Stöhnend kam Axel am nächsten Morgen zu sich. Er rollte sich zur Seite, spürte entsetzt, wie der Boden unter ihm verschwand, und stürzte über eine Kante in die Tiefe. Kühles Wasser schlug über ihm zusammen und drang in seine Nase und seinen Mund.
Nach einer Schrecksekunde versuchte er, sich wieder nach oben an die Luft zu kämpfen. Aber wo war oben? Er konnte sich nicht orientieren. Erst jetzt bemerkte der Knickerbocker, dass er die Augen reflexartig geschlossen hatte. Er zwang sich, sie zu öffnen.
Licht! Rechts über ihm war Licht. Dort musste er hin. Zwei Schwimmzüge und er hatte es geschafft. Sein Kopf durchstieß die Wasseroberfläche. Keuchend rang er nach Luft, hustete und spuckte. Irgendwie schaffte er es, zum Ufer zu kraulen und sich an Land zu ziehen. Noch immer heftig schnaufend sah er sich um. Er erkannte den langen Steg und das pyramidenförmige Haus von Dr. Linta. Wie war er hierhergekommen?
Stück für Stück erinnerte er sich daran, was am Abend zuvor passiert war. Aber wo waren die anderen? Wo waren Lilo, Poppi und Dominik? Er öffnete den Mund und rief ihre Namen. Doch es kam keine Antwort.
Was soll ich nur tun?, dachte Axel verzweifelt.
Fast zur gleichen Zeit erwachten auch die anderen drei Knickerbocker. Rund um sie war es brütend heiß. Die Luft roch nach verfaulten Pflanzen. Das Licht fiel nur in dünnen Streifen auf sie. Als Lilo die Augen öffnete, sah sie glitzernden Staub vor sich in der Luft tanzen.
„Lilo?“, hörte sie Dominiks Stimme. „Lebst du?“
„Ja, aber mir tut alles so schrecklich weh“, stöhnte Lilo. In ihrem Kopf brummte es, als hätte jemand mit dem Hammer daraufgeschlagen. „Was ist mit Poppi und Axel?“, wollte sie wissen.
„Ich bin da“, meldete sich Poppi.
„Aber Axel nicht!“, bemerkte Dominik.
„Was?!“ Lilo richtete sich auf, bereute es aber sofort. Das Pochen hinter ihrer Stirn warf sie fast wieder um.
„Wir … wir sind eingeschlossen … in einer Kiste“, erklärte Dominik, der schon seit ein paar Minuten wieder bei Bewusstsein war.
„Aber … wo sind wir? Wieso sind wir hier eingesperrt?“, murmelte Lilo. Sie richtete sich auf und sah sich um.
Sie saßen tatsächlich in einer riesigen Kiste. Sie war so groß wie ein Badezimmer, doch nicht hoch genug, um darin zu stehen.
Durch eine breite Ritze zwischen den Brettern spähte Lilo nach draußen.
„Was siehst du?“, wollte Dominik wissen.
„Militärzelte … und … Männer in Tarnanzügen …“, berichtete Lilo leise.
„Soldaten?“, wunderte sich Dominik.
Lilo zuckte mit den Schultern. „Sieht eher nach einer Sondereinheit aus. Sie haben keine Waffen, soweit ich das erkennen kann.“
„Wieso haben sie uns in diese Kiste gesperrt?“, wimmerte Poppi. Sie hatte das Gefühl, zu wenig Luft zu bekommen. Sie musste hier raus!
Plötzlich hörten die Knickerbocker eine schnittige Stimme in der Nähe der Kiste: „Herr General, melde mich zur Stelle.“
„Johnson, wieso wurden diese Kinder hergebracht?“, erwiderte eine Stimme, die offenbar dem General gehörte.
„Befehl von Leutnant Trasher. Sie sollen entscheiden, was mit ihnen geschieht“, erwiderte der andere zackig.
„Ich soll das tun? Wie stellt er sich das vor? Was haben wir mit den anderen beiden Mitwissern gemacht?“
Der Soldat zögerte. „Wir haben nie … also …“
„Wieso stottern Sie so herum? Sagen Sie schon!“
Eine weitere Stimme kam dazu, grüßte ebenfalls zackig und erstattete dann Meldung: „Die Operation Schatzsuche kann beginnen.“
Der General schien zufrieden. „Endlich. Geben Sie den Befehl zu starten. Ich komme sofort. Vorher muss ich aber noch etwas erledigen.“
Die drei Knickerbocker hielten die Luft an. Jetzt würde also über ihr weiteres Schicksal entschieden werden.
Axel überlegte angestrengt, was er unternehmen sollte. Schließlich beschloss er, sich in Dr. Lintas Haus umzusehen. Vielleicht fand er ja doch noch Hinweise darauf, wohin sie und der Professor verschleppt worden waren.
„Oh Mann!“, stöhnte Axel, als er Dr. Lintas Arbeitszimmer im ersten Stock betrat. Das Zimmer war total verwüstet. Alle Bücher waren aus den Regalen gerissen und die Inhalte der Schreibtischschubladen über den Boden verteilt worden. Wer auch immer hier gewütet hatte, hatte es sehr gründlich getan.
Axel ging noch einen Stock höher in das Schlafzimmer der Forscherin. Hier sah es etwas ordentlicher aus. Er öffnete einige Schranktüren und Schubladen, konnte aber nichts Interessantes entdecken. Erschöpft ließ er sich aufs Bett sinken. Er war noch immer ganz schön mitgenommen.
Als sein Kopf das Kopfkissen berührte, stutzte Axel. Was war das? Er griff unter das Kissen und zog ein aufgeschlagenes Buch hervor. Er warf einen Blick auf den Titel und hob die Augenbrauen. Sonderbar. Wieso interessierte sich Dr. Linta für …? Augenblick mal! Axel ging ein Licht auf.