24 – Haavard

Sabiya geht um halb elf auf ihr Zimmer. Kurz danach verabschiedet sich auch Roger, um Viertel vor elf stehe ich auf, klopfe auf den Tisch und gehe.

Erst in mein Zimmer. Vom Balkon draußen habe ich eine großartige Aussicht in die blaue Ferne, auf zahllose Nuancen von Grün und Grau. Das Info-Material auf dem Schreibtisch zeigt einen verlockenden Pool. Bis Mitternacht geöffnet, steht da.

Sollen wir uns vielleicht mit einer Runde im Pool aufwärmen?

In 10 Minuten im Pool? Bisschen schwimmen vorm Bett? , schreibe ich.

Zehn Sekunden später kommt die Antwort.

Okay, aber halt anständig Abstand. Immerhin mit einem zwinkernden Smiley danach.

Rasch ziehe ich meine Trainingssachen an. Falls ich morgen früh jemandem begegnen sollte, kann ich sagen, ich wäre früh aufgewacht, hätte nicht mehr einschlafen können und wäre eine Runde gelaufen. Ich nehme meine Schlüsselkarte, Badehose, Handtuch und Mobiltelefon, dann ziehe ich leise die Tür meines Zimmers hinter mir zu.

Ein niedriger Laubengang mit Glaswänden verbindet die Gebäude. Als ich durchgehe, ist mir, als würde ich den typischen Duft von Jean Paul Gaultier riechen.

Ich hoffe wirklich, dass Roger nicht im Schwimmbad ist. Dann müssen wir gleich wieder gehen. Es wäre mir zu unangenehm.

Zum Glück ist im Pool nichts von Roger zu sehen.

Sabiya lässt sich auf dem Rücken im Wasser treiben.

Der Raum wird nur von wenigen, in einem Rechteck an der Decke angebrachten Spots beleuchtet, außerdem brennen ein paar dicke Stumpenkerzen in Glasstürzen. Die Lichter lassen das Wasser glitzern.

Wir sind allein. Doch die eine Längsseite ist voll verglast, es ist draußen halbdunkel und drinnen so hell, dass man uns von draußen sehen kann, ohne selbst erkannt zu werden. So besonders diskret ist das hier also doch nicht. Aber ich pfeife drauf. Es ist spät, alle haben was getrunken, da wird man ja wohl zusammen mit einer Kollegin den Pool benutzen dürfen.

Sabiya stellt sich hin, das Wasser geht ihr bis zur Mitte der Brüste, sie steht im Licht da, mit nassem Haar und perlenden Tropfen auf der goldenen Haut. Brigitte Bardot, Ursula Andress, Bo Derek, Halle Berry, die können sich alle miteinander verstecken.

Ich gehe zur Saunakabine, bleibe kurz stehen, als ich die Hand auf den Türgriff lege, den typischen Holzquader.

»Kommst du mit rein für eine Runde?« Ich nicke zur Sauna hin, als Sabiya vorbeischwimmt. Vielleicht stresst mich die Idee, dass wir von draußen zu sehen sind, doch ein bisschen, in der Sauna sieht niemand, wer wir sind und was wir tun.

»Lieber nicht.« Sie hält kurz inne. »Mir ist es da drin zu heiß und zu eng.«

»Ja, stimmt«, sage ich, obwohl ich es nicht so sehe. »Komm lieber hier rein«, sagt sie mit einem Blick, den ich nicht recht deuten kann, dann schwimmt sie rasch auf dem Rücken weiter. Ihre Arme fliegen nach hinten, ihre Füße pflügen durchs Wasser.

Ich steige über die Badeleiter in der Ecke ein und schwimme hinter ihr her.

Jetzt erst wird mir ein eigenartiger Geruch bewusst. Etwas verbrannt, ungefähr wie Weihrauch, ich kann den Geruch nicht recht einordnen, er wirkt störend in dieser warmen, sprudelnden und einladenden Atmosphäre.

Ich hole tief Luft und tauche unter, versuche, ob ich ohne Schwimmbrille etwas sehen kann. Nicht viel. Licht und Schatten wirbeln in einer Art Tanz umher, es dreht sich vor meinen Augen, dabei habe ich gar nicht so viel getrunken.

Kurz scheint mir, ein Schatten würde sich über uns legen, aber als ich wieder hochkomme und zum Beckenrand schaue, ist niemand da.