Hunter

Es schneit nicht mehr. Der Wind ist abgeklungen. Es ist still, als würde man sich in einem schallgedämpften Raum befinden. Das ist der Schnee, der das Tal meterhoch einfasst und von der Welt da draußen isoliert. Mich isoliert.

Ich stehe im Dunkeln vor dem B&B und denke, dass mich die Stille ganz bestimmt zum Durchdrehen bringt, bevor sie das Dorf frei räumen und ich endlich hier wegkann. Aber auf Hudson ist Verlass. Er beginnt genau im richtigen Moment irgendwo nördlich auf der Main Street lauthals Deck the Halls in die Nacht zu brüllen, während Theos dünne Stimme bettelt, sein Vater möge bitte, bitte aufhören. Der Junge tut mir leid. Kein Kind sollte so aufwachsen und dafür sorgen müssen, dass der Vater bei den Temperaturen draußen nicht im Vollsuff erfriert. Der Junge gehört vor einen warmen Kamin, in ein echtes Zuhause mit liebevollen Eltern. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Zumindest kümmert sich Nolan ein bisschen um ihn.

Trotz der dicken Winterjacke friere ich und trete auf der Stelle, um mich aufzuwärmen. Ich wollte allein sein, nachdem ich die Mail meines Trainers gelesen habe. Er hat die Aufstellung für das Spiel gegen die Cal Bears der Berkeley University verschickt. Es wird das wichtigste Spiel der Saison. Nicht, weil es punkteentscheidend sein wird, aber es werden mehrere Talentscouts großer NFL -Teams dabei sein. Die letzten Wochen habe ich geackert wie ein Tier, um einen Platz in der Startaufstellung zu ergattern. Und es hat sich ausgezahlt. Ich werde spielen. Blizzards, Lawinen, fuck, selbst mein Dad kann diesen Tag nicht mehr kaputt machen. Ich brülle meine Freude heraus und bekomme das Echo in Form von Hudsons Version von Rudolph The Rednose Reindeer . Ich lache und boxe gegen den Türrahmen. Ich muss Grace davon erzählen. Immerhin hat auch sie ganz schön gelitten in den letzten Wochen, weil ich zu wenig Zeit für sie hatte, nur unlustige Sachen gegessen und sie auf keine einzige Feier begleitet habe. Sie sollte wissen, dass es sich gelohnt hat. Ich bin mir sicher, dass sie diesen Erfolg mit mir feiern wird, indem sie mich zwingt, auf dem Bett herumzuhopsen. Ich grinse. Und danach könnten wir den Abend mit Fernsehen und Reden verbringen. Seitdem wir hier sind, haben wir kaum Zeit miteinander verbracht und ich habe ein schlechtes Gewissen, sie hierhergeschleppt und dann sich selbst überlassen zu haben. Auch wenn sie mir jedes Mal, wenn ich sie sehe, versichert, dass es ihr gut geht, sie den Ort zauberhaft und so weihnachtlich findet, dass es ihr eine sadistische Freude bereitet und sie die Zeit gut nutzen kann, um endlich ihre Hausarbeit zu schreiben, die sie bald abgeben muss.

Aber bevor ich die Tür aufdrücken kann, klingelt mein Telefon. Meine Nummer ist neu. Ich habe sie Nolan gegeben und der schreibt lieber Nachrichten, als anzurufen. Grace kennt sie. Und Peyton.

Mit einem ergebenen Seufzen zerre ich das Telefon aus der Jackentasche. Aber es ist nicht ihre Nummer, die auf dem Display aufleuchtet. Es ist Dads. What the fuck?

Wie hat er es bitte geschafft, nach nur zwei Tagen meine neue Nummer herauszubekommen? Ich will nicht rangehen, aber noch weniger will ich, dass er ins B&B kommt, um zu klären, was auch immer er zu bereden hat.

Mit klammkalten Fingern nehme ich den Anruf entgegen.

»Dad?«, frage ich kühl.

»Hunter.« Er atmet tief durch. »Ihr habt euch also wirklich in den Kopf gesetzt, Weihnachten zu retten?«, kommt er direkt zum Punkt.

Grace hat also schon mit ihm gesprochen. Ich reibe mir über die Stirn und nicke, obwohl ich weiß, dass er es nicht sehen kann.

»Bist du noch dran?«

»Ja.« Was die Antwort auf beide Fragen ist.

»Deine Freunde haben es ganz gut verkauft. Ich war beeindruckt.«

Ich bleibe stumm, weil es eines gibt, was ich früh gelernt habe. Gib Harold Adams so wenig Munition wie möglich. Denn er wird sie immer gegen dich verwenden.

»Und wenn man ihnen Glauben schenken darf, scheint dir und ihnen diese Sache wirklich wichtig zu sein«, fährt er gönnerhaft fort. »Natürlich rechtfertigt das nicht, was mich dieses Projekt kosten wird, sollte ich das Diner, Lebensmittel und Personal zur Verfügung stellen.« Im Hintergrund höre ich das Knacken des Kaminfeuers. Er sitzt unter Garantie auf dem edlen hellbeigen Sofa davor, auf dem Mom Wolldecken drapiert, nur damit sie gut aussehen. Ich glaube, es hat sich noch nie jemand darin eingewickelt, nur um die ganze Nacht durchzuquatschen, zu lachen und Spaß zu haben.

»Weil alles im Leben eine reine Kosten-Nutzen-Bilanz ist«, sage ich und kneife mir stöhnend in die Nasenwurzel. Seit wann verteidige ich bitte diese wahnwitzige Weihnachtsidee? Ich wollte nichts damit zu tun haben, aber auch wenn ich kein Teil der Operation Weihnachtswunder sein will, hat er kein Recht, über den Plan meiner Freunde zu reden, als wäre es die Idee idealistischer, weltfremder Idioten.

Er reagiert abgeklärt und ruhig, nicht so, als würde ihn mein Genervtsein in irgendeiner Art tangieren. »Genau. Das wirst du auch noch lernen. Womit wir zu dem Grund meines Anrufs kommen. Dein Freund Mason hatte ein Argument, das mich überzeugen könnte, dennoch mitzuziehen.«

Ich kenne Mason seit ungefähr drei Minuten. Er ist Avas Ex. Grace scheint ihn zu mögen. Und er hängt genauso oft hinter seinem Laptop wie sie. Mehr weiß ich im Grunde nicht über den Kerl. Ganz sicher ist er nicht mein Freund. Was Dad wüsste, wenn er mich kennen würde. »Und welches Argument wäre das?«

Ich kann Dads Grinsen förmlich sehen, weil er denkt, er hätte mich geködert. »Zum einen wärest du mir etwas schuldig. Wenn ich also dieses weihnachtliche Miteinander sponsore, erwarte ich dafür, dass du meine Kontaktperson bist. Du wirst zu den Besprechungen nach Hause kommen. Das ist auch wegen der Außenwirkung nicht uninteressant. Wenn du also zu uns läufst, dann möglichst so, dass alle im Dorf mitbekommen, dass der verlorene Sohn in die Arme der Familie zurückgekehrt ist. Für die Einladungen schießen wir ein Bild der glücklichen Familie. So können wir die Gerüchte um die Probleme zwischen uns ein für allemal zum Schweigen bringen.«

Das sind keine Gerüchte. Unsere Familie hat Probleme. Große.

»Im Sommer werde ich für die Wahl zum Bezirksrat antreten. Wenn wir für die Öffentlichkeit unseren Streit beiseitelegen und geschlossen als Familie auftreten könnten, wird das sicher hilfreich sein.«

Ich glaube, ich muss kotzen. »Bye, Dad.« Ich lege auf und bin absolut in der Stimmung, das nächste Telefon im Garten unter dem Schnee zu beerdigen, aber leider nicht betrunken genug, um es durchzuziehen. Ich hatte unrecht. Dad schafft es ohne Weiteres, meine gute Laune zu kippen. Mir ist absolut nicht mehr nach Feiern zumute. Und sollte ich je in Betracht gezogen haben, mit Grace auf irgendeinem Bett rumzuspringen, nope, das wird nicht mehr passieren. Weil ich vollends damit beschäftigt bin, nicht Amok zu laufen.

Ich hocke mich hin, atme. Dad ist ein Arschloch. Ein Arschloch, das für den Schein lebt. Er hat kein Interesse daran, wirklich etwas zu verändern. Kein Interesse an meinem Leben oder an mir. Das wusste ich. Also wieso macht es mich so verdammt wütend? Wieso erwarte ich immer noch, er würde vielleicht doch irgendwann und – sei es nur ein einziges Mal – aus reiner Vaterliebe einen Inch auf mich zukommen? Glaubt er wirklich, ich spiele bei diesem Theater mit und verbiege mich für seine Zwecke? Das habe ich noch nie. Werde ich nie. Aber wenn ich ihm sage, dass er sich ficken kann, werden Menschen wie Barbs, Agnes und Theo kein Weihnachten feiern. Und wer ist dann das Arschloch?

Fuck. Ich trete in eine Schneewehe neben der Tür. Dreimal, bis ich die Tür aufstoße und mit einem Schwall Schnee nach drinnen stürme. Um Mason und Grace zu fragen, was zum Henker ihnen einfällt, mich in so eine beschissene Lage zu bringen. Es war okay für mich, dass sie Dad fragen, aber was fällt ihnen bitte ein, mich da mit reinzuziehen? Dad vorzuschlagen, er solle mich als Werbeplakat für Adamsland benutzen? Aber die Sitznische, in der sie sonst immer über ihren Laptops brüten, ist verwaist. Ich will nach oben rennen, aber mein Hirn fügt in diesem Moment die fehlenden Teile zusammen. Grace und Mason wären niemals auf die Idee gekommen, Dad damit zu ködern, dass ich Teil des Deals sein könnte. Dazu wissen sie zu wenig von meiner beschissenen Familiendynamik. Und Grace hat ihm ganz sicher auch nicht meine Nummer gegeben. Das würde sie nicht tun, ohne mich vorher zu fragen oder zumindest vorzuwarnen. Peyton. Ich presse die Kiefer so fest aufeinander, dass es wehtut. Sie kennt Dad. Sie kennt mich. Sie hatte die Nummer und im Gegensatz zu Grace ist sie mir gegenüber längst nicht mehr loyal genug, um ihren Plan von einem Weihnachtswunder sterben zu lassen, um Rücksicht auf mich zu nehmen. Und das trifft mich mit einer Heftigkeit, die ich nicht spüren dürfte. Sie hätte das nicht tun dürfen. Weil es gegen jeden moralischen Kodex verstößt. Weil sie Peyton ist. Und ich Hunter. Fuck.

Leise Musik dringt aus dem Keller herauf. Ich stoße die Tür so heftig auf, dass sie von der Wand zurückknallt und mir gegen die Brust schlägt. Stolpernd stürze ich die Treppe hinunter.

»Hast du Mason und Grace gesagt, sie sollen Dad überreden, indem sie mich als Teil des Deals anpreisen?«, brülle ich sie an, noch bevor ich den Raum richtig betreten habe. Schwer atmend bleibe ich vor Peyton an der Werkbank stehen. Sie reagiert kaum auf mich oder darauf, dass ich sauwütend bin, was mich nur noch wütender macht.

»Und wenn?« Sie nickt und schleift unbeirrt die Kanten der Kommode weiter.

»Und wenn?«, stoße ich hart hervor und fahre mir durch die Haare. »Was gibt dir bitte das verfickte Recht, Grace gegen mich auszuspielen?« Mich zu verraten. Ich greife nach ihrem Arm, damit sie mich endlich ansieht.

»Sie hat angeboten zu helfen. Genau wie Mason. Was dein Vater daraus macht, können wir nicht beeinflussen.«

Sie funkelt mich an, dann meine Hand auf ihrem Arm, bis ich sie loslasse. Sie macht einen Schritt auf mich zu, sodass sie mir gefährlich nahe kommt, aber anstatt etwas zu erwidern, auf Abstand zu gehen, ihr zu sagen, wie scheiße diese Aktion ist und dass ich ihr kein Wort glaube, stehe ich einfach nur da. Wie betäubt, weil sie immer noch so riecht wie damals. Nach Holz, den Bergen und Schnee.

»Grace hat geholfen«, presst sie hervor. »Im Gegensatz zu dir geht ihr eben nicht alles am Arsch vorbei.«

Ich starre sie zornig an. Sie hat keine Ahnung, was mir wichtig ist und was nicht. »Auf jeden Fall geht mir nicht am Arsch vorbei, dass du Dad meine Telefonnummer gegeben hast.« Selbst wenn es stimmt und sie Grace nicht auf dumme Ideen gebracht hat. Allein wegen der Weitergabe meiner Nummer fühle ich mich, verdammt noch mal, von ihr verraten. Wahrscheinlich habe ich das sogar ein Stück weit verdient, aber es fühlt sich scheiße an. Wir waren mal Freunde. Mehr als das. Und auch wieder nicht. Also, wie kann sie sich gegen mich und auf seine Seite stellen?

»Irgendwie muss er dich ja erreichen können.« Peyton zuckt mit den Schultern, als wäre es deswegen weniger daneben.

»Damit ich mit ihm auf irgendwelchen verlogenen Fotos posiere?« Sie hat sich abgewendet und steht mit dem Rücken zu mir an der Wand. Als gäbe es jetzt gerade nichts Wichtigeres, als ein Schleifpapier mit der perfekten Körnung im Regal zu finden. »Und wenn schon. Es sind ein paar Fotos, Hunter. Das wird dich schon nicht umbringen.«

Es ist so viel mehr. Und das weiß sie. »Du hättest mich niemals in diese Situation bringen dürfen.«

Peyton dreht sich um und stemmt die Hände in die Seiten. »Welche Situation denn? Ich habe so die Schnauze voll. Immer geht es nur darum, was du willst oder nicht willst. Dass du Streit mit deinem ach so furchtbaren Vater hast, dass du deswegen die Stadt verlassen musstest. Newsflash: Wir alle haben Probleme. Niemandem scheint die Sonne aus dem Arsch. Aber bei dir muss natürlich jeder Verständnis haben, dass du verschwunden bist, um deinen Traum zu leben. Fuck, ich habe es satt, Verständnis dafür zu haben, dass du einfach abgehauen bist. Dass du dich nie wieder gemeldet hast. Ich meine, Missoula hat ein funktionierendes Telefonnetz und liegt auch nicht auf einem anderen Planeten, oder? Du hättest uns besuchen können, anrufen oder einfach eine verdammte Postkarte schreiben. Aber soll ich dir mal etwas verraten, das alles ist egal. Weil es nur dieses eine Mal nicht um dich geht, Hunter.«

Ich mache einen Schritt auf sie zu. »Wie kann es nicht um mich gehen, wenn du dafür gesorgt hast, dass ich nur noch als Arschloch hier rausgehen kann?« Meine Stimme bebt vor Zorn. Ich bin Peyton so nah, dass mein Atem die Worte gegen ihre Haut schlägt und die nussbraunen Haarsträhnen bewegen, die aus dem lockeren Knoten auf ihrem Kopf gerutscht sind.

Peyton streckt das Kinn vor. »Vielleicht ist das so, weil du ein Arschloch bist.« Sie sieht mich herausfordernd an. Und, fuck, plötzlich sind da all die Gefühle, die ich über die Jahre tief vergraben habe. Sie brechen auf, drängen den Zorn beiseite, lassen mich fühlen. Peytons Nähe, das Mehr, das wir so lange geleugnet haben, zu viel.

Sie schluckt und gräbt ihre Zähne in die Unterlippe, als bräuchte sie ganz dringend die Kontrolle zurück und der Schmerz wäre ein Anker. Ganz langsam strecke ich die Hand aus und berühre das ACDC -Shirt, das sie heute trägt. Es liegt eng an ihrem Körper und ist staubbedeckt.

Ihr Atem beschleunigt sich. Mein Herz rast. Mein ganzer Körper ist angespannt, als ich den Druck meiner Hand auf ihre Taille erhöhe.

Peyton könnte Nein sagen, das hier abbrechen, aber stattdessen sagt sie nur leise meinen Namen. »Hunter.«

Und dieses eine Wort setzt meine Zellen in Brand, mein Hirn aus. Sonst würde ich nicht ruckartig die letzte Distanz zwischen uns überwinden und meine Lippen auf ihre pressen. Das ist unvernünftig, waghalsig und so dumm, dass es mir den verfluchten Hals brechen wird. Und trotzdem küsse ich Peyton Scott.

Für den Bruchteil einer Sekunde lässt sie es geschehen, bevor sie ihre Hände gegen meine Brust presst. Nicht, um mich zu berühren oder mich an sich zu ziehen. Sie schiebt mich unsanft von sich.

»Bist du verrückt?«, knallt sie mir an den Kopf und legt ihren Handrücken gegen die Lippen, als hätte sie Angst, ich würde sie sonst erneut küssen.

Ich schüttle den Kopf. »Nur stinksauer«, erwidere ich rau. Und seit der Highschool in sie verliebt.

Sie sieht mich fassungslos an, zögert und ich denke, sie wird mir eine knallen, weil mindestens genauso lang klar ist, dass niemals etwas zwischen uns laufen wird, aber dann macht sie einen hastigen Schritt auf mich zu und dieses Mal ist sie es, die ihre Lippen hungrig auf meine presst. Ich fühle ihre Zunge, die Zähne, heiße Atemstöße, ihren Körper.

Ich stöhne in Peytons Mund, weil das einfach zu viel ist. Zu gut. Zu falsch. Und zu richtig. Keine Ahnung, ob ich zu weit gehe, aber ich schiebe meine Hände unter ihren Po und hebe sie auf die Werkbank. Egal ob sie spürt, wie hart ich bin. Ob es verrät, wie lange ich mir das hier gewünscht habe.

»Das«, bringt sie zwischen zwei Küssen atemlos hervor, »ist eine«, sie keucht, »einmalige Sache.« Sie legt den Kopf in den Nacken, als ich ihre Brüste umfasse und über ihr Shirt reibe. Meine Zunge leckt hungrig über ihre Lippen. »Einmalig«, keucht sie und schiebt ihre Hand an meinem Rücken hinauf. »Keine Wiederholungen. Es hat nichts zu bedeuten.«

Ich weiß nicht, wen sie belügen will. Alles, was ich weiß, ist, dass ich Peyton will. Dass sie das Einzige ist, was ich je mehr wollte, als Football zu spielen und hier wegzukommen. Sie hätte mich aufhalten können. Und genau deswegen musste ich gehen. Deswegen sind wir hier gelandet. Auf einer staubigen Werkbank, im Begriff, bedeutungslosen Sex zu haben. Obwohl wir beide wissen, nichts zwischen uns kann je bedeutungslos sein.

»Okay«, murmle ich rau.

Peyton nickt. »Okay«, sagt sie leise und zieht sich in einer hastigen Bewegung das Top aus. Dann den BH . Ohne meinen Blick von ihr zu lösen, streife ich mir ebenfalls das Shirt vom Oberkörper und lasse es auf den Boden fallen. Sie berührt meine Brust, die Muskeln an meinem Bauch. Ich will dasselbe tun, aber in dem Moment erreicht Peyton den Bund meiner Hose und löst den Gürtel. Holy Fuck. Ich ziehe scharf die Luft ein. Das Geräusch der Schnalle kommt mir ohrenbetäubend laut vor und ich ersticke es in einem tiefen Kuss, weil ich Angst habe, es könnte uns zurück in die Realität katapultieren, in der wir niemals eine gute Idee sind. Nicht einmal für diesen kurzen Moment, den ich so dringend will. Den ich brauche. Mit einem verzweifelten Knurren dringe ich mit meiner Zunge in die Hitze ihres Mundes vor. Ihre Zunge stößt gegen meine und Peytons Körper spannt sich unter meinen Händen an. Schwer atmend öffne ich ihre Cargohose. Ohne hinzusehen oder unsere Küsse zu unterbrechen, zerre ich sie ihr von den Beinen. Sie hilft mir und schiebt den Slip hinterher. Fuck, jetzt sitzt sie vollkommen nackt vor mir auf der Werkbank und ich kann die Hitze zwischen ihren Beinen an meiner Härte spüren, obwohl uns noch immer meine Boxershorts trennt. Irgendwie schaffe ich es, mein Portemonnaie aus der Hosentasche zu ziehen und das Notfallkondom zu ertasten. Ich schiebe meine Boxer herunter, reiße das Päckchen auf und streife es mir über, nur um im selben Moment in Peyton einzudringen. Ich habe mir zigmal ausgemalt, dass wir Sex haben würden. Aber in meiner Vorstellung waren wir immer ein Paar. Wir haben uns geliebt. Es war gefühlvoll und sinnlich. Nie so: wütend. Wild. Und schnell. Und trotzdem ist es besser als alles, was sich mein Hirn je ausgemalt hat.

Peyton stöhnt an meiner Haut, schlingt ihre Arme um meinen Nacken, ihre Beine um meine Hüften und passt sich meinem harten Rhythmus an. Vielleicht sollte ich uns Zeit lassen. Das hier mehr genießen. Denn es wird sich nicht wiederholen. Das hat Peyton sehr deutlich gemacht, aber ich kann nicht. Denn wir sind kein Paar. Wir machen keine Liebe, weil wir einander nicht lieben können, es nicht dürfen. Wir ficken. Ohne Gefühle. Das war der Deal. Ich halte es körperlich. Aber mein Herz, meine Zellen, mein verdammtes Hirn gehören nun mal auch zu meinem Körper und machen ziemlich deutlich, dass ich verloren bin. Ich stöhne, als Peyton meinen Hintern umfasst und mich auffordert, sie noch tiefer und schneller zu nehmen. Sie drückt sich an mich, ihre Muskeln spannen sich an und dann kommt sie, ihre Zähne in meiner Schulter vergraben, ihr Körper an meinem. Die Laute, die sie dabei ausstößt, machen mich dermaßen an, dass ich ihr kurz darauf folge. All die angestauten Gefühle, die Sehnsucht der vergangenen Jahre brechen auf, als ich bebend in ihr komme.

Für einen Moment verharren wir stumm. Mein Gesicht ist an Peytons Hals gepresst. Ihre Wange und eine Hand sind in meinem Haar vergraben. Ich will nicht, dass es zu Ende ist, aber im nächsten Moment löst sich Peyton von mir. Steigt von der Werkbank und zieht sich wortlos an. Ich will etwas sagen, weiß aber nicht, was. Wie damals, als ich gegangen bin, gibt es nichts, was die Situation retten könnte. Also ziehe ich nur meine Hose hoch, verschließe sie notdürftig, zwänge mich in das Shirt und gehe. An der Tür bleibe ich stehen, zögere. Zu lange, bis ich es endlich schaffe, doch die Grenze zu akzeptieren, die sie überdeutlich gezogen hat, und mich die Treppe hinaufzuschleppen. Ohne Peyton noch einmal anzusehen. Denn sonst würde ich etwas sagen, was ganz sicher nicht zwischen uns passt. Etwas wie, ich liebe dich. Oder ich will nicht, dass das hier einmalig bleibt. Ich will dich. Schon immer. Verdammte Scheiße. Ich erreiche das Erdgeschoss. Mason sitzt jetzt an seinem angestammten Platz. Er sieht auf, als ich mich zur Treppe schleppe. Sein Blick fällt auf meinen offenen Gürtel, aber er sagt nichts.

Und ich sage auch nichts. Was auch?