KAPITEL 7

DIE SCHLIMMSTE
ALLER ZEITEN, DIE
BESTE ALLER ZEITEN

Wenn alles schiefgeht

Also gut, das Trading sollte mühelos sein. Aber was tut man, wenn man lange Phasen durchmacht, in denen das Trading ein Kampf ist? Wie geht man mit Phasen um, in denen fast alles schiefzugehen scheint und man in einem immer tiefer werdenden Drawdown steckt? Diese Frage kam in vielen Interviews zur Sprache. Selbst großartige Trader können demoralisierende Verlustphasen erleben. Die Ratschläge der Magier der Märkte zur Bewältigung schwieriger Verlustphasen waren recht einheitlich. Sie gaben vor allem zwei Empfehlungen:

  1. Den Umfang des Tradings reduzieren. Paul Tudor Jones sagte: „Wenn ich schlecht trade, verkleinere ich zunehmend meine Positionsgröße. Auf diese Weise trade ich mit den kleinsten Positionen, wenn ich am schlechtesten trade.“ Als ich Ed Seykota, einen Pionier des systematischen Futures-Handels, der erstaunliche kumulierte Renditen erzielt hat, fragte, ob er mehrere Millionen Dollar weggeschlossen habe, um nicht zu erleben, was Jesse Livermore erlebt hat (Livermore war ein berühmter Spekulant vom Anfang des 20. Jahrhunderts und hat mehrmals ein Vermögen gemacht und wieder verloren), antwortete er, die bessere Alternative sei es, „bei Kapital-Drawdowns die Risiken zu senken. Auf diese Weise nähert man sich dem sicheren Geld asymptotisch an, was zu einer sanften finanziellen und emotionalen Landung führt.“

    Wenn Marty Schwartz Verluste erleidet, die seine Zuversicht erschüttern, schraubt er sein Trading-Volumen auf ein Fünftel oder sogar ein Zehntel zurück. Er erklärte: „Nach einem verheerenden Verlust backe ich kleine Brötchen und versuche, immer schwarze Zahlen zu schreiben. […] Und das funktioniert.“ Schwartz erinnert sich, dass er am 4. November 1982 einen ungewöhnlich schweren Schlag in Höhe von 600.000 Dollar hinnehmen musste und darauf reagierte, indem er sein Trading drastisch reduzierte. Dank vieler kleiner Gewinne schloss er den Monat mit einem Verlust von nur noch 57.000 Dollar ab.

    Randy McKay, der aus einem Startkapital von 2.000 Dollar binnen 20 Jahren Dutzende Millionen gemacht hatte, als ich ihn interviewte, reduziert seine Positionsgröße noch extremer, wenn er eine Verluststrähne hat. „Ich verkleinere meine Positionen, solange ich Verlust mache“, so McKay. „Ich bin schon von 3.000 auf nur noch zehn Kontrakte heruntergefahren, wenn es schlecht lief, und dann wieder hoch.“ Er betrachtete diese drastischen Änderungen der Positionsgröße als entscheidende Komponente seines Trading-Erfolgs.

  2. Mit dem Trading aufhören. Manchmal reicht es ganz einfach nicht, die Trading-Größe zu reduzieren, und das beste Mittel, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen, besteht darin, einfach mit dem Trading aufzuhören. Michael Marcus erläuterte: „Ich glaube, dass Verluste irgendwann zu weiteren Verlusten führen. Wenn man anfängt zu verlieren, stößt das in der Psyche negative Elemente an, es führt zu Pessimismus. […] Wenn ich eine schlimme Verluststrähne habe, schaffe ich es, zu mir selbst zu sagen: ‚Du darfst jetzt einfach nicht mehr traden.‘“

    Richard Dennis hat aus 400 Dollar Einsatz ein Vermögen gemacht, das zum Zeitpunkt unseres Interviews von manchen auf fast 200 Millionen Dollar geschätzt wurde. Er vertrat eine ähnliche Sichtweise und war der Ansicht, dass Verluste, die eine gewisse Grenze übersteigen, das Urteilsvermögen des Traders beeinträchtigen. Sein klarer Rat: „Wenn man zu Tode gerührt wird, sollte man dem Kopf aus dem Mixer nehmen.“

    Wenn man in einer Verluststrähne steckt, ist die beste Lösung nicht, sich mehr anzustrengen, sondern vielmehr das genaue Gegenteil: mit dem Traden aufzuhören. Machen Sie eine Pause oder sogar Urlaub, liquidieren Sie alle Positionen oder schützen Sie sie durch Stopps, um die Abwärtsspirale und den Verlust von Selbstvertrauen zu durchbrechen, zu dem es in Verlustphasen kommen kann. Und wenn Sie dann das Trading wieder aufnehmen, gehen Sie es locker an, fangen Sie klein an und steigern Sie sich nach und nach, wenn das Trading wieder mühelos läuft.

Wenn man in einer Verluststrähne steckt, ist die beste Lösung nicht, sich mehr anzustrengen, sondern vielmehr das genaue Gegenteil: mit dem Traden aufzuhören.

Trader merken es zwar, wenn sie eine Verluststrähne haben, aber möglicherweise erfassen sie nur langsam das Ausmaß des Problems – erst wenn der Verlust weit über dem akzeptablen Niveau liegt. Sie lassen es zu, dass sich die Verluste anhäufen, ohne irgendetwas zu ändern, und dann sind sie plötzlich geschockt, wenn sie das Ausmaß ihres Drawdowns erkennen. Eine Möglichkeit, sich hartnäckiger Verlustphasen schneller bewusst zu werden und rechtzeitig korrigierende Maßnahmen zu ergreifen, bevor ein zu großer Schaden entstanden ist, besteht darin, sein Kapital täglich zu erfassen. Diesen Ratschlag gab Marcus: „Wenn das Kapital nach unten tendiert, ist das ein Anzeichen dafür, dass man herunterfahren und alles neu bewerten muss.“

Wenn alles toll läuft

Das Gegenteil von hartnäckigen Verlustphasen sind Zeiten, in denen es so gut läuft, dass man es kaum glauben kann. Seltsamerweise sind auch dies Zeiten, in denen man über kleinere Brötchen nachdenken sollte. Marty Schwartz reduziert auch nach Phasen mit besonders hohen Gewinnen den Umfang seines Tradings, genauso wie nach besonders gravierenden Verlusten. Dazu merkt er an: „Meine größten Verluste hatte ich immer nach meinen größten Gewinnen.“

Ich bin sicher, dass viele Trader ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die größten Drawdowns folgen oft auf Zeiten, in denen alles perfekt zu funktionieren scheint. Woher kommt die Tendenz, dass die schwersten Verluste auf die beste Performance folgen? Eine mögliche Erklärung ist, dass Gewinnsträhnen zu Selbstgefälligkeit führen und man daher nachlässig tradet. In Zeiten mit großen Gewinnen denkt der Trader am allerwenigsten an das, was schiefgehen könnte, vor allem an Worst-Case-Szenarien. Eine weitere Erklärung ist, dass man in Zeiten hervorragender Performance wahrscheinlich auch besonders stark engagiert ist. Die Moral: Wenn Ihr Portfolio fast täglich zu neuen Hochs segelt und so gut wie alle Ihre Trades klappen, sehen Sie sich vor! In solchen Zeiten muss man sich gegen Selbstgefälligkeit wappnen und besonders vorsichtig sein.