SIEBZEHN

(Alec)

 

Ich öffne die Tür der Duschkabine und greife nach dem Handtuch, das Josh für sich bereitgelegt hat. Darin wickle ich ihn ein, was dieser verdattert zulässt.

»Hast du zufällig noch ein zweites Handtuch?«

»Natürlich. Dort im Schrank sind welche«, antwortet er und deutet auf das entsprechende Möbelstück.

Ich folge seinem Hinweis und trockne mich schnell ab. Das Handtuch schlinge ich um meine Hüften. Dann schnappe ich mir den jungen Polizisten und trage ihn in sein Schlafzimmer. Dieses ist klein und so spartanisch eingerichtet wie der Rest der Wohnung.

Auf großen Fuße lebt er wirklich nicht. Kein Wunder, wenn er sein ganzes Geld für die Medikamente seiner Schwester ausgibt.

Zu sagen, dass Joshua überrascht ist, weil ich ihn durch die Gegend trage, wäre die Untertreibung des Jahrzehnts. Er ist schließlich keine zarte Jungfer, sondern ein durchtrainierter, sehr ansehnlicher Mann mit entsprechendem Kampfgewicht.

Sein Herzschlag beschleunigt sich, als ich ihn auf dem Bett absetze. Mit langsamen Bewegungen rubble ich Joshua ab und drücke ihn dann sanft auf die Matratze. Die Handtücher werfe ich achtlos auf den Stuhl, der neben mir steht, und lege mich zu dem jungen Polizisten.

Für einen Moment blicken wir uns schweigend in die Augen. Joshs Gedanken rasen und auch seine Gefühle sind widersprüchlich. Scham, Furcht, Sehnsucht, Glück und Neugier wechseln einander wie in einem bunten Wirbel ab. Mich macht diese Mischung ganz kirre.

»Joshua, könntest du dich bitte beruhigen? Ich habe nicht vor, dich zu fressen oder zu verletzen«, sage ich leise und streiche über seine Wange.

Unter meinen Fingerspitzen kann ich raue Stoppeln spüren und frage mich, ob dem Cop ein Dreitagebart stehen würde.

»Sorry. Ich kann einfach nicht glauben, dass das hier wirklich passiert«, antwortet er. »Du und ich in einem Bett …« Josh schluckt geräuschvoll. »Das hier dürfte nicht sein und doch … fühlt es sich … richtig an.«

»Wer bestimmt denn, was richtig oder falsch ist?«, frage ich und rücke näher an ihn heran.

»Keine Ahnung«, murmelt er. »Das, was man sich über dich erzählt, ist nicht unbedingt dazu geeignet, um Schwiegereltern glücklich zu machen. Ganz zu schweigen von den negativen Folgen, die es für mich hätte, wenn das hier herauskommt. Oder auch für dich.«

Obwohl ich seine Sorge nachvollziehen kann, muss ich lächeln. »Dabei ist die Hälfte der Gerüchte über mich gelogen und der Großteil meiner Geschäfte legal.« Langsam lasse ich meine Finger über seine muskulöse Brust und dann weiter nach unten wandern. »Was das hier angeht …« Grinsend stelle ich fest, dass Josh schon wieder einsatzbereit ist. Ich streiche über seine deutliche Erregung. »Wir sind einfach zwei Männer, die einander anziehend finden. Das ist meinem Wissen nach nicht verboten.«

»Cop und Unterweltboss – das kann nicht gut ausgehen«, meint Joshua, streckt sich mir jedoch entgegen.

»Alles eine Frage des Blickwinkels.«

Nun muss auch mein Gegenüber grinsen.

»So, so.« Josh legt seine Hände auf meine Brust und drückt mich mit dem Rücken auf die Matratze, während er sich rittlings auf mich setzt. »Ich frage mich, ob du noch lachst, wenn du unten liegst …«

Herausfordernd sehe ich ihn an. »Versuch’s doch. Vielleicht halte ich sogar still.«

Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich stürmisch. Dann wandern seine Lippen über meine Brust und den Bauch, bis ich sie schließlich auf meiner Erektion spüre. Instinktiv greife ich mit einer Hand in Joshs blonde Haare, während er mich mit dem Mund verwöhnt. Ihn dabei zu beobachten, macht mich rasend vor Lust. Kurz bevor ich Erlösung finde, unterbricht Joshua seine Bemühungen. Unwillig knurre ich, was ihn zum Lachen bringt.

»Später«, sagt er nur und streckt sich zum Nachttisch, aus dem er eine Flasche Gleitgel hervorzaubert.

Er gibt etwas davon auf seine Hand und massiert meinen Hintern. Bereitwillig spiele ich mit und spreize meine Beine. Normalerweise bin ich der dominante Part, doch manchmal genieße ich es, erobert zu werden. Als ich Joshs bestes Stück an meinem Po spüre, läuft mir ein angenehmer Schauer über den Rücken. Quälend langsam dringt Joshua in mich ein.

»Ich bin nicht aus Zucker«, brumme ich ungeduldig und komme ihm entgegen.

»Aber …« Josh sieht mich überrascht an.

»Vampir und so. Du kannst mich nicht verletzten«, erinnere ich ihn.

Dann schlinge ich die Beine um seine Hüften, womit er automatisch noch tiefer in mich gleitet. Joshua stöhnt und schließt die Augen für einen Moment.

»Das fühlt sich verboten gut an.«

Ich grinse.

»Genieße es solange du kannst.«

»Das habe ich vor.«

 

 

Einige Zeit später liegen wir befriedigt aneinandergekuschelt im Bett und genießen die Nähe des anderen. Josh hat seinen Kopf auf meinen Arm gelegt und schaut an die Zimmerdecke.

»Was hast du?«, frage ich und streichle träge mit der Hand über seinen Bauch.

Natürlich könnte ich seine Gedanken lesen, aber mir ist es lieber, wenn er es erzählt. Überrascht stelle ich fest, dass ich Josh vertraue. Ich hoffe nur, dass es nicht ausgenutzt wird. Sonst müsste ich zu radikalen Methoden greifen und ihm wehtun. Das möchte ich wirklich nicht.

»Warum warst du im Krankenhaus?« Joshua dreht den Kopf und blickt mich nachdenklich an.

»Matt hat gesagt, dass du verletzt worden bist und eventuell Hilfe brauchst.«

»Welche Art Hilfe? Die Ärzte und Schwestern waren ganz aufgelöst, als sie mich munter vorgefunden haben. Das ist offensichtlich ein echtes Wunder. Wie kann es sein, dass meine Verletzung so schnell verheilt ist, dass ich jetzt kaum noch Schmerzen habe?«

»Soll das etwa eine Beschwerde sein?«, frage ich gespielt empört.

»Nein. Ich möchte einfach nur wissen, was du gemacht hast, und welche Folgen das haben könnte.«

Seufzend gebe ich mich geschlagen. Eigentlich hatte ich nicht vor, es ihm unter die Nase zu reiben, doch Josh hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.

»Ich habe dir etwas von meinem Blut gegeben und dir damit wahrscheinlich das Leben gerettet.«

»Wie bitte?« Er wirkt schockiert.

»Außerdem habe ich deine Verletzung auf Vampirart versorgt. Unser Speichel enthält Stoffe, die die Wundheilung extrem beschleunigen.«

»Aber warum?« Joshua ist verwirrt. »Warum der Aufwand? Dir könnte es doch egal sein, was mit mir passiert. Wir kennen uns schließlich kaum und so wichtig ist der Vertrag für dich auch nicht.«

»Das stimmt«, antworte ich. Sanft umfasse ich sein Kinn, damit er meinem Blick nicht ausweichen kann. »In dem ganzen stinkenden Haufen Scheiße, der diese Welt sein kann, bist du wie eine lieblich duftende Rose. Du nimmst deinen Beruf sehr ernst und – obwohl du Xenos eher misstrauisch gegenüberstehst – kämpfst gegen Unrecht. Das ist sehr selten. Ich mag dich, Menschlein, und das trifft auch auf meine Leute zu, die mit dir arbeiten durften.«

»Oh.« Joshua schluckt.

Ich muss grinsen. »Außerdem bist du verdammt sexy und sehr lecker. So etwas kann ich mir doch nicht entgehen lassen.« Genüsslich lasse ich meine Hand über seinen Körper wandern. »Dein Knackarsch gehört mir, Josh. Vertrag hin oder her. So schnell wirst du mich nicht los.«

Das bringt ihn zum Lachen. »Was sagt es über mich aus, wenn ich dir gestehe, dass ich das gerade überhaupt nicht schlimm finde?«

»Dass du einen ausgezeichneten Geschmack hast.«

»Habe ich das, mhm?«

Er dreht sich um, so dass er halb auf mir liegt. Erregung steigt in uns auf, was beachtlich ist, nachdem wir einander bereits ausführlich genossen haben.

»Ich fürchte, ich bin süchtig nach dir«, gesteht er. »Liegt das an deinem Blut?«

»Soweit ich weiß, nicht.« Ernst sehe ich ihn an. »Indem ich dir etwas davon gab, habe ich dir zwar das Leben gerettet, dich jedoch ein Stück weit an mich gebunden.«

Fragend zieht er die Augenbrauen in die Höhe. »Der Vertrag reicht dir wohl nicht, was?«

»Ich hätte auch kein Problem damit, dich an die Leine zu nehmen, um dich immer in meiner Nähe zu haben, McGee.« Bei dieser Vorstellung muss ich grinsen. Wobei ich bezweifle, dass Josh so etwas mit sich machen ließe. »Mein Blut sorgt dafür, dass du schneller heilst und vielleicht wirst du dadurch auch stärker, zumindest wenn du öfter von mir trinkst. Du bleibst jedoch ein Mensch.«

»Aber wie ist das möglich?«

»Magie«, antworte ich und zwinkere ihm zu. »Wahrscheinlich auch noch etwas Biochemie und Biologie, aber es würde nicht bei jeder x-beliebigen Person klappen. Ich muss eine gewisse Verbindung zu dem Empfänger haben und eine Garantie für die Wirksamkeit gibt es nicht.«

Josh seufzt.

»Also stehe ich in deiner Schuld, muss dich regelmäßig anzapfen und auch noch mit körperlichen Freuden überhäufen. Meinst du nicht, dass das ein bisschen ungerecht ist?«

»Also, bis auf das Ding mit der Schuld, dürften wir bei dem Rest durchaus Spaß haben, meinst du nicht?«

Tatsächlich errötet Joshua ein wenig und kratzt sich verlegen im Nacken. »Mhm, wenn du es so sehen willst …«

»Will ich. Wobei ich den Vertrag wahrscheinlich auflösen werde.«

»Warum das denn?«, fragt Josh erschrocken. »Melina …«

Schnell lege ich ihm einen Finger auf die Lippen. »Mach dir keine Sorgen. Deine Schwester wird versorgt sein.«

»Aber ich kann die Medikamente nicht bezahlen, wenn sie so teuer sind!«

»Beruhige dich, Josh. Du bekommst sie weiterhin von mir, solange du mich nicht hintergehst.«

Mit großen Augen sieht er mich an. »Warum? Warum machst du das?«

»Ich hatte doch gesagt, dass ich dich mag, und deine Schwester war mir sympathisch, auch wenn sie mich wahrscheinlich für den Teufel auf Erden hält.«

»Alec, ich …« Ihm fehlen die Worte, dafür schlägt sein Herz umso schneller.

»Sag nichts. Mach einfach deinen Job und lass dich bitte nicht hinterrücks erdolchen. Um das zu überleben, müsste ich dich verwandeln, und im Moment gefällst du mir als Mensch deutlich besser.«

»Du hast die Zielscheibe auf meinem Rücken befestigt«, beschwert er sich halbherzig, dann lächelt er. »Wobei ich deine Leute mag, zumindest die, die ich bis jetzt kennengelernt habe.«

»Das trifft sich gut, denn ihr werdet wohl viel Zeit zusammen verbringen müssen, bis diese lästigen ‚Priests‘ hinter Gittern sind.«

Joshs Miene verdüstert sich augenblicklich. »Wenn ich diese Drecksäcke in die Finger bekomme …«

»Glaub mir, wenn ihr sie habt, dürfte ihr Leben sehr unangenehm werden«, verspreche ich ihm.

»Selbstjustiz ist keine Lösung, Alec«, tadelt er mich.

»Stimmt. Das heißt nicht, dass wir ihre kümmerliche Existenz nicht ein wenig aufpeppen können. Natürlich so diskret, dass du nicht unter Verdacht gerätst. Ich bin schließlich kein Anfänger.«

Zweifelnd betrachtet er mich. »Hattest du vorhin nicht behauptet, dass die Gerüchte gelogen sind?«

»Die Hälfte davon.« Ich grinse ihn an. »Wenn ich will, kann ich gnadenlos sein und äußerst effizient dafür sorgen, dass meine Interessen gewahrt werden. Dafür muss ich noch nicht einmal töten oder Hand an jemanden legen.«

»Ich denke, es ist besser, wenn ich davon nichts mitbekomme. Mir reicht das Wissen, dass du einfach in das gut gesicherte Haus des Bürgermeisters marschiert bist und seine Tochter entführt hast.«

Nun ist es an mir, überrascht zu sein. »Woher weißt du das denn?«

»Ich habe es aus ihm herausgepresst, nachdem er mir verkündet hat, dass ich der Leiter der neuen Polizeieinheit werden soll.« Josh zuckt mit den Schultern. »Nach unserer Begegnung war mir klar, dass du deine Finger im Spiel haben musstest. Der Bürgermeister hätte niemals seinen Anti-Xeno-Kurs geändert, wäre er nicht dazu gezwungen gewesen. Der Polizeipräsident ebenfalls, wobei ich mich frage, ob du den auch erpressen musstest.«

»Ich kann Menschen manipulieren, Josh, ohne, dass sie etwas davon mitbekommen. Die Sache mit Heather war einfach nur eine kleine Erinnerung, dass ich auch etwas anderes als ein einflussreicher Geschäftsmann sein kann.«

Man sieht Joshua den inneren Zwiespalt richtig an.

»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, dass ich dich trotzdem mag«, sagt er. »Solche Methoden verstoßen gegen meine Überzeugungen, von den Gesetzen ganz zu schweigen.«

»Jeder hat eine dunkle Seite. Um meine Leute zu schützen, muss ich manchmal zu gewissen Mitteln greifen, doch mir macht es in der Regel keinen Spaß. Es liegt in meiner Natur, Jagd auf Menschen zu machen, Josh. Trotzdem bin ich noch lange kein Monster oder Mörder.«

Der junge Polizist atmet einmal tief durch. »Okay. Ich denke, damit kann ich leben.«

Lächelnd ziehe ich ihn zu mir, so dass ich seinen verführerischen Mund küssen kann.

»Das freut mich. Jetzt solltest du besser schlafen.« Zärtlich streichle ich über seinen Rücken. »Auch wenn du größtenteils genesen bist, musst du dich schonen.«

Joshua brummt unwillig. »Du klingst wie meine Mutter, Black.«

Das bringt mich zum Lachen. »Sorry. Ich würde dich auch liebend gern so lange verwöhnen, bis du keinen Finger mehr rühren kannst, doch heute ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.«

»Spielverderber!«

»Manchmal. Schließlich will ich dich so lange wie möglich genießen, McGee.«

»Hmpf …«

»Schlaf!«

Sanft ziehe ich ihn an mich, bette seinen Kopf auf meine Brust und genieße das Gefühl seines nackten Körpers an meinem.

Es ist schon eine Weile her, dass ich jemanden so sehr gemocht habe wie Josh. Trotz der vielen Gründe, die eine Beziehung verkomplizieren, will ich nicht auf den sexy Sergeant verzichten.

Oder um es mit Joshs Worten zu sagen:

Es fühlt sich einfach richtig an, hier mit dir zu liegen.