15.
Samstag, 21. Dezember 2019 Irgendwo
Eine Weile lang fürchtete Jennyfer Schuhmacher sich vor den Geräuschen.
Wie tot lag sie auf dem weichen, übel riechenden Untergrund, verhielt sich still und atmete flach. Niemand sollte bemerken, dass sie wach war.
Befand sich der Mann, der sich im Bus als Marco Hantelmann ausgegeben hatte, mit ihr in diesem Raum? Aber warum sagte er nichts? Warum tat er nicht, was er mit seinen anderen Opfern getan hatte?
Die Sekunden und Minuten dehnten sich zu einer Ewigkeit aus, und jeden Moment rechnete Jennyfer damit, dass ihr eine Hand oder ein Fuß abgehackt würde. Jede Faser ihres Körpers verlangte nach Schutz, sie wollte sich einrollen wie ein Fötus und ihre Extremitäten schützen, doch das ging nicht. Die Fesseln hielten sie an Ort und Stelle.
Angst und Untätigkeit drohte sie wahnsinnig zu machen, und irgendwann begann Jenny damit, sich auf diese Geräusche zu konzentrieren, statt sie einfach nur zu fürchten.
Sie lauschte. Analysierte.
Manchmal klangen die Geräusche nach mühevollem Atmen, manchmal wie verzweifeltes Keuchen, dann wieder rasselte Metall an Metall, und jemand schien sich zu bewegen.
Plötzlich erklang ein lang anhaltender, heulender, kläglich jammernder Laut, der zwischen den Wänden des Raums nachhallte. Dann trommelte jemand ein wildes Stakkato, Metall klapperte … ein erschöpftes Stöhnen … Stille.
Konnte es sein, dass sie nicht die einzige Gefangene war?