Es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis die Nachricht aus London in Moskau ankam und schließlich den Lagerraum an Bord des russischen Frachters erreichte, wo Becker und die anderen besorgt warteten. Es war der BBC -World-Service, der die Nachricht zuerst verbreitete. Sie sprachen von unbestätigten Berichten über einen größeren terroristischen Zwischenfall am Flughafen Heathrow.
Becker überkam eine üble Vorahnung. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt, als Golowko einen Anruf von seinen Vorgesetzten entgegennahm. Das Gesicht des Russen war aschfahl, als er den Anruf beendete.
Golowko griff in seine Jacke, holte eine Zigarette heraus, zündete sie an und nahm einen Zug.
»Wie schlimm ist es?«, wollte Dalton wissen.
Er atmete eine graue Rauchwolke aus, sah die russischen FSB -Agenten um sich herum an und gab dann einen einzigen knappen Befehl auf Russisch. Sofort machten sie sich an die Arbeit, packten ihre Ausrüstung zusammen, trennten die Computer vom Netz und schalteten die Satellitenkommunikationsanlagen ab.
»Was zum Teufel ist hier los?«, fuhr Becker ihn an.
»Mein Team und ich wurden nach Moskau zurückbeordert«, erwiderte Golowko ernst. »Zwei von Vorsters Männern ist es gelungen, das Virus in Umlauf zu bringen, bevor die örtlichen Sicherheitskräfte sie abfangen konnten. Washington und London sind beide betroffen.«
»Mein Gott!«, stieß Dalton hervor und wandte sich entsetzt ab.
Golowko schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich bin nicht befugt, Ihnen mehr zu sagen. Ich verstoße so schon gegen das Protokoll.«
Er wollte weitergehen, aber Becker packte energisch seinen Arm. »Hier geht es nicht mehr um das Protokoll, Sergej. Also, wie schlimm steht es genau?«
Die Aktivitäten um sie herum kamen zum Stillstand, als die FSB -Agenten auf den Befehl warteten, ihn auszuschalten. Golowko begegnete Beckers forderndem Blick mit Gleichmut.
»Beide Flughäfen wurden abgeriegelt und der gesamte Flugverkehr eingestellt, aber es gibt keine Garantie, dass das Virus dadurch eingedämmt werden konnte. Und selbst wenn dies der Fall sein sollte, sind Tausende Menschen ihm bereits ausgesetzt worden. Das hier wird der schlimmste Terroranschlag in der Geschichte werden.«
Golowko befreite sich aus Beckers Griff und half seinen Kollegen bei den Vorbereitungen zur Abreise.
»Warum gehen Sie zurück nach Moskau?«, fragte Dalton, die sich von ihrem anfänglichen Schock erholt hatte. »Ihre Leute wissen mehr über dieses Virus als irgendjemand sonst auf der Welt. Wir müssen zusammenarbeiten, um es zu stoppen.«
»Es ist nicht aufzuhalten«, antwortete Golowko, ohne sie anzuschauen. »Es tut mir Leid. Unsere einzige Wahl ist jetzt Plan C.«
»Und der wäre?«
»Das Virus irgendwie überleben. Mein Land hat sich schon lange darauf vorbereitet. Es gibt Fallout-Schutzräume, Bunker, Orte, an denen genug Menschen überleben können, um die Gesellschaft wiederaufzubauen.«
»Das war’s also? Nach all dem hier wollen Sie einfach verschwinden?« Becker schäumte vor Wut.
Golowko starrte ihn an. »Unsere Aufgabe war zu verhindern, dass das Djatlow-Virus eingesetzt wird. Wir haben versagt. Glauben Sie mir, ich werde eine Menge zu verantworten haben, wenn ich nach Moskau zurückkehre.«
Er hielt einen Moment inne und seufzte. Sein Scheitern und dessen Folgen lasteten sichtlich auf ihm. Er gab sich keinen Illusionen hin, dass seine Vorgesetzten die heutigen Ereignisse mit Wohlwollen betrachten würden.
»Es tut mir leid. Und ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen.« Golowko seufzte. »Ich wünschte nur, es wäre genug gewesen.«
Dalton schaute sich bestürzt um und konnte immer noch nicht glauben, dass all ihre Arbeit umsonst gewesen war. »Was sollen wir denn jetzt tun?«
»Laufen Sie weg, so weit wie möglich und solange noch Zeit ist«, riet er ihr unverblümt. »Und danach … beten Sie.«