Schweigend standen die Männer in einer Reihe da, die brennenden Fackeln hoch über ihre Köpfe erhoben.
»Wir werden weitersuchen bis Baits Bite, sobald der Leichnam abtransportiert wurde«, wandte sich Brooke wieder an die Männer, wie er es eine Stunde zuvor schon einmal getan hatte. »Es könnte noch weitere Beweismittel geben. Aber bis dahin gehen Sie zurück zur Great Bridge; holen Sie sich etwas Heißes zu trinken. Hier ist einiges zu erledigen, das wird eine Weile dauern.«
Widerstrebend zogen die Helfer ab, bis nur ein alter Mann zurückblieb, der immer noch den Kopf zum Gebet gesenkt hielt.
Zwei Constables wurden angewiesen, die Stelle zu bewachen und Sturmlaternen auf dem glitzernden Kies neben der Leiche aufzustellen. Als Brooke sich bückte, um einen Docht einzustellen, sah er zum ersten Mal das Gesicht des Kindes: ein Auge glasig, als wäre es mit Eis überzogen, blutleere Lippen, die kleine Milchzähne offenbarten. Und etwas glitzerte an seinem Mantel; eine kleine Emailplakette, auf der eine goldene Kanone vor rotem Hintergrund abgebildet war.
Abrupt erloschen die Suchscheinwerfer in Ermangelung von Energie, sodass die Laternen wie eine Oase des Lichts mitten im Flussbett leuchteten. Überall in der Stadt begannen Glocken, die Stunde zu läuten.
Brooke schickte einen der Constables zu dem nahen Heim des Polizeipathologen Dr. Henry Comfort, ein Akademiker, der im Galen Anatomy Building lehrte, gerade ein paar hundert Yards vom Spinning House entfernt. Diese doppelte Berufung folgte einer Tradition, die bis zur Jahrhundertwende zurückreichte und in goldenen Buchstaben auf einer Tafel im Spinning House festgehalten wurde. Dr. Comfort hatte strikte Regeln: Er würde das Opfer vor Ort untersuchen, ehe er die Erlaubnis zum Abtransport in seine Leichenhalle erteilte. Sean Flynn würde noch ein wenig länger in seinem flachen Grab liegen müssen.
Ein Constable kam von stromaufwärts herbei und wedelte mit einer glühenden Fackel. Sie hatten oben bei Mill Pond etwas gefunden, verheddert in einem rostigen Fahrrad. Brooke brauchte zwanzig Minuten, um das Flussbett wieder hinaufzugehen. An der Great Bridge hatte sich inzwischen eine große Menschenmenge angesammelt, die schweigend beobachtete. Als er unter dem eleganten Bogen der Mathematiker-Brücke hindurchging, sah Brooke, dass weiter vorn brennende Fackeln kreisförmig in das Kiesbett gerammt worden waren, rund um das Gerippe eines alten Fahrrads unter der Silver Street Bridge. An der Stelle führten einige Stufen von der Brücke hinab zu einem kleinen hölzernen Steg, an dem ein Stocherkahn und zwei Dingis festgemacht waren, die nun mit Schlagseite auf den Steinen lagen.
»Beim ersten Mal haben wir es übersehen«, berichtete der Constable, der dort postiert worden war, um die Treppe von Mill Pond zu bewachen. »Aber ich habe mich noch einmal umgesehen.«
Unter einem Rad konnte Brooke einen Leinensack sehen, der dem glich, in dem das Kind gelegen hatte, doch dieser war über und über mit einer Substanz befleckt, bei der es sich um Blut handeln mochte. Eine Taschenlampe, dicht an das Gewebe gehalten, förderte die tatsächliche Farbe zutage, ein kräftiges Rostrot. Vorsichtig zupfte Brooke an einer Stoffkante und hob sie sacht an, bis ein schweres Objekt herausfiel. Er wich zurück und erkannte einen beidseitigen Schraubenschlüssel von einem Fuß Länge. Das Firmenzeichen des Herstellers war tief in das Metall geprägt – STANLEY TOOLS –, die Oberfläche mit einer eleganten Kreuzschraffur verziert. Etwas Dunkles, möglicherweise mehr Blut, hatte sich in der Aufschrift festgesetzt.
An einem Ende des Schraubenschlüssels war ein Stück starker Schnur befestigt, an der ein scheinbar unbeschriftetes Etikett hing. Brooke zog seinen Füller hervor und benutzte ein Ende dazu, das Etikett umzudrehen: Feucht, entfärbt, aber immer noch lesbar stand dort in einer verschnörkelten weiblichen Schrift der Name Sean Flynn, gefolgt von der Adresse der St. Alban’s Church.
Darunter, mit Bleistift gekritzelt, eine kurze Botschaft: Bis bald, Mum.