Kapitel 35
Fettreiche Ernährun g
Die Welt ist inzwischen so gegen Zucker und Kohlenhydrate eingestellt, dass man auf dem Gebiet der Gesundheit und Wellness kaum noch Fachleute findet, die Obst und stärkehaltiges Gemüse uneingeschränkt für gesund halten. Wie ist es dazu gekommen? Zunächst einmal durch Versuch und Irrtum beim Forschen nach der besten Ernährungsform. Der Verzicht auf industriell verarbeitete Nahrungsmittel allein besserte die Symptome und Beschwerden der meisten Patienten offenbar nicht. Wie also weiter? Wie kann man sich so ernähren, dass es einem schmeckt und man auf seine Kalorien kommt und dann auch noch gesund wird oder zumindest die Symptome abmildert? Der Eiweißverzehr ließ sich nicht einschränken, denn Eiweiß ist die Basis aller medizinischen Vorstellungen von guter Ernährung, zumindest war das seit 1933 und vor allem im Westen so. Eiweiß ist nach wie vor das Ernährungsthema, an das man nicht rühren darf. Wir haben zutiefst verinnerlicht, dass wir ohne Eiweiß schwinden und schließlich ver schwinden werden, weil wir tot sind.
Wie kam es dazu?
Anfang der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts tat sich in den USA die Nahrungsmittelindustrie mit der Regierung zusammen, um überall im Land, zuerst in den Grundschulen und dann in den höheren Bildungseinrichtungen, die Lehre vom besonderen Wert einer eiweißreichen Ernährung zu verbreiten. Das wurde im Bewusstsein des Landes so etwas wie ein Gesetz, ähnlich wie das Tragen von Socken eine Art ungeschriebenes Gesetz ist. Die Welt wird nie aufhören, sie zu tragen. Manche werden vielleicht zu einer bestimmten Art von Kleidung keine mehr anziehen, um sich einer Stilrichtung zugehörig zu fühlen, oder vielleicht wird es auch mal ein Jahrzehnt geben, in dem Socken einfach nicht in sind. Aber am Ende werden sie doch wieder an den Füßen sein. Es gehört zu unserem Menschsein, wir tragen Socken. Das setzt sich durch, ebenso wie sich die »Eiweißlehre« in der Schulmedizin durchgesetzt hat und jetzt auch in der Alternativmedizin.
In dem, was früher die alternative Medizin war, ist Eiweiß nie zum Gesetz geworden. Alternative Heilkundige beispielsweise der Zwanzigerjahre haben nie behauptet, Eiweiß sei die höchste Nahrungsquelle. Sie glaubten vielmehr an Gemüse, Obst, Kartoffeln, andere stärkehaltige Gemüse, Nüsse und Kerne. Eiweiß war für sie gar kein eigenes Thema, denn sie wussten, dass in diesen Nahrungsmitteln genug davon enthalten war. Die Schulmedizin dagegen verband sich für immer mit der Eiweißlehre, als wir ins Zeitalter der industriellen Erzeugung und Verarbeitung von Fleisch eintraten. Es wurden Verträge zwischen Fleischindustrie und Regierung geschlossen, und dann tat man sich noch mit der Pharmaindustrie zusammen, um den gesamten Medizinbetrieb auf etwas einzuschwören, das auf den ersten Blick vernünftig wirkte, aber letztlich Geldinteressen über das Wohlergehen der Menschen stellte. Diese niemals revidierten Abmachungen existieren immer noch irgendwo in einem Safe und sind nicht einzusehen. Und es handelt sich nicht um nette Geheimrezepte für Kekse, sondern um Entscheidungen, die für uns getroffen wurden, ohne dass wir auch nur befragt worden wären – kein Stimmrecht, keine öffentlichen Aussprachen, lauter hinter unserem Rücken beschlossene Deals, die uns heute noch in der gleichen Unklarheit halten, die damals schon bestand.
In den Siebzigerjahren setzte sich in der Medizin die Erkenntnis durch, dass zu viel Fett nicht gut ist. Das war zunächst eine positive Entwicklung, ein Geistesblitz, der den Leuten sagte, dass viel Fett schlecht fürs Herz ist. Da jedoch niemand diesem Verdacht auf den Grund ging, blieb der potenzielle Fortschritt aus. Es wurde ein Trend zu fettarmer Ernährung daraus, der nicht wirklich durchdacht war. Was man damals unter »wenig Fett« verstand, enthält nämlich in Wirklichkeit sehr viel Fett, weil man den Anteil von tierischem Eiweiß, insbesondere von Fleisch, deutlich erhöhte. Da gleichzeitig Avocados, Oliven, Kokosnüsse, andere Nüsse, Kerne und Öle eingeschränkt wurden, wiegte man sich in dem Glauben, das sei eine fettarme Ernährung. Kokosnüsse und Avocados wurden sogar als giftig angesehen, und wer sie als Mediziner und Ernährungsspezialist seinen Patienten empfahl, galt als jemand, der verantwortungslos handelte. Jetzt standen fettarme oder fettfreie Produkte in den Regalen, aber denken Sie nicht, es habe sich um gesunde Nahrungsmittel gehandelt; sie wurden lediglich als fettarm und fettfrei ausgegeben. Die Leute fühlten sich nun ganz obenauf, weil sie das Backfett und den Zucker vom Schokoladenkuchen mieden. Aber sie griffen stattdessen zu tierischem Eiweiß, und das ist immer voller Fett. Wie konnte das zur fettreichsten Ernährungsform überhaupt werden, ohne dass jemand bemerkte, was da geschah? Dieser Fehler ist bis heute nicht ausgeräumt worden: Man hat sich damals nicht klar gemacht und macht sich bis heute nicht klar, dass tierisches Eiweiß immer Fett bedeutet. Wir wollen einfach nicht wahrhaben, dass in tierischem Eiweiß überhaupt Fett ist, und genau darum ging es schon damals in den Dreißigerjahren. Das war der Masterplan: Erwähne nur das Eiweiß, verschweige das Fett. Es funktionierte. Wenn man mit auf Protein versessenen Eltern und Großeltern aufwächst, wird das eine Regel, der man sich nicht mehr entziehen kann. Das Wort »Eiweiß« lässt uns nicht mehr los, als wären wir von einem Zombie gebissen worden und seien jetzt selbst Zombies.
So kauften die Menschen vom Beginn der Siebzigerjahre an zunehmend fettarme und fettfreie Produkte, aßen aber doppelt oder dreimal so viel Eiweiß, was am Ende auf eine Verdopplung oder Verdreifachung ihres Fettkonsums hinauslief, obwohl sie die gesunden Fette der alten Medizin ausschlossen, zum Beispiel Avocados, Kokosnüsse, andere Nüsse, Kerne und Oliven. Gleichzeitig reduzierte man die Kohlenhydrate, und Zucker war sogar verpönt. Den holte man sich aber auf anderem Wege, durch Alkohol. In dieser Zeit war der Alkoholkonsum so hoch wie nie. Die Leute erlebten mit ihrer Low-Carb-Diät Hungerphasen, wurden psychisch instabil und mussten irgendwo ihren Zucker herbekommen. Das ist auch beim heutigen Trend zu eiweißreicher, fettreicher und kohlenhydratarmer Ernährung nicht anders. Man achtet darauf, dass man seinen Wein oder irgendein anderes bevorzugtes alkoholisches Getränk nicht auslässt, sonst kann es passieren, dass man sich plötzlich mit Zuckerzeug vollstopft, einfach weil diese Ernährungsform eine Lücke hat. In den Siebzigerjahren hatte das angefangen, dass aus einem richtigen Gedanken, weniger Fettverzehr, falsche Schlüsse gezogen wurden. Das war gut gemeint, denn viel Fett tut uns wirklich nicht gut, wurde aber falsch umgesetzt, weil etwas ganz Entscheidendes nicht korrigiert wurde: die große Einigung in den Dreißigerjahren, mit der uns eingeredet wurde, Eiweiß sei absolut unverzichtbar. Die heutigen Ernährungslehren machen, ebenfalls in bester Absicht, die gleichen Fehler. Die Dinge sind mittlerweile aber ein wenig anders gelagert, wie wir gleich sehen werden.
Hybrid-Ernährung
Es gibt unzählige Ernährungsformen und ebenso viele Arten von Ernährungsglauben, die aber eigentlich immer das Gleiche sind, nur unter immer neuen Namen: eiweißreiche und kohlenhydratarme Ernährung. Wenn ich das jetzt einfach mal »Autoimmundiät« nenne, klingt das so, als wäre es ein neuer Ansatz. Es ist aber nur ein neuer Name, nur eine weitere Variante der Kohlenhydrate und Zucker meidenden Ernährung, die dafür äußerst fettreich ist, auch wenn sie »mageres Eiweiß« umfasst. Neuerdings nennen sich manche dieser neu verpackten Diäten mit einem gewissen Stolz fettreich, als wäre viel Fett gut für uns. Es handelt sich einfach um leicht aufgepeppte Formen der ursprünglichen Eiweißdiäten der Siebziger, Achtziger und Neunziger. Bei heutigen Eiweißdiäten sind auch ein grüner Apfel und eine Handvoll Beeren erlaubt. Sie sprechen sich für viel Salat und Gemüse aus. Die ursprünglichen kohlenhydratarmen, eiweißreichen, »fettarmen« Ernährungsformen machten einem mehr zu schaffen, weil man diese heute geduldeten Nahrungsmittel nicht zum Ausgleich hatte.
Bei Patienten, die aus der Standardernährung ausgestiegen waren, um etwas anderes auszuprobieren, beobachteten die Ärzte häufig einen Rückgang der Symptome. Falls sie überhaupt an Ernährung interessiert waren, glaubten sie dann, auf eine Goldader gestoßen zu sein. Sie sahen alte Symptome verschwinden, sie sahen aktuelle Symptome zurückgehen, und obwohl manche Patienten keine Besserung erlebten und sich die Gesundheit bei anderen sogar verschlechterte, schienen jetzt Barrieren in der Medizin zu fallen, weil man endlich aufhorchte. Bis dahin hatte sich die Schulmedizin nicht groß für Ernährung und Diäten interessiert oder engagiert, und es war wenig darüber bekannt. Folglich hatten die Mediziner geglaubt, die Ernährung habe nicht viel mit Krankheit und Heilung zu tun – mit einer Ausnahme: Man solle nicht zu viel rotes Fleisch essen, das sei nicht gut fürs Herz. Es bildeten sich neue Ableger der konventionellen Medizin, in denen die Ärzte mehr über Ernährung wissen wollten, um auch selbst aktiv zu werden. Sie sagten sich, dass mit der Ernährung mehr zu erreichen sein müsse, schließlich wussten sie aus eigener Erfahrung oder hörten von anderen, dass an den medizinischen Fakultäten zu wenig über heilsame Nahrungsmittel gesprochen wurde. Also haben sie einmal über den Tellerrand hinausgeschaut und sich auf dem Gebiet der ganzheitlichen Heilweisen umgetan, gegen die sich die Schulmedizin immer gesperrt hatte, für die alternative Ärzte und Kräuterheilkundige sich auslachen und demütigen lassen mussten, für die sie diskreditiert oder sogar eingesperrt worden waren. Im vorigen Jahrhundert wurden in den USA Hunderte alternative Ärzte zu Haftstrafen verurteilt oder beruflich ruiniert, nur weil sie Verfahren anwandten, die nicht als Standard galten. Heute fürchten die Leute nicht mehr um ihren beruflichen Aufstieg, wenn sie freiheraus ihre persönliche Einstellung zu alternativen Ansätzen bekunden; aber auch sie wissen nicht, wem sie solche Freiheiten zu verdanken haben und was alles passieren musste, bis diese Freiheit der Meinungsäußerung endlich errungen war. Im neuen Jahrtausend haben nun viele schulmedizinisch ausgebildete Ärzte das große Potenzial alternativer Ansätze erkannt und erarbeiten gemischte oder »hybride« Heilmodelle. Die Alternativmedizin ist nicht mehr das schwarze Schaf, nicht mehr das Gebiet der Einzelkämpfer. Inzwischen ist es gang und gäbe, dass man schulmedizinisch begründete Ernährungsempfehlungen – zum Beispiel mehr mageres Eiweiß und weniger industriell verarbeitete Nahrungsmittel zu essen – um Erkenntnisse der Alternativmedizin erweitert und mehr grünes Gemüse und grüne Säfte empfiehlt.
Es stellte sich aber heraus, dass man auch mit diesen neuen hybriden Ernährungsformen wieder an Grenzen stieß und es im Kampf gegen chronische Krankheiten nicht genügte, Brot und Getreide zu verbannen. Auch zu viel Fleisch oder Geflügel und anderes tierisches Eiweiß führten offenbar nicht zum gewünschten Ergebnis. Also führte man jetzt immer mehr »alternative« Nahrungsmittel ein, von denen einst mehr oder weniger dringend abgeraten worden war: Avocados, Kokosnüsse und hochwertige Nuss- und Kernmuse beispielsweise. Bei den heute beliebten Ernährungsformen handelt es sich um hybride Eiweißdiäten: hochwertiges »mageres« Eiweiß, Pflanzenfett, grünes Blattgemüse, grüne Säfte und die übrigen Gemüsesorten, aber nur eine Handvoll Obst. Das alles entsteht durch Versuch und Irrtum, durch frühere Fehler, durch Vereinnahmung der Erfolge, die in der Welt der Alternativmedizin mühsam errungen worden waren. Auf diesem Weg wurden Angehörige der Heilberufe lächerlich gemacht, wenn sie sinnvollere Ernährungsformen vorschlugen, die aber jetzt doch Stück für Stück zum Mainstream werden. Kaum jemand kennt diese Geschichte, aber wenn man die Dinge zurechtrücken möchte, muss man sie kennen.
Ist das, was wir jetzt haben, besser als die Industriekost der Vergangenheit? Ja. Erfahren Kranke dadurch Besserung? Viele ja. Werden chronische Krankheiten geheilt? Nein. Jede weitere Abwandlung dieser Hybridernährung bekommt einen neuen Namen, aber im Grunde ist es doch immer das Gleiche. Es gibt hier und da kleine Abwandlungen, aber das Modell ist im Kern immer identisch. Sie sind zweifellos besser als ihre kohlenhydratarmen, eiweiß- und fettreichen Vorgänger und machen es den Leuten leichter, auf Junkfood, Frittiertes, Kuchen, Kekse und industriell verarbeitete Nahrungsmittel zu verzichten. Ein Patient, der konsequent bleibt, wird damit wahrscheinlich erreichen, dass seine Entzündungsbereitschaft insgesamt zurückgeht. Wir müssen dabei im Blick behalten, dass in der Medizin noch unbekannt ist, weshalb es überhaupt zu Entzündungen kommt und weshalb eine bestimmte Ernährungsweise sie bessert. Der Theorie nach ist die Entzündung eine Autoimmunreaktion, bei der der Körper seine eigenen Gewebe angreift, oder man geht davon aus, dass bestimmte Nahrungsmittel direkt entzündungsfördernd wirken beziehungsweise Autoimmunreaktionen auslösen .
Die beste Ernährung sind die neuen Hybridformen also immer noch nicht. Wenn man echte Heilnahrung finden möchte, muss man sich bei den Kräuterheilern, Naturheilkundigen und ganzheitlichen Ärzten umsehen, die schon lange vor der Zeit der fettreichen Hybriddiäten sehr viel für ihre Patienten erreichten. Ich meine die Ärzte, Heilpraktiker und sonstigen Heilkundigen, die in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, aber auch schon viel früher praktizierten und nicht über bessere technische Mittel verfügten, sondern einfach mehr Gespür für Ernährung hatten und sich viel Kritik anhören mussten, weil sie ihren Patienten rieten, sich überwiegend pflanzlich zu ernähren. Das konnte mancherorts so weit gehen, dass sie mit dem Entzug ihrer Berufserlaubnis rechnen mussten. Im 19. Jahrhundert waren in den USA sogenannte Meatbars die gängigen Fast-Food-Etablissements, wo man sich ein Bier bestellte und dazu eine gigantische Portion Fleisch. Einige Ärzte beobachteten, dass solche Mahlzeiten weder den Verdauungsorganen noch dem Herzen bekamen, und gaben den Rat, weniger Fleisch und dafür mehr pflanzliche Nahrung zu sich zu nehmen. Im Zeitalter der industriell verarbeiteten Lebensmittel fiel solchen Ärzten weiterhin auf, dass abgepackte Mahlzeiten und Konserven ebenfalls nicht allzu bekömmlich waren. Eigentlich war damit schon klar, wie man Beschwerden und Krankheiten, die häufig mit der Leber zu tun haben, lindert oder heilt.
Zucker, Kohlenhydrate, Eiweiß und verstecktes Fett
Etwas ist seit der Zeit der sogenannten fettarmen, in Wirklichkeit aber fettreichen Ernährungsformen der Siebzigerjahre gleich geblieben: Wenn man eine eiweißreiche Ernährungsform kreiert (wobei nie bedacht wird, dass sie auch fettreich sein wird), ist diese Ernährung zugleich auch kohlenhydratfrei oder -arm. Zur Begründung wird gesagt, die Zuckerformen, aus denen Kohlenhydrate bestehen, seien wie der Zucker selbst problematisch, weil der Körper daraus Fett mache. Je mehr minderwertige Kohlenhydrate man zu sich nimmt, desto mehr leidet die Gesundheit, und die Ärzte schieben das auf die Kohlenhydrate, weil ihnen keine anderen Gründe bekannt sind. Niemand erkennt, dass das Problem beim gemeinsamen Verzehr von Zucker und Fett liegt. Sie vertragen sich nicht.
Manch einem Experten fiel mehr oder weniger zufällig auf, dass zum Beispiel der Genuss einer Mousse au Chocolat nach dem Verzehr eines Steaks nicht unbedingt die beste Wahl ist, also behielt man das Steak bei und verzichtete auf die Mousse. Doch das ist keine echte Lösung. Jedenfalls gerieten alle Zuckerarten und Kohlenhydrate in Verruf. Da die Ärzte den Zucker für den Bösewicht halten, streichen sie ihn aus der Ernährung und behalten das Fett, und es stimmt ja auch: Der A1c-Spiegel kann fallen, Prädiabetes kann verschwinden, und Diabetes mag sich bessern, wenn sich jemand gleichzeitig auch noch mehr bewegt. Niemand weiß allerdings, weshalb die Reduzierung der Kohlenhydrate etwas bewirkt. Man geht davon aus, dass Zucker seiner Natur nach problematisch ist oder dem Körper irgendwie Streiche spielt. Hier wird jedoch der Falsche zum Schuldigen erklärt. Gesunde Zucker darf man dem Körper nicht nehmen. Wenn man langfristige Heilung anstrebt, insbesondere bei chronischen Krankheiten, kommt es vor allem auf die Reduzierung des Fettverzehrs an.
Fett und Zucker – die beiden trifft man überall zusammen an, ganz besonders in den USA: süße Barbecuesoße auf fetten Rippchen und dazu gebutterte Maiskolben, Ketchup auf Kartoffelpuffern, Pizza mit Tomatensoße, kross gebacken und mit fettem Käse voller Laktose, Schwein mit Reis, Grillhähnchen mit Pommes oder Kartoffelpüree, Käse und Kräcker, triefender Grillkäse, Brot und Butter. Bei jedem Sandwich beziehungsweise jeder Stulle, und das ist im wesentlichen Brot mit Fleisch, verbinden sich Fett und der Zucker, aus denen die Kohlenhydrate bestehen. Sehen wir uns einfach das volle Programm an, und dann haben wir zum Beispiel ein Thunfischsandwich (Fett und Zucker) mit Mayonnaise (Fett), einer Tüte Chips (Fett und Zucker) und einer Limonade (Zucker). So halten wir es schon allzu lange, und das ist aus etlichen Gründen nicht gut. Manche dieser Gründe sind der Medizin bekannt, andere überhaupt nicht. Falls Sie das Kapitel 15 übersprungen haben, sollten Sie jetzt vielleicht zurückblättern und sich die Details vor Augen führen.
Wie steht es mit dem Protein? Wiegt es nicht alle oben genannten Nachteile auf, da Eiweiß nun einmal der King ist? Außerdem wählen Leute, die Modediäten machen, gern »mageres« Eiweiß. Der Haken besteht wie gesagt darin, dass es einfach mit viel Fett verbunden ist. So kann man bei einer eiweißreichen, kohlenhydratfreien Ernährung überleben. Die Ärzte früherer Zeiten wussten, dass Fleisch viel Fett enthält. Aus irgendeinem Grund ist das in Vergessenheit geraten, und wir müssen uns jetzt selbst daran erinnern und entsprechend verhalten. Früher hat man Nüsse und Kokosnüsse eher gescheut, weil man um den Fettgehalt wusste. Heute greift man zu, weil es heißt, Fett sei gesund. Man isst Hühnchen, denn man weiß nicht, dass darin mehr Fett ist als in Kokosnüssen oder irgendwelchen anderen Nüssen. Anscheinend reden wir uns ein, Hähnchenbrust sei praktisch fettfrei und reines Eiweiß. Hätten proteinreiche Nahrungsmittel wirklich kaum Fett, würde man bei eiweißreicher und kohlenhydratarmer Ernährung buchstäblich verhungern, wenn auch mit dem Gedanken, dass man wenigstens genug Eiweiß bekommt.
Wie Sie in Kapitel 2 gelesen haben, wissen wir nie so genau, wie viel Fett ein bestimmtes Nahrungsmittel enthält. Es gibt so viele versteckte Fette, auch in Produkten, die wir als fettarm betrachten. Wenn wir die Ernährungsinformationen lesen, bekommen wir wie gesagt in Wirklichkeit Durchschnittswerte oder Schätzungen. Denn überlegen Sie einmal: Ist der Körperfettanteil bei Ihnen genauso hoch wie bei Ihren Nachbarn? Oder bei allen in Ihrer Familie gleich? Nein, jeder ist anders. Das gilt auch für Hühner im Gehege, Kühe auf der Weide, Fische in der Fischzucht und Wild in der freien Natur. Alle sind Individuen, alle haben verschiedene Körper, jeder Landwirtschaftsbetrieb füttert seine Tiere anders, und so variiert auch der Fettanteil des Fleischs, das Sie kaufen. Das Gleiche gilt für Nüsse und Kerne und überhaupt für alle Formen von pflanzlichem Eiweiß: Jeder Baum, jede einzelne Pflanze unterscheidet sich von allen anderen. Die Nahrungsmittelfirmen müssen ihre Angaben jedoch irgendwie standardisieren und können nicht bei jedem einzelnen Hühnchen den Fettanteil ermitteln, bevor sie es verpacken. Deshalb wissen wir nie so genau, wie viel Fett wir tatsächlich konsumieren. Häufig wird es viel mehr sein, als uns klar ist. Was wir in den Nährwertangaben lesen, ist also nie ganz exakt und kann es auch gar nicht sein. Es gibt Ernährungsformen, die als fettarm und leberfreundlich ausgewiesen werden, aber voller versteckter Fette sind, weil sie zum Beispiel Hähnchenbrust empfehlen. Darauf ist die Leber nicht wirklich erpicht.
Verschenkte Lebenszeit
Bei fettreicher und streng kohlenhydratreduzierter Diät knicken sogar die wild Entschlossenen irgendwann ein und schlagen sich mit irgendwas voll, weil der Körper einfach nach Zucker lechzt. Sie haben ja in diesem Buch schon eine Menge über den Blutzucker gelesen, und Glukose ist wirklich das, was uns am Leben und in Bewegung hält. Das in der Leber gespeicherte Glykogen verhindert ein Atrophieren des Gehirns, lässt Ihre Leber stark bleiben und hält überhaupt Ihren ganzen Körper in Gang. Bei fettreicher und kohlenhydratarmer Ernährung ermüdet Ihr Herz nach und nach. Es wünscht sich so sehr die paar Beeren, die bei dieser Diät erlaubt sind, weil es nach dem bisschen darin enthaltenen Zucker lechzt. Die Menge genügt zwar nicht, weil das Herz ein Muskel ist, der nur mit viel Glukose arbeiten kann, aber es kommt damit gerade so über die Runden. Dabei muss es aber auch noch Blut durch die Adern pumpen, das wegen seines hohen Fettgehalts schwer zu bewegen ist. Gehirn und Leber überwachen ihre Glykogenspeicher, und wenn sie zur Neige gehen, veranlassen sie den Menschen, trotz seiner kohlenhydratarmen Ernährung Pizza zu essen, eine Tüte Chips leer zu futtern, den im Hotel ausliegenden Energieriegel zu verschlingen oder sich im Bioladen von der großen Auswahl an Schokolade verführen zu lassen. Wenn Sie von vornherein nach einer anderen Strategie vorgehen und hemmungslos der hochwertigen Glukose in Obst und stärkehaltigem Gemüse zusprechen, dabei gleichzeitig den Fettverzehr einschränken, müssen Leber und Gehirn keine Notsignale mehr senden, die Sie zu Fruchtjoghurt oder Kokosspeiseeis greifen lassen.
Wollen Sie tierische Fette essen, dann am besten mit Gemüse, grünen Blättern, Zitronen, Limetten, Orangen, Tomaten, Sellerie, Gurke und roter Paprika. Auch ein bisschen Obst kann zu Fett passen. Mögen Sie zum Beispiel Mango auf einem Salat mit Avocado, geht davon die Welt nicht unter. Ein Avocado-Bananen-Smoothie ist dagegen nicht so geeignet, es sei denn, Sie bereiten ihn für ein Kind zu. Wenn Sie Fett und Zucker getrennt halten möchten, tun Sie gut daran, zwanzig Minuten vor einer Mahlzeit mit tierischen Fetten ein bisschen Obst zu naschen (vielleicht mit ein paar grünen Blättern, Gurkenscheiben oder etwas Staudensellerie, wenn Sie mögen). So hat die Glukose Zeit, sich aufzulösen und auszubreiten, während sie zugleich schon ein bisschen sättigend wirkt und Sie dann nicht mehr so viel Fett brauchen. Noch zwei Tipps: Versuchen Sie einmal, Fette nicht zusammen mit gesunden Kohlenhydraten wie Kartoffeln, glutenfreiem Getreide oder Bohnen oder auch mit ungesunden Kohlenhydraten wie raffiniertem Zucker zu essen. Gut ist es auch, tierisches Eiweiß nicht mit zusätzlichem Fett zuzubereiten. Wenn man tierisches Eiweiß in Öl brät, frittiert oder mit Butter oder einem Ei anreichert, bekommt man eine Fettmischung, die der Leber mehr Arbeit aufbürdet.
Verzichten Sie nicht zu lange auf Kohlenhydrate, das könnte auf eine Verkürzung Ihres Lebens hinauslaufen. Es macht mir wirklich keinen Spaß, das zu sagen, und es ärgert die Leute, die auf dem Gebiet der fettreichen und kalorienarmen Ernährung das Wort führen. Das ist so, als würde man in ein Wespennest stechen, man kann dann schon ein paar Stiche abbekommen. Vor allem die Hochfettprediger, die Ihnen ein langes Leben versprechen, wenn Sie ordentlich Fett essen, werden dann richtig unangenehm. Wer alles, was er hat, in eine bestimmte Heilslehre steckt, der möchte sich nicht anhören müssen, dass er auf dem Holzweg ist. Wenn man so viel investiert hat, ist ein Richtungswechsel auch kaum noch möglich. Ärgerlich werden die Protagonisten unter Umstände auch deshalb, weil ihre Leber voller Fette und Giftstoffe ist, vielleicht ist sie schon träge, unleidlich und launisch geworden.
Low Carb ist keine Lang-, sondern eher eine Kurzlebigkeitsernährung. Auch deshalb haben sich die hippen Trenddiäten in letzter Zeit ein bisschen geändert und lassen in der fetten Eiweißernährung ein paar Kohlenhydrate zu. Avocado zum Beispiel ist ja nicht einfach Fett, sondern enthält auch ein wenig Fruchtzucker, gerade genug, um Ihr Herz vor Schaden zu bewahren und ihm den Low-Carb-Tod zu ersparen. Ob die Verfechter einer solchen Ernährungsform wohl wissen, dass es den Leuten, die sich Avocados gönnen, wegen des darin enthaltenen Zuckers ein wenig besser geht? Das ist zu bezweifeln. Aber wie dem auch sei, jedenfalls lassen sie Avocados zu und sehr in Maßen auch Nuss- und Kernmus, die ja ebenfalls ein wenig Zucker enthalten, und schließlich auch in sehr kleinen Mengen Beeren und Äpfel mit ihren lebenserhaltenden Kohlenhydraten. Wie gesagt: Irgendwo in der Tiefe spüren diese Cracks wohl, dass eine Ernährung mit überwiegend tierischem Eiweiß und ohne Kohlenhydrate auf Dauer nicht funktioniert. Deshalb reduzieren sie den Anteil an tierischem Eiweiß ein wenig, um Platz für andere Fette zu schaffen, und stoßen dabei immer wieder mal zufällig auf neue Einsichten.
Dieses ganze Experimentieren mit kohlenhydratarmen sowie eiweiß- und fettreichen Ernährungsformen hat nicht wirklich weitergeführt, sondern eine Ödnis von Krankheit und Bedauern hinterlassen. Jahre gehen ins Land, und die alten Fehler werden vergessen oder jedenfalls nicht korrigiert oder auch nur so dokumentiert, dass man aus ihnen lernen könnte. So kommt es auch zu keinem echten stetigen Fortschritt, sondern bleibt immer ein Fischen im Trüben, bei dem man höchstens zufällig mal eine echte Verbesserung erreicht. Man geht den Dingen nicht wirklich auf den Grund und weiß deshalb nicht, weshalb Menschen erkranken und wie es zu Verbesserungen käme.
Die Angst vorm Obst
Mit den Hybriddiäten sind wir einer sinnvollen Ernährungsform so nah gekommen, wie wir es schon lange nicht mehr waren. Dennoch kann man nicht sagen, wir hätten jetzt etwas, bei dem wir bleiben können. So gut es ist, dass die Leute ihren Speiseplan aufräumen und Mehlerzeugnisse, industriell verarbeitete Nahrung, Junk- und Fast Food zunehmend meiden und dadurch gewisse gesundheitliche Verbesserungen erfahren, ist dieser Ansatz noch sehr begrenzt, noch nicht das, wo wir letztlich hinwollen. Was Autoimmunerkrankungen und andere direkt oder indirekt von Viren ausgelöste Krankheiten angeht – und das betrifft ja sehr viele der heutzutage besonders verbreiteten Gesundheitsstörungen –, reichen solche Ernährungsweisen nicht aus, um eine echte Heilung zu bewirken.
Proteinsmoothies mit Nussmus und Kokosöl zum Frühstück sind besser als Schinken und Ei, aber längst noch nicht richtig gesund. Ich weiß, was als Argument für diese Modediäten vorgebracht wird, nämlich dass sie autistischen Kindern zu helfen scheinen und alle, die abnehmen möchten, unterstützen. Es trifft zu, dass manche Kinder und Abnehmwillige kurzzeitig Besserung erfahren, aber diese Ernährung heilt nicht von Grund auf. Man hält damit vielleicht die Symptome in Schach und erreicht eine leichte Linderung, und das ist natürlich schon etwas. Jeder Fortschritt ist wertvoll. Wir müssen uns aber klarmachen, wie es überhaupt zu Verbesserungen kommt und wie wir noch mehr erreichen können, schließlich möchten Sie ja nicht, dass es Ihnen nach der Genesung wieder schlechter geht, weil Ihnen der Teilerfolg wie Sand durch die Finger rinnt und Sie nicht einmal wissen, wie das alles kam. Man muss die Gründe kennen. Ich habe bei Hunderten von Leuten auf fettreicher Diät erlebt, dass sich ihre Symptome nicht besserten oder sogar schlimmer wurden, und bei denen, die anfängliche Erfolge erzielen, stellt sich später eine erneute Verschlechterung ein. Dennoch, diese Art der Ernährung ist weitaus besser als das meiste, was es sonst noch so gibt, vor allem wenn man nicht richtig krank ist, sondern nur ein paar unbedeutende Symptome hat. Wer nur ein bisschen abnehmen oder seinen Schnupfen kurieren möchte, der könnte mit irgendeiner Trenddiät die Waage günstig stimmen, den Kopf etwas freier bekommen, die Konzentrationsfähigkeit ein wenig verbessern, etwas mehr Energie erhalten, Entzündungen reduzieren und so erreichen, dass insgesamt alles ein wenig leichter wird.
Die entsprechenden Experten mögen noch so sehr davon überzeugt sein, dass nichts über eine fettreiche Ernährung geht, ich sage Ihnen trotzdem immer wieder: Ihnen stehen weitaus bessere Möglichkeiten offen. Einer der größten Nachteile solcher Ernährungsformen besteht darin, dass sie Obst weitgehend ausschließen. Es liegt daran, dass irgendwann in den letzten Jahrzehnten der Irrglaube aufkam, Obst enthalte schlechte Kohlenhydrate. (Mehr darüber finden Sie im Kapitel »Angst vor Obst« in meinem Buch Mediale Medizin . In zusammengefasster Form: Wenn Sie je den Spruch hören: »Zucker ist Zucker«, dann glauben Sie das nicht. Fruchtzucker ist eine Klasse für sich und niemals problematisch wie andere Zuckerarten.) Wenn Kinder an Verdauungsstörungen leiden oder Lernschwierigkeiten haben, kann es einem bei den heute verbreiteten Ernährungslehren passieren, dass Obst einfach gestrichen wird, weil man davon ausgeht, dass unser Gehirn aus Fett besteht. In Wahrheit besteht es aus Glykogen, der Speicherform der Glukose, die sich zu höchst aktivem, elektrisch reguliertem weichem Gewebe verdichtet, das von kleinen Mengen Omega-3-Fettsäuren durchsetzt und umgeben ist. Mehrheitlich besteht das Gehirn aus Kohlenhydraten .
Wenn man bei dieser Ernährungsform das Obst streicht, wird Fett zur hauptsächlichen Kalorienquelle, und das schädigt Ihre Leber auf Dauer und kann sie sogar zerstören. Es ist für die Leber wohl nicht ganz so schlimm wie eine reine Fast-Food-Ernährung, aber es bremst die Leber aus, stört ihre Funktionen und bereitet den Weg für alle Beschwerden und Krankheiten, die wir in diesem Buch betrachten. Eine fettreiche Ernährung stresst ganz einfach Ihre Leber, und das gilt auch dann, wenn Sie den ganzen Tag Sport treiben oder Spaziergänge machen, schlank sind und Ihr Körper einen geringen Fettanteil hat. Es ist eine Ernährungsform, die irgendwann auf eine Fettleber hinausläuft, auch wenn es dreißig Jahre dauert. Isst man viel Fett, wird die Leber fett. Wird dieses Fett hauptsächlich von Avocados, Kokosnüssen und Nussmus geliefert und gibt es dazu auch noch natürlichen Zucker, so kann eine gewisse Besserung die Folge sein.
Lassen Sie sich vor Obst nicht bange machen, auch nicht, wenn Sie von Fachleuten hören, Zucker erzeuge eine Fettleber und das gelte auch für den Zucker im Obst. Es ist falsch und wirklich eine Katastrophe, dass man uns den Genuss von Obst auszureden versucht. Es bringt uns um das lange Leben, das uns zusteht.
Ein falscher Gipfel
Aber keine Panik, falls Sie bereits eine solche fettreiche und kohlenhydratarme Diät machen. Das ist immerhin besser, als sich jeden Tag an Gebratenem gütlich zu tun und hinterher auch noch Schokoladenkuchen zu verputzen. Andererseits möchte Ihre Leber natürlich mehr von dem, was sie wirklich braucht. Sie will nicht fett werden. Die Ernährungsfachleute, die besagte Lifestyle-Diäten kreieren, wissen nicht, dass Ihre Leber Glukose und Glykogen braucht, um Ihnen ein langes, gesundes Leben zu sichern und Nebennieren, Herz und Gehirn zu schützen. Ich kenne das in diesem Zusammenhang gern angeführte Bild vom Höhlenmenschen, der die Wälder nach Nahrung durchstreifte, ab und zu eine Handvoll Beeren fand, aber vor allem von seiner Jagdbeute lebte. Die Zeiten haben sich geändert. Wir können heute aus allem wählen, was die Erde uns zu bieten hat, und das gibt uns die Möglichkeit, über unsere Gesundheit selbst zu bestimmen. Und einerlei, was man zu diesem Thema glaubt, die Menschen der Steinzeit aßen grundsätzlich sehr wenig und mussten oft hungern oder sogar verhungern, wenn es wochenlang nichts anderes gab als ein paar Pilze mit etwas Erde. Sie aßen Wild, um zu überleben. In erster Linie ernährten sie sich aber von stärkehaltigen Wurzelknollen, Rhizomen, Trieben und Nüssen, an die kamen sie am leichtesten heran. Grundsätzlich war es so, dass sie sich kohlenhydratreich ernährten, wenn es möglich war.
Wenn Fett als Weg zur Gesundheit propagiert wird und auch zur Verfügung steht und wir nicht wie die Menschen weit zurückliegender Zeiten nehmen müssen, was wir bekommen, weil wir nicht mehr stets am Rand des Verhungerns stehen, können wir Fett ohne Ende haben, wenn das unsere Wahl ist. Da uns niemand sagt, wie wichtig gesunde Kohlenhydrate für unsere Gesundheit sind, leiden wir an einem Glukosemangel und essen noch mehr Fett, weil wir uns davon Sättigung versprechen. Das ist der gegenwärtige Trend. Auf dem Gebiet der Gesundheit lässt sich alles mit »wissenschaftlichen Erkenntnissen« begründen. Mit diesem Begriff kann man Gutes schlecht aussehen lassen und Schlechtes gut. Bedenken Sie dies immer. Sollten Sie gegen das, was ich gerade gesagt habe, Einwände haben, sehen Sie sich bitte noch einmal die einleitenden Worte an, die ich am Beginn dieses Buchs unter der Überschrift »Liebe Leser« an Sie gerichtet habe.
Und damit es ganz deutlich gesagt ist: Dieses Kapitel richtet sich nicht gegen tierisches Eiweiß. Erst wenn es den Hauptanteil einer Ernährung ausmacht, müssen wir vorsichtig sein und überlegen, ob das für jeden wirklich gut ist. Alle derzeit populären Ernährungsformen enthalten zu viel Fett – auch vegane und vegetarische. Veganer essen zu viel Avocados, Nüsse, Kerne und zu viel Kokosnuss, Tofu und Öl. Bei Vegetariern sind es zu viel Butter, Käse, Eier und Milch. (Das gilt auch, wenn Sie eine Kuh im Garten stehen haben, die Sie selbst melken.) Veganer und Vegetarier nehmen es nicht so genau mit schlechten Fetten und Kohlenhydraten: billige Falafeln in billigem Maisöl ausgebacken und in Rapsöl frittierte Pommes. Vegetarier haben es mit Baguette und Brie oder Grillkäse. Bei fettreicher Ernährung mit Kohlenhydraten und tierischen Produkten oder nicht kann mit unserer Gesundheit einiges schiefgehen. Ich möchte mich in diesem Ernährungskrieg nicht auf irgendeine Seite schlagen. Für mich geht es darum, medizinische Kenntnisse zu verbreiten, die aus unabhängiger Quelle stammen und wissenschaftlich noch nicht erfasst sind, einfach damit Sie die Möglichkeit haben, sich und Ihre Familie zu schützen. Ich darf mich nicht vom Nebel und Lärm des Medizinbetriebs täuschen oder ablenken lassen. Es geht nicht darum, eine der vielen Richtungen in der Welt der Ernährungsformen einzuschlagen, es geht nicht um die Frage, ob vegan oder paleo oder irgendein anderer der gegenwärtigen Ernährungsglauben richtig ist. Es geht darum, Ihnen die Informationen zu geben, die Ihnen erlauben, für Ihre Gesundheit dienliche Entscheidungen zu treffen.
Die gesünderen Formen der heutigen veganen und vegetarischen Ernährungsweise unterscheiden sich nicht allzu sehr von den gesünderen Formen einer auf tierisches Eiweiß ausgerichteten Ernährung. Die pflanzlichen reduzieren tendenziell die Kohlenhydrate und bevorzugen glutenfreie Getreidesorten, wobei hier grundsätzlich weniger gebraten wird und man hochwertiges Öl, hochwertige Butter, Grünzeug und Gemüse bevorzugt, außerdem Kokosnüsse, Hanfsamen, Sonnenblumenkerne und Avocados. Die auf tierisches Eiweiß ausgerichteten Ernährungsformen sind oft sehr kohlenhydratarm und arbeiten dafür viel mit Hühnerfleisch, Fleisch von freilaufenden Tieren, Eiern und Fisch und in geringerem Maße mit Avocados, Nussmus, Kokosöl, grünem Blattgemüse und anderem Gemüse. Beide gleichen sich aber darin, dass sie fettreich sind und zuckerarmes Obst bevorzugen.
Durch die im Laufe der letzten zwanzig Jahre entstandenen Mischformen von Schul- und alternativer Medizin sind auch die verschiedenen Ernährungsweisen näher zusammengerückt. Wie wir am Beginn dieses Kapitels gesehen haben, ließ die herkömmliche Fetternährung zunehmend auch die grünen Gemüse und Säfte ehemals konkurrierender Ernährungslehren zu, und es entstand das, was Sie jetzt auf Gesundheitsmessen sehen und in Gesundheitsbüchern und den neuesten Zeitschriftenartikeln lesen können. Das sei jetzt die beste Ernährungsform überhaupt, heißt es da, die Antwort auf alle Gesundheitsfragen, der Gipfel der Vernunft. Aber warten Sie noch ein bisschen mit Ihrem Freudentanz, es ist der falsche Gipfel.
Klar sehen
Solange wir nicht wissen, wie alles so gekommen ist, werden wir immer noch Opfer von Fehlern, die für uns nicht zu erkennen sind. Was sich auf diesem Gebiet weiterhin entwickelt, kann zu unseren Gunsten ausschlagen oder nicht. Das können wir nicht beurteilen, solange wir nicht genau hinschauen. Deshalb müssen wir jetzt einmal zurückblicken und uns vor Augen führen, wie der »Fetttrend« vor allem in den Vereinigten Staaten überhaupt entstanden ist. Sie kennen das sicherlich: wie ungern Sie zu einem Meeting gehen, wenn Sie nicht den blassesten Schimmer haben, was da zur Debatte steht. Sie wissen, wie widerwillig Sie sich etwas zu essen vorsetzen lassen, was Sie überhaupt nicht identifizieren können. Aber ein bestehender Trend gibt uns das Gefühl, wir seien voll informiert. Wenn alle zum Meeting rennen, schließen wir uns an. Wenn irgendein Gericht in ist, essen wir es einfach, auch wenn wir keine Ahnung haben, um was es sich handelt. Auf diese Art sind wir auch dahin gelangt, wo wir praktisch alle auf Fettdiät sind. Eine Form hat etwas mehr Fleisch, eine andere viel weniger, bei einer gibt’s dreimal am Tag Fett, bei einer anderen gelegentlich Avocado und Kokosnuss. Die eine erlaubt an Kohlenhydraten nur eine Handvoll Beeren, die andere betont Schinken und Ei, und wieder andere lassen grüne Säfte zu oder schreiben zu allem Butter vor. Praktisch jeden Tag wird eine neue Diät geboren, inzwischen wurde sogar eine lanciert, die auf Ihre Gene abgestimmt ist. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich an keinen Plan halten, sondern selbst entscheiden möchten, was sie essen, und die schließlich doch ebenfalls in die Fettfalle tappen, obschon sie eigentlich Nahrungsmittel aller Art zulassen. Ideologien und Glaubenssysteme, die wir manchmal bemerken und manchmal nicht, halten in der Welt der Medizin überall da, wo es um chronische Krankheiten geht, den Fortschritt auf. Dieses Prinzip der Stagnation macht sich ganz besonders auf dem Gebiet der Ernährung bemerkbar. Wenn die alternative Medizin so lange diskreditiert wurde, dann auch deshalb, weil sie genau das Gegenteil tat: Sie unternahm etwas zur Linderung und Verlangsamung von Krankheiten, an denen der Medizinbetrieb so gern verdient.
Lange vor diesem Zeitalter der Modediäten haben Menschen von heilsamen Nahrungsmitteln profitiert, ob sie tierisches Eiweiß zu sich nahmen oder nicht. Die Ernährungsmythen mögen kommen und gehen, aber gesunde Nahrungsmittel werden immer die gleichen sein: Obst, Gemüse, Grünes, Nüsse, Kerne, Kräuter und Gewürze. Es ist ähnlich wie bei den Urhebern des Rock ’n’ Roll. Der Ursprung der Rockmusik liegt nicht bei den britischen und amerikanischen Megahit-Bands, sie ist ein Geburtsrecht der Afroamerikaner und wurde von allen möglichen Leuten adaptiert. Die Schulmedizin zieht heute ihren Nutzen aus den Methoden der lange ausgegrenzten Alternativmedizin, die in mancher Hinsicht nach wie vor abgelehnt wird. Aus der Ferne sah die Schulmedizin heimlich zu, wie es den Leuten ging, wenn sie frisches Obst, Säfte und Blattgemüse, Weizengrassaft, Salat mit Grünkohl, Sprossen und Bananen aßen. Und als sie dann anfingen, ihre Hybriddiäten zu kreieren, pickten sie sich überall das Beste heraus, was irgendwie zu ihrem Glauben an fettreicher Ernährung passte.
Das alles musste sich aber in eine weitgehend von tierischem Eiweiß bestimmte Ernährungsform einfügen, wie sie seit den Dreißigerjahren als der Weisheit letzter Schluss angesehen wurde. Das ging auf Kosten der Kohlenhydrate, was auch völlig in Ordnung ist, wenn es um abträgliche Nahrung wie Weißbrot, Feingebäck und überhaupt alle Mehlspeisen geht. Ihre Eliminierung war eine Errungenschaft, auf die man hätte stolz sein können, wenn man das Obst nicht mit ihnen in einen Topf geworfen hätte. Aber so war es leider in vielen Fällen, folglich verschwand das Obst mitsamt den schlechten Kohlenhydraten in weiten Kreisen vom Speiseplan.
Beim Ertüfteln ihrer Diäten mussten die Experten außerdem noch bestimmen, welches tierische Eiweiß zugelassen sein sollte. Sie einigten sich auf Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren und schränkten Milchprodukte ein. Eier waren mal zugelassen, ein andermal nicht. Sie fingen an, über ihre neuen fettreichen und obstfreien Ernährungsformen zu schreiben, und justierten immer wieder mal nach, wie wir es weiter vorn in diesem Kapitel gesehen haben. Auch hier stibitzten sie anderswo Goldkörner, die sie früher verdammt hatten, und ließen beispielsweise Gemüsesäfte zu, die alternative Heilkundige einst mit großem Aufwand propagiert hatten, nur um sich sagen zu lassen, sie seien nicht ganz klar im Kopf.
Bei der Aufmerksamkeit, die fettreiche Ernährungsformen genießen, ob sie nun als »Eiweißdiät« bezeichnet werden oder nicht, vergisst man leicht, dass Abermillionen Menschen davon nicht viel haben, sondern nach wie vor leiden, und dass Krankheiten auf dem Vormarsch sind wie nie zuvor und es dabei auch bleiben wird, weil solche Diäten nicht in der Tiefe heilen, wie es in so vielen Fällen nötig wäre.
Vor allem bei Menschen mit Autoimmunerkrankungen und anderen Krankheiten und Symptomen, die der medizinischen Forschung nach wie vor ein komplettes Rätsel sind, kommt es jetzt darauf an, den Fettverzehr zu reduzieren, darauf muss ich bestehen, tut mir leid. Weniger Fett und mehr Gesundheit bedeutet weniger Eiweiß; Sie wissen ja längst: So mager das Eiweiß auch sein mag, es enthält immer viel Fett. Weniger Fett heißt übrigens nicht, dass Sie gar nichts Fettes mehr essen dürfen. Fette haben auch ihren Platz, und gesunde Fette in den adäquaten Mengen sind durchaus wertvoll. Aber wenn es mit Ihrer Gesundheit aufwärtsgehen soll, muss immer pflanzliche Nahrung dabei sein, Grünes, Gemüse und so weiter. Besonders wichtig ist – ich werde nicht müde, es zu sagen – Obst auf diesem Weg. Seit dreißig Jahren verhelfe ich vielen an chronischen Krankheiten leidenden Menschen mit diesen Ratschlägen zu einem gesunden und starken Leben. Das erspart ihnen jedes unschlüssige Schwanken, und sie lassen sich auch nicht von neuen Moden beeinflussen, einfach weil sie sich auskennen. Für Sie wünsche ich mir auch, dass Sie sich wirklich gut auskennen und dieser klare Blick Sie auf Ihrem Weg führt.
Solange wir uns an Ideologien und Glaubenssätze halten, sehen wir nicht klar. Um wahre Klarheit zu finden, müssen wir uns fragen: »Was braucht meine Leber?« Eine glückliche Leber ist der Schlüssel zur Gesundheit.
Es heißt manchmal, Glück sei dieser Schlüssel zu Leben und Gesundheit. Ich kenne viele glückliche Leute, die alles erreicht hatten und krank wurden, weil in ihrem Körper eine Mangel leidende unglückliche Leber verkümmerte. Wir sind oft zu selbstgezogen und denken nur an unser persönliches Glück, versäumen es aber zu fragen, ob da vielleicht ein Organ in unserem Körper ein hartes Schicksal hat und ob wir uns nicht erst einmal darum kümmern sollten. Was die Leber am wenigsten braucht, ist zu viel Fett. Ich muss Ihnen sicher nicht noch einmal erzählen, was zu viel Fett mit Ihrer Leber macht. Sie haben in diesem Buch viele Male gelesen, wie eine fettreiche Ernährung praktisch alle Krankheiten verschlimmert, wie zu viel Fett die Leber selbst schwächt, wie ihre Produktion von Gallenflüssigkeit zurückgeht und die Fette daraufhin die Därme verkleben und ranzig werden.
Wenn Sie sich schützen möchten, sollten Sie sich Ihrer eigenen Sinne, Ihres eigenen Verstands, Ihrer eigenen Intelligenz, Ihrer eigenen Logik und Ihrer eigenen Intuition bedienen und geistesgegenwärtig sein. Dann mögen neue Patentlösungen, ein neuer Hype, eine neue Form, Ängste zu schüren, und hochgepriesene neue Diäten auftauchen oder auf den Markt drängen – Sie werden fettreiche Ernährungsformen durchschauen und wissen, dass sie nichts für Ihre Leber und folglich nichts für Sie tun. Ich will hier nicht gegen irgendein Glaubenssystem wettern oder meine Überzeugung gegen das ausspielen, was die Erfinder einer neuen Ernährungsform meinen. Ich spreche einfach aus, was Ihrer Leber wirklich nützt und Krankheiten abwehrt, ob die Medizin bereits auf diesem Erkenntnisstand ist oder nicht. Habe ich das jetzt oft genug gesagt? Es geht um Ihre Leber!
Wenn Sie mit einem alten, zu einer Art Religion gewordenen Glaubenssystem nicht zu sehr identifiziert sind, finden Sie seine Lücken und Löcher, durch die Sie einfach hindurchklettern können, um das zu tun, was für Sie persönlich das Richtige ist. Hier liegt die Chance zu finden, was Ihre Leber wirklich braucht und was Ihnen ein Leben in Gesundheit bringt.