Was auf den ersten Blick wie ein buntes Chaos aussieht, ist das Ergebnis einer genauen Anbauplanung.
Es ist inzwischen längst bewiesen, dass Microfarming oder Small Scale Farming – und nichts anderes ist ein intensiv genutzter Garten – auf die Fläche gesehen viel produktiver ist als ein großes herkömmliches Feld von mehreren Hektar. Auf einer kleinen Fläche kann man mit geschickter Planung einen viel größeren Ertrag erzielen als auf einer einheitlich genutzten großen Fläche. Dies erreicht man durch perfekte Zusammenpflanzungen im Sinne der Polyculture oder Mischkultur, Ausnutzung von Nischen und durch den satzweisen Anbau von zwei bis drei Kulturen hintereinander pro Saison auf derselben Beetfläche. Damit das möglich ist, ist eine gute Planung im Vorfeld unerlässlich. Denn nur so kann ich meinen vorhandenen Platz optimal ausnutzen und laufe nicht Gefahr, dass ich etwas Entscheidendes vergesse oder plötzlich nicht genug Platz für all die vorgezogenen Pflänzchen habe. Gut, realistisch gesehen passiert mir das mit dem Platzproblem trotzdem, aber nicht in dem Maße, wie es ohne Planung wäre.
Man sollte wirklich nur das anbauen, was man gerne isst und von dem man im Zweifel auch große Ernten verarbeiten kann. Wenn nur einer in der Familie ab und zu mal Fenchel essen möchte, ist es besser, sich eine Knolle zu kaufen, als sie selber anzubauen. Hier sollte man den Platz und die Energie lieber anderweitig verwenden.
Ich mache mir also am Anfang des Jahres eine Liste mit den Gemüsesorten, die ich im Jahresverlauf essen und die ich gerne anbauen möchte. Dahinter schreibe ich mir dann, ob ich viel davon anbauen möchte oder wenig. Ich weiß z. B., dass wir viele Tomaten und Kürbisse essen. Der Tomatengenuss ist gesichert, da ich sie fast alle in Töpfen vor der Hauswand oder auf der Terrasse ziehe, und für die Kürbisse plane ich 100 m² oder besser noch 150 m² ein. Die sind dann schon mal besetzt auf meiner Beetfläche.
Rote Bete und Ringelbete mag ich sehr; sie dürfen in meinem Garten nicht fehlen.
Dann mache ich mir einen Plan meiner Beete. Dazu zeichne ich mir alle Beete auf und schreibe mir die Maße an die Seiten. Maßstabsgetreu muss das nicht sein, solange ich die Maße habe. Nun fange ich damit an, dass ich ein paar Hauptkulturen auf den Beeten verteile. Unter Hauptkulturen verstehe ich Kulturen, die über einen langen Zeitraum auf dem Beet verweilen, oft sogar die ganze Saison, also Kartoffeln, Kürbisse, Zucchini, Tomaten etc. In Klammern schreibe ich mir die Monate dazu, die sie die Beete blockieren. Drum herum baue ich alle anderen Kulturen ein und berücksichtige auch, dass ich, je nachdem, was ich anbaue, bis zu drei Ernten von einem Beet haben kann. Letzteres gelingt mir, wenn ich drei Kulturen kombiniere, die jeweils nur 2–3 Monate auf dem Beet bleiben. Eine Zucchini steht z. B. von Mitte Mai bis Oktober auf einem Beet. Dieses Beet könnte ich zuvor noch für sehr frühen Salat nutzen, wenn ich ihn früh ernte, damit die Zucchini im Mai einziehen kann. Ich kann natürlich auch erst nur ein paar Salate abernten, sodass die Zucchini-Jungpflanze erst mal Platz hat, und dann innerhalb der nächsten 2–3 Wochen die restlichen, wenn die Zucchini weiterwächst. Ansonsten ist dieses Beet nicht weiter bepflanzbar. Erbsen stehen ab März oder April auf dem Beet und sind spätestens Anfang Juli abgeerntet, danach kann ich noch etwas anderes einplanen, wie z. B. Herbstkohl, Winterrettiche, späte Möhren oder Endiviensalate. Habe ich schon im Winter Möhren ausgesät, kann ich im Juni, wenn sie abgeerntet sind, vorgezogene Rote Bete auspflanzen und dann im September, wenn die Bete ebenfalls abgeerntet sind, noch Winterkohl oder Asiatischen Blattkohl pflanzen. Habe ich im März Möhren ausgesät, kann ich im Juli Buschbohnen auspflanzen und danach noch Endiviensalate oder Feldsalat. Nach frühen oder mittelfrühen Kartoffeln kann man wunderbar schnell wachsenden Herbstkohl, Herbstrettiche oder Wintersalate pflanzen. Auf diese Art und Weise kann ich meine Beetfläche quasi verdoppeln oder sogar verdreifachen. In der Übersicht auf der folgenden Seite gibt es ein paar Anregungen, welche Kulturen man gut hintereinander auf ein und demselben Beet anbauen kann.
Die optimale Ausnutzung der Beete gelingt mir nur, wenn ich mir vorher einen genauen Plan dafür gemacht habe. Natürlich kann man im Sommer auch einfach abwarten, welche Beete frei werden und wo man noch etwas auspflanzen oder aussäen kann. Aber man verschenkt wertvolle Zeit, weil man dann nicht punktgenau Jungpflanzen vorrätig hat. Durch das Vorziehen haben die Pflanzen nämlich einen Vorsprung von 3–4 Wochen gegenüber den direkt ins Beet gesäten. Besonders bei Kulturen, die man nach der Sommersonnenwende Mitte Juni sät, kommt es oft auf 1–2 Wochen an, ob sie sich in der Saison noch vollständig entwickeln können oder nicht.
Diese Planung mag zwar auf den ersten Blick ein bisschen kompliziert erscheinen und der ein oder andere möchte vielleicht lieber intuitiver an die Sache herangehen, aber wenn wir uns den Winter über mit unserem eigenen Obst und Gemüse versorgen wollen, können wir jetzt nichts mehr dem Zufall überlassen. Eine verlässliche Anbauplanung – das unterscheidet die Arbeitsweise des Selbstversorgers von der des Hobbygärtners. Letzterer gibt sich selbstverständlich auch Mühe und macht sich vielleicht auch einen groben Plan, ihn stört es unter Umständen aber nicht so sehr, wenn die Erntemenge kleiner ausfällt. Ein Selbstversorger dagegen ist auf jede Ernte angewiesen.
Bei der Planung, die ich Anfang des Jahres mache, notiere ich mir auch immer alle Aussaatzeitpunkte für das restliche Jahr. Die übertrage ich dann in den Kalender, damit ich sie nicht vergessen kann. Denn mal ganz ehrlich, wenn man erst einmal in der Mitte der Saison angekommen und voll im Einsatz ist, kann es ganz schnell passieren, dass man etwas vergisst – und dann plötzlich keine Salatpflanzen für die Winterernte hat.
MEHRERE KULTUREN AUF EINEM BEET
BEISPIELBEET |
WAS WÄCHST AB WANN AUF DEM BEET? |
Beet 1 |
Möhren März, Buschbohnen (vorgezogen) Juni, Chinakohl Mitte August |
Beet 2 |
Salat März, Rote Bete (vorgezogen) Juni, Endiviensalat September |
Beet 3 |
Möhren Januar, Buschbohnen (vorgezogen) Juni, Feldsalat September |
Beet 4 |
Zuckerschoten April, Zucchini Juli |
Beet 5 |
Kohlrabi und Salat März/April, Palmkohl Juli |
Beet 6 |
Kartoffeln April, Radieschen und Rettiche Ende August |
Beet 7 |
Erbsen April, Rote Bete (vorgezogen) Juni, Endiviensalat September |
Beet 8 |
Dicke Bohnen März, Grünkohl Juli, Unterpflanzung mit Feldsalat September |
AUSSAATZEITEN DURCHS JAHR
MONAT |
WAS SÄE ICH AUS? |
Anfang Januar |
Salat, Kohlrabi, Kohl (jeweils nur ein paar Samen, im Haus) |
Mitte Januar |
Physalis, Auberginen, Chili (im Haus) |
Anfang Februar |
Möhren, Radieschen (im Freiland und Gewächshaus), Kohl, Salat (in Aussaatpaletten im Gewächshaus) |
Mitte/Ende Februar |
Paprika, Zuckerschoten (im Haus), Dicke Bohnen (im Gewächshaus) |
Anfang März |
Tomaten (im Haus) |
Mitte März |
Steckzwiebeln (in Aussaatpaletten im Gewächshaus), Erbsen/Zuckerschoten (im Gewächshaus), Möhren (im Freiland) |
Ende März |
Salat, Kohlrabi (im Gewächshaus) |
Mitte April |
Rote Bete (im Gewächshaus und Freiland), Steckzwiebeln (im Freiland) |
Ende April |
Kürbisse, Zucchini, Gurken, Mais (im Haus oder Gewächshaus), Sommerblumen (im Gewächshaus und Freiland), Kartoffeln (im Freiland) |
Anfang Mai |
Bohnen (im Gewächshaus) |
Mitte Mai |
Bohnen (im Freiland) |
Ende Mai |
Wintermöhren, Rote Bete (im Freiland) |
Anfang/Mitte Juni |
Herbstkohl (Grün-, Palm-, Weißkohl, Wirsing, schnell wachsende Sorten) |
Mitte Juni |
Buschbohnen, Zucchini |
Ende Juni |
Radicchio, Zuckerhutsalate, Möhren, Rote Bete, Zuckerschoten |
Mitte Juli |
Chinakohl, Salate, Kohlrabi, Möhren |
Anfang August |
Endivien, Mangold, Salat, Rettich, Radieschen, Rüben |
Mitte August |
Asiatischer Blattkohl, Spinat, Rucola, Feldsalat (bei warmem Wetter am besten im kühlen Haus oder Schuppen unter Pflanzenlampen) |
Bei der Polyculture profitieren nicht nur die Pflanzen und Insekten, sondern auch das Auge freut sich.
Am Anfang dieses Kapitels habe ich von Polyculture gesprochen. Polyculture bezeichnet eine intensive Mischkultur, in der die verschiedenen Gemüsesorten, die sich gegenseitig begünstigen, nicht in Reihen nebeneinander angebaut werden, so wie wir das aus der klassischen Mischkultur kennen. Hier werden in einem Beet verschiedenste, sich positiv beeinflussende Pflanzen frei nebeneinandergesetzt, die auf diese Art Gemeinschaften bilden.
So habe ich im Garten immer ein paar Palettenrahmenbeete, in denen ich eine Tomatenpflanze mit ein paar Selleriestauden und ein paar Horsten Buschbohnen zusammenpflanze. Die Tomate und die Sellerie sind beides Starkzehrer mit erhöhtem Nahrungs- und Wasserbedarf, die kann ich hier gut kombinieren. Die Bohnen sind Schwachzehrer, die in den Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft einlagern und an den Boden abgeben. Dieser Stickstoff kommt den Sellerie und Tomaten zugute, da sie so noch eine Extra-Düngergabe bekommen. Außerdem beschatten die Buschbohnen mit ihrem Laub die Sellerieknollen.
Auf unserer Wiese habe ich gerne ein großes Beet, in dem sich Kohl und Tomatenpflanzen abwechseln. Der starke Geruch der Tomaten stört den Kohlweißling und lenkt ihn von den Kohlpflanzen ab. Dazwischen setze ich Buschbohnen wegen der eben beschriebenen Düngewirkung. Und von Bohnen und Kohl etwas entfernt setze ich noch einige Zwiebeln mit in die Erde, einfach, um den Platz und die gut gedüngte Erde auszunutzen. Auch wenn Zwiebeln und Kohl nicht so gute Nachbarn sind – in meinen Versuchen haben sich beide Kulturen auch nebeneinander immer gut entwickelt. Dazwischen und an den Wegrändern stehen oft noch ein paar Ringelblumen oder Phacelia- und Kamillepflanzen, die die Insekten anziehen. Man könnte wunderbar noch ein paar Kräuter mit in die Zwischenräume pflanzen oder ein paar einzelne Wurzelgemüse wie Rote Bete oder Möhren. Ist der Kohl noch klein, kann man die weiten Pflanzabstände mit zusätzlichem Salat bestücken, der dann nach und nach geerntet wird, wenn der Kohl größer wird und den Platz braucht. All diese Pflanzen beeinflussen sich gegenseitig, sorgen für ein großes Insektenaufkommen aufgrund der vielen Blüten und der Ertrag auf den Quadratmeter gesehen ist viel höher, da ich die einzelnen Pflanzen viel dichter zusammenpflanzen kann, als wenn ich sie in Reihen anbauen würde. Außerdem ist der Krankheits- und Schädlingsdruck für die einzelnen Pflanzen wesentlich niedriger, da keine zwei Pflanzen derselben Sorte nebeneinanderstehen. Dies ist das einzige Beet, in dem ich Kohlpflanzen ohne Schutz anbauen kann. Normalerweise sind meine Kohlpflanzen ohne Schutznetz immer von Raupen zerfressen. Ganz abgesehen davon, sieht diese Art der Beete in meinen Augen auch noch wunderschön aus. Es gibt so viel zu entdecken und zu bestaunen, so viele kleine Nischen zwischen den einzelnen Gemüsepflanzen. Und man kann immer wieder neue Kombinationen ausprobieren, um zu sehen, wie sich die Pflanzen gegenseitig beeinflussen. Allerdings sollte man bei dieser Art der Bepflanzung die guten und schlechten Nachbarschaften im Auge behalten, obwohl gerade die potenziell negativen Beeinflussungen durch die große Vielfalt an Arten nicht so sehr zum Tragen kommen.
BEISPIELE FÜR POLYCULTURE-BEETE
BEISPIELBEET |
WAS WÄCHST HIER IN GEMEINSCHAFT? |
Beet 1 |
Tomaten, Bohnen, Sellerie |
Beet 2 |
Kohl, Tomaten, Bohnen, Sommerblumen (Zinnien, Phacelia, Kamille, Ringelblumen, kleine Sonnenblumen) |
Beet 3 |
Kohl, Salat, Kohlrabi |
Beet 4 |
Möhren, Radieschen und Rettich, Dill |
Beet 5 |
Gurken, Zwiebeln, Dill, Ringelblumen |
Beet 6 |
Kohl, Rote Bete, Bohnen, Kamille, Dill |
Beet 7 |
Kartoffeln, Ringelblumen, Kamille |