Die Sache mit den Verlusten

Wer spekuliert, verliert. Auch ich habe diese Erfahrung machen dürfen. Darum rate ich euch zu ETFs auf einen Index. Sie helfen dabei, Fehler zu vermeiden. Fehler, die auf Emotionen wie Angst und Gier zurückzuführen sind. Index-ETFs sind zudem sehr breit gestreut, was euer Risiko enorm reduziert.

Was bedeutet das eigentlich – Risiko? Das könnt ihr euch am besten anhand der folgenden Grafik vorstellen. Es bedeutet die Wahrscheinlichkeit, dass ein Resultat anders ausfällt als erwartet – und zwar auf negative Weise. Bei der Geldanlage: die Wahrscheinlichkeit, dass ihr weniger herausbekommt, als ihr eingezahlt habt. Aber auch, dass ihr andere, bessere Anlagemöglichkeiten verpasst, weil euer Geld in einer schlechteren Anlage gebunden ist, wäre ein Risiko.

Ich mag Risiken trotzdem. Denn erstens gehen sie mit Chancen einher. Und zweitens lernen wir sehr viel über uns selbst, wenn wir etwas riskieren. Man darf es nur nicht übertreiben mit der Risikofreude.

Als Börsenanfängerin habe ich gute und schlechte Erfahrungen gemacht. Eine echte Bauchlandung machte ich beispielsweise mit der Portugal Telekom Aktie (wurde umbenannt in Pharol). Mein Verlust betrug mehr als 95 Prozent – um diesen Verlust wieder auszugleichen, hätte sich der Aktienkurs um mehr als 1.900 Prozent erholen müssen.

Mein Fehler war, diese Aktie bis zum absoluten Tiefpunkt zu halten – und dann zu verkaufen, als es ohnehin zu spät war. Aber der Ärger über den krassen Kursverfall war zu groß. Unterschätzt niemals den psychischen Druck, den ihr beim Aktien­handel erlebt. Und kaum hatte ich verkauft, erholte die Aktie sich und machte einen beachtlichen Kurssprung nach oben ...

Auch anhand der Fieberkurve von Aktionären kann man gut erkennen, wieso so viele Menschen mit Einzelaktien verlieren und mit langweiligen Produkten wie Index-ETFs erfolgreicher wären.

Abb. 46: Die Aktionärs-Fieberkurve, Quelle: Matthias Kröner, Stephan Czajkowski: Kümmer dich um dein Geld, sonst tun es andere, FBV, S. 108

Die folgende Tabelle zeigt, warum Aktien es schwer haben, Verluste wieder einzuholen:

Tabelle 5: Warum Aktien es schwer haben, Verluste wieder einzuholen, Quelle: Wieland Arlt, Risiko- und Money-Management simplified, FBV, S.41

Interessant ist, dass bei einem Kurseinbruch von 50 Prozent ein Kurszuwachs von 100 Prozent erfolgen muss, damit der Aktionär keinen Verlust erleidet. Ihr denkt sicherlich, dass ein Verlust von bis zu 95 Prozent selten ist, oder? Er ist tatsächlich nicht die Regel. Aber man muss damit rechnen. Denkt an Nokia!

Erinnert ihr euch noch, wie viele Nokia-Handys es noch vor ein paar Jahren gab? Die Aktie verlor ausgehend von ihrem Allzeit­hoch bei 65,30 Euro im Jahr 2000 bis zu ihrem Tief im Jahr 2004 mehr als 86 Prozent ihres Wertes. Es folgte eine Erholung auf 28 Euro im Jahr 2007, bis sie schließlich auf 1,33 Euro im Jahr 2012 abstürzte. Fast 90 Prozent ihres Wertes waren vernichtet.

Die Allianz ist auch ein gutes Beispiel: Die Aktie ist erstens Teil des DAX – und zweitens verlor sie von ihrem Allzeithoch im Jahr 2000 bei 445 Euro bis zu ihrem Tief im Jahr 2008 bei 45 Euro 90 Prozent ihres Wertes.

Der Aktienindex DAX verlor innerhalb von nur drei Jahren auch immerhin 70 Prozent seines Wertes – von seinem Allzeithoch im Jahr 2000 mit 8.136 Punkten bis zu seinem Tief im Jahr 2003 mit 2.188 Punkten. Er erreichte aber schon 2007 ein neues Allzeithoch mit 8.151 Punkten. Nach nur vier Jahren schaffte es der DAX also, die erlittenen Verluste komplett auszugleichen. Dann kam das Jahr 2007 – und zack, eine weitere Krise, der DAX stürzte wieder 55 Prozent ab. Es dauerte bis 2013, bis er sich von dem Kurseinbruch wieder komplett erholt hatte. Aber er schaffte es.

Diese Beispiele zeigen, dass es eine Einzelaktie im Vergleich zu einem Index schwerer hat, aus Krisen wieder herauszukommen. Darum Vorsicht mit Einzelaktien. Als Basis für euren Vermögensaufbau sind sie ungeeignet. Wenn ihr schon einiges gespart habt, dann könnt ihr mit Aktien anfangen (später mehr dazu, wie viel Kapital ihr dafür haben solltet).

Auf jeden Fall müsst ihr mit Stop-Loss-Orders euer Risiko nach unten begrenzen. Denn man kann nicht in die Zukunft blicken und weiß nie, wann die Trendwende wieder erreicht wird. Ein eingesparter Verlust ist schließlich auch ein Gewinn. Mit einer Stop-Loss-Order ist es euch möglich, euer Risiko zu begrenzen – es ohne großen Aufwand zu managen.