Dass in Freundeskreisen, auf dem Spielplatz oder bei Familientreffen zum Thema Impfen mal die Fetzen fliegen, hat vielleicht jeder schon mal erlebt. Meinungen prallen aufeinander, jeder verteidigt seinen Standpunkt, bringt hier und da gelesenes Wissen ein und steuert lange gesammelte Geschichten bei. Es kann aber auch zwischen Eltern vorkommen, dass Uneinigkeit über das Thema Impfen herrscht. Und am Ende muss trotzdem eine Entscheidung getroffen werden.
Unsere Gefühle sind wie ein Kompass, der uns eine Richtung für Handlungen anzeigt. Das ermöglicht es uns, schnell und ohne langes Nachdenken handeln zu können. Doch manchmal ist es wichtig, die Richtung, in die Gefühle zeigen, zu hinterfragen. Viele Menschen haben Angst vor Prüfungen und würden sie darum gern vermeiden. Doch wir wissen, dass sie wichtig sind, und finden in der Regel Wege, sie trotzdem zu bewältigen. Wir glauben der Angst nicht.
Wenn wir Gefühlen glauben, ohne sie zu hinterfragen, handeln wir unreflektiert und unter Umständen irrational. Wenn wir Angst um unsere Kinder haben (entweder vor einer Impfung oder einer Erkrankung) und jemand diese Angst nicht ernst nimmt, wird die Angst größer. Wir reagieren darauf mit »Kampf-oder-Flucht-Verhalten«. Das heißt, wenn wir in einer Diskussion mit uns nahestehenden Menschen immer ängstlicher werden, werden wir immer aggressiver. Das führt zum Verlust von Empathie. Wir sind plötzlich nicht mehr in der Lage zu sehen, dass unser Partner ebenfalls Angst um das Kind hat. Impfkonflikte werden sich oft lösen lassen, wenn sich die Konfliktpartner in ihrer Angst gegenseitig ernst nehmen.
Doch was ist, wenn Eltern sich partout nicht einigen können oder wollen? Wenn sie unterschiedliche Ansichten über Verantwortung und den Schutz der kindlichen Gesundheit haben und der eine Elternteil Impfungen befürwortet, der andere sie vehement ablehnt? Wie kommt man zu einer Lösung, wenn am Ende tatsächlich einer »Recht« bekommen muss?
Muss man sich einigen oder darf ein Elternteil auch allein entscheiden? Gerichte haben entschieden, dass Eltern, die das gemeinsame Sorgerecht haben, gemeinsam über den Impfschutz der Kinder entscheiden.
Das gilt für Eltern, die zusammenleben, genauso wie für Eltern, die getrennt leben und das gemeinsame Sorgerecht haben.
Wenn Eltern sich nicht einigen können, kann es vor Gericht gehen. In einem Verfahren am Bundesgerichtshof bekam der Elternteil recht, der das gemeinsame Kind nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission impfen lassen wollte. Das Gericht erkennt die Ständige Impfkommission als medizinischen Standard an, da ihre Empfehlungen auf vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen fußen.
An einer Einigung führt also kaum ein Weg vorbei, wenn es nicht vor Gericht gehen soll. Im Folgenden geben wir einige bewährte Tipps, wie Sie bei Konflikten einer Einigung näher kommen können.
Info
ENTSCHEIDUNGEN, DIE GEMEINSAM GETROFFEN WERDEN MÜSSEN
Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht müssen gemeinsam über Impfungen entscheiden. Das entspricht auch den Regelungen, die für Operationen gelten oder für einen Schulwechsel: Immer dann, wenn die Entscheidung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, sind beide Eltern gefragt. Bei getrennt lebenden Eltern gilt in der Regel: Dort, wo die Kinder leben, werden die Entscheidungen getroffen, die das tägliche Leben der Kinder betreffen – also zum Beispiel die Freizeitgestaltung oder kleine medizinische Behandlungen. Dies gilt aber eben nicht für Impfungen, da diese »Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung« sind.
Dass man sich über Impfen streitet und es emotional wird, passiert nicht nur in Paarbeziehungen. Die folgenden Tipps können auch im Verwandten- und Freundeskreis helfen, aus einem Impfstreit ein konstruktives Gespräch werden zu lassen – oder zumindest verhindern, dass man sich auf Dauer verkracht.