Kapitel 7

 

Flacher, unruhiger Schlaf. Selbst Stunden, nachdem Bashirs Körper erschöpft zusammengebrochen war, arbeitete sein Geist immer noch fieberhaft; er war sich bewusst, dass er schlief, doch frustrierend unfähig, seine Gedanken zu mehr als einem Durcheinander von Träumen zu ordnen. Das Bellen und Husten klingonischer Stimmen vermischte sich mit dem Scharren von Xirri-Füßen auf dem tuq'mor zu einer unheimlichen Symphonie aus Sorge und unbestimmbaren Geräuschen.

Selbst der harte Donner, der vor jedem Wolkenbruch so schnell verschwand, wie er gekommen war, hatte sich in sein Unterbewusstsein eingeschlichen und sich zu einer kriechenden, aufgeblähten Schlange verdichtet, die die Welt ausfüllte und an den Ecken des Himmels leckte. Sie ringelte sich zu einem dichten Knoten zusammen, der seinen leeren Magen füllte. Sein schlafender Körper wälzte sich herum, um ihrem harten Leib Platz zu machen, und er drückte sich die Fäuste vor die Augen, um dem strahlenverseuchten Drohblick der Donnerschlange zu entgehen. Ich kann noch nicht einmal vor dir weglaufen, gab er erschöpft zu. Hier sind Verletzte, die ich nicht im Stich lassen kann, und ich bin zu müde, um immer noch Angst zu haben. Was du auch vorhast, bring es endlich hinter dich.

Die Schlange stieß mit explosiver Geschwindigkeit zu, und Bashir schreckte brutal aus dem Schlaf auf.

Was ihm das Echo eines Donners zu sein schien, hallte noch immer durch die Unendlichkeit. Die tiefen, beinah greifbaren Druckwellen pochten heiß in Bashirs Schädel. Die warmen, flauschigen Körper, die um ihn herum geschlafen hatten, richteten sich gleichermaßen erschrocken auf. Sie alle waren von der Hand eines Riesen aus ihren Träumen gerissen worden. Er griff instinktiv nach dem Xirri, der ihm am nächsten war, und streichelte das Fell auf seinem Kopf. Licht brannte in seinen Augen … Tageslicht, außer … außer, dass es kein Tageslicht war. Bashir stand langsam auf. Er konnte kaum atmen. Er hob den Blick zu einem wütenden, brennenden Himmel.

Sich überlappende Schatten huschten hektisch über den Boden, über die Gesichter und Körper von Klingonen und Xirri. Flammenbänder zuckten wie Leuchtraketen über den Nachthimmel. Ganz hinten am Horizont schoss eine breite Feuersäule senkrecht nach unten und zog eine gleißende Narbe aus Licht hinter sich her. Plötzlich bildete sich eine Pilzwolke aus Gas, Staub und Feuer, Licht breitete sich über dem Laubdach des tuq'mor aus und badete die Welt in einen rotgoldenen Schein, der ihr alles Leben zu rauben schien. Bashir starrte in leiderfüllter Stille auf das tosende Inferno. Stunden schienen zu vergehen, bis der raue Kanonenschlag des Donners endlich durch ihr winziges Lager krachte.

»Ist das die Richtung, aus der wir gekommen sind?« Aus irgendeinem Grund hatte er mit jemand anderem als dem bemalten Xirri-Arzt gerechnet, als er hinab schaute, wer denn da seine Hand hielt. Panik, die sich den Weg durch seine Verwirrung bahnte, ließ ihn beinahe schreien. »War das irgendwo in der Nähe des Hauptlagers?«, fragte er und sah sich verzweifelt nach jemandem um, der ihn verstehen konnte.

Xirri huschten an ihm vorbei. Einige von ihnen trugen bereits Verwundete auf dem Rücken, andere schnappten sich auf der Flucht wahllos Decken, Lebensmittel oder Werkzeuge. Das Krachen und Poltern der Banchory, die sich den Weg durch das tuq'mor pflügten, übertönte fast die aufgeregten Schreie der Klingonen, aber nicht die mutigen Kriegsgesänge, die ein paar der jungen Männer angestimmt hatten, als sie mit dem Aufsammeln und Verteilen ihrer Habe begonnen hatten. Bashir fragte sich, ob sie wohl dort bleiben und kämpfen wollten. Doch wogegen? Er drehte sich im Kreis und suchte in dem Meer von Körpern nach einem vertrauten Gesicht. Er fand K'Taran, die gerade ihre eigene kleine Herde von Xirri antrieb, sich den anderen Flüchtlingen anzuschließen. Er lief zu ihr und hielt sie am Arm fest. »Wo ist das hergekommen?«

»Von über dem Meer.« Sie nahm seine Hand und drückte sie besitzergreifend, statt sie wie erwartet wegzuschieben. »In der Richtung ist nichts außer dem Lager der Wilderer.«

Das Lager der Wilderer … und Heiser. Bashir beobachtete, wie sich das Innere der schwarzen Wolke langsam nach außen kehrte. Es war ein schrecklicher Gedanke, doch er hoffte verzweifelt, dass die Vernichtungskraft des Kometen so grauenhaft gewesen war, dass ein einsamer irdischer Assistenzarzt kaum die Zeit gehabt hatte, das Inferno überhaupt zu bemerken. Dass niemand den Schmerz gespürt hatte.

Der ranzige Geruch brennenden Holzes breitete sich in ihrem Lager aus.

»Kommen Sie.« K'Taran zog unnachgiebig an seiner Hand. »Wir können nicht hier draußen bleiben.«

Bashir versuchte, sich loszureißen. Schließlich ging er sogar so weit, einen ihrer Finger nach dem anderen zurückzubiegen. »Ich muss zurück zu meinen Freunden.«

»Das werden Sie niemals schaffen.«

»Dann bring mich auf einem Banchory dorthin!«

»Nein.«

Er befreite sich mit einem letzten, wütenden Ruck. »Wenn noch ein Komet einschlägt …«

»Dann werdet ihr alle zusammen sterben.« Sie versuchte wieder, ihn zu packen, doch als er außer Reichweite hechtete, gab sie sich geschlagen und stemmte die Fäuste in die Seite. »Es wird keinen Zweck haben!«

Warum musste es unbedingt Zweck haben? Ob getrennt oder zusammen, sterben würden sie sowieso alle. Und Bashirs Ehrgefühl hielt ihn nicht davon ab, in diesem Moment bei seinen Freunden sein zu wollen. Er wandte ihr den Rücken zu und bahnte sich einen Weg durch das Gedränge, zwängte sich durch die Flut von Körpern, bis er an dem behelfsmäßigen Lager angekommen war, dass er mit den hilfreichen Xirri geteilt hatte.

Er brauchte kein zusätzliches Licht, um das kleine Bündel seiner Habseligkeiten zu durchsuchen. Der Himmel war immer noch so hell wie in der Dämmerung, mit Kondensstreifen überzogen und von einem Grollen erfüllt, das wie Millionen startender Shuttles klang. Der Tricorder lag offen und auf der Seite auf den Zweigen, wo er ihn beim Einschlafen fallengelassen hatte. Den Regenerator fand er ein paar Schichten tiefer; er war zwischen das Laubwerk gerutscht. Die Energiezelle leuchtete immer noch beruhigend, aufgeladen und einsatzbereit.

Nur sein Medo-Kit war verschwunden.

Er zerrte büschelweise Zweige auseinander und suchte mit den Augen wie mit den Händen nach dem Metalltornister. Er fand Schlamm, abgerissene Zweige, die Überreste einer dickschaligen Frucht, aber kein Medo-Kit. Er drehte sich um und bemerkte eine Bewegung in den tanzenden Schatten. Es waren drei Xirri, die zusammen einen der bewusstlosen Patienten hochhoben, indem jeder von ihnen eines seines Glieder packte. Der vierte Xirri, der ihnen folgte, hatte die Arme voll mit Vorräten und trug den Gurt eines rechteckigen Metallbehälters über den schmalen Schultern. Das Medo-Kit klapperte laut auf dem verbrannten Boden, als er es hinter sich herzog.

»He!« Bashir rappelte sich auf. Als er wieder aufrecht stand, begrüßte ihn eine dichter werdende Rauchwolke, die ihm den Atem raubte und ihn husten ließ. »Halt, warte! Du hast meine Ausrüstung!«

Als ob der Xirri ihn verstehen könnte. Sie verschwanden im Chaos und im Rauch, kletterten am verkohlten Rand des tuq'mor empor und schlossen sich dem hektischen Treiben zwischen dem Feuer im Unterholz und dem Feuer im Himmel an. Da tauchte K'Taran wieder neben ihm auf, diesmal nicht von Xirri begleitet. »Wohin gehen sie?«, fragte er sie atemlos, während er den Tricorder wieder in sein Etui steckte.

Sie führte ihn ein paar Schritte zur Seite, um einem mit Vorräten bepackten Banchory Platz zu machen. »Keine Ahnung.«

Bashir sah, wie zwei Xirri ein nervöses Banchory beruhigend tätschelten, damit vier wartende Klingonen aufsteigen konnten. »Aber ihr geht mit ihnen«, stellte er fest, wobei er keine Erklärung von ihr erwartete.

»Egal, wohin sie uns führen«, – sie trat einen Schritt näher an ihn heran, um einem weiteren Banchory auszuweichen –, »es kann nur sicherer sein als hier.«

Und dann legte sie fest ihre starken Arme um ihn. Bashir blieb kaum die Zeit, sich keuchend zu beschweren, als sie ihn auch schon mit solcher Wucht aus dem Gleichgewicht brachte, dass es ihm den letzten Atem raubte.

Seine Füße schlitterten durch den Schlamm. Der Regenerator fiel mit metallischem Klirren auf seine Stiefelspitze und verschwand zwischen Blättern und Ästen. K'Taran zog Julian so unaufhaltsam wie ein Traktorstrahl hinter sich her. Als sich der durchdringende Geruch eines nassen Banchory wie eine schwere Wolldecke über sie legte, schwoll in Bashirs Magen die Panik an. Er stemmte sich gegen den Griff der jungen Klingonin, versuchte, in dem verbrannten Geröll unter den Füßen Halt zu finden, trat in seiner Verzweiflung nach K'Taran, um sich zu befreien. Andere Hände, die größer und stärker waren, packten seine Arme und drückten ihn an den gepanzerten Rumpf eines Dickhäuters.

»Lasst mich los!«

Im nächsten Augenblick lag er bäuchlings flach auf dem breiten Rücken eines Banchory und spürte das Gewicht von zwei Klingonen auf sich lasten. Sein Tricorder stach ihm in die Seite. »Aufhören!«, flehte er. »Ihr könnt das nicht machen!« Er schaffte es, einen Arm unter sich zu zwängen, doch es gelang ihm nicht, sich hochzudrücken, bevor das Banchory sich ruckartig erhob und er wieder abrutschte. »Lasst mich los!«

Er spürte, wie K'Tarans Hand sich auf seinem Rücken verkrampfte, doch sie sagte kein einziges Wort.

Der Pfad, auf dem sie flüchteten, war breiter als ihr Banchory, da er von allen, die vor ihnen hergelaufen waren, in das tuq'mor geschlagen und dann von den Flammen angenagt worden war, die noch immer in unregelmäßigen Abständen aus dem Himmel fielen. Auf Schulterhöhe des Banchory wirbelte der Rauch besonders dicht durch das Laub des tuq'mor, und Bashir hörte einen Baum beunruhigend nah auf den Waldboden krachen. Er hustete und versuchte, sich aufzurichten, um der Hitze des brennenden tuq'mor zu entrinnen, so gut es ging. Diesmal gestatte K'Taran es ihm.

Ich hasse dich, wollte er sie anfauchen. Doch das war eigentlich nicht wahr. Er hasste die Trauer und die bleischwere Verzweiflung, doch K'Taran war für die herabfallenden Kometen nicht verantwortlich. Sie hatte ihn nur zu nach klingonischer Auffassung sicherlich ehrenvoller Tatenlosigkeit gezwungen. Und das hasste er. Er hasste es, dass er sich selbst nicht retten konnte und es auch sonst niemanden gab, den er retten konnte.

Xirri hasteten über das schwelende Laubdach, manche langsamer als das schuftende Banchory, andere schneller. Alles, was von dem früheren Kometeneinschlag, der die Lichtung geschaffen hatte, angesengt worden war, loderte nach und nach auf und fing Feuer. Die Feuerlinie schien kaum voranzuschreiten, es gab lediglich unregelmäßige Brandherde in einer Albtraumlandschaft. Als ihm die zuckenden, sich windenden Schattengestalten hinter den Lichtzungen zuerst auffielen, dachte er noch, dass es sich um Flüchtlinge wie sie selbst handelte, die dem Ziel dieser sinnlosen Flucht zueilten. Dann durchdrang etwas sein betäubtes Bewusstsein: Die drei Xirri waren hinter der Flammenwand gefangen und kamen nicht mehr voran. K'Taran und ihr Banchory ließen sie hinter sich.

Er entschied sich nicht bewusst, sie zu retten. Gerade hatte er noch auf allen vieren auf dem Rücken eines Banchory gehockt, nun griff er nach den verrußten Zweigen des tuq'mor und schwang sich von dem Reittier hinab in das Inferno.

»Mensch, nicht!«

Doch er hatte sich von ihr befreit, war noch immer in Bewegung, lief ihr tatsächlich davon, während sein Verstand wertvolle Sekunden vorausdachte.

Er erreichte das versengte Laubdach ohne größere Schwierigkeiten. Es gab unter seinem Gewicht leicht nach, so elastisch und fest wie ein Trampolin. Und doch kamen ihm die dünnen Stränge aus Ranken und Holz eher wie ein Hochseil unter den Füßen vor, als er sich einen Weg über die Oberfläche suchte. Er dankte Gott und der Eitelkeit seiner Eltern für die Geschicklichkeit, die es ihm erlaubte, sich auf diesem tödlichen Pfad zurechtzufinden. Zweimal schossen kleine Flammenzungen unerwartet nach oben. Ihm wurde klar, dass das Unterholz brannte. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr wie auf einem Hochseil, sondern wie auf einem Minenfeld, und er spürte, wie ihm der Schweiß in den Augen brannte.

Der bemalte Xirri blickte auf, als Bashir sich über ihn beugte. Er trug ein winziges, blutverschmiertes Junges auf dem Rücken und zerrte flehentlich am Arm eines weiteren verwundeten Erwachsenen. Bashir kannte sie von seiner Visite bei den verwundeten Xirri. Es war ein junges Weibchen, die an Rauchvergiftung und Entwässerung litt. Sie hatte im Vergleich zu vielen anderen Glück gehabt. Er hatte ihr einen Greis zur Seite gestellt, der sie stützen und mit Wasser versorgen sollte, doch mehr hatte er vorerst nicht für sie tun können. Nun verriet nur das schwache Zucken ihrer Augenlider, dass sie überhaupt noch lebte. Zu viel Rauch, zu viel Aufregung. So sehr er auch an ihrem Arm zerrte, dem bemalten Xirri wollte es nicht gelingen, sie ihrem unbekannten Ziel auch nur fünf Schritte näher zu bringen.

»Lauf!« Er spreizte die Beine so weit, wie er sich traute, und hob das röchelnde Weibchen mit einem Arm hoch. »Lauf!«, rief er wieder und schubste den bemalten Xirri. »Ich habe sie.«

Einen grauenhaften Moment lang befürchtete er, der Xirri würde ihn nicht verstehen. Doch dann berührte der Bemalte sanft seine Hand und sprang mit erstaunlicher Geschwindigkeit davon, immer noch mit dem Kind auf dem Rücken.

Bashir schützte das Weibchen, so gut es ging, mit der Schulter vor dem Rauch, stand auf und machte sich wieder auf den Weg zum Pfad. Er konnte K'Taran rufen hören, auch wenn er sie nicht verstand, und er glaubte, sie bereits zu sehen. Doch Flammen zischten und knisterten zwischen seiner und ihrer Position. Der Gedanke, einen großen Bogen schlagen zu müssen, drehte ihm den Magen um. Er würde sich nur verlaufen und den Weg zu den anderen nicht finden, bevor das Feuer ihn einholte. Er holte tief Luft, drückte seine Patientin fester an sich und stürzte sich in die Feuersbrunst, bevor sein gesunder Menschenverstand ihn umstimmen konnte.

Die Hitze traf ihn wie Wüstenwind. Er spürte ein kurzes, sengendes Stechen auf den nackten Handrücken, dann war er durch. Doch plötzlich geriet er mit einem Bein in ein Loch und stürzte so heftig auf das andere Knie, dass er mit dem Kinn auf den Schädel der kleinen Xirri aufschlug.

»K'Taran!«

Instinkt, das war alles, was ihn antrieb. Er brüllte, weil ein idiotischer Primateninstinkt wusste, dass man den nächsten Affen, der einen hören konnte, um Hilfe bitten konnte. Er konnte sie bereits auf das tuq'mor springen sehen, so unglaublich weit entfernt, zu weit entfernt, um etwas gegen das allesverschlingende Feuer oder den schwindenden Halt unter ihm auszurichten. Doch als die nächste Schicht krachend nachgab, rief die Klingonin seinen Namen. Bashir war zu sehr damit beschäftigt, den Fuß in verworrene tuq'mor-Ranken zu stemmen, um ihr zu antworten.

Er musste die kleine Xirri über den Kopf heben, um sie auf das Laubdach zu legen. Er konnte sie nicht mit hinunterreißen, weigerte sich, sie fallen und verbrennen zu lassen, nur weil er zu dämlich gewesen war, einen Weg über das tuq'mor zu finden, der sein Menschengewicht trug. Als K'Tarans rußverschmiertes Gesicht über dem Rand des immer größer werdenden Loches erschien, hielt Bashir ihr die Xirri hin. »Nimm sie! Nimm sie!«

Aber er fand nicht heraus, ob K'Taran ihn hören konnte. Noch bevor ihre Hände im Fell des kleinen Wesens Halt finden konnten, verlor er endgültig den Boden unter den Füßen und stürzte in den Abgrund.

 

Zwei Sekunden, nachdem Kiras heiserer Warnschrei auf dem Banchory-Pfad ertönt war, fing der Himmel Feuer. Dax wusste sofort, worum es sich handelte. Emony, ihr dritter Gastkörper, hatte in ihrer Jugend vom Stadtrand von Ymoc aus einen Asteroideneinschlag beobachtet. Die Erinnerung daran hatte sich unauslöschlich in das Nervensystem ihres Symbionten eingebrannt: Die Explosion aus Licht am Himmel und das darauf folgende lange, grollende Tosen, die nach Eisen riechenden Winde, die ihr aus den feuerroten Wolken entgegenschlugen, der ferne Donner der brennenden Stadt. Und Stunden danach noch die langsam hinabsinkenden, schwarzen Ascheflocken.

Das Licht war dieses Mal anders – es füllte hell und kalt wie ein explodierender Photonentorpedo den ganzen Himmel aus. »Gehen Sie in Deckung!«, rief sie Kira zu und lief dann zur weitesten Öffnung, die sie in der Wand des tuq'mor finden konnte. Das dichte Geflecht aus Blättern und Ästen verweigerte ihr den Zutritt, verfing sich in ihrem Haar und riss tiefe Kratzer in ihr Gesicht und ihre Hände. Dax fluchte und zwängte sich tiefer hinein. Sie schlängelte sich durch das Unterholz zu dem darunterliegenden Sumpf. Die lang anhaltenden Wolkenbrüche hatten den Schlamm mit einer glitzernden Wasserschicht bedeckt, wodurch alles absolut gleich aussah.

Dax hielt inne und versuchte zu entscheiden, wo sie eintauchen sollte. Da nun der Lärm ihrer ungeschickten Flucht durch das tuq'mor verklungen war, bemerkte sie die ominöse Stille, die im gesamten Urwald herrschte, als hielte jedes Tier ängstlich den Atem an. In Jadzias Blutkreislauf breitete sich ein ablenkender Adrenalinstoß aus, doch das abgeschirmte Hirn des Symbionten war gegen derlei animalische Instinkte gefeit. Er ließ ihre Augen ruhig das nasse Glitzern nach einer Stelle absuchen, an der möglichst wenige Wurzeln des tuq'mor ins Wasser ragten. Dort würde das Wasser am tiefsten sein …

Dax holte tief Luft und tauchte kopfüber in den verborgenen Teich ein. Gerade, als sie das Wasser und den Schlamm um sich fühlte, krachte in ihren Ohren ein so lautes Donnern, dass sie es nicht als Geräusch, sondern als Schmerz wahrnahm. Ein gewaltiger Schlag fuhr auf sie herab, drückte die Luft aus ihrer Lunge und trieb sie so tief in den schlammigen Grund, dass sie die seidige Umarmung des Bodensatzes um ihren ganzen Körper spürte. Symbiont und Gastkörper wurden gleichermaßen von Panik ergriffen, und Dax bemühte sich, durch wildes Rudern mit Armen und Beinen dem schweren Felsblock zu entkommen, der auf ihr zu lasten schien und sie hinabdrückte.

Im nächsten Augenblick war das gewaltige Gewicht auf unerklärliche Art verschwunden. Dax drehte sich und streckte die Arme in die Höhe, während sie vor Sauerstoffmangel schon ein Feuerwerk vor Augen sah. Sie spürte, wie ihre Muskeln einen letzten, elenden Energiestoß erhielten. Dies waren die Sauerstoff- und Glucosereserven des Symbionten, der verzweifelt versuchte, sein Leben und das des Gastkörpers zu retten. Mit einer Anstrengung, die jeden einzelnen Muskel ihres Körpers zerrte, kämpfte sie sich nach oben, schwamm und kletterte zugleich durch den Schlamm.

Zwei krampfartige Rucke befreiten ihren Kopf aus dem Schlamm – und badeten ihr Gesicht statt dessen in brühend heißem Wasser. Instinktive Panik trieb sie weiter nach oben, wo ihr Mund und ihre Nase auf den trockenen, heißen Kuss der Luft trafen. Sie hatte keine Zeit, sich Sorgen darüber zu machen, ob der feurige Hauch des Kometen ihre Atemorgane verbrennen würde. Dringend benötigte Luft strömte ganz ohne ihr Zutun in ihre Lunge, Sauerstoff, Rauch und Hitze boten sich ihr als trügerisches Geschenk an.

Dax keuchte zweimal auf, dann brannte der Rauch wie Säure in ihrer Kehle, und sie vergeudete all ihre Atemluft wieder durch hilfloses Husten. Sie fiel zurück in das heiße Wasser und den kühleren Schlamm, versank fast bis zum Kinn, bevor ihre verzweifelt ausgestreckten Finger Halt an einer vorragenden Wurzel fanden. Ihr nächster Atemzug war überraschend frei von Rauch. Sie öffnete die schlammverkrusteten Augen und sah einen Wirbel aus Dampf und Gasen, der von der brodelnden Sumpflandschaft abgegeben wurde und ein warmes Dunstkissen bildete, das den dichten Rauch oben hielt.

Lange Zeit konnte Dax nur daliegen, wie ein gestrandeter Fisch nach Luft schnappen und ihrem Symbionten gestatten, seine inneren Reserven wieder auf einen akzeptablen Stand zu bringen. Das blendende Licht des ursprünglichen Kometeneinschlags war verloschen, doch im Nachthimmel Armageddons leuchtete noch immer der blasse Schein der Nachglut der Explosion. Das Dach des tuq'mor glühte. Etwas Brennendes fiel neben ihr ins Wasser und wurde schwarz und kalt. Irgend etwas war daran eigentümlich gewesen. Ihr benommener Verstand brauchte eine Minute, um zu bemerken, dass sie kein Zischen gehört hatte, als das brennende Stück Holz im Wasser erloschen war. Jetzt fiel ihr auf, dass sie eigentlich überhaupt nichts hörte: kein Knistern des über ihr brennenden Laubdaches, nicht einmal das Plätschern des Wassers, wenn sie sich bewegte. Die einzige Wahrnehmung von Geräuschen in ihrem Hirn war eine Art tonloses Klingeln, das zweifellos von ihren tauben Ohren rührte.

Ein weiterer brennender Ast fiel von oben ins Wasser, dieses Mal nahe genug, um Dax mit Raktajino-heißem Wasser zu bespritzen. Sie fluchte – ohne es zu hören – und versuchte, sich so schnell wie möglich aus ihrem feuchten Zufluchtsort zu befreien. Sie nahm an, dass das Laubdach nicht mehr lange brennen würde. Der Rauch verzog sich bereits, als das mit Regenwasser vollgesogene Holz nach und nach erlosch. Aber so taub, wie sie war, hatte sie keine Chance, Kira zu finden, solange sie in diesem dichten Urwald blieb. Sie musste zum Banchory-Pfad zurückkehren und hoffen, dass ihre Begleiterin überlebt hatte.

Dax bemerkte mit der unstillbaren Neugierde eines Wissenschaftlers, dass die unteren Schichten des tuq'mor die Explosion des Kometen im Schutz des eigenen feuchten Laubwerks überraschend intakt überstanden hatten. Viele der feineren Efeublätter waren ausgetrocknet und hatten sich zusammengerollt, doch die dickeren Fettpflanzen schienen nicht beschädigt zu sein. Selbst Efeubüsche hatten überlebt, wenn ihre langen Ranken in den Sumpf hingen. Dax stellte fest, dass dieses seltsame Ökosystem von den Kometeneinschlägen zwar beschädigt, aber keineswegs vernichtet worden war.

Von dem Banchory-Pfad konnte man dies leider nicht behaupten. Große Abschnitte seiner tuq'mor-Wände waren eingestürzt und lagen nun schwelend auf dem versengten Boden. Die freistehenden Flächen waren von der Druckwelle sehr viel stärker betroffen gewesen als der dichte Urwald, und der Feuerball hatte die Vegetation auf dem freien Pfad bis zum Boden verbrennen können. Dax verlor einen Teil ihrer Hoffnung, Kira zu finden, als sie bemerkte, dass ihre Sicht hier nicht viel besser war als im Inneren des Waldes. Sie stand lange am Rand der Verwüstung und beobachtete die langsam herabsinkenden Ascheflocken. Unangenehme Erinnerungen rührten sich in ihr und weckten ähnliche Befürchtungen in Jadzia, wie Emony sie in Ymoc verspürt hatte … war dabei die Asche von jemandem, den sie kannte?

Unter der trocknenden Schlammkruste vibrierte etwas an ihrer Schulter. Dax fluchte und schlug auf ihre Uniform, da sie annahm, sie hätte unbeabsichtigt einen Bewohner des Sumpfes mit an die Oberfläche gebracht. Doch ihre Hand entdeckte nur das kühle Metall ihres Kommunikators, der sich trotz des Kopfsprungs in den Schlamm störrisch an sie klammerte. Erst, als der kleine Anstecker zum zweiten Mal vibrierte, wurde ihr klar, dass jemand versuchte, Kontakt mit ihr aufzunehmen, und sie nur das Piepen nicht hören konnte.

Sie betätigte den Antwortknopf des Kommunikators und hielt ihn lange gedrückt. »Hier spricht Dax«, sagte sie und spürte die Schwingungen der Wörter in Mund und Kiefer, obwohl sie nichts hörte. »Wenn das die Defiant ist, ich kann Sie nicht hören. Sie werden die Botschaft in Universalkode senden müssen.«

Sobald sie ihren Finger weggenommen hatte, erhielt sie eine Antwort, doch es war nicht der rhythmische Kode, den sie erwartet hatte. Statt dessen erhielt sie eine lang anhaltende Vibration, deren Dauer fast identisch mit der ihrer eigenen Botschaft war.

Dax kniff die Augen zusammen, als ihr ein Verdacht kam. Wieder betätigte sie den Antwortknopf, sprach aber diesmal nicht hinein. Sie achtete darauf, diese Übertragung sehr viel kürzer zu halten. Sie erhielt ein ebenso kurzes Zittern zur Antwort.

»Kira!«, rief sie instinktiv in den Kommunikator, obwohl sie wusste, dass ihre Begleiterin genauso taub wie sie selbst sein musste. Dann tippte sie dieselbe Botschaft langsam in den Kommunikator: Sie buchstabierte den Namen der bajoranischen Majorin im Universalkode.

Es folgte eine lange Pause, in der Dax befürchtete, dass Kira dank ihrer beschränkten Starfleet-Ausbildung vielleicht nicht fähig war, die kodierte Botschaft zu entschlüsseln. Doch dann vibrierte ihr Kommunikator unter ihren sanft aufgelegten Fingern in langen und kurzen Intervallen. »D-A-X«, wurde zuerst buchstabiert, dann »T-R-I-C-O-R-D-E-R P-O-S-I-T-I-O-N«.

Dax fluchte, zerrte den schlammverschmierten Tricorder von ihrem Gürtel und betete, dass er noch funktionierte. Über das Schlammbad machte sie sich keine Sorge. Die legendäre Widerstandsfähigkeit, mit der Starfleet Geräte baute, würde noch viel Schlimmeres aushalten. Doch Explosionen wie die, die sie gerade mitgemacht hatte, gingen oft mit einer unsichtbaren elektromagnetischen Strahlungswelle Hand in Hand. Je nachdem, wie stark dieser elektromagnetische Impuls gewesen war, bestand die Möglichkeit, dass die empfindlichen Quantenschaltkreise des Tricorders durch den Einfluss freier Elektronen durchgebrannt waren.

Die Anzeige des Geräts leuchtete zwar ordnungsgemäß auf, doch die wirren Daten auf dem kleinen Monitor bestätigten Dax' Befürchtungen. Es sah so aus, als wären alle höheren Programmierebenen gestört worden. Sie starrte düster auf die letzte Zeile auf dem kleinen Bildschirm. Alett gerivok – das war die Nummer siebenundzwanzig in vulkanischer Programmiersprache. Doch siebenundzwanzig in welcher Einheit? In welcher Richtung? Konnte sie sich überhaupt darauf verlassen, dass der Computer ihre Eingabe richtig verstanden hatte und nicht nur irgendeinen Datensalat ausspuckte?

Nun, das ließ sich nur auf eine Art herausfinden. Dax ging probeweise drei Schritte auf dem verwüsteten Banchory-Pfad in die Richtung, in der sie Kira zuletzt gesehen hatte. Dann blieb sie stehen und fragte den Tricorder erneut nach den Koordinaten der Bajoranerin. Diesmal endeten die rasenden Zeilen mit prern gerivok te prern, was fünfundzwanzig Komma fünf bedeutete. Sie warf einen Blick zurück auf ihren Ausgangspunkt und schätzte die Entfernung ab. Anderthalb Meter schien ungefähr hinzukommen.

Das ermutigte sie, weiter in diese Richtung zu gehen. Jedes Mal, wenn sie wieder über einen Haufen umgestürzter Bäume klettern musste, kontrollierte sie die Anzeige auf dem Tricorder. Als sie dies zum sechsten Mal tat, gab das Gerät plötzlich einen höheren Wert als zuvor an. Dax ging so genau wie möglich wieder dorthin zurück, woher sie gekommen war, und überprüfte sorgfältig beide Seiten des Pfads, bis der Wert ein Minimum erreicht hatte. Dann zwängte sie sich in die verkohlte Umarmung des tuq'mor. Dem Tricorder zufolge befand Kira sich nur noch sechs Meter von ihr entfernt, und das violette Leuchten des Himmels war noch hell genug, um durch die dichte Vegetation zu sehen. Dax überprüfte die Anzeige ein letztes Mal, um auch ganz bestimmt in die richtige Richtung zu gehen, dann steckte sie den Tricorder zurück an den Gürtel und machte sich in den verrauchten Schatten auf die Suche.

Kurz darauf begann ihr Kommunikator wieder zu zittern. Dax blieb stehen, um die vibrierenden Punkte und Striche mit wachsender Ungeduld zu übersetzen. »N-A-C-H R-E-C-H-T-S U-N-T-E-N«, buchstabierten sie rätselhafterweise. Dax wandte sich wie befohlen nach rechts, sah dort aber keine Öffnung, die nach unten führte – nur den üblichen überwucherten tuq'mor-Sumpf. »S-T-A-M-M«, fügte ihr Kommunikator hinzu. »I-M W-A-S-S-E-R.«

Dax fluchte, diesmal laut genug, dass ihr langsam wiederkehrendes Gehör eine schwache, blecherne Andeutung des Klangs wahrnehmen konnte. Sie kniete sich hin, um die Wasseroberfläche nach einem verkohlten Baumstamm abzusuchen, der groß genug war, um eine ausgewachsenen Bajoranerin einzuklemmen. Sie fand ihn keinen halben Meter entfernt. Er ragte wie ein schräger Obelisk aus einem sumpfigen Tümpel heraus. Das verkohlte Holz glühte oberhalb der Wasserfläche noch rubinrot. Zwei schwarze Augen funkelten aus dem dichten Schatten des Baumstamms sarkastisch im verlöschenden Schein der Glut. Kira hob ihr Kinn aus dem Wasser. »Das wird auch Zeit«, hörte Dax sie so leise wie das Zirpen einer Grille sagen.

Dax machte sich nicht die Mühe einer Antwort und sprang sofort neben ihre Freundin in den noch warmen Schlamm. Aufgrund von Kiras Lage befürchtete sie gebrochene Knochen oder zerquetschte Organe. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass der Stamm sich einen halben Meter unter der Wasseroberfläche gabelte und Kiras verdrehten Oberkörper in einem erstickenden Schraubstock aus dicken, dornigen Zweigen gefangen hielt. Wenigstens ein halbes Dutzend davon hatte sich in ihrer bajoranischen Uniform verfangen.

Kira sagte noch etwas, doch diesmal konnte Dax sie mit ihren klingelnden Ohren nicht verstehen. Dann demonstrierte die Bajoranerin, was sie meinte, indem sie beide Arme hob und um den schwelenden Stamm legte. Ihre nasse Uniform begann zu dampfen, noch bevor sie die Hände verschränken und auch nur einmal an dem Dornenpfahl ziehen konnte. Als sich Rauch entwickelte, nahm sie die Arme zurück. Dax verzog das Gesicht, als sie bemerkte, wie der Stoff von den hartnäckigeren Befreiungsversuchen der Majorin versengt war.

Dax wies Kira mit erhobenem Zeigefinger an, noch etwas zu warten, und zückte ihren Phaser. Sie stellte ihn auf scharf begrenzte Emission ein, holte tief Luft und tauchte in das Brackwasser ein. Viel sehen konnte sie in der trüben Brühe nicht, doch indem sie sich mit einer Hand an Kiras Oberkörper entlang tastete, konnte sie mit zehn Zentimetern Sicherheitsabstand um sie herumschneiden. Sie trennte dornige Zweige vom Hauptstamm, ohne zu versuchen, Kira sofort von ihnen zu befreien. Sie kam zum Atemholen an die Oberfläche, dann tauchte sie wieder unter, um den Wildwuchs auf der anderen Hälfte der Astgabel zu durchtrennen. Als sie aufgetaucht war und sich den Schlamm aus den Augen gewischt hatte, griff Kira schon wieder nach dem glühenden Stamm.

»Halt.« Dax zog die Arme ihrer Freundin zurück und begann, händeweise Wasser gegen das glimmende Holz zu spritzen. Es zischte und dampfte und knallte leise, bis der Stamm langsam dunkler wurde. Dax goss solange Wasser über ihn, bis fast die ganze Oberfläche durchtränkt war. Dann ging sie um den Stamm herum, stellte sich hinter Kira und hielt den Daumen so hoch, dass diese ihn sehen konnte. Sie nickte und legte die Arme fest um das angefeuchtete Holz.

»Jetzt!«, sagte Kiras Stimme kaum hörbar, und sie zerrte sich mit einem kräftigen Ruck aus dem Wasser. Dax fing sie auf und stützte sie, was Kira die Gelegenheit gab, einen ihrer Füße von den Dornen zu befreien. Mit der Gelenkigkeit, die sie ihrem zierlichen Wuchs verdankte, presste Kira den Fuß auf Höhe ihrer Brust gegen den Stamm und befreite sich mit einem Tritt von den Dornen. Die Wucht ließ sie beide einen Schritt durch den Schlamm zurücktaumeln.

Dax fand als erste das Gleichgewicht wieder und griff nach dem nächstbesten noch intakten Ast, um sich und Kira zu stützen. »Sind Sie in Ordnung?«, rief sie ihrer Begleiterin zu.

Kira wischte sich Asche und Schlamm aus dem Gesicht, aber nicht das Grinsen. Trotz der Brandspuren auf den Ärmeln und der Kratzer an den Beinen, die schon zu bluten begonnen hatten, schien ihr das Erlebnis nicht viel ausgemacht zu haben. »Da habe ich selbst in den einfacheren cardassianischen Gefängnissen schlimmere Torturen mitgemacht!«, erwiderte sie brüllend. Soweit Dax es mit ihrem eingeschränkten Hörvermögen beurteilen konnte, klang sie gut gelaunt. »Wenigstens ist das Wasser hier schön warm.«

Dax schüttelte den Kopf und dachte an die brühende Hitze unmittelbar nach dem Feuerball. Ihr Gesicht war immer noch empfindlich von diesem kurzen Hitzeschock. »Zu warm für mich!«, schrie sie, bevor sie verstummte und ihr angeschlagenes Gehör bemühte. Ein schwaches Grollen hallte durch das leiser werdende Klingeln in ihren Ohren. »Das klang wie ein weiterer Einschlag, entweder weniger schwer oder weiter weg. Es muss eine größere Trümmergruppe gewesen sein.«

Kira fuhr zusammen. »Sagen Sie das nicht so begeistert. Der nächste könnte genau hier einschlagen.«

»Das ist statistisch sehr unwahrscheinlich«, teilte Dax ihr mit.

»Ein stabiles Wurmloch ist auch unwahrscheinlich.« Kira zog sich aus dem Schlamm und balancierte mit beneidenswerter Leichtigkeit auf dem niedrig hängenden Ast. Dax stöhnte und zwang ihre müden Muskeln, sie auch dorthin zu schleppen. Das Gewicht ihrer nassen und schlammdurchtränkten Uniform schien sie hinabzuziehen. »Unsere vordringlichste Aufgabe ist es nun, zurück zum Lager der verbannten Klingonen zu gehen und nachzusehen, ob da noch jemand am Leben ist. Danach nehmen wir Kontakt mit der Defiant auf und finden heraus, ob sie noch am … will sagen, ob der Kampf mit Kor vorbei ist.«

Dax sah sie fragend an. »Würden wir in dem Fall hochbeamen?«

»Nein, wir werden hierbleiben und Bashir suchen. Auch wenn wir dafür unsere Kommunikatoren wegwerfen müssen.« Kira holte tief und entschlossen Luft. »Ich habe nie ein Mitglied des Shakaar zurückgelassen, das gerettet werden konnte. Und es ist mir ganz egal, was Captain Sisko dazu sagt: Ich werde jetzt nicht damit anfangen.«

»Ich habe nichts dagegen.« Dax führte sie durch das verkohlte tuq'mor zurück zum rauchverhangenen Graben des Banchory-Pfades. Die Nachglut leuchtete nun im Nachthimmel noch greller. Am Horizont brannte eine Flamme so hell wie der Sonnenaufgang; sie war vom rostroten Himmel und von kupferfarbenen Wolken umgeben. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte Dax gedacht, es sei die Morgendämmerung. »Es könnte natürlich auch sein, dass Julian schon seit Stunden auf uns wartet, wenn wir Epetai Vrags Siedlung erreichen.«

Kira wollte etwas sagen, doch als sie die Spur der Verwüstung im Banchory-Pfad bemerkte, brach sie in einen überraschten Hustenkrampf aus. »Nicht Stunden«, sagte sie säuerlich, als sie endlich wieder sprechen konnte. »Wochen. Solange werden wir nämlich für den Rückweg brauchen.«