Kapitel 37

L unis hat gesagt, dass ich dich glücklich mache«, meinte Wilder zu Sophia, als sie durch den Sand stapften, hinauf zum Handleseladen an der Strandpromenade von Santa Monica. Er war die Fassade für das Haus der Vierzehn und der Weg, den die meisten hinein nahmen. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob Wilder das Gebäude betreten konnte, aber sie vermutete, dass es so war. In einer Vision aus der Vergangenheit, als sie den Token benutzte, hatte Sophia Hiker Wallace in der Kammer des Baumes gesehen, also schloss sie daraus, dass auch andere Drachenreiter der Elite in der Lage sein müssten, hineinzukommen.

»Natürlich machst du mich glücklich.« Sie wurde leicht rot. »Warum sollte ich sonst mit dir zusammen sein?«

Er strich sich mit den Fingern durch die Haare und ruckte mit dem Kopf zur Seite. »Wegen meines Kopfes mit den tollen Locken.«

Sie schüttelte den Kopf. »Und deinem riesigen Ego.«

»Bescheidenheit war noch nie etwas für mich«, stimmte er zu.

Vor dem heruntergekommenen Handleseladen hielt Sophia inne, um sich zu vergewissern, dass ihnen niemand große Aufmerksamkeit schenkte. Der Laden war so gestaltet, dass es so aussah, als ob alle, die den Laden betraten, zu Fuß kamen und nicht auf anderen geheimen Wegen. Das war am besten so, damit die Sterblichen nicht mit der Hand an der Tür hingen und hofften, dass sie sich für sie öffnete, so wie es für die Royals und andere, die das Haus der Vierzehn betreten konnten, der Fall war.

»Ich hatte erwartet, dass das Haus der Vierzehn etwas größer wäre als ein Handleseladen«, kommentierte Wilder, während er das kleine zweistöckige Gebäude betrachtete, das zwischen einem Souvenirladen und einem Restaurant mit Bar an der Strandpromenade lag.

»Wie kommst du darauf?« Sophia hob ihre Hand, um sie an die Tür zu legen und so den Zutritt zu ermöglichen.

»Nun, weil Vater Zeit in einem Pfandhaus in der Roya Lane wohnt und wir gerade die Expertin für magische Kreaturen in einem Zirkuszelt gefunden haben.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Eigentlich sind die Fantastischen Waffen Papa Creolas Hauptquartier, aber ich könnte mir vorstellen, dass man sie mit einem Pfandhaus verwechseln könnte. Aber nein, das ist nur ein Trugbild für das Haus der Vierzehn. Es ist bekannt, dass die Royals Feinde haben, also muss das Haus, genau wie die Drachenelite, seinen Standort verborgen halten.«

»Sollen wir dann?« Wilder streckte ihr seinen Arm entgegen.

Sie nickte und drückte ihre Hand auf die Ladentür, sodass sie sofort aufschwang.

Als Sophia den geheimnisvollen und sich ständig verändernden Eingang zum Haus der Vierzehn betrat, musste sie auf Wilder warten, der den langen Flur bewunderte, der zu der Kammer führte, in der die Ratsmitglieder und Krieger zusammenkamen.

Mit großen Augen fuhr er über die goldenen Wände, die mit der alten Sprache der Gründer beschrieben waren. »Es ist, als wäre es …«

»Lebendig«, ergänzte Sophia. »Liv und Clark sagen, dass sie sehr wohl lebendig ist. Es scheint so, als hätte die Magie ein Eigenleben.«

Er berührte die Wand vorsichtig mit den Händen, als wäre er sich nicht sicher, ob er sich verbrennen würde, da er kein Royal war. »Kannst du es lesen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, denn ich bin keine Kriegerin. Bevor ich eine Drachenreiterin wurde, konnte ich es nicht einmal sehen, aber dieser Status hat die Dinge für mich verändert. Jetzt sieh zu, was passiert.« Sie berührte mit ihrer Hand ein Symbol und es tanzte unter ihren Fingern und schwamm an der Wand herum wie ein Fisch in einem Aquarium.

»Das ist ziemlich erstaunlich«, schwärmte er. »Warum macht sie das?«

»Ich bin mir nicht sicher«, antwortete sie. »Ich schätze, sie reagiert auf Royals, unabhängig von unserem Status.«

»Aber du bist doch in der Warteschleife zum Krieger, oder?«, erkundigte sich Wilder.

Sophia runzelte die Stirn. »Wenn Liv etwas zustoßen würde, woran ich nicht einmal denken möchte. Aber mein Plan ist es, bis ans Ende meiner Zeit ein Mitglied der Drachenelite zu sein. Eines Tages werden Liv und Clark Kinder haben, die sie ersetzen werden, wenn die Zeit reif ist.«

»Deine Kinder wären auch berechtigt, oder?« Wilders Frage bereitete ihr sofort Unbehagen.

»Die Regeln, nach denen die Ratsmitglieder und Krieger ausgewählt werden, sind etwas verworren«, erklärte Sophia. »Normalerweise geht es nach der Reihenfolge der Geburt, also zuerst Ratsmitglied, dann Krieger. Wenn es keine Kinder gibt, werden auch Ehepartner und Cousins berücksichtigt, aber das ist selten. Es wurde so konzipiert, dass normalerweise Geschwister die beiden Positionen besetzen.«

Wilder nickte und schien zu verstehen. »Weil das ein Gleichgewicht schafft.«

»Ich glaube schon«, erwiderte Sophia. »Ich schätze, jede Institution, wie die Drachenelite, hat einen Weg, ihre Reihen zu erhalten.«

Wilder folgte Sophia bis zum Ende des Korridors, wo die Tür der Reflexion in die Kammer des Baumes führte. »Du bist hier also aufgewachsen?«

Sie zeigte auf eine Tür gegenüber der Kammer. »Ja. Das ist der Wohntrakt. Dort gibt es einen Garten, eine Bibliothek und Wohnungen für alle Royals.«

»Klingt nach einem einzigartigen Ort zum Aufwachsen«, bemerkte Wilder.

Sophia lächelte. »Meine Kindheit war alles andere als typisch.«

Er hob seine Hand und legte sie auf ihre Schulter, senkte sein Kinn und schaute ihr in die Augen. »Das muss der Grund sein, warum ich dich so sehr mag. Du bist alles andere als typisch, selbst für eine Drachenreiterin.«

Sophia errötete und Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch. Sie ertappte sich dabei, wie sie sich an den Mann vor ihr lehnte, um den Abstand zu verringern.

Ein Hüsteln schreckte sie beide auf und ließ Sophia und Wilder auseinander springen. Neben der Tür der Reflexion stand ihr älterer Bruder, Clark.

»Hallo«, quietschte sie und ihr Gesicht wurde plötzlich heiß vor Verlegenheit.

»Sophia, was führt dich hierher … mit …«

»Wilder«, stellte sich der Drachenreiter vor.

Clark nickte höflich, hatte aber einen strengen Gesichtsausdruck. »Mit Wilder. Ja, ich erinnere mich an dich von der Hochzeit.«

»Hey Clark«, grüßte sie, schritt vorwärts und umarmte ihren Bruder, bevor sie ihm erklärte, warum sie dort waren.

Sein Gesicht wurde noch ernster, als sie ihm ihre Situation aufzeigte. »Du kannst auf keinen Fall in die Kammer des Baumes gehen und den Zauberspruch des Gottmagiers verlangen. Das würde dir in einer Zeit, in der es schon so viele Zweifel an der Drachenelite gibt, nichts nützen.«

»Aber wir brauchen ihn«, bettelte Sophia. »Wenn der Rat die Situation in Ordnung bringen will, müssen wir die Ausreißer schützen.«

»Ich stimme dir zu, aber du kannst diesen Zauber nicht einfordern«, stellte Clark mit Überzeugung fest. »Du hast recht, dass du die Befugnis dazu hast, aber wenn etwas schiefgeht, wirst du dafür geradestehen müssen. Ehrlich gesagt, selbst wenn du ihn verlangst, denke ich, dass sie einen triftigen Grund fänden, es abzulehnen und dann wird es zu einem Streit kommen. Dieser Zauber ist einfach zu mächtig und hat uns jahrhundertelang Probleme bereitet.«

»Euch?«, schaltete sich Wilder ein. »Wegen dieses Zaubers war die Drachenelite während meiner ganzen Zeit bei ihr nutzlos, bis jetzt.«

Clark seufzte. »Das ist mir klar, aber es ist kompliziert. Ich fürchte, es käme so viel Gegenwind, dass all die Fortschritte, die Sophia mit denjenigen im Rat gemacht hat, die die Autorität der Drachenelite nicht mögen, wieder zunichtegemacht wären. Aber was noch schlimmer ist, Sophia, wenn sie herausfinden, dass die Drachenkinder da draußen sind … nun, das könnte für Chaos sorgen. Der Rat wird in Panik geraten. Es wird unglaublich schwer, sie aus euren Angelegenheiten herauszuhalten und glaub mir, das Letzte, was du gebrauchen kannst, ist, dass das Haus der Vierzehn versucht, die Sache zu übernehmen.«

»Haben sie nicht schon die Gerüchte über die Drachen über dem Weißen Haus und so weiter gehört?«, fragte Wilder.

»Ja«, antwortete Clark. »Aber wir dachten, sie wären nur zum Training unterwegs, nicht alle bösen Drachen hätten Gullington verlassen.«

»Und was sollen wir jetzt machen?«, fragte Sophia. »Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Sterblichen Angst bekommen und die Dämonendrachen mit Gewalt reagieren. Wir versuchen, einen drohenden Krieg zu vermeiden.«

»Ich verstehe das und ich denke, dass deine Strategie, den Zauber speziell auf die Ausreißer zu richten, eine gute ist«, begann Clark. »Aber du kannst nicht einfach da reingehen und den Rat fragen.« Er packte Sophia am Arm und führte sie den Gang zurück, durch den sie gekommen waren. Als sie am Ausgang ankamen, beugte er sich vor, Wilder an ihrer Seite. »Der Zauberspruch ist in den Vergessenen Archiven zu finden.«

Sophia stöhnte auf. »Das Buch, das die wahre Geschichte erzählt, die die Sterblichen vergessen haben, als der Gottmagier dafür sorgte, dass sie die Magie nicht sehen konnten?«

Er nickte feierlich.

»Du hast das Buch vollständig gelesen«, wusste Sophia und Hoffnung stieg in ihr auf. »Du kannst uns sagen, wie er lautet.«

Sein Gesicht hellte sich nicht auf. »Ich habe es gelesen. Aber ich kann mich nicht an die Einzelheiten erinnern, weil es ziemlich komplex war und für deine Zwecke angepasst werden muss.«

»Wo ist das Buch?«, fragte Wilder.

»Es wird in der Kammer des Baumes aufbewahrt.« Sie sah ihren Bruder mit flehendem Blick an. »Wirst du es für mich stibitzen? Oder wie wäre es, wenn wir ein Ablenkungsmanöver starten und ich mich reinschleiche und es hole?«

Clark warf ihr einen strafenden Blick zu. »Nein, das ist nicht die Art, wie wir damit umgehen. Du bist eine Beaufont und wir stehlen nicht … es sei denn, wir wollen die Welt retten oder so.«

Sie stemmte die Hände in die Hüften und ihr Gesichtsausdruck sagte: ›Was glaubst du, was ich hier mache?‹

»Soph«, sagte er leise. »Obwohl die Vergessenen Archive einzigartig und selten sind, hat Liv, als sie es holte, den Bann gebrochen, der es verborgen hielt. Das bedeutete, dass eine Kopie des Buches angefertigt werden konnte und dass es in die …«

»Die Große Bibliothek !«, rief Sophia aus und bedeckte dann entschuldigend ihren Mund mit der Hand.

»Ja«, zischte Clark und beugte sich näher heran. »Dort sollte eine Kopie davon sein. Ich warne dich aber, es ist keine kurze Zusammenfassung und es wird einige Zeit dauern, die Informationen zu finden. Zum Glück ist Plato in der Bibliothek und sollte dir helfen können.«

»Schön«, freute sich Wilder. »Wir sind wieder auf dem richtigen Weg.«

»Aaaaber«, ergänzte Clark, zog das Wort in die Länge und hob einen Finger, um die momentane Freude zu unterbrechen. »Auch wenn es eine Kopie der Vergessenen Archive in der Großen Bibliothek gibt, kann nicht jeder darauf zugreifen. Das war Teil der Abmachung, die der Rat getroffen hat, weil er wusste, dass viele der Geheimnisse des Hauses der Vierzehn in diesem Band enthalten sind.«

»Lass mich raten«, meinte Wilder trocken. »Nur Royals, hm?«

Er nickte. »Aber das bist du, Sophia, also dürftest du keine Schwierigkeiten haben, das Buch zu lesen.«

Sophia lächelte breit und war dankbar, dass sie vorankam, nachdem sie gedacht hatte, der Rat könnte ihr viele Steine in den Weg legen. »Danke, Clark. Du bist der Beste.«

Er erwiderte das Lächeln. »Danke. Bitte sag Liv das, denn sie behauptet gerne, dass ich der Schlimmste bin, weil ich sie bitte, Untersetzer unter ihrem Getränk zu benutzen und nicht mehr alle Schranktüren und Schubladen offenzulassen.«

Sophia lachte, denn sie hörte immer gerne Geschichten der Mitbewohnerin ihres Bruders. »Okay. Danke für deine Hilfe.«

Clark ergriff Sophias Hände und drückte sie einmal, bevor er sich zurückzog. »Von mir weißt du das nicht.«

Sie zwinkerte ihrem Bruder zu. »Was weiß ich?«