Unterwegs

Bounce Box

Die Bounce Box ist ein Paket, welches du dir ein Stück vorausschickst. Darin packst du Dinge, die du nicht die ganze Zeit über brauchst. Bestimmte Sachen brauchst du entweder erst in einem späteren Abschnitt (z. B. wärmere Kleidung oder weitere ausgedruckte Karten).

Anderes musst du entweder tauschen (z. B. abgenutzte Schuhe) oder ersetzen bzw. wieder auffüllen (z. B. Batterien, Sonnencreme oder Duschgel). Oft ist es günstiger, diese Dinge im Vorfeld zu besorgen (teilweise bereits in Deutschland) und in die Bounce Box zu packen, anstatt sie sich unterwegs nachzukaufen.

Je nachdem, wie viel du in die Bounce Box packst, musst du sie öfter und in kürzeren Entfernungen versenden. Das kostet ordentlich Portogebühren und du musst abwägen, ob sich das für dich lohnt. Am kostengünstigsten wäre es, alles einfach im Rucksack zu tragen. Abhängig davon, wie viel dir eine Gewichtsersparnis wert ist, fällt deine Bounce Box eben größer oder kleiner aus oder du nimmst den Mehrpreis in Kauf, Verbrauchsgegenstände und Ausrüstung unterwegs nachzukaufen.

Ich hatte meine Bounce Box lediglich einmal nach Wellington geschickt. Dort hatte ich alles drin, was ich nur für die Südinsel brauchte (wie z. B. eine extra Ausstattung lange Unterwäsche). Ich habe aber auch Wanderer getroffen, die sich die Bounce Box alle 200km vorausgeschickt haben.

Allein oder in einer Gruppe

Jeder hat andere Gründe, den Te Araroa Trail zu wandern. Manche mögen die Geselligkeit und freuen sich über die kleine eingeschworene Gemeinschaft der Wanderer. Andere wollen etwas nachdenken und suchen dazu eher Abgeschiedenheit und Ruhe. Ob du allein oder in einer Gruppe wanderst, beides hat Vor- und Nachteile.

Wenn du allein wanderst, genießt du vollkommene Freiheit und Flexibilität. Du musst dich mit niemandem abstimmen, wie du deine Abschnitte planst, wie schnell du wanderst und wo und wie oft du einen Pausentag einlegst. Solltest du allein wandern, nutze trotzdem jede Gelegenheit, dich mit anderen Wanderern zu unterhalten. Oft kann dir jemand nützliche Informationen geben. Manche verfügen über einen aktuelleren Wetterbericht oder haben Tipps für den nächsten Streckenteil. Insbesondere Wanderer, die dir entgegen kommen, können dir detailliert erklären, was dich erwartet. Im Gegenzug solltest du das natürlich auch für sie tun.

In der Gruppe findest du Unterstützung, wenn du einmal einen schlechten Tag hast. Es gibt oft mehr Ideen für Problemlösungen und man kann sich gut ergänzen. Einige Flussüberquerungen sind auch sicherer, wenn du sie in der Gruppe angehst. Dafür musst du dich oft mit den anderen der Gruppe abstimmen und dich manchmal beeilen oder warten.

Bleib entspannt und versuche nicht schon im Vorfeld, dich für das eine oder andere zu entscheiden. Geh einfach los. Unterwegs triffst du dann die unterschiedlichsten Charaktere und du merkst schnell, ob du dich jemandem anschließen willst oder weiterhin dein eigenes Ding durchziehst. Vieles ergibt sich einfach auch automatisch.

Flussüberquerungen

Unterwegs wirst du auf die verschiedensten Formen von Brücken stoßen. Neben starren Konstruktionen aus Metall oder Holz gibt es in Neuseeland unzählige Hängebrücken. Diese können sehr lang sein und je nach Stabilität auch ordentlich schwingen, wenn man darüber läuft. Deshalb ist die Übersetzung dafür auch „Swingbridge". Die einfachste Variante ist ein Konstrukt aus einem Stahlseil, auf dem du balancierst und zwei weiteren, an denen du dich festhältst.

Die überwiegende Mehrzahl deiner Flussüberquerungen wird aber eine Flussdurchquerung sein, da die Route oft Flüsse kreuzt, wo es keine Brücken gibt. Auf der Homepage des Te Araroa Trusts www.teararoa.org.nz und in den Hüttenbüchern findest du ausführliche Beschreibungen darüber, wie du so etwas am besten angehst. Lies dir das immer mal wieder durch und mach dir die Gefahren bewusst.

Die Flüsse in Neuseeland sind sehr tückisch. Du kannst einen Fluss durchqueren, bei dem dir das Wasser bis zur Brust ragt, die Strömung sehr schwach ist und du denkst: „Das ist ja einfach.“ Dann gibt es Flüsse, bei denen geht dir das Wasser nur bis zum Knie und du denkst, es reißt dich gleich von den Füßen.

Eine Grundregel ist, dass du sehr vorsichtig sein musst, wenn das Wasser trüb ist und du nicht den Grund siehst. Trüb wird es besonders nach starken Regenfällen, da der Fluss dann mehr Wasser führt als normal, schneller fließt und dadurch Dreck und Gestein aufwirbelt. Ein trüber Fluss hat eine relativ starke Strömung. Außerdem kannst du nicht sehen, wie tief er an der Stelle ist, an der du ihn durchqueren willst.

Es gibt aber ein paar Grundsätze, die dir helfen können, sicher von einer Flussseite zur anderen zu gelangen. Erstens ist die Strömung eines Flusses an einer breiteren Stelle schwächer. Wenn du also an einem Fluss mit einer starken Strömung stehst, gehe einfach etwas flussab- oder flussaufwärts und versuche es an einer breiteren Stelle. Die Wassermenge verteilt sich dort auf eine größere Fläche und somit ist der Fluss an breiteren Stellen flacher und ruhiger.

Kannst du es einrichten, plane deine Wanderung so, dass du nicht direkt nach starken Regenfällen durch einen Fluss wandern musst. Die Wasserstände sind dann nämlich am höchsten. Versuche größere Flüsse nach ein paar trockenen Tagen zu durchqueren. Ist das nicht möglich, so kannst du in jedem DOC-Büro nach den Wasserständen fragen. Die Mitarbeiter dort geben auch Auskunft und Ratschläge, wann und wie eine Flussüberquerung auf deiner geplanten Route möglich ist oder wo du alternativ langgehen kannst.

Wenn du einen Fluss durchquerst, nutze deine Wanderstöcke und Füße so, dass du immer drei von vier möglichen Kontaktpunkten auf dem Boden hast. Stehe also stabil, setze erst einen Stock weiter vor, dann einen Fuß, dann den anderen Stock und dann den zweiten Fuß. Setze niemals einen Stock und Fuß gleichzeitig um, damit dir nicht die Stabilität verloren geht.

Noch sicherer gehst du, wenn du einen Fluss mit einer Gruppe überquerst. Der schwerste und kräftigste der Gruppe steht flussaufwärts und der leichteste und schwächste flussabwärts. Ihr legt eure Arme um die Schulter eures Nachbarn und hakt euch am Tragriemen der Rucksäcke ein. Parallel zur Uferlinie lauft ihr dann langsam und Schritt für Schritt durch den Fluss. Ihr könnt euch auch abstimmen und so gehen, dass nur nacheinander einzeln jemand seinen Fuß bewegt bzw. die beiden äußeren ihre Stöcke.

Wenn die Verhältnisse zu schwierig sind, weil es z. B. kürzlich geregnet hat bzw. immer noch regnet, der Fluss trüb ist, es nur enge Stellen mit starker Strömung gibt, du allein bist und das DOC-Büro dir rät abzuwarten, dann solltest du das auch tun. Ruhe dich im schlimmsten Fall lieber ein paar Tage aus, statt ein Risiko einzugehen. Die meisten Todesfälle von Wanderern in Neuseeland passieren Ausländern, die sich überschätzen.

Sonnenschutz

Die Sonne über Neuseeland ist sehr intensiv. Neuseeland hat eine der höchsten Quoten von an Hautkrebs erkrankten Menschen weltweit. Die Intensität der Sonne spürst du sofort auf der Haut.

Du kannst im Schatten sitzen und frieren. Im nächsten Moment zeigt sich die Sonne und dir wird regelrecht so heiß auf der Haut, dass es unangenehm ist.

Auch wenn dieser Rat fast schon klingt wie von Mama, muss ich ihn trotzdem anbringen: Creme dich ausreichend ein! Lieber zu viel als zu wenig. Besonders während Abschnitten wie dem 90 Miles Beach, wo du einen ganzen Tag wandern kannst, ohne auch nur einen Flecken Schatten zu entdecken.

Du kannst dich zusätzlich schützen, indem du einen Sonnenhut mit Krempe und Nackenschutz trägst. Auch wenn ein langärmeliges Oberteil und ein Halstuch bei hohen Temperaturen viel zu warm erscheinen, kann es manchmal besser sein, es trotzdem zu tragen. Dann ist dir zwar wärmer und du schwitzt mehr, aber das ist allemal besser als ein Sonnenbrand.

Fazit: Sonnencreme mit mindestens Lichtschutzfaktor 30 ist ein absolutes Muss.

Insekten

Was Tiere angeht, ist Neuseeland ein ungefährliches Land. Anders als beim großen Bruder Australien musst du hier keinerlei Raubtiere, Schlangen, Spinnen, Skorpione oder sonstiges Getier fürchten. Du kannst dich mit Sandalen durch den tiefsten Dschungel kämpfen und brauchst trotzdem keine Bisse oder sonstige Angriffe durch Tiere fürchten.

In einigen Teilstrecken auf der Südinsel, vor allem in den Richmond Ranges gibt es extrem viele Wespen. Das liegt an den dortigen „verbrannten Bäumen“.

Es gibt ein Insekt, welches sich in der Baumrinde einnistet, sich davon ernährt und als Abfallprodukt eine süße, honigähnliche Flüssigkeit absondert. Durch diesen Vorgang färben sich die Bäume schwarz und sehen aus wie verbrannt. Die süße Flüssigkeit zieht vor allem Wespen an. Während einiger Strecken im Wald musst du regelrecht aufpassen, nicht auf eine Wespe zu treten, so viele schwirren dort herum.

Mir persönlich ist nichts passiert, allerdings weiß ich von einigen Wanderern, die tatsächlich gestochen wurden, also sieh dich vor. Aber es lohnt sich, es den Wespen nachzutun und die süße Köstlichkeit einmal zu probieren.

Das aus meiner Sicht Nervigste des gesamten Te Araroa Trails sind die Sandmücken. Diese kleinen Biester sehen aus wie harmlose Obstfliegen. Die Weibchen aber lieben unser Blut. Sie stechen nicht wie Mücken, sondern sie beißen. Um das Blut besser aufnehmen zu können, sondern sie direkt während des Beißens ein Sekret ab, welches die Struktur des gesaugten Blutes so verändert, dass es nicht gerinnt. Genau dieses Sekret führt zu extremem Juckreiz.

Sandmücken sind besonders auf der Südinsel aktiv und dort umso mehr in der Nähe von Gewässern. Manchmal ist die Plage so stark, dass du nicht mal drei Sekunden anhalten kannst, ohne sofort am ganzen Körper von den Biestern befallen zu werden. Es gibt Menschen, die werden weniger von ihnen gebissen und andere werden zwar gebissen, aber sie stört es weniger. Viele Neuseeländer sind dahingehend schon abgehärtet und bekommen die Sandmücken weniger mit als ein Ausländer.

Normale Insektenschutzmittel bringen relativ wenig. Die wirkungsvollsten Mittel haben einen hohen Anteil an Diethyltoluamid (DEET), einem chemischen Insektenabwehrmittel. Das steht aber in der Kritik, gesundheitsschädliche Nebenwirkungen zu haben. Viele nutzen es trotzdem, weil die Sandmücken oft einfach unerträglich sind.

Eine andere Variante zum Schutz ist es, lange Kleidung zu tragen. Ich habe abends einfach meine lange Unterwäsche, Halstuch, Mütze und Socken getragen und alle freien Stellen in Gesicht, Händen, usw. mit einem natürlichen Insektenschutzmittel auf Zitronenbasis eingecremt. Das war nicht perfekt, aber es hat die Angriffe zumindest auf ein Minimum reduziert, ohne dass ich gesundheitliche Risiken eingehen musste.

Per Anhalter fahren

Nicht nur, dass es schnell, einfach und günstig ist, in Neuseeland per Anhalter zu fahren. Es ist auch eine wunderbare Gelegenheit, Einblick in die Kiwi-Kultur zu bekommen. Neuseeländer sind sehr freundlich und zuvorkommend. Manchmal läufst du entlang einer Straße, möchtest gar nicht per Anhalter fahren und trotzdem halten Menschen an und fragen dich, ob sie dich mitnehmen sollen.

Ich habe von niemandem gehört, der in eine gefährliche Situation geraten wäre. Sicher hast du manchmal Fahrer, die dir sympathischer sind als andere. Natürlich sollte jeder seinen gesunden Menschenverstand bewahren. Hast du bei einem Fahrer ein schlechtes Gefühl, vertraue darauf und lehne das Angebot ab. Grundsätzlich gilt Neuseeland aber als sicher, die Menschen sind hilfsbereit und die Gefahr, in eine brenzlige Situation zu kommen, ist viel geringer als in Europa.

Vor allem auf der Nordinsel leben viele Maoris. Es ist ein wahres Theaterstück, mit denen im Auto mitzufahren. Der Dialekt ist witzig, sie haben einen wunderbaren Humor und sie sind einfach herzlich gute Menschen. Jeder behandelt dich mit Respekt und ist bereit, dir wobei auch immer auszuhelfen.

Maoris sind auch sehr froh, wenn du Interesse zeigst und sie dir etwas über ihre Geschichte und Kultur erzählen können. Wenn du dann noch ein paar Begriffe in der Maori-Sprache wie danke, hallo und tschüss lernst, wirst du eine tolle Zeit haben!

Per Anhalter zu fahren, bringt dich schnell in größere Ortschaften, wenn du dich abseits von der Route mit Lebensmitteln eindecken willst. Manche fahren aber auch auf dem eigentlichen Wanderweg per Anhalter, um größere Straßenabschnitte schnell hinter sich zu bringen.

Einige Wanderer betrachten das als Schummeln und behaupten, nur wer jeden einzelnen Kilometer der offiziellen Strecke zu Fuß gegangen ist, sei ein echter Te-Araroa-Wanderer. Man bezeichnet sie auch gerne als Puristen.

Ob pur oder nicht, der Te Araroa Trail ist eine ganz persönliche Reise. Wie du am liebsten reist, entscheidest du selbst. Egal ob du läufst oder mit Boot, Zug, Bus, Auto, Flugzeug, Fahrrad oder was auch immer reist, der Te Araroa Trail ist und bleibt dein eigenes Abenteuer.

Die Zeit danach

Einige Wanderer fallen nach dem Ende ihrer Wanderung in eine Art Loch. Zurück im Alltag oder wohin auch immer es sie danach verschlägt, fühlen sie sich fehl am Platz, werden teilweise sogar depressiv. Nach einer monatelangen Routine bestehend aus nichts anderem als schlafen, wandern und essen, kann es für dich eventuell schwierig sein, dich wieder in deinem normalen Leben einzufinden.

Mir hat es geholfen, schon während der Wanderung intensiv darüber nachzudenken, wie es danach weitergeht. Natürlich war ich auch ein bisschen traurig, als es zu Ende ging. Das ist völlig normal. Aber ich hatte mir schon vor dem Ende genau überlegt, wo es für mich hingeht und was ich als nächstes tun werde. So wandelte sich die Trauer über das Ende der Wanderung schnell in Vorfreude auf den nächsten Abschnitt in meinem Leben.

Nicht wenige, mit denen ich auch nach der Wanderung noch Kontakt habe, irren relativ planlos umher. Sie reisen, schwelgen in Erinnerungen, überlegen, den Weg erneut zu gehen und sind mit sich und ihrem Leben unzufrieden. Zurück in den selben Alltag sind die wenigsten gegangen.

Mache dir bewusst, dass der Te Araroa Trail dich verändern wird und akzeptiere, dass neue Einsichten dein Leben umkrempeln können.