Kapitel 14
Alt werde
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Hinter so vielem, was in unserer Gesellschaft vor sich geht, steht die Angst vor Alter und körperlichem Verfall. Anti-Aging-Trends gibt es viele: Hautlotionen, Elixiere, Cremes, Stärkungsmittel, Trainingsprogramme, Nahrungsergänzungen, Spritzen, Schönheitschirurgie und so weiter. Diäten und sogenannte Superfoods laufen unter »Anti-Aging«, ob sie Ihnen wirklich etwas bringen oder nicht. Hormonersatztherapien werden als Jungbrunnen gepriesen, obwohl sie die Alterung eher beschleunigen, wie ich in meinem Buch Mediale Medizin
dargestellt habe. Angeblich kann man sogar lernen, jünger zu denken und sich jugendlicher zu verhalten. Ständig rennen wir gegen die Uhr an und möchten gern jünger aussehen und uns jünger fühlen – die Zeit anhalten.
Unser Wunsch, den Mühen und Tücken des Alters zu entgehen, ist nicht neu. Es ist auch nichts daran auszusetzen. Darin sind wir wie alle Generationen vor uns bis in die fernste Vergangenheit, und natürlich möchten wir im Alter unsere Gesundheit bewahren und uns selbst erhalten. Da tun wir uns aus meiner Sicht leichter, wenn wir nicht den leeren Versprechungen jedes Anti-Aging-Trends aufsitzen, sondern darüber informiert sind, was uns wirklich altern lässt.
Wovon also hängt die Alterung des Körpers ab? Wir wissen, dass wir mit jedem Umlauf der Erde um die Sonne ein Jahr älter werden. Wir denken, dass die Gene dabei eine Rolle spielen, dass Stress die Alterung beschleunigt. Da gibt es viele Wahrheiten und viele Theorien, weil es von so vielen Faktoren abhängt, wie schnell wir altern. Dennoch, auch wenn wir sehr unterschiedliche Erfahrungen machen und unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt sind, gibt es hier einen
grundlegenden Faktor, der das größte Gewicht hat und von dem es in erster Linie abhängt, ob wir schnell altern oder die Alterung verlangsamen können. Er birgt Geheimnisse – die Geheimnisse, von denen wir immer geglaubt haben, sie müssten irgendwo im Kosmos oder in der Erde verborgen sein, die aber tatsächlich in uns selbst liegen.
Handelt es sich um eine Art Zeitmaschine, mit der wir die Jahre zurückspulen können? Oder sprechen wir vom mythischen Jungbrunnen, dem Quell der Jugend? Welches Bild Ihnen auch zusagen
mag, Tatsache ist, dass wir so etwas schon in uns haben, immer schon. Es ist ein Teil unserer selbst, realer, als uns bewusst ist, es hält sich schon aus der Zeit vor Ihrer Geburt in Ihnen aktionsbereit. Es ist ein Quell neuen Lebens, ein heiliger Ort der Erneuerung und Verjüngung. Hier liegen die Lösungen, hier liegen die Kraft und die Wahrheit, hier verbirgt sich das Geheimnis der Jugend, hier ist der Ursprung des langen Lebens. Ich meine die Leber. Für ein langes, gesundes Leben bedeutet sie alles.
Wird sie jedoch falsch behandelt, kann das schlimme Folgen haben. Wenn man aus Unwissenheit, Ignoranz oder Leichtsinn schlecht mit ihr umgeht, ist sie möglicherweise gezwungen, in den Überlebensmodus zu gehen. Auch dann fällt sie Ihnen nicht in den Rücken, sie hintergeht Sie nicht, sie lässt Sie nicht im Stich. Sie wird Sie auch nicht gezielt altern oder alt aussehen lassen. Sie wendet sich nicht ab, weil sie schwach wäre und keinen Funken Loyalität im Leib hätte. Wenn sie Ihnen den Rücken zukehrt, dann nur nach langer Misshandlung und Trägheit – und nur um sich mit dem, was sie noch hat und kann, dem Schutz des Körpers zu widmen und Sie am Leben zu halten. Oft klagen die Leute dann, dass ihre Haut schlaff und fahl wird und gar nicht mehr die frühere Elastizität besitzt, und das ist wie bei anderen Anzeichen des vorzeitigen Alterns ein Hinweis darauf, dass die Leber ihren vielen Aufgaben nicht mehr mühelos nachkommen kann. Schnelle Alterung und das verwitterte Aussehen haben gute Gründe – sie bewahren Sie vor weitaus Schlimmerem. Wenn die Leber anhand der intelligenten Datenspeicher für ihre chemischen Funktionen erkennt, dass sie nicht bekommt, was sie braucht, um selbst gesund zu bleiben und Sie jugendfrisch aussehen zu lassen, wendet sie ihre letzten Reserven zum Schutz von Herz, Gehirn und Bauchspeicheldrüse auf.
Von der Pflege unserer Leber hängt es ab, wie gesund wir sind, wie wir altern und wie wir uns körperlich, geistig und seelisch im Alter fühlen.
Die Leute tun alles Mögliche für ihre Gesundheit, aber es ist meist nicht speziell auf die Leber zugeschnitten. Sie gehen in die Wellness-Oase und lassen sich massieren, und dann gibt es vielleicht noch eine Ganzkörper-Algenpackung. Sie machen Entschlackungskuren und nehmen Vitamine und andere Nahrungsergänzungen, sie lassen sich regelmäßig vom Arzt durchchecken. Manches davon dient der Leber, aber dann nur zufällig und eher sporadisch. Diese allenfalls unabsichtlichen kleinen Zuwendungen helfen der Leber, einen kleinen Gesundheitsvorrat anzulegen, der uns im Alter zugutekommt. Trotzdem waltet hier eher das Gießkannenprinzip, es sind klein portionierte Häppchen, die Appetit machen, doch dann kommt nichts Substanzielles mehr, und es reicht immer nur gerade so zum Überleben.
Wahre Jugen
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Haben Sie als junger Mensch erlebt, wie das ist, wenn man die Schlüssel für sein erstes Auto überreicht bekommt und dann mit offenen Fenstern rückwärts aus der Einfahrt in die Straße einbiegt – und dann dieses Gefühl, dass nichts einen aufhalten kann? Wenn wir unserer Leber eher versehentlich kleine Vergünstigungen zukommen lassen, ist das zwar ein Segen, aber es reizt am Ende nur ihren Appetit. Es sind flüchtige Augenblicke der Freiheit und Erfüllung, gleichsam der Schlüssel zum Wagen der Jugend – aber eben flüchtig. Ohne eigens auf die Leber zu achten, sind wir wie solch ein draufgängerischer Teenager, der den totalen Durchblick zu haben meint – bis ein erster kleiner Blechschaden der sorglosen Spritztour ein jähes Ende bereitet. Dabei kann es mit etwas Glück bleiben: nur ein Bagatellschaden oder eben eine kleine Belastung oder Behinderung der Leber, nur ein Weckruf für den Besitzer, damit er künftig besser auf sein Fahrzeug beziehungsweise seine Leber achtet.
Wenn wir nicht vorzeitig altern möchten, dürfen wir die Leber nicht als Prellbock verwenden. Schließlich soll sie vom Leben ja nicht so geschunden werden, dass sie uns nicht mehr durch all die Abenteuer begleiten kann, die wir im Sinn haben. Sie soll mehr bekommen als nur ein gelegentliches kurzes Aufatmen, dem gleich wieder ein Absturz folgt. Abstürze sollen ganz aufhören, damit Unbeschwertheit der Grundzustand sein kann. Gute und nicht nur gelegentliche zufällige Pflege der Leber ist das Geheimnis der Jugend und des jugendlichen Aussehens.
Sobald wir unsere Leber einmal für uns gewonnen haben, hält sie spezielle chemische Funktionen bereit, die uns jung halten. Die haben natürlich zu einem Gutteil mit ihren Entgiftungskräften zu tun. Die Abfallentsorgung ist entscheidend, wenn die Leber für ihre Aufgaben fit bleiben soll. Die wirksamste Anti-Aging-Strategie unserer Leber besteht darin, ein gespeichertes oder der besten externen Quelle – Obst – entnommenes Antioxidans mit deponierten Aminosäuren zu verbinden und diese neue Koalition mit einem ganz bestimmten Auftrag ins Blut zu entlassen. Der besteht darin, für den Erhalt gesunder Zellen zu sorgen. Das ist nicht ganz dasselbe wie die unmittelbare Wirkung von mit der Nahrung aufgenommenen Antioxidanzien, die dem Körper freie Radikale entziehen und dadurch eine Oxidation verhindern. Solche Antioxidanzien sind sehr wichtig für die Verlangsamung der Alterungsprozesse, sie haben den ganz allgemein gehaltenen Auftrag, in allen Organen und Geweben des Körpers unterstützend und korrigierend zu wirken und Schäden zu reparieren. Bei Antioxidanzien, die durch die Leber ein Upgrade erfahren haben, geht das noch einen Schritt weiter. Sie bekommen eine Art Überzug, in dem bestimmte Informationen
kodiert sind, ein Rezept für etwas, was über Gewebepflege hinausgeht, nämlich für die Verhinderung des Zelltods. Diese Aufwertung von Antioxidanzien durch die Leber verhindert, dass wir sterben, und es ist eine echte Rüstung, nicht diese Illusion von Schutz und Stärke, die Fette uns vermitteln.
Behandeln wir unsere Leber jedoch schlecht, wird sie wegen der mit einer ungesunden Lebensweise und schädigenden Umwelteinflüssen verbundenen Kämpfe langsam sterben. Die Leber altert dann vor Ihnen, und das geschieht zu Ihrem Schutz: damit das Leben nicht für Sie so früh mühsam wird wie für Ihre Leber. Diese gibt sich größte Mühe, Sie jung zu erhalten. Aber wenn sie keine Unterstützung erhält, wenn ihre Reserven nicht durch gute Ernährung aufgefüllt werden, lässt ihre Fähigkeit, speziell aufgewertete Antioxidanzien zu produzieren, irgendwann nach. In ihrer zunehmenden Entkräftung kann sie ihre Anti-Aging-Funktionen immer weniger gut ausüben und muss sich immer mehr darauf verlegen, Sie einfach nur am Leben zu halten.
DNA-Indikatoren
Beim Thema »Altern« denken wir gleich an Gene. »Wie sieht es denn mit deiner DNA aus?« Diese Frage scheint der neue Trend werden zu wollen.
Wenn etwas nicht oder nicht mehr funktioniert, erkennen wir das schnell, aber die Gründe erschließen sich uns nicht so bald. Statt zu fragen, weshalb
unsere DNA abnimmt, zäumt die medizinische Forschung das Pferd vom Schwanz her auf und starrt nur auf fehlerhafte DNA. Die DNA selbst sei das Problem, heißt es dann, und folglich liegt die Fehlerhaftigkeit eigentlich bei uns, bei dem, was uns ausmacht, was wir sind. Wenn Sie wirklich etwas über das Altern erfahren möchten, dürfen Sie sich nicht ausschließlich bei den Genen aufhalten. Sie sind ein Indikator, aber nicht die ganze Antwort. Sie besagen, dass irgendetwas los ist, aber sie sind nicht die Ursache. Ein verändertes Gen setzt nichts in Gang, sondern ist einfach eine Messlatte im Teich, an der abzulesen ist, dass er austrocknet.
Tatsächlich hat die DNA nichts mit dem Altwerden zu tun. Sie kann auch nicht als Beweis für schlechtes Erbgut dienen, aber sie kann ein mahnender Hinweis auf den Zustand unserer Leber sein. Wenn die DNA schwächer wird, sich abnutzt, ausfranst oder verletzt wird – was die Wissenschaftler fälschlich als Mutation deuten –, zeigt sich daran, dass unsere Leber ihre verjüngenden Kräfte einbüßt. Die beschriebenen antioxidativen Verbindungen, die von der Leber zum Schutz der Zellen ausgesandt werden, verhindern, dass unsere DNA schwach und brüchig wird. Wollen wir etwas für unsere DNA tun, dann müssen wir folglich unsere Leber so versorgen, dass sie
diese zellschützenden Verbindungen herstellen kann. Wenn es unserer DNA besser geht, dann deshalb, weil wir etwas für unsere Leber getan haben.
Wenn jemand für sein Alter gut aussieht, kräftig und jung und frei von Krankheiten oder Beschwerden ist, sollten wir uns nicht anerkennend zur genetischen Ausstattung dieses Menschen äußern, sondern lieber sagen: »Du musst aber eine gute, zuverlässige Leber haben, eine richtige Reinigungsmaschine. Anscheinend warst du in deinem Leben nicht vielen Giftstoffen ausgesetzt.«
Sie halten den Schlüssel schon in der Hand
Wer lange leben möchte, sollte besser nicht an der falschen Stelle nach Anti-Aging-Lösungen suchen; und das ist nicht unbedingt eine Frage der Intelligenz. Auch hochintelligente Leute verlegen ihre Wagenschlüssel und suchen dann im ganzen Haus, nur nicht da, wo die Schlüssel liegen. Wenn man dann im Wagen sitzt, kann es passieren, dass man irgendwo falsch abbiegt. Niemand ist vor Irrtümern geschützt, und so passiert es selbst den klügsten Leuten, dass sie sich mit den neuesten Ansätzen der Genetik und Gentechnik befassen und dabei völlig übersehen, dass sie nicht einmal im richtigen Gebäude nach dem Schlüssel zum langen jugendfrischen Leben suchen.
In Wahrheit ist es so, dass wir mit allem, was wir für unsere Leber unternehmen, die Alterung des Körpers verlangsamen, ja sogar eine Verjüngung bewirken können. Manch einer stößt zufällig auf etwas in diesem Sinne Wirksames, ohne zu realisieren, dass die Leber dabei die Hauptrolle spielt. Effektive Formen der Leberpflege und damit Anti-Aging-Maßnahmen können zum Beispiel darin bestehen, dass wir uns mehr bewegen, mehr Obst, Gemüse und Grünes auf unseren oft überfetteten Speiseplan setzen und uns Auszeiten nehmen, in denen wir uns zurückziehen, um eine spirituelle Verbundenheit zu finden, die unseren Adrenalinspiegel senken kann.
Es gibt noch viel mehr, was wir tun können, wenn wir einmal erkannt haben, was unsere Leber alles leistet, um Schaden von uns abzuwenden, und wenn wir lernen, die verborgenen Kräfte der Antioxidanzien und Aminosäuren, der Glukose und aller anderen Helfer und Retter der Leber zu nutzen, von denen Sie in diesem Buch lesen werden. Wir müssen nicht in die Fremde ziehen, um den Quell der Jugend zu finden. Mit dem, was Sie hier an Wissen gewinnen, können Sie alle Tage aus diesem Jungbrunnen schöpfen.