Daphnes Mund stand weit offen. Sie sah zur Tür. Mindestens vier Schatten erkannte sie durch das dunkle Glas. Sie drehte sich um und starrte Nathan panisch an.
„Schatz, was machen wir jetzt?“
„Geh zur Tür und sprich mit den Cops. Aber … halte sie auf. Solange du kannst – und ich werde … ich werde Eric wegschaffen.“
Daphne schluckte. Nathan ging rasch den Flur zum Gästezimmer hinab.
„Miami Police Department! Öffnen Sie sofort die Tür. Wir haben einen Durchsuchungsbefehl.“
Daphnes Beine zitterten so stark, dass sie kaum geradeaus gehen konnte, als sie zur Eingangstür ging. Sie wollte nur in die Sicherheit von Nathans Armen zurücklaufen, die Augen schließen und hoffen, dass sie sogleich aus diesen Albtraum aufwachen würde. Aber das würde sie nicht. Und es blieb ihr keine Zeit für weitere Sentimentalitäten. Sie musste jetzt die Cops ablenken, damit Nathan genug Zeit hatte, die Leiche wegzuschaffen.
Daphne sah noch ein letztes Mal hinter sich, Nathan winkte ihr hastig zu. Dann wieder die Rufe und ein Hämmern gegen die Tür.
„Letzte Warnung! Polizei, machen Sie auf. Öffnen Sie sofort
oder wir brechen die Tür auf.“
Daphnes Hand zitterte. Sie zog die Tür nur einen Spalt weit auf, sodass sie hinausschauen konnte, aber die Polizisten nicht in den Flur sehen konnten. Sie erkannte zwei Polizeiwagen mit Blaulicht in ihrer Einfahrt und vier Männer. Zwei in Zivil, zwei in Uniform.
„H-hi, was um Himmels Willen ist geschehen? Hier muss ein Irrtum vorliegen.“
Der erste Mann trat vor. „Daphne Russel?“
Sie nickte erstaunt. Sie musste sich zusammenreißen, nicht sofort in Tränen auszubrechen?
„Ja. Was kann ich für Sie tun, Officer?“, antwortete Daphne leise.
„Detective, Ma’am“, besserte sie Vasquez aus. „Ich bin Detective Julio Vasquez, Sie müssen zur Seite gehen und uns in das Haus lassen.“
„Aber, warum? Was ist denn los? Ich kenne meine Rechte, ich habe nichts getan.“
Daphne befürchtete, dass die Hölle im nächsten Moment aufgehen und sie verschlingen würde für diese Lüge.
„Ma’am, wir haben einen Haftbefehl für …“
„M-mich? Nein, ich … ich … ich kann nicht …“
„Ma’am, er ist für Ihren Ehemann. Wir haben einen Haftbefehl für Eric Steve Russel“, sagte Vasquez und das ließ einen kurzen Hoffnungsschimmer in ihr aufflammen. Es ging gar nicht um sie. Nur warum Eric? Daphne war verwirrt. Nathan hatte gesagt, die White-Collar-Ermittlungen seien eingestellt worden.
„Mein Mann? Eric? Was? Was hat er getan?“
„Ma’am, es steht mir nicht zu, Ihnen diese Informationen zum jetzigen Zeitpunkt zukommen zu lassen. Wir sind in einer laufenden Ermittlung. Ihr Mann muss umgehend mit uns aufs Revier kommen.“
„Eric, er ist … ah mein Mann ist nicht zu Hause.“
„Und Sie sollten auch mitkommen.“
„Ich? Aufs Revier? Wozu ich, um alles in der Welt?“
„Für Ihren Mann, Ma’am. Ich gehe davon aus, dass er Kaution beantragen will, die Sie für ihn auslegen werden.“
Vasquez’ Gesicht machte im gleichen Augenblick aber klar, dass er einer Kaution wenig Chancen einräumte.
„Ma’am. Sie müssen uns jetzt reinlassen, damit wir unseren Job machen können. Wenn Sie sich noch länger weigern, uns zu öffnen, dann ist das Behinderung der Justiz und ich muss auch Sie verhaften.“
Vasquez war einen Schritt auf Daphne zugegangen und hatte die Tür aufgedrückt.
„Was? Nein.“ Daphne stolperte schockiert zurück. Sie blickte nach hinten und sah dasselbe, was Vasquez auch sah. Die Leiche von Eric lag noch immer im Flur. Völlig unangetastet.