»Da wären wir.« Sydney blieb vor einem kleinen Laden stehen, der auch Souvenirs verkaufte, und lächelte Kate zu. »Hilft dir das weiter?«
»Es wird schon reichen.« Kate entdeckte einen Kühlschrank, in dem sehr wahrscheinlich überteuerte Flaschen mit Wasser, Softgetränken und diverse Snacks lagerten. »Brauchst du etwas, wo wir schon hier sind?«
»Nein, vielen Dank.«
Doch Sydney machte keine Anstalten, zurück ins Hotel zu gehen, und Kate musterte die junge Frau, deren Hüftknochen unter den schlecht sitzenden Jeans hervortraten. Sie war überrascht von dieser merkwürdigen neuen Freundschaft. Es war seltsam, wie einfach sich Sydney in eine Gruppe viel älterer Frauen integriert hatte, nur weil sie ein Kind hatte. Ohne Lydia auf der Hüfte wäre Sydney nur irgendeine Frau Anfang zwanzig, die ihre sorglose Jugend genoss.
Kate beneidete Sydney nicht um ihre Jugend; sie genoss ihr Leben voller Luxus, den Respekt, den ihre überaus erfolgreiche Karriere ihr einbrachte. Und trotzdem verspürte sie einen leichten Stich der Eifersucht, verborgen hinter der teuren Foundation und den überteuerten Anti-Aging-Cremes – denn diese junge Frau hatte ein Kind, und dieses Geschenk konnte sich Kate mit keinem Geld der Welt kaufen.
»Ach, ich warte noch auf dich«, sagte Sydney auf Kates erwartungsvollen Blick hin. »Ich habe es nicht besonders eilig, und so viel Kontakt zu Erwachsenen hatte ich in letzter Zeit auch nicht. Ohne Gehalt kann ich es mir nicht leisten, viel zu unternehmen, also …« Sie zuckte mit den Schultern. »Was wirst du tun?«
Sydney sagte den letzten Satz mit der tiefen Stimme eines Tony Soprano und brachte Kate damit zum Lachen. Ein gutes Gefühl. Kate war es bisher nicht bewusst gewesen, doch ihre Beziehung mit Max hatte sich in den letzten anderthalb Jahren verändert, seit ihnen klar geworden war, dass der Weg zu einem Baby lang und beschwerlich werden würde. Sie hatten weniger gelacht, waren weniger albern gewesen, weniger leichtfertig. Kate war von Natur aus kein lockerer Mensch, aber über einen guten Scherz lachte sie gern.
Im Rückblick hatte zwischen Max und ihr in den letzten Monaten selten eine entspannte Stimmung geherrscht – sie hatten ihre Terminpläne ausgetauscht (immer Sonntagabend für die ganze Woche), höfliche Nettigkeiten, wenn sie guter Stimmung gewesen waren, und bissige Bemerkungen, wenn nicht, und dann die gefürchteten Eisprünge. Sie waren zu Geschäftspartnern geworden, die außerdem Sex hatten. Wie fürchterlich unromantisch.
»Kate?«, fragte Sydney. »Alles in Ordnung?«
»Ja, bitte entschuldige. Kann ich dir wenigstens etwas abnehmen?«
»Oh, ich brauche keine Hilfe …«
»Gib mir die«, sagte Kate und deutete auf die Windeltasche. Selbst angetrunken wusste sie, wie man die Führung übernahm. »Du hast so viel zu tragen. Sei nicht albern.«
»Du musst mich für völlig unfähig halten.« Sydney schüttelte den Kopf, nachdem sie Kate die Windeltasche übergehängt hatte. (Ein schreckliches Ding aus dem Wohltätigkeitsladen, wie Kate bemerkte.) »Ich kann mir nichts leisten. Ich bringe mein Baby erst spätnachts ins Bett und lasse mir von fremden Leuten bei allem Möglichen helfen.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Kate und schob schuldbewusst die Gedanken beiseite, die ihr kurz gekommen waren. (Ich kann mir schöne Dinge kaufen! Ich kann mich an feste Tagespläne halten und an Badezeiten und Bettgehzeiten. Außerdem kann ich mir professionelle Hilfe leisten!) »Ich finde, du bist eine wunderbare Mutter. Man sieht, dass du deine Tochter mehr liebst, als ich mir überhaupt vorstellen kann.«
»Ich liebe sie wirklich. Weißt du, du wärst eine tolle Mutter«, antwortete Sydney fast schon wehmütig. »Dein Baby würde schicke Kleidung tragen, und du hättest wahrscheinlich kein Erbrochenes in den Haaren, und du wärst unglaublich schnell wieder zurück im Fitnessstudio.« Sie lachte rau. »Das genaue Gegenteil von mir. Tut mir leid.«
»Warum entschuldigst du dich?« Kate schob sich die Tasche über die Schulter. Sie fragte sich oft, warum Mütter sich ständig für Dinge entschuldigten, über die sie keine Kontrolle hatten. »Du hast nichts falsch gemacht.«
»Ich weiß, es ist …« Sydney seufzte tief. »Ich habe das Gefühl, als wäre ich nicht gut genug für Lydia. Ich bin nicht organisiert, geschweige denn besonders vorbereitet. Ich verdiene sie nicht. Ich habe keinen großartigen Job oder wenigstens einen Mann. Äh …« Sie errötete. »Nicht dass eine Frau unbedingt einen Ehemann bräuchte.«
Kate ignorierte die Bemerkung und täuschte Interesse an dem kitschigen, gekünstelten kleinen Laden vor. Lichterketten blinkten, widerliche Kerzen brannten, und grelle Sweatshirts in Farben wie Neonrosa und Knallgelb lagen herum. Im Hintergrund spielte beruhigende Musik. Kate fühlte sich zwischen dem ganzen überteuerten Mist eingeengt.
»Oh, das hier ist süß.« Sydney trat neben Kate und zeigte ihr einen leuchtend rosa Strampler mit der Aufschrift Serenity Spa & Resort. »Ein Souvenir.«
»Kauf es«, sagte Kate. »Lydia sieht bestimmt toll darin aus.«
»Nein, besser nicht.« Sydney verzog frustriert das Gesicht, als sie den Strampler fast schon wütend zurückschob. »Vergiss es. Wolltest du nicht Kokoswasser?«
»Jetzt, wo ich darüber nachdenke, bräuchte ich auch Aspirin. Meine Medikamente sind in Max’ Koffer, und ich werde ihn ganz bestimmt nicht danach fragen. Hier, gib mir den Strampler.«
»Aber …«
»Bitte, das geht doch sowieso alles auf Max’ Kreditkarte. Er wird auf dieser Reise noch ganz andere Sachen kaufen als Babykleidung. Es ist eine Kleinigkeit.«
»Für mich aber nicht«, beharrte Sydney. »Ich brauche den Strampler nicht, und Lydia auch nicht. Und es tut mir leid, aber ich kann keinen Gefallen von dir annehmen, vor allem da wir uns gerade erst kennengelernt haben.«
Leicht gereizt beobachtete Kate, wie Sydney die Babykleidung noch weiter weg auf den Tisch zurücklegte und sich abwandte. Es kam nicht oft vor, dass Leute mit ihr diskutierten, und Kate gab selten nach. Doch das hier war irgendwie anders.
»Ich wollte nicht andeuten, dass ich dir einen Gefallen tue«, sagte Kate. »Es ist ein Geschenk. Es ist doch wirklich kein Problem – was machen ein paar Extradollar schon auf Max’ Rechnung?«
Sydney lächelte matt. »Ich glaube, du verstehst das nicht, Kate. Für mich ist das eine ganze Menge. Und ich will keine Schulden haben. Ich kann dir das Geld nicht zurückgeben – Punkt.«
Kate ging zum Kühlschrank an der hinteren Wand des Ladens. Es war ungewöhnlich, dass sie etwas auf sich beruhen ließ, obwohl sie gute Argumente hatte. Doch um ehrlich zu sein, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Sie nahm einige Flaschen Fiji-Wasser und Kokoswasser heraus und legte sie in einen Einkaufskorb. Sie bemerkte, wie Sydney beim Blick auf die Preisliste zusammenzuckte.
»Es tut mir leid … Ich wollte wirklich nicht unhöflich sein«, sagte die junge Frau. »So schlecht geht es uns nicht, nicht immer jedenfalls. Im Moment habe ich allerdings nur eine begrenzte Summe auf dem Konto. Die Trennung hat mich gestresst und dass ich kein eigenes Einkommen habe. Alles muss genau eingeteilt werden – und damit meine ich wirklich alles. Und solche Souvenirs sieht das Budget nicht vor.«
Ein unangenehmes Gefühl machte sich in Kates Brust breit. Über die Jahre hatte sie für einen wohltätigen Anlass nach dem anderen gespendet, weil es sich von der Steuer absetzen ließ oder ein günstiges Licht auf die Kanzlei warf. Dabei gab es tatsächlich Menschen, die Hilfe brauchten und sie nicht bekamen. Kate hatte immer angenommen, dass es Organisationen gab, die Leute wie Sydney unterstützten, Menschen, die arm waren. Vor allem junge Mütter.
War Kate wirklich so naiv zu glauben, dass sie so viel Gutes tat, wenn sie ihr Geld für einen wohltätigen Anlass nach dem anderen spendete, wo es so viele gab, die im normalen Leben kaum über die Runden kamen?
»Bitte, ignorier mich«, platzte Sydney heraus und zog sich ihr Flanellhemd enger um die Schultern. »Ich wollte nicht kompliziert sein. Ich weiß, dass du nur versuchst, mir zu helfen. Du verstehst hoffentlich, wie ich es meine.«
»Natürlich«, antwortete Kate. »Und ich hoffe, du verstehst auch, wie ich es meine. Für Max ist es keine große Sache, und ich dachte, es wäre schön, wenn Lydia etwas zur Erinnerung an das Resort hätte.«
Sydney seufzte und sah Kate an. »Wenn es dich freut und es auch ganz bestimmt keine Zumutung ist, wäre Lydia sicher entzückt von einem Geschenk.«
»Das ist schön.« Kate lächelte. »Ich zahle mal, und dann gehen wir zurück. Es wird langsam spät.«
Als Kate zur Kasse ging, trat Sydney dankbar zur Seite.
»Das hier alles, bitte.« Kate deutete auf das Aspirin, die Getränke und den Strampler. Sie holte ihre Brieftasche hervor und reichte dem Ladenbesitzer ihre eigene Kreditkarte. Sie wollte das Geschenk für Lydia lieber selbst kaufen und es nicht dadurch beschmutzen, dass sie es auf Max buchen ließ. »Ich möchte mit Karte zahlen.«
»Kein Problem«, antwortete die Frau hinter der Kasse, wickelte den Kauf ab und reichte Kate schließlich zwei Tüten. Sie waren graugrün, mit Kakteen bedruckt und rochen leicht nach Plastik. »Einen entspannten Abend wünsche ich!«
Kate nahm die Tüten und stieß vor der Tür auf Sydney. Es war wundervoll ruhig und friedlich und nicht so hektisch wie am Tag. Das Resort war in die hügelige Wüstenlandschaft gebaut, asphaltierte Wege verliefen im Zickzack hindurch, ohne zu weit in die Natur zu führen. Jeder Zentimeter war sorgfältig beleuchtet – ein Hauch von Romantik, ein entspannendes Dämmerlicht, das sich angenehm in die Nacht einfügte. Ein paar Tiere huschten über die Wege, und immer noch eilten die Angestellten hin und her, um den nie endenden Strom an Wünschen und Bedürfnissen der Gäste zu erfüllen.
Plaudernd betraten die beiden Frauen das Hotel, gingen an der fast menschenleeren Bar vorbei und steuerten auf die Aufzüge zu. Sydney zögerte vor einigen dekorativen Töpfen mit Sukkulenten und sah zu der Tasche an Kates Arm.
»Ich muss in diese Richtung«, sagte sie und nickte den Flur entlang. »Ab hier komme ich allein klar. Könntest du mir die Tasche über die Schulter hängen, damit ich Lydia nicht aufwecke?«
»Sei nicht albern, ich stelle sie dir in dein Zimmer«, erwiderte Kate. »Niemand wartet in meinem Bett.«
»Wenn es dir nichts ausmacht. Mein Zimmer ist … hier …« Sydney blieb vor einer Tür stehen, schob Lydia auf die Hüfte und die Schlüsselkarte in den Schlitz. »Ach, Mist. Ich habe vergessen, zusätzliche Kissen zu bestellen, das wollte ich schon den ganzen Abend machen.«
»Ich kann auf dem Rückweg an der Rezeption Bescheid geben, oder du rufst einfach an.«
»Nein, nein. Ich kümmere mich morgen darum. Ich hasse es, Umstände zu machen. Apropos, ganz, ganz herzlichen Dank für deine Hilfe. Du hast dir viel zu viel Mühe gemacht.«
Kate wartete im Flur, bis Sydney ihr mit einem Nicken bedeutete, hereinzukommen. Vorsichtig legte Kate die Windeltasche auf den Tisch bei der Tür und ließ den Blick durch den eher einfach eingerichteten Raum schweifen. »Überhaupt kein Problem. Hier ist der Strampler aus dem Laden, und ich habe noch ein Wasser für dich mitgenommen. Ich hasse Leitungswasser.«
Sydney war an ihren geröteten Wangen anzusehen, dass sie das Geschenk gern angenommen hätte, ihr Stolz jedoch Einspruch erhob. »Mir macht Leitungswasser nichts aus.«
Kate streckte ihr geduldig die Tüte entgegen.
»Na gut, Max«, meinte Sydney. »Also, vielen Dank. Ich freue mich wirklich sehr über das, was du für uns getan hast.«
Kate erwähnte nicht, dass sie selbst alles bezahlt hatte. Wessen Geld tatsächlich ausgegeben worden war, spielte nur für sie selbst eine Rolle. Sie sah zu, wie Sydney aus ein paar Kissen ein weiches Nest auf dem Bett errichtete. Sie legte die schlafende Lydia hinein, überprüfte, ob das Kind sicher lag, und drehte sich dann zurück zu Kate.
»Ich weiß nicht, wie ich dir für alles danken soll, was du für uns getan hast.« Tränen schimmerten in ihren Augen. »Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt, und ich weiß deine Freundlichkeit … wirklich sehr zu schätzen.«
Kate fühlte sich immer unwohler. Sie mochte diesen ganzen »Gefühlskram« ebenso wenig wie Max, und sie wusste auch nicht, wie sie damit umgehen sollte – mit ihren eigenen Emotionen oder denen anderer Menschen. »Das war doch gar nichts. Wirklich, ich war egoistisch. Ich verarbeite Trauer, indem ich Dinge kaufe, und da ich selbst keine Entschuldigung habe, Babykleidung zu kaufen, war Lydia der willkommene Anlass. Wenn du nichts mehr brauchst, gehe ich dann mal …«
Sydney eilte auf Kate zu und warf sich ihr mit geradezu kindlicher Freude um den Hals. Kate stand stocksteif da und fragte sich, ob das eine normale Reaktion auf ein billiges, oberflächliches Dreißig-Dollar-Geschenk war.
»Sydney, bitte, mach dir keine Gedanken«, sagte Kate. »Ich wollte dir nicht zu nahe treten …«
»Das bist du auch nicht.« Sydney schniefte und drückte Kate noch fester an sich. »Es ist so lange her, dass jemand etwas für mich oder Lydia getan hat, und das bedeutet mir so viel. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel.«
»Aber das war doch nichts Besonderes.« Kate löste sich von der jungen Frau, bevor auch sie emotional werden konnte. Etwas arbeitete in ihr, fast spürte sie Tränen aufsteigen, und sie verdrängte alles, indem sie abrupt den Kopf abwandte. Dann eilte sie Richtung Tür, bevor noch etwas sie aus der Bahn werfen konnte.
»Hey, Kate?«, rief Sydney ihr nach. »Ich hoffe … dass du morgen nicht nach New York zurückfliegst. Ich finde, du solltest die ganze Woche bleiben. Nicht wegen Max oder Whitney, sondern deinetwegen. Unseretwegen.«
Kate lächelte leicht. »Wenn ich bleibe, kommst du dann morgen mit zur Massage? Das Resort bietet sicher professionelle Kinderbetreuung an. Ich bezahle für beides. Oder Max.«
»Ich kann doch nicht …«
»Denk darüber nach.«
»Das werde ich«, gab Sydney nach. »Gute Nacht, Kate.«
»Gute Nacht.« Mit klappernden Absätzen entfernte sie sich von der emotionalen Bombe namens Sydney Banks.
Sydney schien die Beziehungen und Emotionen in der Gruppe von Frauen durcheinanderzuwirbeln, und keiner hätte sagen können, warum das so war. Mit Lulus Hilfe hatte sie zwei zerstrittene ehemals beste Freundinnen wieder zusammengebracht – wenn auch zaghaft –, ebenso wie ein paar Frauen, die wenig gemeinsam hatten außer Erinnerungen an bessere Zeiten und einer geteilten Wohnung im College. Vielleicht lag es an Sydneys Verletzlichkeit, der Freude und der Verzweiflung, der Hoffnung und dem Schmerz, die sie in sich vereinte. Viel zu viel für einen Menschen allein.
Wo ist dieser dämliche Ehemann?, fragte sich Kate zum hunderttausendsten Mal. Warum kümmert er sich nicht um seine Frau und sein Kind?
Sie konnte sich nicht zurückhalten. Ihre Füße trugen sie Richtung Rezeption. Im Gegensatz zu Sydney fiel Kate anderen Leuten gern zur Last. Sie hatte gesehen, dass die junge Frau alle Kissen für Lydia verwendet hatte, und nahm an, dass sie beide in dem Bett schlafen würden. Wenn Sydney mehr Kissen brauchte, sollte sie sie bekommen. Schließlich bezahlten sie genug für dieses verfluchte Spa.
»Hallo«, sagte Kate und lehnte sich gegen die auf Hochglanz polierte Rezeption. Sie wartete ungeduldig, bis die junge Angestellte aufsah, und dankte dem Himmel, dass es nicht dieselbe Frau war wie vor einigen Stunden, als Max sie genau hier verlassen und man ihr danach eine Flasche Champagner angeboten hatte. »Ich würde gern ein paar Extrakissen ins Zimmer von Sydney Banks bringen lassen.«
»Natürlich.« Die Angestellte lächelte und tippte etwas auf ihrer Tastatur. Dann hielt sie mit gerunzelter Stirn inne. »Äh, es tut mir leid, aber … Sind Sie Sydney Banks?«
»Nein, ich bin Kate Cross. Die Kissen sind für meine Freundin. Ich komme gerade aus ihrem Zimmer, und sie hat mich gebeten, nach ein paar Kissen für ihr Baby zu fragen.«
»Es tut mir leid, aber im Serenity Spa & Resort scheint niemand namens Sydney Banks zu wohnen.«
»Das kann nicht sein«, entgegnete Kate. »Ich komme gerade aus ihrem Zimmer. Sie wohnt in Nummer 114.«
Die Angestellte schüttelte den Kopf. »Bitte entschuldigen Sie, aber das kann nicht sein. In Zimmer 114 wohnt keine Sydney Banks – oder sonst irgendwo im Hotel.«
»Sie ist Gast der Banks/DeBleu-Hochzeit«, erklärte Kate. »Sie gehört zur Familie.«
»Und Sie sind sicher, dass das der vollständige Name ist?«
»Um Himmels willen, ja! Kann ich mit dem Manager sprechen?«
»Tut mir leid, er kümmert sich gerade um etwas anderes.«
»Na gut. Können Sie dann bitte ein paar Kissen in Zimmer 114 bringen lassen?«
»Tut mir leid, aber das Zimmer wurde bar bezahlt.«
»Und?«
»Wir brauchen eine Kreditkarte für zusätzliche Ausgaben.«
Kate verdrehte die Augen, nahm einen Fünfzig-Dollar-Schein aus ihrer Brieftasche und legte ihn nachdrücklich auf den Tresen. »Sorgen Sie dafür, dass die Frau in Zimmer 114 ihre Kissen bekommt, und überprüfen Sie noch mal, ob ihr Name richtig im System ist, ja? Das ist doch lächerlich.«
»Sicher, Ma’am«, antwortete die Angestellte. »Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten.«
Kate wartete nicht länger und ging davon. Sie brauchte dringend ein Aspirin und viel Wasser, außerdem musste sie ihre abendliche Pflegeprozedur beginnen, sonst würde sie morgen mit schrecklicher Haut und deprimierenden Tränensäcken unter den Augen aufwachen.
Erst bei den Aufzügen fiel ihr einiges an Sydneys Verhalten auf. Die nicht zusammenpassenden Geschichten über ihren Mann und warum sie sich getrennt hatten. Ein falscher Name im Hotel – wofür man sicher auch falsche Ausweispapiere brauchte. Das in bar bezahlte Zimmer. Der Umstand, dass sie weder Geld noch einen Job hatte, der sie für längere Zeit an einen Ort band.
Wenn sie wirklich Sydney Banks hieß und hier im Resort unter falschem Namen wohnte, hatte die junge Frau wohl etwas zu verbergen. Die meisten Menschen achteten nicht darauf, ihre Spuren zu verwischen, außer …
»Heilige Scheiße«, murmelte Kate und drückte die manikürten Fingernägel gegen die Stirn. »Sie ist auf der Flucht.«