Los geht’s! Reisen wir in das Deutschland der 2030er-Jahre: Wir sehen Flugtaxis, autonom fahrende Elektroautos und U-Bahnen, voll automatisierte Lkw mit Brennstoffzellen, Flugzeuge und Schiffe, die mit synthetischen Kraftstoffen wie E-Fuels betankt werden. Wasserstoff, erzeugt mithilfe von nachhaltigem, sauberem Strom, dient als Energieträger etwa für die Chemieindustrie, um Produkte wie Kunststoff, Kupfer oder Lacke herzustellen. Auch beim Heizen von Gebäuden findet dieser Energieträger Anwendung. Verwundert erinnern sich Zeitgenossen an Diskussionen der Vergangenheit, als Klimaschutz- und Wirtschaftspolitik als Gegensatz gesehen und nicht zusammengedacht wurden.
Für die Umsetzung in die Praxis investiert Deutschland heute massiv in die Digitalisierung – und eine andere Mentalität. Unsere neue Mobilitätsgesellschaft basiert auf einer umfassenden Vernetzung und dem Einsatz künstlicher Intelligenz. Weniger Luftverschmutzung und effizienter Verkehr verbessern unsere Lebensqualität, retten Menschenleben und führen dazu, dass langfristig Kosten eingespart und Gelder für Zukunftsinvestitionen eingesetzt werden können. Denn wenn ein Verkehrssystem seine Leistungsgrenze von Jahr zu Jahr überschreitet, hat dies nicht nur wirtschaftliche, sondern auch ökologische und soziale Folgen. Erst durch einen umfassenden technologieoffenen Ansatz ist es uns gelungen, innovative Angebote und Dienstleistungen für den Mobilitätssektor zu schaffen, die in der Lage sind, die Verkehrsprobleme der 2020er-Jahre nachhaltig und flächendeckend zu lösen. Dafür werden Verkehr, Transport und Mobilität in Teilen neu gedacht. Dieser Leitgedanke zieht sich wie ein roter Faden durch sämtliche Politikfelder und Lebensbereiche.
Fast alle schweren Verkehrsunfälle waren 2020 darauf zurückzuführen, dass ein Fahrer hinter dem Steuer einen Fehler gemacht hat. Eine Unaufmerksamkeit, Sekundenschlaf oder fehlendes Reaktionsvermögen können tödliche Folgen haben. Heute, im Jahr 2030, setzen wir auf Autos und Lkw, die mithilfe moderner Technologie intelligent gesteuert werden. So sind wir der »Vision Zero«, also dem Ziel, dass kein Mensch mehr im Straßenverkehr ums Leben kommt, deutlich nähergekommen.
Es kann uns gelingen, dass der Verkehr immer stärker vernetzt ist, dadurch besser fließt und Staus auf den Autobahnen und in den Großstädten vermieden werden. Lkw können elektronisch miteinander verbunden werden und dadurch effizienter Produkte zu den Supermärkten bringen. Davon profitieren nicht nur das Klima und die Natur, sondern auch die Unternehmen in unserem Land, die auf eine funktionierende Logistik und eine leistungsfähige Mobilitätsinfrastruktur angewiesen sind. Zahlreiche Menschen, die noch 2020 jeden Tag mitunter Stunden im nervenaufreibenden Verkehr verlieren, pendeln durch autonom fahrende Autos stressfreier zur Arbeit. Somit ist das Auto der entscheidende Faktor geworden, um den Straßenverkehr leiser, sauberer und sicherer zu machen, und der Verkehr wird reduziert. Dafür werden alternative Nutzungsformen wie etwa das Carsharing weiter ausgebaut und durch den Einsatz anderer Verkehrsmittel wie autonom fahrender Kleinbusse ergänzt. Ein dichtes Netz an Ladesäulen und Wasserstofftankstellen stellt sicher, dass die Versorgung mit Strom und Wasserstoff sowohl auf dem Land als auch in der Stadt stets gewährleistet ist.
Lange stießen autonome Fahrzeuge und die Personenbeförderung ohne Fahrer bei der Bevölkerung auf Skepsis, die Veränderungsbereitschaft war gering. Viele Menschen hatten Angst vor technischen Problemen, machten sich Sorgen um Hacker-Angriffe und die Verwendung ihrer Daten; hinzu kam die bisher nicht geklärte Haftungsfrage bei Schäden und Verkehrsunfällen. Das Potenzial des autonomen Fahrens, etwa bei der technologisch unterstützten Parkplatzsuche oder der intelligenteren Lenkung von Verkehrsströmen in Metropolregionen, wurde lange nicht erkannt.
Da immer mehr Menschen in die Städte zogen, wurde der Platz für alle Verkehrsteilnehmer auf den Straßen sowie auf Rad- und Gehwegen immer geringer. Mit traditionellen Verkehrskonzepten konnten wir dieser Situation nicht Herr werden. Für eine Mobilität der Zukunft mussten andere Konzepte her. So setzten wir zum Beispiel neben dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und Investitionen in die Radinfrastruktur auf einen immer besser vernetzten, sichereren und effizienteren Verkehr. Staus, Lärm und Verkehrsinfarkte gehören heute nicht mehr in das Bild unserer Metropolen.
Auf was kommt es also jetzt an, damit die Vision nicht Science-Fiction bleibt, sondern Realität wird und die Autos selbst fahren?
Deutschland sollte Steuergelder nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Die Finanzmittel sollten konsequent in den weiteren Ausbau der mobilen und digitalen Infrastruktur investiert werden. Bis spätestens Mitte der 2020er-Jahre brauchen wir eine Gigabit-Gesellschaft und ein flächendeckendes Glasfasernetz. Das geht jedoch nur, wenn die Telekommunikationsunternehmen bestehende Versorgungsauflagen erfüllen. Hier ist die Bundesnetzagentur gefordert. Wir brauchen nicht nur eine ausreichende Versorgung der Haushalte, sondern gerade auch an den Verkehrswegen 5G-Sendemasten mit 100 Megabit pro Sekunde und eine Vorgabe für die schnelle Übermittlung von Datenpaketen, damit Pkw und Lkw mit Echtzeitinformationen bewegt und erfasst werden können. Auch bestehende Systeme wie Ampelanlagen und Verkehrszeichen müssen für den automatisierten und vernetzten Verkehr umgerüstet werden. Das verhindert Staus und unnötige Umwege und hilft bei der Planung von Baustellen und Umleitungen.
So wichtig der Ausbau der digitalen Infrastruktur auch ist: Das allein wird nicht reichen. Der Teufel steckt im Detail, wenn Pkw und Lkw nicht nur autonom fahren, sondern auch miteinander vernetzt sein sollen. Wie wird der Datenschutz gewährleistet? Wem gehören die Daten und wo und wie lange werden sie gespeichert? Wie werden die Daten vor Hacker-Angriffen geschützt? Klar ist: Die Daten sollten immer dem Nutzer gehören; nur er entscheidet, welche Daten er abgibt. Dafür müssen diese auf neutralen Servern gespeichert werden.
Um Themen wie autonomes Fahren voranzutreiben, brauchen wir auch ein neues umfassendes Denken in Deutschland, das schon in der Schule beginnen muss. Viele Lehrpläne sind nicht mehr zeitgemäß, denn sie enthalten das, was vor 30 oder 40 Jahren aktuell war. Da die meisten Grundschüler später in Berufsfeldern arbeiten werden, die es noch gar nicht gibt, sind neue Lehr- und Lernkonzepte notwendig. Wie man mit den eigenen Daten umgeht, wie man sich souverän in digitalen Welten bewegt und wie man mit Clouds Probleme löst, sollte neben dem Erlernen von Programmiersprachen elementarer Teil des Unterrichts werden. An den Schulen muss vermittelt werden: Die Digitalisierung bietet vor allem Chancen!
Am Beispiel des autonomen Fahrens können wir sehen, welches enorme Potenzial künstliche Intelligenz, Digitalisierung und der Aufbau neuer Strukturen wie 5G entfalten können. Diese Vorteile sind auch auf andere Bereiche wie Gesundheit, Landwirtschaft und öffentliche Verwaltung übertragbar. In der Industrie können Prozesse besser aufeinander abgestimmt werden, die Landwirte müssen weniger düngen und behördliche Vorgänge wie das Ummelden der Adresse oder das Anmelden eines Gewerbes finden ausschließlich online statt. Im Gesundheitswesen kann auf Infektionen mit Echtzeitdaten reagiert werden.
MEINE ZUKUNFTSBAUSTEINE
In Deutschland herrscht eine neue Mentalität, die Digitalisierung und künstliche Intelligenz als Chance und Gemeinschaftsprojekt begreift: Um den Wettbewerb des digitalen Wandels zu gestalten, ändern sich nicht nur die Lehrpläne an den Schulen, sondern fließen auch die erforderlichen Investitionen in die digitale Infrastruktur und insbesondere in den Breitbandausbau. Schnelles Internet und einen zuverlässigen Mobilfunk muss es jederzeit für alle überall geben.
Wir gestalten die Mobilität der Zukunft aktiv, indem wir auf smarte und nachhaltige Verkehrskonzepte setzen: durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, durch Investitionen in die Radinfrastruktur und durch die digitale und intelligente Vernetzung des Straßen- und Schienenverkehrs – Stichwort: autonomes Fahren.
Die Politik verabschiedet sich von konventionellen Ansätzen, ist offen für Neues und setzt die entscheidenden Impulse, damit Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Partnern Antworten für ein wohlhabendes und nachhaltiges Europa geben kann, mit einem starken Binnenmarkt und einer wachsenden Wirtschaft.
DR. CHRISTOPH PLOSS (Jahrgang 1985) wurde im Jahr 2017 für die CDU in den Deutschen Bundestag gewählt. Er gewann seinen Hamburger Wahlkreis direkt und ist Mitglied im Verkehrs- und im Europaausschuss des Deutschen Bundestages. Neben der Verkehrs- und Europapolitik zählen zu seinen Themenschwerpunkten die Generationengerechtigkeit sowie die Verknüpfung von Klimaschutz und Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. So plädiert er für die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu einem außenpolitischen Akteur, für eine Flexibilisierung des deutschen Rentensystems und für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland.