Vor fünfzehn Jahren
Nach dem wunderbaren Essen in dem Blockhaus am Strand setzten wir uns mit unseren Weingläsern an den Kamin, und ich erzählte dir von meinem Traum, Journalistin zu werden. Seit ich zwölf war, hatte ich darauf hingearbeitet, indem ich für die Schülerzeitung und das Gemeindeblatt schrieb. Und ich war ziemlich stolz darauf, dass eine große Tageszeitung eine Serie von mir über das Teenagerleben in London gebracht hatte. Gleich in meiner ersten Studienwoche hatte ich mich bei der Unizeitung engagiert und hoffte insgeheim, im letzten Semester deren Redakteurin zu sein. Danach wollte ich gerne ein Volontariat in der Nachrichtenredaktion der Times oder des Guardian machen und dann über Kunst schreiben. Mit dreißig wollte ich Redakteurin bei einer der Wochenendbeilagen sein.
»Das ist ja toll, wie genau du das schon weißt. Meine Freunde haben keine Ahnung, was sie nach der Uni machen wollen. Wir reden da nicht mal drüber.«
Ich dachte mir insgeheim, dass das wohl daran liegen mochte, dass deine Freunde Goldesel zu Hause hatten und sich um Geld keine Gedanken machen mussten.
Anfänglich wolltest du gar nicht über dein Malen sprechen und hast abgewinkt, als ich dich fragte, ob du Künstler werden wolltest.
»Dafür bin ich nicht gut genug.«
Zum ersten Mal bemerkte ich eine Unsicherheit, einen Riss in deiner High-Society-Fassade.
»Doch, das bist du auf jeden Fall, das sieht man doch an dieser Zeichnung.«
»Ich bin besser, wenn ich ganz viel Zeit mit Malen verbringe, Tag und Nacht genau genommen. Malen kann man nicht mit Alltag vereinbaren. Man muss dauernd dranbleiben, wenn man was erreichen will.«
»Was sind denn deine Motive?«
»Unterschiedlich. Meist Landschaften, aber neulich habe ich mit Porträts angefangen.«
Du fingst an, von einem Porträt deines Vaters zu erzählen, das du nach einem Foto gemalt hattest.
»Es kam mir vor, als würde ich ihn irgendwie wieder zum Leben erwecken. Seine Augen, sein Lächeln. Plötzlich konnte ich mich an alles genau erinnern. Und nicht nur von dem Foto.«
Deine Stimme wurde leiser und weicher, als du über deinen Vater sprachst. Einen Moment lang erwog ich, dich zu fragen, wie er zu Tode gekommen war. Aber damals fand ich noch nicht den Mut dazu.
»Ich würde dich gerne malen«, sagtest du. »Darf ich?«
Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht ein andermal.«
»Und warum nicht jetzt?«
Ich zuckte die Achseln. Damals versuchte ich noch angestrengt, dir zu widerstehen. Es war der Beginn einer Sehnsucht, die nie mehr nachlassen würde. Ein sanftes Lächeln trat auf dein Gesicht.
»Du hast nicht vor, es mir leicht zu machen, wie?«