle eher nicht zufriedenstellend sein.

Gesundheitsfragen werden ignoriert

Bei diesem Thema schnellt mein Puls regelmäßig auf 180 hoch. Wenn wir mal wieder mitbekommen, dass empfohlen wurde, dass man die Gesundheitsfragen beim Abschluss von zum Beispiel einer Berufsunfähigkeitsversicherung, Risikolebensversicherung oder privaten Krankenversicherung »einfach mal alle mit NEIN« beantworten soll. Auch hier hört man dann manchmal (leider) Sätze wie: »Das passt schon so!« Ich will hier keine Kollegen in die Pfanne hauen. Moment ... doch, an der Stelle will ich die Pfanne den Kollegen auch über die Rübe ziehen. Das hat nichts mit Kollegen-Bashing zu tun, sondern so was geht einfach nicht. Der Kunde ist hier am Ende dann der Leidtragende, wenn die Versicherung (zu Recht) nicht leistet, weil eventuell eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung begangen wurde (es wurden unwahre Angaben im Antrag gemacht). Und das große Problem an der Stelle ist natürlich, dass du den Worten des Vermittlers bei diesem Thema tendenziell vertraust, wenn er oder sie sagt, dass das so schon passt. Nein, passt es eben nicht. Alle Gesundheitsfragen müssen ausführlich, ordentlich und wahrheitsgemäß ausgefüllt werden.

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Ansonsten kannst du es auch gleich lassen mit dem Abschluss einer derartigen Versicherung. Und auch hier kannst du deinen Berater dann getrost und mit absolut reinem Gewissen vor die Tür setzen. Noch mal: Mir geht es hier darum, dass du dich in so einem Fall selbst schützen kannst, weil du jetzt eben genau diese Dinge weißt, die du gerade gelesen hast, falls du doch mal einen schlechten Berater abbekommen solltest.

Alles kündigen und neu abschließen

Weiterhin sollten auch alle Alarmglocken bei dir losgehen, wenn direkt mal querbeet empfohlen wird, alle bereits bestehenden Versicherungen zu kündigen und neu abzuschließen. Das wäre dann doch sehr, sehr komisch. Vor allem dann, wenn eine entsprechende Begründung für diese Vorgehensweise fehlt. Ich will an der Stelle nicht ausschließen, dass es durchaus sein kann, dass alle deine Versicherungen, die du bisher abgeschlossen hast, echter Käse sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich so ist, ist aber doch eher gering. Aber komplett auszuschließen ist es natürlich nicht. Manche Versicherungen solltest du sowieso niemals vorschnell kündigen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zum Beispiel. Denn wenn du diese kündigst, dann aber keine neue mehr bekommst, weil dein Gesundheitszustand eventuell nicht mehr der beste ist, stehst du plötzlich ohne diesen Schutz da. Also hier bitte sehr vorsichtig vorgehen.

Freundesliste aufschreiben

Ein Punkt, der jetzt nicht direkt etwas mit der Beratung an sich zu tun hat, dem ganzen Thema aber doch einen sehr faden Beigeschmack verleiht. Wahrscheinlich hast du selbst auch schon mal davon gehört, dass nach einer Versicherungsvermittlung danach gefragt wird, ob du nicht auch noch zehn Freunde hättest, die ebenfalls von dieser Beratung profitieren könnten. Und ob du nicht einfach mal entsprechende Namen und Telefonnummern aufschreiben könntest. Möglicherweise wird dir auch eine kleine »Tippgeber-Vergütung« angeboten, wenn es bei den Freunden dann ebenfalls zu einem Abschluss kommen sollte. Grundsätzlich spricht ja überhaupt nichts dagegen, einen zufriedenen Kunden nach Empfehlungen zu fragen. Das Problem an der gerade beschriebenen Geschichte ist nur, dass dies heutzutage schlichtweg verboten ist. Du darfst nicht einfach die Kontaktdaten deiner Freunde ohne deren Zustimmung weitergeben. Und wenn Derartiges von dir verlangt wird, dann wirft dies nicht unbedingt ein gutes Licht auf den Vermittler.

Verzicht auf eine Beratungsdokumentation

Der Abschluss einer Versicherung wird normalerweise in einer Beratungsdokumentation festgehalten. Dort steht in der Regel drin, wer am Gespräch teilgenommen hat, um was es genau ging und warum Versicherung X bei Versicherer Y beantragt wurde. Diese Beratungsdokumentation soll dazu dienen, dass man auch Jahre nach dem Abschluss der Versicherung noch nachweisen kann, weshalb und warum die Versicherung genau so abgeschlossen wurde, wie sie eben abgeschlossen wurde. Die Beratungsdokumentation schützt also Kunden und Berater gleichermaßen vor gegenseitigen (vermeintlich) falschen Anschuldigungen. Denn auch der Berater muss sich vor falschen Anschuldigungen eines Kunden schützen können. An der Stelle muss dann auch mal erwähnt werden, dass es wahrscheinlich – gemessen an der absoluten Zahl – viel mehr »schwarze Schafe« unter den Verbrauchern und Kunden gibt als innerhalb der Versicherungsbranche. Dazu dann auch mehr, wenn wir über das Thema Versicherungsbetrug sprechen. Sollte nun also keine Beratungsdokumentation erstellt werden, ist dies ein Risiko für dich als Kunden, da am Ende – falls es vor Gericht gehen sollte – dein Wort gegen das Wort des Versicherungsvermittlers steht. Eine Kopie der Beratungsdokumentation sollte dir dann auch immer ausgehändigt werden beziehungsweise dir als Kunden zukommen.

»Kopf und Bauch« sagen Nein

Vermutlich hast du auch schon mal gehört, dass du in manchen Situationen auf dein Bauchgefühl hören solltest. Dieses Gefühl in der Magengegend, das dir sagt, dass hier gerade vielleicht etwas nicht stimmt. Du kannst nicht genau sagen, was es ist, aber dein Instinkt sagt dir, du solltest jetzt losrennen. Dieses Bauchgefühl, dieser Instinkt hat in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass uns der Säbelzahntiger, der sich langsam von hinten anschlich, gerade so doch nicht erwischt hat, weil wir uns auf unser Bauchgefühl verlassen und einen Sprint in die sichere Höhle hingelegt haben. Ist dir das zu bildlich und ein wenig zu unwissenschaftlich? Okay, kann ich verstehen. Dennoch solltest du dieses Gefühl nicht ignorieren. Auch nicht in einem Beratungsgespräch. Wenn dann auch noch dein rationaler Verstand dem Bauchgefühl zustimmt, dass hier irgendwas nicht stimmt, dann solltest du das Gespräch beenden. Das ist zu jeder Zeit dein gutes Recht. Ich weiß, dass manche von uns einfach zu nett sind und es ihnen schwerfällt, einfach so das Gespräch zu beenden. Aber auch hier musst du wieder Egoist sein. Es geht um dich und deine Absicherungen. Hier muss es sich für dich einfach richtig anfühlen. Habe nie Angst davor, eine Beratung zu beenden, wenn du dich nicht wohlfühlst. Ein guter Berater wird vielleicht noch ein- oder zweimal nachfragen, woran es denn liegt, wird dann aber deine Entscheidung akzeptieren. Vielleicht war der Vermittler echt super kompetent, aber dir einfach nicht sympathisch genug. Ihr habt nicht »geklickt«. Kann ja alles sein. Und dann ist das eben so, und das ist auch okay. Sympathie kann man eben nicht erzwingen. Und Vertrauen noch weniger.