Kapitel 15
2014
Sie war bei Ritas Beerdigung auf dem Garnisons Kirkegård. Das tiefe rechteckige Grab weckte unbehagliche Assoziationen an den Abend von Ritas Ermordung, und die getrimmte Miniaturhecke erinnerte unangenehm an die auf dem Assistens Kirkegård.
Die Beisetzung hatte etwas Makabres, aber es war der ausdrückliche Wunsch der Familie gewesen, Rita so zu beerdigen. Josefine bereitete der Anblick des Sarges, der in das Grab hinabgelassen wurde, extremes Unbehagen.
Schneeflocken rieselten langsam vom Himmel und legten sich in einer transparenten Schicht auf die akkurat geschnittenen Büsche. Bald würden alle Oberflächen weiß gepudert sein.
Die Bilder von Ritas zertrümmertem Gesicht zogen an Josefines innerem Auge vorbei, und in ihrem Hinterkopf spukte der Gedanke an den nach wie vor frei herumlaufenden Mörder.
Sie stand hinter Charlotte und bemerkte ein leichtes Zittern ihrer Schultern. Die Kollegin weinte.
Die drückende Stimmung in der Kirche steckte Josefine noch in den Knochen. Das Schweigen, die gebeugten Nacken und gesenkten Blicke. Die Schläge der Kirchenglocke und die nachfolgende schwere Stille, ehe die Orgel mit tiefem Bass einsetzte. Die tiefen Töne als endgültiger Schlusspunkt am Ende eines Menschenlebens.
Sie dachte an die Beerdigung ihres kleinen Bruders und erinnerte sich lebhaft an das Ziehen im ganzen Körper beim Blick in das offene Grab. Das Loch war viel zu groß für den kleinen weißen Sarg gewesen.
Das Geräusch der auf das massive Holz fallenden Erdklumpen verursachte ihr fast körperliche Übelkeit. Ritas Leichnam wurde nun einem unterirdischen Kreislauf übergeben. Als Kolleginnen hatten sie sich auf professioneller Ebene beide mit dem Tod beschäftigt, aber keine von ihnen hatte ernsthaft in Betracht gezogen, dass der Tod schon hinter der nächsten Ecke lauern und eine von ihnen holen könnte.
Eine ältere Dame, in der Josefine Ritas Mutter vermutete, schluchzte auf. Der Schmerz stand der Frau in das zerfurchte, blasse Gesicht geschrieben.
Josefine sackte der Kreislauf weg, und ihr wurde schwindelig, als jemand ihren Arm ergriff und sie stützte.
Xander. »Alles in Ordnung?«, flüsterte er.
Sie nickte benommen und atmete bis tief in die Lunge, den Geruch von Erde und Winter in der Nase.