Freckles M’grath

Viele Besucherinnen und Besucher des Kapitols betrachteten fälschlicherweise den Gouverneur als wichtigste Personalie im Haus. Sie liefen auf den Gängen hin und her in der Hoffnung, irgendeinem führenden Amtsträger zu begegnen, während doch Freckles McGrath, die eigentliche Seele des Kapitols und in jeder Hinsicht die bemerkenswerteste Person darin, stets ansprechbar und zugewandt war.

Freckles McGrath war der Fahrstuhljunge. Offiziell war er als William verzeichnet, aber das war bloß ein Zugeständnis an die Wahlbürger, denen das amtliche Verzeichnis zugestellt wurde. In der Zeitung – er erschien regelmäßig in der Zeitung – hieß er immer »Freckles«, und jeder vom Gouverneur abwärts sprach ihn mit diesem Titel an, dessen Angemessenheit ihm hundertfach in sein gewitztes, fröhliches irisches Gesicht gestempelt stand.

Wie alle anderen Angestellten des Staates stand Freckles während dieser ersten Woche der neuen Sitzungsperiode unter Hochspannung. Es ging um eine Gesetzesreform, der der Reformgedanke derart eingeschrieben war, dass die Gefahr bestand, allem und jedem würde dadurch eine Reform aufgenötigt. Zufällig gehörte der Gouverneur jener Parteigruppe an, die bei der Gesetzgebung den Ton angab; jede Fuge und Spalte des herrschaftlichen Gebäudes atmete Reform.

Hoch über allem anderen Wichtigen dräute jedoch der Kelley-Gesetzentwurf. Vom Anfang der Sitzungsperiode an verging kaum ein Tag, an dem nicht einer von Freckles’ Fahrgästen das Kelley-Gesetz leise flüsternd erwähnte. Aus dem, was er im Haus aufschnappte und was er in der Zeitung las, bastelte sich Freckles eine ungefähre Vorstellung davon zusammen, was es mit diesem Gesetz eigentlich auf sich hatte. Es handelte sich um eine groß angelegte Reformmaßnahme, die den Eisenbahnen zeigen würde, dass der Staat nicht ihr Privateigentum war. Die Eisenbahngesellschaften würden mehr Steuern zahlen müssen und machten darum ein fürchterliches Theater; wenn aber das Kelley-Gesetz durchkommen sollte, wäre das ein großer Sieg für die Reform und würde den Gouverneur im Staat »festigen«.

Freckles McGrath war eindeutig für Reformen. Zum Teil lag das daran, dass die Redefetzen, die er von der gesetzgebenden Versammlung aufschnappte, spannender waren, wenn sie sich für Reformen aussprachen, als wenn sie dagegen waren; zum Teil lag es daran, dass er den Gouverneur vergötterte, und nicht zum Wenigsten lag es daran, dass er Mr. Ludlow verabscheute.

Mr. Ludlow war Lobbyist. Einige Mitglieder der Versammlung hatte Mr. Ludlow in der Hand – jedenfalls schloss Freckles das aus Gesprächen, die er auf seinem Posten zu hören bekam. Über Mr. Ludlows Methoden war in dieser Periode reichlich geredet worden.

Freckles selbst war kein Snob. Auch wenn er hörte, dass man Mr. Ludlow als eine Schande bezeichnete, und auch wenn er selbst der festen Überzeugung war, dass er eine Schande sei, war das für ihn noch lange kein Grund, nicht mit ihm zu reden. Als also Mr. Ludlow eines Morgens allein einstieg und die Gelegenheit irgendeine Art von Aufmerksamkeit zu fordern schien, trällerte Freckles: »Guten Mo-horgen!«

Aber der Mann, vielleicht tief mit etwas beschäftigt, schob lediglich seine Brauen zusammen und ließ nicht erkennen, ob er ihn gehört hatte. Hernach waren Henry Ludlow, Lobbyist, und Freckles McGrath, Fahrstuhlführer, Feinde.

Eines Tages kurz vor Mittag, fast am Ende der Sitzung, fuhren ein Mitglied des Senats und eines des Repräsentantenhauses im Fahrstuhl gemeinsam nach unten.

»Hat keinen Zweck, noch länger zu warten«, sagte der Senator, als sie einstiegen. »Stärker als jetzt werden wir nicht mehr. Alles hängt an Stacys Stimme, und die hängt davon ab, wer ihm zuletzt über den Weg läuft.«

Freckles sperrte die Ohren auf und stellte den Fahrstuhl auf langsame Fahrt ein. Die Zeitungen hatten Stacy, was das Kelley-Gesetz anging, als Wackelkandidat beschrieben.

»Im Moment ist er stabil, aber es kann sehr gut sein, dass Ludlow mit ihm spricht, ehe er heute Nachmittag seine Stimme abgibt, und dann – ach, ich weiß nicht!« Und mit einem kleinen Wedeln seiner Hände trat der Senator hinaus.

Freckles McGrath saß da, tief in Gedanken. Das Kelley-Gesetz stand am Nachmittag im Senat auf der Tagesordnung. Wenn Senator Stacy dafürstimmte, würde es verabschiedet. Wenn er dagegenstimmte, würde es abgelehnt. Er würde dafürstimmen, wenn er Mr. Ludlow nicht begegnete; er würde nicht dafürstimmen, falls doch. So war die Lage, und Freckles ahnte, dass die gesamte Zukunft des Gouverneurs auf dem Spiel stand.

Beim scharfen Läuten der Glocke wurde ihm vage bewusst, dass sie eben schon geklingelt hatte. In der nächsten halben Stunde hatte er viel zu tun und musste die Mitglieder der Versammlung nach unten fahren. Merkwürdigerweise fuhren Senator Stacy und der Gouverneur gemeinsam hinunter, und als er sah, wie sie das Gebäude zusammen verließen, strahlte Freckles vor Glück.

Stacy kehrte als einer der Ersten zurück. Freckles musterte ihn beim Betreten des Fahrstuhls genau und befand, dass er seinen Standpunkt nicht geändert hatte. Aber irgendetwas an Senator Stacys Mund ließ vermuten, dass man sich seiner nicht allzu sicher sein durfte. Freckles erwog, ob es wohl ratsam wäre, geradewegs damit herauszuplatzen, wie viel besser es doch sei, sich an die Reformleute zu halten; aber als der Junge gerade seinen Mut zusammengeklaubt hatte und im Begriff war, etwas zu sagen, stieg Senator Stacy aus.

Ungefähr zehn Minuten später wartete Freckles mit dem Aufzug im Erdgeschoss und las Zeitung, als ihn Schritte aufhorchen ließen. Gleich darauf bog Mr. Ludlow um die Ecke. Wie üblich war er tadellos gekleidet, bloß sein eisengrauer Schnurrbart schien ein wenig pompöser hervorzustehen als sonst. Als er in die Kabine trat, lag ein verächtlicher Blick in seinen Augen. Als wolle er sagen: »Die dachten wohl, sie könnten mich kleinkriegen, ja? Ha, wie einfältig sie doch sind!«

Freckles McGrath knallte die Tür zum Fahrkorb zu und setzte die Kabine nach oben in Bewegung. Er wusste nicht, was er vorhatte, aber irgendwie wusste er, dass er keine weiteren Fahrgäste wollte. Auf halber Strecke zwischen Untergeschoss und Erdgeschoss hielt er den Fahrstuhl an. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Brächte er diesen Mann hinauf zur Senatskammer, würde er der Reform schlichtweg den Todesstoß versetzen! Daher kniete er sich hin, tat so, als würde er etwas reparieren, und dachte schnell und angestrengt nach.

»Ist was kaputt?«, fragte eine nervöse Stimme.

Freckles sah sich um und Mr. Ludlow ins Gesicht; er erkannte, dass der ehrenwerte Lobbyist nervös war.

»Ja«, sagte er ruhig. »Macht komische Sachen. Irgendwas läuft da nicht rund.«

»Schön, fahr ihn zum Untergeschoss und lass mich raus«, sagte Mr. Ludlow scharf.

»Geht nicht, er steckt fest.«

Mr. Ludlow trat hinzu und schaute sich das an, aber sein Wissen erstreckte sich nicht auf Fahrstuhlmechanik.

»Ruf lieber jemanden, der uns rausholt«, sagte er nervös.

Freckles richtete sich auf. In seine kleinen grauen Augen trat ein Funkeln, auf seinen sommersprossigen Wangen brannten rote Punkte.

»Ich glaube, jetzt tut er’s wieder.«

Und so war es. Niemals in seiner ganzen Geschichte war der Fahrstuhl des Kapitols derart geschmeidig gelaufen. Wie von der Leine gelassen rauschte er am ersten und zweiten Stock vorbei, die haltlose Raserei trieb dem ehrenwerten Lobbyisten das Blut aus dem Antlitz.

»Anhalten, Junge!«, schrie er alarmiert.

»Geht nicht!«, rief Freckles mit schreckerfüllter Stimme. »Er geht durch!«

»Stürzt er ab?«, keuchte der Lobbyist.

»Ich – ich glaub schon!«

Der Mittelteil des Kapitols war sehr hoch. Über dem genutzten Gebäudeteil gab es ein Stück, das zum Turm hinführte. Der Schacht war bis ganz nach oben gebaut worden, wurde aber praktisch nie genutzt. Vorbei an als Lagerräume genutzten Etagen und solchen ohne jeden Zweck flogen sie – das Gesicht des Mannes kreidebleich, der Junge unzusammenhängend flehend. Dann, keine drei Meter vorm Schachtende und dreißig Zentimeter vor dem obersten Stockwerk, kam der Fahrstuhl ruckend zum Stehen. Er schwang vor und zurück; vollführte absonderliche, entsetzliche Bewegungen.

»Er stürzt ab!«, hechelte Freckles. »Klettern Sie raus!«

Und Henry Ludlow kletterte. Er stemmte die Tür auf und wuchtete sich hoch. Kaum berührten seine Füße festen Boden, reckte sich Freckles und knallte die Tür zum Fahrkorb zu. Wieso er das tat, war ihm in dem Moment nicht ganz klar. Später meinte er, dass ihm etwas geraten hatte, die Stimme seines Gefangenen nicht ungehindert den Schacht hinabtönen zu lassen.

Henry Ludlow war durchaus nicht dumm. Als er die schnelle und reibungslose Abwärtsfahrt der Kabine sah, wusste er, dass man ihn reingelegt hatte. Es wäre übermenschlich von ihm gewesen, darüber nicht in wütende Drohungen auszubrechen. Aber was nützte das schon? Die Kabine glitt hinab-hinab-hinab, und er stand da, vielleicht gar hundert Meter über allen anderen im Gebäude – allein, gelackmeiert, geschlagen!

Selbstverständlich probierte er sein Glück an der Tür am Ende der Wendeltreppe, obwohl er sicher wusste, dass sie verschlossen war. Man hielt sie allzeit verschlossen; jemanden vom Reinigungspersonal hatte er vor einigen Tagen nach dem Schlüssel fragen hören, um jemanden nach oben zu bringen. Vielleicht könnte er aufs Dach steigen und Notsignale geben. Aber die Tür nach draußen war ebenfalls verschlossen. Er war also machtlos. Und unten – tja, unten wurde das Kelley-Gesetz verabschiedet!

Er rüttelte am Gitter des Fahrstuhlschachts. Er machte eigentümliche, laute Geräusche und wusste doch die ganze Zeit, er würde sich nicht bemerkbar machen können. Schließlich und endlich setzte sich Henry Ludlow, ehrenwerter Lobbyist, allein auf dem Dachboden des Kapitols auf eine Kiste und frönte seiner Wut.

Unten nahm sich Freckles McGrath, jüngster Vorkämpfer der Reformen im Haus, ordentlich zusammen. Er lachte und redete und pfiff. Er brachte die Leute mit so viel Nonchalance hinauf und hinunter, als wüsste er nicht, dass oben, ganz oben im Schacht, wutentbrannte Augen darauf hofften, die Fahrkabine zu sichten, und schreckliche Flüche buchstäblich auf seinen stoppeligen Rotschopf herabsegelten.

Das Kapitol erlebte einen großartigen Nachmittag. Jedermann strömte zu den Pforten der Senatskammer, wo das Kelley-Gesetz verabschiedet wurde. Die Reden die Maßnahme betreffend waren kurz. Das Beste war, überhaupt keine Reden zu schwingen; es ging darum, auf der Anwesenheitsliste bis zum »S« zu kommen, ehe ein Herr mit eisengrauen Haaren und eisengrauem Schnurrbart eintreten und etwas zu dem blondgeschopften Senator mit dem schwachen Mund sagen konnte, der weiter hinten im Kammersaal saß.

Freckles wurde abberufen, gerade als man zur Abstimmung schritt. Als er zurückkam, stand Senator Kelley draußen auf dem Gang, umringt von einer ansehnlichen Anzahl Männer, die ihm auf den Rücken klopften. Der Gouverneur selbst stand auf den Stufen der Senatskammer; seine Augen leuchteten, er lächelte.

Freckles fuhr seinen Fahrstuhl ins Untergeschoss zurück. Er wollte kurz allein sein, allein mit der Tatsache, dass er es gewesen war, Freckles McGrath, der diesen großen Sieg für Reformen errungen hatte. Er, Freckles McGrath, hatte die Zukunft des Gouverneurs gesichert. Wer weiß, vielleicht hatte er sich an diesem Nachmittag einen Namen gemacht, von dem die Geschichtsbücher berichten würden!

Freckles war ein freundlicher kleiner Junge; er wusste, dass es für einen eleganten Gentleman nicht allzu angenehm sein dürfte, den Nachmittag auf dem Dachboden zu verbringen, daher beschloss er, hinaufzufahren und Mr. Ludlow zu holen. Das erforderte Mut; aber er hatte seinen Sieg errungen, und für Zögerlichkeit war jetzt keine Zeit.

Die lange Fahrt nach oben hatte etwas Unheimliches. Er dachte an Geschichten, die er gelesen hatte, über einsame Türme, in denen Menschen geköpft oder auf andere Weise beseitigt wurden. Er schien überhaupt nicht oben anzukommen, und als er schließlich doch ankam, sah er die beiden fürchterlichsten Augen, die er je gesehen hatte, auf sich hinabblicken – als würden ihnen gleich Furien entspringen.

Der Anblick der problemlos bis ganz nach oben fahrenden Kabine und des kühnen kleinen Jungen mit den Sommersprossen und den Fledermausaugen, der sein Spiel so gekonnt gespielt und derartigen Schaden angerichtet hatte, war zu viel für Henry Ludlows Selbstbeherrschung. Worte brachen aus ihm hervor, die er nie im Leben benutzt hatte, die zu benutzen er sich nie imstande geglaubt hätte. Freckles aber stand da und sah ruhig hoch zu dem aufgebrachten Lobbyisten, und gerade als Mr. Ludlow rief: »Dich mach ich einen Kopf kürzer, du kleiner Rotzbengel!« legte er den Hebel um und schickte die geschmeidig gleitende Kabine schachtabwärts. Hinter ihm erscholl ein wutentbrannter Schrei, dann die laute Aufforderung, zurückzukommen, aber er schenkte dem keine Beachtung, und die Kabine machte noch eine Weile ihre üblichen Touren zwischen Untergeschoss und den gesetzgebenden Kammern.

Knapp eine Stunde später versuchte Freckles es erneut. Er fuhr den Fahrstuhl bis auf etwa einen Meter an die oberste Etage heran und lugte mit fragendem Blick zwischen dem Gitterwerk hindurch. Der ehrenwerte Lobbyist schluckte Zorn und Stolz hinunter, denn er wusste wohl, was von ihm erwartet wurde.

»Hach, na schön«, murmelte er schließlich, und angesichts dieses einsichtigen Verhaltens fuhr Freckles die Kabine hinauf, öffnete die Tür, und Henry Ludlow trat ein.

Kein Wort wurde zwischen ihnen gewechselt, bis das Licht der Etage mit der Senatskammer in Sicht kam. Da wandte sich Freckles mit der höflichen Nachfrage an den Gentleman, wo er denn auszusteigen wünsche.

»Bring mich bitte zum Büro des Gouverneurs hinunter«, sagte Mr. Ludlow mit steinernem, bedeutungsschwangerem Blick.

»Sehr gern«, erwiderte Freckles fröhlich. »Den Gouverneur finden Sie jetzt wohl in seinem Büro. Er war den Nachmittag über hauptsächlich im Senat, wo das Kelley-Gesetz verabschiedet wurde.«

Mr. Ludlow kniff die Lippen zusammen. Er richtete sich auf, sein Schweigen war ungeheuer.

Binnen nur fünfzehn Minuten ließ die Verwaltung Freckles holen.

»Ich verlange seine Entlassung!«, sagte Mr. Ludlow, als der Junge eintrat.

»Zufälligerweise haben Sie in diesem Haus nicht das Sagen«, erwiderte der Gouverneur mit einer gehörigen Portion Schärfe. »Obwohl die Angelegenheit selbstverständlich gründlich geprüft werden wird.«

Innerlich war der Gouverneur ein einziges Glucksen, sein Herz war erfüllt von Bewunderung und Dankbarkeit; aber wäre Freckles in der Lage, das Spiel bis zum Ende durchzustehen? Hätte der Junge das Geschick, die subtile Raffinesse, die wahre Meisterhand, welche die Situation verlangte? Falls nicht, dann – so sehr er auch der rettende Geist war – müsste Freckles im Interesse der Reformen gehen. Vor ihm stand ein ausgesprochen unschuldig aussehender Junge, der ihn fragend ansah.

»William«, sprach der Gouverneur – Freckles gab das zunächst einen Stich, bis ihm einfiel, dass er von Amts wegen William hieß –, »dieser Gentleman hat sehr ernste Vorwürfe gegen dich vorgebracht.«

Freckles sah Mr. Ludlow gekränkt an und wartete, dass der Gouverneur weiterspräche.

»Er sagt, du hättest ihn absichtlich ganz nach oben gefahren und bewusst dort den ganzen Nachmittag über gefangen gehalten. Hast du das getan?«

»Ach«, brach es aus Freckles hervor, »ich hab alles Mögliche getan, um ihm das Leben zu retten! Ich hätte meins für seins geopfert. Ich …«

»Du kleiner Lügner!«, unterbrach Ludlow.

Der Gouverneur hob die Hand. »Sie hatten Ihre Chance. Jetzt ist er dran.«

»Verstehen Sie, Gouverneur«, Freckles schien daran gelegen, ein großes Unrecht, das ihm widerfahren war, geradezurücken, »der Fahrstuhl spielt verrückt. Erst heute Morgen hat der Techniker gesagt, er muss überholt werden. Als er plötzlich so schrecklich abging, konnte ich ihn nicht mehr steuern. Vielleicht muss ich entlassen werden, weil ich ihn nicht unter Kontrolle hatte«, Freckles schniefte pathetisch, »aber nicht, weil ich das gemacht hab, was er sagt. Nämlich, Gouverneur«, er rammte sich die Knöchel in die Augen, »ich hab nichts gegen ihn! Warum sollte ich ihn auf den Speicher bringen?«

»Für Geld natürlich nicht«, schnaubte Mr. Ludlow.

Der Gouverneur drehte sich scharf zu ihm um. »Wenn Sie dafür Beweise erbringen können, höre ich mir das an. Bis dahin lassen Sie das lieber unerwähnt.«

»Eigenartig, dass das gerade heute Nachmittag passieren musste«, warf der ehrenwerte Lobbyist ein.

Der Gouverneur sah ihn mit offenem Blick an. »Hatten Sie heute Nachmittag ein spezielles Anliegen? Hatten Sie mir nicht versichert, in dieser Sitzungsperiode hier kein maßgebliches Interesse zu haben?«

Darauf gab es nichts zu sagen. Also sagte Mr. Ludlow nichts.

»Nun, William«, fragte der Gouverneur weiter und fürchtete tief im Inneren, dass Freckles damit erledigt wäre, »wieso hast du die Schachttür geschlossen, ehe du abwärts gefahren bist?«

»Na ja, also, ich«, Freckles Stimme zitterte immer noch, »ich bin so ans Türenschließen gewöhnt. Türenschließen geht bei mir inzwischen praktisch automatisch. Man hat mir das so oft gesagt. Und da oben habe ich, obwohl ich dachte, es ist aus mit mir, trotzdem meine Pflicht getan.«

Der Gouverneur legte sich die Hand vor den Mund und hüstelte.

»Und warum«, er war nun ruhiger, denn wenn sich der Junge da herauswand, kam er mit allem durch, »warum hast du nicht sofort alles versucht, um Mr. Ludlow da rauszuholen?«

»Na ja, ich hab natürlich gedacht, er geht die Treppe runter, ich hätte nie gedacht, dass er sich noch mal in den Fahrstuhl trauen würde, so, wie der gemuckt hat.«

»Die Tür war verschlossen«, fletschte der ehrenwerte Lobbyist.

»Tja, also, verstehn Sie, das hab ich nicht gewusst. Später am Nachmittag bin ich einmal ganz hochgefahren, als Test – und da standen Sie! So verdutzt war ich noch nie im ganzen Leben. Natürlich hab ich gedacht, Sie wären den Nachmittag über im Senat wie alle anderen auch.«

Noch einmal führte der Gouverneur seine Hand zum Mund.

»Dein Fall wird bei der nächsten Sitzung dem Ministerrat vorgelegt. Sollte so etwas noch einmal vorkommen, wirst du unverzüglich entlassen.« Freckles verbeugte sich. »Du kannst gehen.«

Als er fast aus der Tür war, rief der Gouverneur ihm nach.

»William, meinst du nicht«, der Gouverneur war der Meinung, er und Freckles könnten sich ein wenig Großmut leisten, »dass du dich bei dem Gentleman für die ausgesprochen unangenehmen Umstände entschuldigen solltest, in die er deinetwegen geraten ist?«

Freckles’ kleine graue Augen wurden wie Stahl. Er sah Henry Ludlow an – rätselhaftes Schweigen. Dann brach Licht über sein Gesicht herein. »Im Namen des Fahrstuhls – bitte ich um Entschuldigung.«

Ein drittes Mal hob sich die Hand des Gouverneurs zum Mund.

In der folgenden Woche trug Freckles einen Siegelring; lange und vernehmlich hatte er sich nach einem solchen und von solchen Ausmaßen gesehnt. Er ließ es sich angelegen sein, jedem, dem er ihn zeigte, zu erklären, geschickt hätte ihn »ein hoher Freund zu Hause«.