Mit Sicherheit hast du schon mal von privaten Rentenversicherungen gehört. Vielleicht hast du selbst ja sogar bereits eine abgeschlossen oder deine Eltern haben das irgendwann mal für dich gemacht. Meine Eltern haben das für mich nicht gemacht, es wäre aber vermutlich gar nicht mal so doof gewesen, direkt zu meiner Geburt eine Rentenversicherung abzuschließen. Damals war der garantierte Zins in der privaten Rentenversicherung (damals meist »Kapitallebensversicherung« genannt) noch richtig gut. Zumindest im Vergleich zu den Zinsen, die es heute gibt. Gerade zum 01.01.2022 wurde der sogenannte Höchstrechnungszins von 0,9 auf 0,25 Prozent gesenkt.41
Das bedeutet, dass Versicherer in ihrer Kalkulation bei zum Beispiel Rentenversicherungen und auch Berufsunfähigkeitsversicherungen nur noch maximal mit 0,25 Prozent kalkulieren dürfen. An dieser Stelle dürfte auch klar sein, dass du von einer privaten Kapitallebensversicherung/Rentenversicherung, welche dir nur einen Zins von 0,25 Prozent garantiert, absolut die Finger lassen solltest. Da kannst du dein Geld besser unter dein Kopfkissen legen – oder gleich verbrennen. Mehr dazu dann aber im Kapitel zu den Garantien bei Rentenversicherungen.
Schauen wir uns jetzt aber mal die grundsätzliche Funktionsweise von privaten Rentenversicherungen an.
Eigentlich ist das Konzept relativ einfach: Du schließt einen Vertrag mit einem Versicherer, bei welchem du meist monatlich einen von dir gewählten Beitrag zahlst. Dieses Geld legt der Versicherer für dich an. Dies kann festverzinslich geschehen oder aber auch eine Anlage an den Aktienmärkten sein. Und wenn du dann später in Rente gehst, zahlt dir der Versicherer eine monatliche Rente aus, und zwar solange du lebst. Ja, du hast richtig gelesen: solange du lebst. Und genau das ist eben das Risiko, das der Versicherer an dieser Stelle für dich übernimmt. Niemand weiß, wie lange du leben wirst. Nicht du, nicht der Versicherer, niemand. Das ist ein nicht zu vernachlässigendes Risiko – für dich und den Versicherer.
Für dich bezogen darauf, dass es echt uncool wäre, wenn du noch am Leben bist, aber all dein Geld aufgebraucht wurde. Und für den Versicherer ist es ein Risiko dahingehend, dass er dir lebenslang eine Rente zahlen muss, unabhängig davon, dass das angesparte Kapital ab einem gewissen Zeitpunkt aufgebraucht ist. Ich muss dies noch mal hervorheben, weil es hier immer wieder zu Missverständnissen kommt: Wenn du eine private Rentenversicherung mit einer späteren monatlichen Rente abschließt, dann MUSS dir der Versicherer, solange du lebst, monatlich eine Rente zahlen und es ist vollkommen egal, ob die zum Beispiel 100.000 Euro, die zum Rentenbeginn in deinem Vertrag liegen, nach zum Beispiel 15 Jahren aufgebraucht sind. Der Versicherer ist verpflichtet, dir weiter deine monatliche Rente zu zahlen.
Dieses Risiko nennt sich auch »Langlebigkeitsrisiko«. Es ist also quasi ein finanzielles Risiko, wenn man lange lebt. Klingt komisch, macht aber doch irgendwie Sinn.
Und dies ist ein Risiko, das ein Versicherer für dich übernehmen kann. Lebst du länger als erwartet beziehungsweise als der Versicherer anhand von zum Beispiel Sterbetafeln kalkuliert hat, dann wirst du hier mit einem »Plus« rausgehen. Dann hat sich die private Rentenversicherung für dich gelohnt. Stirbst du allerdings früher als erwartet, dann hat der Versicherer vermutlich ein »Plus« gemacht. Natürlich gibt es hier noch Möglichkeiten, dass auch deine Hinterbliebenen weiter von den Zahlungen aus deiner privaten Rentenversicherung profitieren, aber dazu später mehr.
Wie jede Übernahme eines Risikos kostet auch diese Geld. Jede Leistung erfordert eine entsprechende Gegenleistung. Die Leistung des Versicherers ist – wie immer – die Übernahme eines für dich unbekannten finanziellen Risikos. Deine Leistung ist der Beitrag, den du dafür bezahlst. Dabei wird ein Teil deines Beitrages (der größte Teil) in die von dir gewählte Anlage gehen (zum Beispiel einen Fonds, Aktien, ETFs und so weiter) und ein anderer Teil (der kleinere Teil) fließt zum Versicherer für die Deckung entstehender Kosten (Verwaltung, Vertrieb und so weiter). Das heißt, wenn dir zum Beispiel jemand sagt, dass eine private Rentenversicherung höhere Kosten hat als zum Beispiel ein ETF-Sparplan bei einer Direktbank, dann ist das vermutlich in 99 Prozent der Fälle eine korrekte Aussage. Aber du bekommst einfach auch mehr Leistungen als bei einem ETF-Sparplan. Und diese kosten Geld. Mehr dazu auch im Kapital »Vermögensaufbau oder planbare, lebenslange Altersvorsorge«.
Du siehst also, dass auch hier wieder alles auf einen einzigen Punkt zurückzuführen ist: Ist dies (in dem Fall das Unwissen darüber, wie lange du leben wirst) ein für dich persönlich (großes) finanzielles Risiko, welches du über eine private Rentenversicherung absichern möchtest, oder nicht?