Kapitel 41

  

Als Jae Tang zu seiner Einheit zurückgekehrt war, bemerkte er, dass Sobong und Pae fehlten. Also fragte er Che: »Wo sind Sobong und Pae?«

Che zuckte mit den Schultern. »Unbekannt.«

Tang nickte. »Ich werde zusammen mit Kae die Waggons nach ihnen absuchen.«

»Dafür haben wir keine Zeit«, sagte Che. »Unser primäres Missionsziel besteht darin, Doktor Bosshart von diesem Zug zu schaffen. Wir haben das erste Zeitfenster für die Exfiltration verloren und können es uns nicht leisten, auch noch das zweite zu verlieren.«

»Verstanden.«

»Nimm Kae mit nach oben und sorgt dafür, dass der Bereich für die Evakuierung frei ist. Die Tatsache, dass Sobong und Pae verschwunden sind, gefällt mir nicht.«

»Glaubst du, es gibt feindliche Elemente an Bord?«

»Ich denke, die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Aber wir haben keine Zeit, die Umstände genauer zu untersuchen.« Er sah auf seine Uhr. »Der Zug sollte in weniger als drei Minuten den Tunnel verlassen haben.« Dann sah er wieder zu Tang. »Ma und ich werden Bosshart für den Abtransport vorbereiten.«

Tang nickte. »Verstanden.«

Nachdem Tang Chul Kae mit einer Geste herangewunken hatte, ihm zu der Plattform zwischen den Waggons zu folgen, sicherte Kae seine Waffe am Rücken und begann, die Leiter hinaufzusteigen. Tang, der Wache stand, hielt seine Waffe auf den Rand des Zugdaches gerichtet, um ihnen Deckung zu geben.

Während die Zeit immer knapper wurde, kletterte Chul Kae Sprosse um Sprosse hinauf und erreichte schließlich das Dach.

  

***

  

Das Ende des Tunnels war nun in Sichtweite, ein Lichtschein, der mit jedem Moment größer wurde und bereits genug Helligkeit spendete, um Chul Kae das Seil bemerken zu lassen, welches an der Führungsschiene auf dem Dach befestigt worden war und nun zerrissen herumflatterte. Das also war der Grund, weshalb der Helikopter nicht mehr rechtzeitig zurückziehen konnte und gegen das Bergmassiv geprallt war. Dann hatte Che also recht in seiner Annahme, dass irgendjemand an Bord dieses Zuges versuchte, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen, indem er absichtlich den Hubschrauber mit dem Zug verbunden hatte, um ihre Chancen zu verringern, damit entkommen zu können.

Und nicht nur das, es fehlten immer noch zwei ihrer Kameraden.

Chul Kae stieg die Leiter hinunter, drehte sich zu Tang um und schrie über das Rattern der Zugräder auf den Schienen hinweg: »Che hatte recht!«

»Womit?«

»Jemand an Bord dieses Zuges versucht, uns an der Durchführung unserer Mission zu hindern.«

Dann riss Chul Kae die Tür zu Waggon G auf, rief nach Che und informierte ihn über seine Entdeckung.

»Bist du dir sicher?«

Chul Kae erzählte ihm von dem Seil, welches entweder während der Kollision des Hubschraubers mit der Felswand oder kurz zuvor gerissen war.

Che mahlte so stark mit den Zähnen, dass man seine Kiefermuskeln arbeiten sah. Es befand sich also ein erfahrener Gegenspieler an Bord, sagte er sich. Ein Elitesoldat, der methodisch Uk Sobong und Myung Pae ausgeschaltet hatte.

Che sah aus dem Fenster. Die Wände des Tunnels badeten bereits im hellen Tageslicht, denn der Tunnel hatte beinahe sein Ende erreicht.

Sie mussten Bosshart zusammen mit dem Behälter hinauf aufs Dach schaffen, wo der zweite Mil Mi-24 auf sie warten würde.

Das zweite Zeitfenster öffnete sich, aber nur für eine kurze Weile.

Und die Gefahr blieb bestehen. Vielleicht beobachtete sie dieser Mann bereits aus dem Verborgenen.

Es musste sich um einen großartigen Kämpfer handeln.

Che stieß Ásbjörn Bosshart auf die Tür zu der Plattform zu und gab seinem Team die Anweisung, nach jeglicher Gefahr Ausschau zu halten.

Nur, weil sie niemanden sahen …

… bedeutete das nicht, dass die Gefahr nicht sie sah.