Kapitel 44
Josefine war gerade am Kochen, als es an der Tür klingelte. Sie wischte sich die Hände an einem Lappen ab, ging hinaus in den Flur und öffnete die Tür.
»Hallo«, sagte Xander. »Störe ich?«
»Nein, gar nicht. Komm rein! … Ist es okay, dass ich Du sage?«
»Klar.«
Josefine ging in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Xander folgte ihr ein paar Schritte, blieb dann aber stehen.
»Sag mal, bist du Gummistiefelfetischistin?«
Mindestens zehn Paar Gummistiefel standen in dem engen Flur in Reih und Glied. Da war für jeden Geschmack etwas dabei, von nostalgisch Jagdgrün in der breitschaftigen Variante bis zum glänzend neuen Neongelb mit lila Schnürband und roter um den oberen Rand gefalteter hellroter Wollsocke.
Josefine lächelte breit.
»Du weißt doch, Frauen und Schuhe …«
»Hast du genauso viele Stilettos?«, fragte er interessiert.
»Da muss ich dich leider enttäuschen, Xander. Das höchste der Gefühle ist ein Paar Ballerinas! Die ostereigelben Gummistiefel sind meine Ausgehschuhe!«
Xander kam lächelnd in die Küche geschlendert.
»Ich wollte dir nur mitteilen, dass wir gut auf deinen Vater aufpassen … Ich kann dich beruhigen, dass es in der Zwischenzeit keine weiteren Vorfälle gegeben hat, es ist alles ganz friedlich.«
»Das freut mich zu hören«, sagte Josefine und lächelte Xander an. »Ich mache mir wirklich Sorgen, dass ihm was passiert …«
Es entstand ein kurzes Schweigen.
»Das duftet gut«, sagte Xander.
»Chili con carne – die Nummer sechs der zehn Gerichte, die ich ohne Rezept kochen kann. Mein Mahlzeitenrepertoire hat sich seit meinem Studium nicht grundlegend geändert. Magst du mit mir essen?«
»Oh, danke gerne … Und ich stör dich wirklich nicht?«
»Absolut nicht. Aber wie gesagt, ich bin keine Meisterköchin«, warnte Josefine ihn vor.
Sie ging zum Kühlschrank. »Bier?«
»Tja, why not. Ich habe mir selbst freigegeben.«
Josefine gab ihm einen Flaschenöffner, Xander öffnete zwei Flaschen und reichte Josefine eine davon.
»Was machst du eigentlich, wenn du keine gefährlichen Verbrecher jagst?«
Die Frage erwischte Xander auf dem falschen Fuß.
»Ähm, nicht viel«, sagte er langsam. »Meine Arbeit nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch …«
»Hast du eine Frau und Kinder?«
Xander schüttelte den Kopf.
»Ich bin ein unglaublich langweiliger Singlemann«, brachte er es auf den Punkt. »Verheiratet mit meiner Arbeit …«
Josefine grinste ihn schief an.
»Keine erfüllenden Freizeitinteressen oder Hobbys?«
»Ich angle gern …«
Josefine gluckste.
»Mit der Antwort hätte ich jetzt nicht gerechnet«, sagte sie. »Dann darfst du bei deinem nächsten Besuch das Abendessen mitbringen.«
»Und selber?«, fragte Xander.
»Tja, das ist etwas kompliziert«, sagte sie. »Knochenexpertin mit dementem Vater – nicht unbedingt das aufregendste Aushängeschild in irgendwelchen Datingportalen …«
»Hast du dein Profil ins Internet gestellt?«
»Nein, Quatsch, das war nur ein Scherz. Die Männer in meiner Branche sind entweder steinalt oder unfassbar verschroben.«
»Warum suchst du dir keinen Mann außerhalb des Rechtsmedizinischen Instituts?«
Ihre Blicke begegneten sich.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich, weil ich nicht so dafür zu haben bin, in irgendwelchen Bars wildfremde Männer anzuquatschen …«
Xander trank einen Schluck, setzte sich auf einen Hocker und sah ihr zu, wie sie das Essen zubereitete. Sie hatte das lange lockige Haar hochgesteckt und trug ein weißes Trägershirt und zerschlissene Jeans. Erst jetzt bemerkte er, dass sie barfuß war. Keine Schwielen oder krummen Zehen. Es schien zu stimmen, dass sie nie hochhackige oder zu enge Schuhe trug. Und es sah nicht danach aus, als ob sie einen BH anhätte. Er trank noch einen Schluck, platzierte die Flasche auf dem Tisch und stellte sich hinter sie. Sie drehte den Kopf und hob den Blick zu seinem Gesicht. Ihre Augen waren so dunkelblau wie tiefes Meerwasser. Die Wimpern lang und geschwungen. Sein Herz begann zu pochen, eine warme Welle schwappte durch seinen Körper. Er legte die Hände auf ihre Hüften und zog sie zu sich heran, spürte den Duft ihres Haares in seiner Nase. Ihr Körper fühlte sich nachgiebig und weich an. Seine Lippen streiften ihre, und ein Kribbeln schoss wie ein Stromschlag in alle Glieder. Sie hatte die Lippen leicht geöffnet, ihre Zähne glänzten wie Perlmutt. Er küsste sie und kreiste liebkosend mit seiner Zunge um ihre, seine Hände fanden ihre Brüste und drückten sie sanft, bis sie nach Luft schnappte. Sie sahen sich in die Augen. Er spürte ihre Lust wie einen glimmenden Glutpunkt in der Tiefe ihres blauen Blickes. Er drückte sie noch näher an sich und zog ihr das Trägerhemd in einer gleitenden Bewegung über den Kopf. Das warme Gefühl lebendiger, weicher Haut ließ die letzten Reste von Selbstkontrolle verdampfen. Sie ließ ihn ihre harten Brustwarzen küssen. Seine Hände wanderten abwärts und verharrten bei einer winzigen Unebenheit über ihrem Kreuz. Sie verkrampfte sich.
»Eine Narbe?«, murmelte er mit halb geschlossenen Augen.
»Xander …«, sagte sie kurzatmig. »Ich … ich glaube nicht, dass ich das kann …«
»Wie meinst du das?«
»Wir sollten besser aufhören …«
»Warum?«
»Weil …«
Sie verstummte.
Xander sah sie an. Ihr Blick war plötzlich nach innen gewandt und ihr Körper angespannt.
»Entschuldige, Josefine«, sagte er langsam. »Ich wollte nicht …«
»Ist okay«, sagte sie, hob das Trägerhemd vom Boden auf und zog es wieder über.
»Was ist im Weg?«
»Ich … mag jetzt nicht darüber reden«, sagte sie. »Ein andermal, vielleicht, aber nicht jetzt.«
»Soll ich gehen?«
Sie nickte langsam.
»Ist wohl besser«, sagte sie zögernd.
Xander stand mit hängenden Armen da und sah sie fragend an, aber sie wich seinem Blick aus.
Kurz darauf hörte sie die Wohnungstür zuschlagen.
*
Am nächsten Morgen aß Josefine ein Milchbrötchen und trank ihren Tee stehend am Küchentisch. Es ging ihr gar nicht gut wegen der Sache mit Xander. Als er nach der Narbe gefragt hatte, war kurz die Zeit stehen geblieben und ihr Schuldgefühl erwacht, das sie immer wieder überkam, für den Tod ihres Bruders verantwortlich zu sein. Sie würde niemals den Moment vergessen, als klar war, dass die Nierenoperation der letzte Schubser in die Arme des Todes gewesen war. Eine banale Infektion wuchs sich zu einer Lungenentzündung aus, und am Ende gab es nichts mehr, was sie hätten tun können.
Sie seufzte und zwang sich dazu, sich auf die Aufgaben des Tages zu konzentrieren.
Später öffnete sie eine Mail und schaute sich das Programm der bioarchäologischen Konferenz an, die am nächsten Tag stattfinden sollte. Eigentlich hatte Josefine keine Zeit, an der Konferenz teilzunehmen, aber sie hatte es nicht übers Herz gebracht abzulehnen, als ihr alter Mentor Ejner Klemmesen sie eingeladen hatte, den einleitenden Vortrag über die vorläufigen Ergebnisse der Analyse des Knochenmaterials vom Assistens Kirkegård zu halten. Ejner forschte zurzeit über die Syphilis im 16. Jahrhundert. Das Knochenmaterial stammte von seeländischen Friedhöfen und wurde in einem Fabrikgebäude im Industriegebiet von Avedøre gelagert. Es war ein wohlgehütetes Geheimnis, dass sich hinter den unscheinbaren grauen Betonmauern mehrere Tausend Skelette befanden. Da im Knochendepot vom Panum-Institut Platzmangel herrschte, hatte man die Halle in Avedøre angemietet und Ejner Klemmesen als Verwalter eingesetzt.
Josefine würde sich selbst nicht als Nerd bezeichnen, aber die bevorstehende bioarchäologische Konferenz war eindeutig was für echte Fachidioten. Eine Konferenz für die Knochenjäger aus dem Norden, auf der sich alles um Bruchflächen, Schäden am Skelett und in früheren Zeiten vorkommende Krankheiten drehte. Sie betrachtete es als ihre Pflicht, sich über die Entwicklungen und neuesten Forschungsergebnisse auf dem Laufenden zu halten. Außerdem schätzte sie den Umgang mit Gleichgesinnten, da es für sie als eine der wenigen Rechtsanthropologinnen Dänemarks schwierig war, einen ebenbürtigen Sparringpartner zu finden, und sich selten die Gelegenheit für einen Austausch unter Kollegen ergab.
Sie gab die Adresse in Avedøre ins Navi des Leihwagens ein und schaltete das Radio an.
Eine gute halbe Stunde später hatte sie das Industrieviertel erreicht und fuhr durch ein oben mit Stacheldraht gesichertes Stahltor.
Ejner hatte sich in den letzten Jahren kein Stück verändert. Er trug immer noch die gleichen Holzfällerhemden wie früher, Cordhose und Socken in knalligen Neonfarben, solide verpackt in ergonomisch angepassten Gesundheitstretern.
»Hallo, Josefine. Schön, dich zu sehen. Magst du eine Tasse Tee? Ich habe sogar Kuchen gekauft«, lockte er.
Ejner hatte einen süßen Zahn, und wenn man etwas von ihm wollte, war es schlau, das in die eigenen Pläne einzubeziehen.
»Wunderbar, genau das, was ich jetzt brauche.«
Sie gingen in den Personalraum, der durch eine Glaswand von der übrigen Halle abgetrennt war. Er hatte etwas von einer Führerkabine, und durch das große Fenster hatte man Ausblick auf das riesige Magazin. Ejner schenkte chinesischen Schwarztee aus einer kreischgrünen Plastikthermoskanne ein und riss die Tüte mit dem Kuchen auf, der für eine ganze Armee reichte.
»Bitte schön«, sagte er und schnitt ein großes Stück für sie ab. »Du kannst ein bisschen was auf den Rippen vertragen.«
Sich selbst hob er ein noch größeres Stück auf den Teller. Josefine bemerkte einen dunklen Schatten, der an dem Fenster vorbeihuschte, das zum Lager hinausging.
»Das ist eine Amsel, die sich hier rein verirrt hat«, erklärte Ejner. »Wir schaffen es nicht, das Viech wieder rauszukriegen. Ich hab vorgeschlagen, die Wagentore zu öffnen und den Vogel dort ins Freie zu scheuchen. Sie kackt alles voll. Und ich habe den Verdacht, dass sie die Bewegungsmelder aktiviert und den Alarm auslöst …«
Es entstand eine Pause.
»Es war erschütternd, von Ritas Tod zu lesen«, fuhr er nach Worten ringend fort. »Soweit ich weiß, habt ihr im Rahmen der Exhumierung auf dem Assistens Kirkegård zusammengearbeitet?«
»Ja.« Josefine schlug den Blick nieder. »Ich habe sie gefunden …«
»Ist das wahr?«
Sie nickte.
Josefine hatte das Gefühl, dass Ejner nicht recht wusste, was er sagen sollte.
»Hast du jemanden zum Reden?«
»Ich komm schon zurecht.«
Ejner füllte seinen Becher bis zum Rand.
Josefine sah aus dem Fenster, das irgendein Witzbold mit einer Papiergirlande aus sich an den Händen haltenden Skeletten geschmückt hatte. Sie sah einen von Ejners Mitarbeitern mit einem großen, grün gekleideten Kurierfahrer sprechen, der sie an ein riesiges Insekt erinnerte. Der Mitarbeiter zeigte kurz in Josefines und Ejners Richtung, und der Fahrer richtete seinen verspiegelten Blick auf sie. Josefine hatte verspiegelte Sonnenbrillen schon immer als extrem unangenehm empfunden, hinter denen man die Augen seines Gegenübers nicht erkennen konnte und nicht wusste, ob der andere einen beobachtete oder nicht. Und genau dieses Gefühl hatte sie in diesem Moment.
»Wir müssen ein paar Knochen in der Rechtsmedizin scannen lassen und sie dafür dorthin schicken«, erklärte Ejner. »Über den Postweg dauert das viel zu lange, darum haben wir einen Kurierdienst damit beauftragt.«
Sie spürte seinen Blick auf sich.
»Gut vorbereitet auf deinen Vortrag morgen?«
»Das will ich doch hoffen …«
Ejner lächelte.
»Ach übrigens, einige deiner früheren Kommilitonen haben für heute Abend einen Restaurantbesuch geplant. Für die Konferenz sind sie ja von nah und fern zusammengekommen.«
»Heute Abend? Nette Idee. Aber wie du das sagst, klingt es, als kämst du nicht mit.«
»Nein, ich muss noch was fertig machen, ein paar Hängepartien, du weißt …«
Josefine dachte, dass der Mann sich kein Deut geändert hatte, und vermutete, dass er alle naselang in seinem Büro übernachtete. Ihr schoss durch den Kopf, dass sie so gut wie nichts über sein Privatleben wusste.
»Und, willst du dir jetzt ein paar Knochen anschauen?«
Sie biss in ihren Kuchen und nickte. Sie begaben sich in die große Fabrikhalle, in der lange Reihen neongelber Regale standen, dicht bepackt mit Pappkartons, in denen die Knochen aufbewahrt wurden.
*
Nach ein paar Stunden in Ejners Gesellschaft fuhr Josefine zurück nach Kopenhagen, wo sie sich mit ihren ehemaligen Studienkollegen in einem kleinen Café im Zentrum traf. Sie verbrachten einen netten Abend zusammen und frischten alte Erinnerungen auf. Sie sprachen lange über Ritas Tod, der für sie alle, die sie ebenfalls aus der Studienzeit kannten, ein schwerer Schock war.
Bei einem kurzen Blick aufs Handy sah Josefine, dass Ejner mehrfach versucht hatte, sie zu erreichen. Im ersten Moment machte sie sich Sorgen, dass etwas passiert war, wurde aber von einer nachgeschobenen SMS beruhigt, in der er fragte, ob sie noch mal im Knochenlager vorbeikommen könne, weil er ihr etwas Wichtiges zeigen wollte. Sie lächelte und dachte, dass es wahrscheinlich um das Skelett ging, von dem er ihr erzählt hatte. Dabei handelte es sich um ein seltenes, typisches Beispiel von Tuberkulosebefall von Knochen, das sie vergeblich in den Lagerregalen gesucht hatten. Irgendjemand hatte offenbar die Kiste nicht an ihren Platz zurückgestellt. Josefine sah auf ihre Armbanduhr. Es war schon spät, und eigentlich war sie müde, aber ihre Neugier auf das Skelett, über das sie schon ein paar spannende Artikel gelesen hatte, siegte. Sie schrieb ihm, dass sie in einer Dreiviertelstunde bei ihm sein würde.
Sie verabschiedete sich von ihren Studienkollegen und erklärte den Grund für ihren Aufbruch, was die anderen nicht weiter zu verwundern schien.
Josefine machte sich auf den Weg in die Tiefgarage, wo sie den Wagen geparkt hatte, fuhr die steile Rampe hoch und ließ sich von ihrem Navi aus der Stadt führen.
Bei der Einfahrt in das Industriegebiet schaltete Josefine das Navi aus. Ab hier erinnerte sie sich an den Weg. Von dem geschäftigen Gewimmel am Tag war nichts mehr zu spüren. Ein paar wenige Straßenlaternen sorgten für eine schwache Beleuchtung, und die Gegend kam ihr noch trister vor als am Nachmittag. Es hatte aufgefrischt, ein paar Baumkronen wiegten sich im Wind hin und her.
Bis auf einen Lieferwagen vor der Lagerhalle war der Parkplatz leer. Jetzt fing es auch noch an zu schneien. Die Flocken wirbelten über ein paar dunkle Pfützen, deren dünne Eishaut unter den Sohlen knirschte, als sie darüberlief. Der Geruch von Frost füllte ihre Nasenlöcher. Als sie auf die dunkel glänzende Glastür zuging, die ins Lager führte, befiel sie ein seltsames Gefühl.
Josefine legte eine Hand auf den Griff der unverschlossenen Glastür und trat in den dunklen Raum. Hoch über ihr war das Flattern der Amsel zu hören.
»Ejner?«, rief sie. »Wo bist du?«
Sie bekam keine Antwort. Das Gefühl der Unruhe wuchs. Sie sah im Glaskasten nach und zuckte erschrocken zusammen, als der Kühlschrank unvermittelt ansprang. Es roch intensiv nach geröstetem Brot, als hätte Ejner gerade einen kleinen Imbiss zu sich genommen. Josefine fand einen Lichtschalter und drückte darauf. Hier war niemand, stellte sie fest und sah durch das große Fenster in die Lagerhalle. Ihr wurde unangenehm bewusst, wie sichtbar sie in dem beleuchteten Glaskasten war, falls dort draußen in der Dunkelheit jemand stand und sie beobachtete.
Da hörte sie ein Scharren. Ein nervöses Zittern durchrieselte sie. Sie suchte Ejners Handynummer heraus und rief ihn an. Irgendwo in der Dunkelheit ertönte klassische Musik, Ejners spezieller Klingelton. Sie drehte sich in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
»Ejner!«, rief sie wieder. »Wo bist du?«
Ihre Stimme zitterte, und ihr Herz hämmerte.
Die Oberlichter bildeten schwarze Felder an der Decke, und die knalligen Metallregale schimmerten jetzt grau. Sie steuerte auf die hinterste Ecke zu, wo sie den Klingelton von Ejners Handy verortete. Josefine wählte erneut seine Nummer, und die Melodieschleife setzte wieder ein, diesmal in unmittelbarer Nähe.
Am äußeren Rand des fluoreszierenden Lichtkegels, der von ihrem Display ausstrahlte, nahm sie aus den Augenwinkeln einen leuchtenden Punkt wahr oder genauer zwei. Das hatte ausgesehen wie ein Augenpaar. Leuchtende Augen.
Josefine blieb stehen, verunsichert darüber, was sie gesehen hatte. Sie rührte sich nicht und lauschte in die Dunkelheit. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung und ging auf die letzte Regalreihe zu, als sie in der Ecke vor der Betonwand einen schwarzen unbeweglichen Schatten mehr erahnte als erkannte. Im Schein des Handydisplays sah sie Ejners dürre Gestalt mit dem Rücken an der Wand sitzen. Als sie ihn erreichte, sah sie sofort, dass er tot war. Der Kopf hing vornüber, und um seinen Körper hatte sich eine tiefrot schimmernde Blutlache gebildet.
Sie spürte, dass jemand hinter ihr war, und fuhr mit einem lauten Schrei herum.
Der Ton hallte durch den Raum, begleitet von dem Geräusch flatternder Flügel.