Die Gelegenheit nutzend, wieder aktiv zu sein, schaltete Kurt abermals sämtliche Lichter aus und stellte die Tiefenruder auf. Er stieg weit auf bis zu einem Punkt, von dem aus er einen vollständigen Überblick über das Wrack hatte. Sein Heck wurde nach wie vor von Scheinwerfern angestrahlt, der Name Canberra Swift war unter dem gezackten Einschnitt noch zu lesen. Er konnte auch das Mini-U-Boot sehen, das sich noch immer unterhalb der frisch geschaffenen Öffnung in Position befand.
»Nett von euch, dass ihr für mich das Licht habt brennen lassen.«
Weiter vom Heck des Schiffes entfernt konnte er verfolgen, dass die verbliebene NUMA -Drohne mit den beiden Schweißrobotern Katz und Maus spielte. Wer allerdings wen jagte, war nicht ganz klar zu erkennen, hatte für ihn aber auch nur eine untergeordnete Bedeutung. Dies war der Moment.
Er lenkte die Scarab zum Mini-U-Boot hinüber, stoppte etwa dreißig Meter über ihm und tauchte dann senkrecht zu ihm hinunter wie eine Spinne an ihrem Faden. Er hoffte, unbemerkt ins Wrack eindringen zu können, aber die Scheinwerfer, die den Bereich beleuchteten, waren zu hell, um diese Hoffnung auch nur andeutungsweise realistisch erscheinen zu lassen. Er flitzte durch die schartige Öffnung in den Rumpf der Swift , ohne sich auch nur für einen winzigen Moment der trügerischen Hoffnung hinzugeben, nicht bemerkt worden zu sein.
Kaum hatte er die Schwelle überquert, setzte eine krasse Veränderung ein. Die hell beleuchteten weißen Stahlplatten des Schiffshecks wurden durch eine dunkle, höhlenartige Umgebung ersetzt. Kurt hatte keine andere Wahl, als die Intensität seiner Lichtquellen zu erhöhen.
Als sie aufflammten, sah er, dass er sich in einem riesigen Raum mit den Ausmaßen und dem Grundriss eines Flugzeughangars befand. Ursprünglich als Roll-on/Roll-off-Schiff konstruiert, sollte die Canberra Swift vorwiegend militärisches Gerät transportieren – Abrams-Panzer, F-16-Maschinen und Chinook Helicopter fanden ausreichend Platz in ihr. Die vergleichsweise sehr kleine Scarab konnte sich über einen zu geringen Bewegungsspielraum keinesfalls beklagen.
»Jetzt weiß ich, wie es ist, ein winziger Guppy in einem Riesenteich zu sein.«
Als er weiter in den Laderaum eindrang, traf er auf zwei Planierraupen, die um ein Mehrfaches größer als die Scarab waren, und drei große Kräne – alle brandneu und mit glänzender gelber Farbe lackiert. Sie standen auf luftleeren, platten Reifen, die unter dem in dieser Tiefe herrschenden Druck den Geist aufgegeben hatten.
Anfangs war Kurt überrascht, dass die Fracht an Ort und Stelle geblieben war, doch beim Passieren der Planierraupen entdeckte er die massiven Ketten, mit denen sie auf ihren Stellplätzen fixiert worden waren.
Als Nächstes gelangte er zu einer Reihe von Frachtcontainern. Am Ende des Frachtraums befand sich schließlich das, was von der Schifffahrtslinie als »vorübergehendes Bedarfsfrachtlager« bezeichnet wurde. Als er die Scheinwerfer der Scarab auf die Basis der Wand richtete, konnte Kurt frische Schweißpunkte und hastig auf dem Boden befestigte Längsbalken erkennen, die den Trennwänden Halt geben sollten.
Eine verzerrte Meldung drang aus dem Lautsprecher des Funkgeräts: »… beeil dich, Amigo «, trieb Joes Stimme ihn an, »… haben den Kampfplatz verlassen … kommen in deine Richtung … «
Nachdem er seinen eigenen Azetylenschweißbrenner angezündet hatte, begann Kurt, eine Öffnung in die Trennwand zu schneiden. Die Wand war dünn und leicht. Aus welchem Material sie bestand, konnte er nicht auf Anhieb sagen, auf jeden Fall schmolz es bei relativ niedriger Temperatur.
Indem er die Schweißflamme an der Wand auf und nieder bewegte, schnitt er eine quadratische Öffnung hinein, die für die Scarab groß genug war. Er rammte den bearbeiteten Wandabschnitt so, dass der ausgeschnittene Sektor nach innen kippte und auf das stählerne Deck rutschte, als sei es ein welkes Laubblatt, das von einem Baum herabsegelte.
Kurt lenkte die Scarab nach unten und leuchtete mit den Scheinwerfern in das Abteil hinein.
»Bist du drin? «, fragte Joe.
»Bin ich«, antwortete Kurt und sah sich um. »Es gibt nur ein kleines Problem. Hier ist nichts.«