Ein starkes Deutschland 2030 kann es nur in einer starken Europäischen Union 2030 geben. Wir brauchen also nicht nur eine Vision für Deutschland, sondern mindestens genauso dringend eine Vision für Europa.
Ein starkes Europa ist handlungsstark und agil: Um ausreichend Handlungsstärke und Agilität sicherzustellen, orientieren wir uns an dem Leitsatz: »So wenig Europa wie möglich, aber so viel Europa wie nötig und sinnvoll«. Aus diesem Leitsatz leiten sich für Kleinstaaten wie Malta und Luxemburg andere Konsequenzen ab als für bevölkerungsreiche Staaten wie Deutschland und Frankreich. Ein Lösungsansatz ist hier ein Europa der Clubs, das heißt ein Europa, in dem sich einzelne Länder auf Themenbasis zusammenschließen. So kann man den unterschiedlichen Bedürfnissen – wie von Kleinstaaten und sehr bevölkerungsreichen Staaten innerhalb der EU – begegnen. Außerdem können so einzelne Länder als Gruppe themenbezogen schneller vorankommen, als wenn sie immer warten müssen, bis alle Länder der EU die nötigen Voraussetzungen erfüllen. Nicht zuletzt sind auch der Schengenraum und die Eurozone auf diese Weise entstanden.
Meine Vision ist ein Europa, in dem es als erstrebenswert gilt, Investor zu sein, in dem es als erstrebenswert gilt, Unternehmer zu sein. Statt reflexartig immer weiter umzuverteilen, vermitteln wir allen Kindern in der Schule Finanzwissen. Die Grundzüge des Vermögensaufbaus gehören in jedes Schulbuch. Eine Art Pisa-Test deckt auf, wo das Wissen noch nicht da ist, damit entsprechend entgegengesteuert werden kann.
Statt einer Vermögensteuer ermutigen wir Menschen, Vermögen aufzubauen. Die Grundmechanismen des Vermögensaufbaus ist in den Schulen kein Tabuthema, sondern eines der spannendsten und wichtigsten! So gelingt es nicht nur den Privilegierten, die das durch ihr Elternhaus mitbekommen haben, eigenständig Vermögen und finanzielle Unabhängigkeit aufzubauen. Kinder werden damit in Finanzfragen nicht strukturell dumm gelassen. Wenn es in Europa mehr Menschen gibt, die durch Investitionen Vermögen aufbauen, wächst auch das Verständnis dafür, dass wir letztendlich alle in einem Boot sitzen: Denn unser aller Wohlstand hängt am Wohlergehen der Wirtschaft. Man kann sie nicht immer weiter beliebig schwächen und auf der anderen Seite als Gesellschaft einen steigenden – oder gar auch nur gleichbleibenden – Wohlstand erwarten.
Ein starkes Europa ist ein attraktiver Standort. In einer zunehmend globalisierten und zunehmend digitalen Welt ist es in vielen Jobs immer weniger wichtig, wo man sitzt. Und Menschen werden dort sitzen wollen (und Einkommensteuer zahlen), wo das Leben attraktiv ist: nämlich dort, wo es sicher ist, es einen funktionierenden Rechtsstaat gibt, wo Menschen- und Freiheitsrechte garantiert sind, wo man ein gutes und bezahlbares Gesundheitssystem und eine gute Infrastruktur an Kitas, Kindergärten, Schulen und Universitäten vorfindet, wo es eine gute digitale Infrastruktur gibt, wo es gesund ist zu leben (wenig Luftverschmutzung, guter Zugang zu gesunden Lebensmitteln, saubere Gewässer), wo es schön ist zu leben, wo man sich aufgenommen fühlt, wo man Gleichgesinnte trifft. Es ist unser Ziel, ein attraktiver Standort für die besten Mitarbeiter und die klügsten Köpfe zu sein, denn die besten Mitarbeiter sind die Basis für die besten Firmen. Insbesondere auch von Unternehmern und Gründern aus der ganzen Welt werden wir als attraktiver Standort wahrgenommen – als Kontinent der Chancen.
Als Unternehmer arbeiten wir immer daran, unsere Produkte und Dienstleistungen für unsere Kunden noch attraktiver zu machen. In gleicher Weise arbeiten Politiker mit Hochdruck daran, die EU als Standort immer attraktiver zu machen. Und ebenso wie Unternehmer es für ihre Produkte und Dienstleistungen tun, wirbt die EU weltweit selbstbewusst für sich als Standort.
Der Erfolg der unternehmerischen Arbeit wird gemessen an Umsatz und Gewinn. Messen wir doch auch Politiker an ihrem Erfolg! Denkbar in diesem Zusammenhang: eine jährliche Veröffentlichung von Kennzahlen wie die Anzahl von Unternehmensgründungen durch Nicht-EU-Bürger, die durchschnittliche Dauer eines Immigrationsprozesses oder die Anzahl der Bewerbungen für eine EU Blue Card, die wir analog zur Green Card in den USA eingeführt haben.
Dass es früher oder später eine weltweite Pandemie geben wird, war schon lange klar. Dennoch haben wir teilweise recht unvorbereitet und überrascht reagiert. Diese Erfahrung kann uns jetzt helfen, beim Thema Klimaerwärmung etwas vorausschauender zu agieren.
So legen wir möglichst viele Externalitäten des Klimawandels, also die durch die Allgemeinheit zu tragenden Folgen, die zum Beispiel lange nicht im Ticketpreis einer Flugreise enthalten waren, auf die Verursacher dieser Kosten um. Auch der Handel mit Emissionszertifikaten wurde deutlich ausgeweitet.
In diesem Punkt sind aber vor allem auch wir als Unternehmer gefragt. Wir müssen mutig und konsequent in Richtung Nachhaltigkeit denken. Wir müssen Technologien, Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die es uns ermöglichen, auf diesem Planeten als Menschheit noch möglichst lange gut leben zu können. Und natürlich müssen wir auch profitable Geschäftsmodelle finden rund um diese Technologien, Produkte und Dienstleistungen – nur so können wir sie auch langfristig anbieten und weiterentwickeln. Gerade Familienunternehmen, die in Generationen denken und nicht in Quartalszahlen, sind hier gut positioniert – und auch in der Pflicht.
MEINE ZUKUNFTSBAUSTEINE
Wir installieren ein Europa der Clubs für ein handlungsfähiges, agiles und starkes Europa.
Die Dynamiken des Vermögensaufbaus gehören in jedes Schulbuch; das Thema Finanzen wird Schulfach. Eine Art Pisa-Test zeigt, wo wir nachbessern müssen.
Wir preisen den Umweltschutz individuell ein und dehnen den Handel mit Emissionszertifikaten deutlich aus.
Politiker werden an ihren Erfolgen und an den Ergebnissen ihrer Politik gemessen.
JOHANNA STRUNZ ist studierte Volkswirtin und absolvierte den B.Sc. Economics sowie den M.Sc. Economics and Finance an der London School of Economics. Nach dem Studium startete sie zunächst als Investmentbankerin bei Goldman Sachs ins Berufsleben, bevor sie dann ins elterliche Familienunternehmen, die LAMILUX Heinrich Strunz Gruppe, eintrat. Dort ist sie nach mehreren Stationen im Unternehmen inzwischen als geschäftsführende Gesellschafterin aktiv. Seit ihrem Eintritt in das Familienunternehmen ist sie aktives Mitglied beim Verband Die Jungen Unternehmer und war dort für drei Jahre als stellvertretende Bundesvorsitzende Mitglied des Bundesvorstands.