XII

Der General übernimmt das
Kommando

Der Direktor ist richtig wütend.

Mercurio hat den Blick gesenkt und verteidigt sich nicht. Er zieht es vor, den Kopf einzuziehen und auf das Gewitter zu warten. Er weiß, dass es sich um eine schwerwiegende Anschuldigung handelt. Einen Schüler anzurühren zieht ernste Konsequenzen nach sich.

»Was hast du dir dabei gedacht, einen Schüler zu schlagen, Mercurio?«

»Er hat ihn nicht geschlagen«, antworte ich, bevor der arme Mercurio den Mund aufmachen kann.

»Du redest nur, wenn du gefragt wirst, Arturo, verstanden?«

»Ja, Señor«, sage ich kleinlaut.

Der Direktor steht auf und kommt um seinen Schreibtisch herum. Er wartet darauf, dass Mercurio alles erklärt. Aber Mercurio schweigt.

»Weißt du nicht, dass die Schule dadurch große Schwierigkeiten bekommen kann?«

»Es tut mir leid … wirklich sehr leid«, murmelt Mercurio.

»Natürlich tut dir das leid! Aber jetzt müssen wir an die Konsequenzen denken, die das für uns haben kann. Es sei denn, Horacio wäre bereit, die Angelegenheit zu vergessen.«

»Das kann ich nicht«, sagt Horacio. »Ich fühle mich gedemütigt. Er hat mich vor meinen Freunden geschlagen. Ich kann nicht einfach vergessen, was er mir angetan hat.«

»Aber es ist doch gar nichts passiert!«, rufe ich empört. »Du übertreibst maßlos!«

»Arturo! Zum letzten Mal, hör auf, dazwischenzureden!«

»Ja, Señor, ich sag ja schon nichts mehr. Aber er lügt, damit Sie’s wissen!«

»Raus mit dir! Ab in deine Klasse! Und richte deinem Vater aus, er soll morgen zu mir kommen. Ich möchte mit ihm reden!«

Horacio grinst. Er hat erreicht, was er wollte.

Als ich in die Klasse komme, starren mich alle an. Ich setze mich auf meinen Platz neben Metáfora. Sie wartet, bis ich ihr von mir aus erzähle, was passiert ist.

»Ich glaube, sie werden ihn entlassen! Horacio hat total übertrieben. Er will sogar die Schule verklagen. Das ist doch total ungerecht!«

»Was hat er eigentlich gegen Mercurio?«

»Mercurio ist mein Freund, das ist alles. Horacio hasst mich und macht alles Mögliche, nur um mir zu schaden. Er geht auf jeden los, der etwas mit mir zu tun hat.«

»Und warum hasst er dich? Hast du ihm mal irgendwas getan?«

»Nein, ehrlich nicht! Ich weiß nicht, warum er mich nicht ausstehen kann. Das war schon immer so.«

»Arturo, ich sehe, dass du etwas zu erzählen hast«, sagt der Sachkundelehrer. »Willst du uns nicht alle daran teilhaben lassen?«

»Nein, Señor, tut mir leid. Ich bin schon still.«

Kurz darauf kommt Horacio triumphierend zurück. In der Klasse wird es unruhig. Seine Freunde begrüßen ihn, als hätte er einen Preis gewonnen.

»He, Arturo«, sagt er zu mir. »Ich hab gehört, du fliegst endlich von der Schule!«

»Wir werden dich vermissen«, ergänzt Emilio spöttisch. »Dann haben wir keinen mehr, über den wir lachen können. Wir müssen uns wohl einen anderen suchen.«

»Das Problem ist nur, wir werden keinen mit einem Drachenkopf finden!«

»Drachenkopf!, Drachenkopf!«

* * *

Als Metáfora und ich in die Stiftung kommen, treffen wir Sombra. Er wirkt nervös.

»Was ist los?«, frage ich ihn. »Ist etwas passiert?«

»Ach nein, nichts weiter.«

»Komm schon, Sombra, uns kannst du vertrauen«, drängt ihn Metáfora. »Du weißt doch, wir sagen es nicht weiter.«

»Na, ich will mich ja nicht beklagen, aber …«

»Was ist los?«

»Der General kommandiert mich den ganzen Tag rum«, schimpft Sombra. »Meint, ich bin nur für ihn da. Der denkt wohl, ich wäre einer seiner Soldaten.«

»Komm, reg dich nicht auf«, versuche ich, ihn zu beruhigen.

»Jetzt will er in den Keller! Sagt, er muss sich die Waffen ansehen, die wir da aufbewahren. Er ist immer noch felsenfest davon überzeugt, dass er was über diese verdammte Schwarze Armee rauskriegen kann! Stell dir vor! Als hätte es die irgendwann mal tatsächlich gegeben!«

»Aber wo liegt das Problem?«, frage ich. »Zeig ihm den Keller, und fertig! Schließlich hat mein Vater ihm die Erlaubnis gegeben, sich alles anzusehen. Lass ihn doch ruhig nach etwas suchen, das es nicht gibt.«

»Also wirklich, das hat mir gerade noch gefehlt! Jetzt stellst du dich auch noch auf seine Seite! Klar, hier kann mich jeder rumkommandieren!«

»Unsinn, Sombra!«, beschwichtige ich ihn. »Zeig ihm, was er sehen will, dann hast du’s hinter dir.«

»Übrigens, ich würde mir das alles auch gerne mal ansehen«, sagt Metáfora. »Da unten muss es wunderbare Dinge geben!«

»Klar, am besten, die ganze Stadt kommt her und besichtigt unseren Keller!«, schimpft Sombra im Weggehen vor sich hin.