11.
Seine Hände.
Seine Hände!
Er streckte sie weit von sich und starrte sie an wie Fremdkörper, die nicht zu ihm gehörten. Wie Gebirgszüge traten nach der ungeheuren Anstrengung die blauen Adern daraus hervor, noch immer waren die Finger so verkrümmt, wie sie um den Hals der Frau gelegen hatten. Mit unmenschlicher Kraft hatte er zugedrückt, und ab einem bestimmten Zeitpunkt hatten seine Hände ein Eigenleben entwickelt und nicht mehr aufhören wollen.
Da war die Erinnerung zurückgekehrt.
Wieder einmal.
Er wusste, wozu seine Hände fähig waren, auch wenn sein Kopf sich dagegen sträubte. Damals, an den schwarzen Plastikgriffen, war es genauso gewesen. Selbst wenn er es gewollt hätte, er hätte sie nicht davon lösen können.
Schwer atmend auf dem kleinen Flur hockend, beruhigte er sich langsam. Adrenalin und Anspannung sackten in sich zusammen, sein Herzschlag kehrte in den normalen Bereich zurück, und er nahm außer seinen Händen auch die Umgebung wieder wahr.
Gegenüber lehnte die Leiche an der Wand, der Kopf nach vorn gesackt, zum Glück, denn so konnte sie ihn nicht ansehen.
Im Schlafzimmer auf dem Bett lag die andere.
Er musste hier weg, das war ihm klar, aber diese kleine Unterbrechung war nicht zu verhindern gewesen. Sein Körper und sein Kopf hatten nicht mehr mitgespielt, ihm die Gefolgschaft verweigert, das alles war doch anstrengender, als er gedacht hatte.
Aber jetzt ging es wieder.
Jetzt konnte er seine Reise fortsetzen.
Also schob er sich an der Wand hoch und musste sich daran abstützen, da ihm schwindelig war. Farbige Kreise tanzten vor seinen Augen, und dann hatte er plötzlich einen glasklaren Moment, in dem er alles sah. Die Brücke, den Bach, das gurgelnde Wasser, das schwindende Leben, den flehenden Blick in ihren Augen. Tu es, tu es, tu es.
Es war nicht seine Schuld! Die Krankheit war schuld, nicht er.
Hör auf damit, mach nicht weiter. Beende deine Reise!
Ihre Stimme klang wie damals, als sie beschwörend auf ihn eingeredet hatte. Aber heute war heute, und nachdem ihn alle betrogen und belogen hatten, nachdem er den Verrat erkannt hatte, gab es kein Zurück mehr.
Nein, er würde seine Reise fortsetzen.
Und dafür benötigte er einen Koffer.
»Ich packe meinen Koffer, und auf die Reise geht …«, sagte er leise vor sich hin, während er sich in der kleinen Wohnung auf die Suche machte.
Er suchte und suchte, fand aber einfach keinen Koffer. Sein Ärger wuchs. Steigerte sich in die Wut, die er so schlecht kontrollieren konnte.