Kapitel Drei­und­fünfzig
Ein letztes Mal checkte Eric alles, blies noch die Kerzen in Brendas Zimmer aus, schnappte sich ihren Schlüssel und machte sich auf den Weg zu seinem Auto. Ihm blieb fast das Herz stehen und er starrte panisch auf die Tür. Oh Gott, die Cops waren zurück.
Eric hörte dann, wie ein Schlüssel in das Schloss der Wohnungstür geschoben wurde. Waren das die Cops? Unmöglich, die mussten sich ankündigen. Eric hastete zur Tür von Brendas Zimmer und schloss sie hinter sich, ließ aber einen Spalt offen. Jemand betrat die Wohnung.
„Verdammte Scheiße!“, zischte Eric leise.
Scheiße, Shit, Mist, Fuck!
Was zum Teufel sollte er jetzt tun? Er lugte durch den Türspalt und beobachtete eine junge Frau, wie sie die Wohnung betrat. Das muss Cynthia sein, dachte Eric. Shit, die sollte doch für ein paar Tage weg sein? Cynthia hielt inne und starrte in den Flur. Ihre Augen verengten sich fragend. Sicher vermisste sie den Teppich, der noch vor Kurzem den Flur geziert hatte. Stirnrunzelnd erblickte sie eine einsame Kerze auf dem Sideboard im Vorzimmer. Sie war beinahe abgebrannt. Die Müllsäcke in der Ecke neben der Eingangstür hatte sie übersehen.
„Hey, Brenda, was ist los, gab es wieder einen Stromausfall? Oder wolltest du es nur romantisch haben.“
Sie wartete ein paar Sekunden.
„Hey, bist du zu Hause? Brenda, hallo? Willst du uns abfackeln?“
Cynthia ging auf Brendas Zimmertür zu. Eric ballte seine Fäuste. Panik! Er wich zurück, stolperte und fiel aufs Bett. Als Cynthia das hässliche Quietschen hörte, hielt sie inne und grinste hämisch. Kopfschüttelnd ging sie schließlich in Richtung des anderen Raumes.
„Endlich wird sie auch mal so richtig durchgevögelt. Vielleicht ist sie dann in der nächsten Zeit etwas entspannter“, murmelte sie und verschwand in ihrem eigenen Zimmer.
Erich atmete erleichtert auf. Doch wer schon einmal mit einem Flipperautomaten gespielt hatte, kannte das Wort Tilt. Wenn nämlich bei einem Flipper gar nichts mehr ging, kein Hebel mehr reagierte und man machtlos zusehen musste, wie die Kugel in den Abgrund fiel, das war Tilt. Und genau das lief gerade in Erics Kopf ab. Er musste hier raus. Schnell. Egal, ob da im Bad eine blutüberströmte Leiche lag oder nicht.
Er
wollte
hier
raus.
Sofort.
Ohne weiter über die Konsequenzen nachzudenken, setzte Eric zur Flucht an. Er schlüpfte leise aus Brendas Zimmer und schlich, so schnell und lautlos er konnte, zur Eingangstür. Fast hätte er es auch geschafft. Nur ein paar Sekunden zu früh öffnete Cynthia wieder die Tür und trat in den Flur. Die blonde Frau starrte ihn entgeistert an. Sie hielt einen Augenblick inne. Erics Herz schlug ihm bis zum Hals. Jetzt steckte er wirklich bis zum Hals in der Scheiße. Dann lächelte Cynthia und klatschte.
„Wow, nicht schlecht …“
Sie musterte Eric und während sie auf ihn zuging, wanderte ihr Blick einmal von Kopf bis Fuß. Sie schürzte die Lippen, als ob Eric ein schmackhaftes Dessert wäre, wofür man schon mal ein wenig sündigen konnte.
„Cynthia? Richtig?“, mehr brachte Eric nicht über die Lippen.
„Wer hätte gedacht, dass Brenda sich so einen knackigen Mann angeln kann. Respekt.“
In diesem Augenblick drang ein lautes Stöhnen aus dem Badezimmer. Die Frau wandte sich um.
„Na, du musst es ihr aber ordentlich besorgt haben, wenn sie noch immer stöhnt, obwohl du gar nicht mehr dabei bist. Oder bist du einfach gegangen und sie muss jetzt alleine fertig machen.“
Eric war fassungslos. Er hatte sich das also nicht eingebildet. Cynthia hatte das Stöhnen auch gehört. Brenda lebte noch.
Die Frau wandte sich ab und ging in Richtung Badezimmer.
„Nein! Geh da nicht rein!“, rief Eric ihr nach.
„Warum nicht? Welchen Fetisch habt ihr zwei denn, von dem ich nichts wissen darf?“
Sie blieb stehen, drehte sich um und blickte ihn lüstern an.
„Ich bin ein sehr böses Mädchen, ich glaube nicht, dass ihr zwei Dinge getan habt, die mich schockieren könnten.“
Allmächtiger Gott, dachte Eric. Sie hatte keine Ahnung.
„Da bin ich jetzt aber neugierig“, sagte sie, drehte auf dem Absatz um und ehe Eric sie aufhalten konnte, hatte sie die Tür zum Badezimmer geöffnet.