KAPITEL 4

MAN BRAUCHT EINEN VORTEIL

Money-Management ist nicht genug

An der Wall Street gibt es folgendes Sprichwort: „Bei gutem Money-Management kann sogar ein schlechtes Handelssystem Gewinn bringen.“ Haben Sie diesen Spruch schon einmal gehört? Wenn ja, vergessen Sie ihn wieder, denn er gehört zu den dümmsten Dingen, die jemals über das Trading gesagt wurden. Wenn Sie glauben, gutes Money-Management könne ein schlechtes System oder eine schlechte Methode retten, dann fordere ich Sie auf, in ein Kasino zu gehen, sich an einen Roulette-Tisch zu begeben, Ihr Geld gemäß dem besten Money-Management-System zu setzen und zu schauen, wie gut das funktioniert. Wenn Sie 100 Mathematikern die Frage stellen würden: „Ich habe 1.000 Dollar, die ich beim Roulette setzen will – was ist dafür die optimale Strategie?“ Dann würden Ihnen alle 100 die gleiche Antwort geben: Die ganzen 1.000 Dollar nehmen, sie auf Rot oder Schwarz (oder Pair oder Impair) setzen und danach aufhören, egal ob Sie gewonnen oder verloren haben. Mit dieser Strategie hat man die größte Wahrscheinlichkeit, im Roulette zu gewinnen.1

Natürlich liegt dabei die Gewinnchance immer noch unter 50 Prozent – um genau zu sein bei 47,37 Prozent, wenn das Rad eine Doppelnull hat, aber wenn man nur einmal spielt, ist der Nachteil gegenüber dem Haus am geringsten. Je öfter man spielt, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass man verliert. Und wenn man lange genug spielt, ist es mathematisch gewiss, dass man verliert. Das heißt also, wenn man keinen Vorteil (und somit einen Nachteil) hat, besteht das optimale Money-Management darin, alles auf einmal zu setzen – und das ist der Inbegriff von schlechtem Money-Management. Wenn man keinen Vorteil hat, kann einen auch das Money-Management nicht retten. Es dämpft nur dann Verluste und bewahrt nur dann das Kapital, wenn man einen Vorteil hat.

Darum reicht es nicht, Money-Management zu betreiben, man braucht auch einen Vorteil. Einen Vorteil haben heißt eine Methode haben. Keiner von den Tradern, die ich für meine „Magier der Märkte“-Bücher interviewt habe, gab auf die Frage, was er denn tue, eine Antwort nach dem Motto: „Ich schaue mir den Bildschirm an und wenn die Anleihen gut aussehen, kaufe ich ein paar.“ Keiner von ihnen ging locker an das Trading heran und schoss aus der Hüfte. Sie alle hatten ihre konkrete Methode. Manche von ihnen konnten ihre Methode sehr konkret, gewissermaßen Schritt für Schritt, erklären. Andere beschrieben sie eher in allgemeinen Begriffen. Es war aber klar, dass sie alle eine konkrete Methode hatten.

Darum reicht es nicht, Money-Management zu betreiben, man braucht auch einen Vorteil. Einen Vorteil haben heißt eine Methode haben.

Und worin genau besteht Ihre Methode? Wenn Sie diese Frage nicht beantworten können, sind Sie noch nicht so weit, an den Märkten Geld zu riskieren. Und wenn Sie sie beantworten können, stellt sich gleich die nächste Frage: „Verschafft Ihnen Ihre Methode einen Vorteil?“ Wenn Sie bezüglich der Antwort unsicher sind – sind Sie immer noch nicht so weit, an den Märkten Geld zu riskieren. Erfolgreiche Trader vertrauen darauf, dass ihre Methode ihnen einen Vorteil verschafft.

Ein Vorteil ist nicht genug

Doch ebenso wie Money-Management ohne Vorteil nicht ausreicht, reicht auch ein Vorteil ohne Money-Management nicht aus. Monroe Trout, der einen der besten langfristigen Rendite-Risiko-Track-Records geschafft hat, die je verzeichnet wurden, fasste das sehr schön zusammen: „Stellen Sie sicher, dass Sie einen Vorteil haben. Sie müssen wissen, worin Ihr Vorteil besteht. Sie brauchen strenge Regeln für die Risikokontrolle. […] Wenn Sie Geld verdienen wollen, brauchen Sie einen Vorteil und müssen ein gutes Money-Management anwenden. Gutes Money-Management steigert Ihren Vorteil kein bisschen. Wenn Ihr System nichts taugt, machen Sie auf jeden Fall Verlust, egal wie effizient Ihre Money-Management-Regeln sind. Wenn Sie aber einen Ansatz haben, der Geld bringt, kann das Money-Management über Erfolg und Misserfolg entscheiden.“ Die Seite der Gleichung, auf der das Money-Management steht, erforschen wir in Kapitel 8.

1 } Die Fragestellung geht davon aus, dass man Roulette spielen will. Dadurch ist die noch bessere Strategie, gar nicht zu spielen, ausgeschlossen.