NACHWORT
Wie sollte der Westen auf die hier beschriebenen Bedrohungen für die individuellen Freiheits- und Menschenrechte reagieren? Wie können die Demokratien widerstandsfähiger werden? Wie können sie sich besser gegen Einmischungsversuche des chinesischen und anderer autoritärer Regime zur Wehr setzen, ohne dadurch diesen Regimen ähnlicher zu werden?
Der Westen muss aktiv eine Verteidigungsstrategie entwickeln, die deutlich über Absichtserklärungen und Wunschdenken hinausgeht. Es wird den Demokratien nicht gelingen, China zu verändern, aber sie können ihre grundlegenden Institutionen verteidigen. Die wirksamen Reaktionen werden von Land zu Land unterschiedlich sein, aber sie müssen in jedem Fall die Stärken offener Gesellschaften nutzen und gleichzeitig ihre Schwächen kompensieren. Staaten werden die kurzfristigen Kosten tragen müssen, die mit einem Ende der uneingeschränkten Öffnung gegenüber China einhergehen werden. Sie müssen sich daher unbedingt besser mit ihren Verbündeten abstimmen.
Die KPCh agiert vorzugsweise im Schatten. Transparenz ist oft das beste Gegenmittel. Die Verantwortung dafür, die Aktivitäten des chinesischen Regimes ans Licht zu bringen, liegt bei Medien, Regierungsbehörden, Wissenschaftlern und Politikern. Eine vorrangige Funktion kommt den Medien zu. Die Meinungsfreiheit und freie Medien sind die Widersacher der Kommunistischen Partei Chinas und müssen um jeden Preis geschützt werden. Eine aggressive chinesische Diplomatie und Furcht vor wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen dürfen die Regierungen der freien Welt und andere Akteure nicht davon abhalten, Beijings Einmischungsversuche klar zu benennen.
Auch die akademische Welt muss sich der Herausforderung stellen. Die Grundidee der Universität ist bedroht. Angriffe auf die Freiheit von Forschung und Lehre, sei es in Form von schleichender Selbstzensur oder von Druck auf Mitarbeiter, denen geraten wird, in ihrer Arbeit »Rücksicht« auf die Beziehung zu China zu nehmen, müssen unmissverständlich verurteilt werden. Besonders gefährlich ist das Schweigen angesichts von Einmischung, Zensur und Schikane. Fakultäten und Studierende dürfen solche Angriffe auf die akademische Freiheit nicht hinnehmen. Würde eine ausreichend große Zahl von Universitäten den Dalai Lama zu Vorträgen einladen, so würden Beijings Drohungen jede Wirkung verlieren.
Auch die Zivilgesellschaft muss dazu beitragen, das Vorgehen der KPCh an die Öffentlichkeit zu bringen. Angehörige der politischen, wirtschaftlichen und Bildungseliten, die das chinesische Regime stillschweigend billigen oder aktiv unterstützen, sollten sich der öffentlichen Auseinandersetzung und Kritik stellen müssen. Theater, Filmemacher, Verleger, ja alle kulturellen Einrichtungen sollten bloßgestellt und verurteilt werden, wenn sie unter chinesischem Druck zur Zensur schreiten. Boykotte sind oft wirkungsvoll.
Menschen chinesischer Herkunft kommt eine unverzichtbare Rolle zu, wenn es darum geht, der KPCh die Stirn zu bieten. Es kann nicht nachdrücklich genug betont werden, dass die Antwort auf den Vorstoß der Partei aktiv die chinesische Diaspora einbeziehen muss, auch um den unterschwelligen Vorwurf zu entkräften, der wahre Grund für den Widerstand gegen die schleichende Einflussnahme des Regimes in Beijing seien Rassismus oder eine »antichinesische« Einstellung. Die chinesischstämmigen Gemeinden im Westen und anderswo sind das erste Ziel der Einschüchterungsversuche der KPCh. Sie werden oft unverhohlen mit Strafe bedroht, wenn sie sich den Wünschen des Regimes in Beijing nicht unterordnen. Die Rechte dieser Menschen müssen geschützt werden; diejenigen unter ihnen, die bereit sind, offen ihre Meinung zu sagen, müssen unterstützt werden, und jene, die sie bedrohen, sollten strafrechtlich verfolgt werden.
Beim Widerstand gegen das Einflussprogramm der Partei sollten wir nie den Fehler begehen, das Regime der KPCh mit dem chinesischen Volk gleichzusetzen. Demokratien müssen eine größere Zahl von Menschen chinesischer Herkunft, die sich den demokratischen Werten verpflichtet fühlen, in zivilgesellschaftliche und politische Organisationen einbinden, auch um dem huaren canzheng -Programm entgegenzuwirken, mit dem die KPCh versucht, regimefreundliche Personen in einflussreiche Positionen zu hieven. Parteien sollten Bürger chinesischer Herkunft dazu ermutigen, für politische Ämter zu kandidieren, und Politiker müssen aufhören, Organisationen der chinesischen Einheitsfront zu legitimieren, indem sie sich ihnen anschließen oder mit ihnen sympathisieren.
Die Verteidigung der demokratischen Institutionen obliegt den politischen Parteien, öffentlichen Einrichtungen, Gesetzesvollzugsbehörden, Universitäten, Kultureinrichtungen, Medienorganisationen und Unternehmen, die alle klare Regeln für den Umgang mit autoritären Regimes definieren und durchsetzen müssen. In der politischen Sphäre können wir viel bewirken, indem wir Gesetze für ein transparentes Lobbying erlassen und Schlupflöcher in den Bestimmungen über die Wahlkampffinanzierung schließen. So können wir die Strohmänner der KPCh daran hindern, mit Spenden politischen Einfluss zu kaufen, die vom Regime in Beijing bevorzugten Kandidaten zu unterstützen, kritische Stimmen zu unterdrücken und in umkämpften Wahlen Desinformationskampagnen zu starten. Parlamente müssen gegebenenfalls Gesetze gegen ausländische Einmischungsversuche erlassen, um die Demokratie gegen neue Formen der politischen Kriegführung zu verteidigen und den Aktivitäten von Organisationen und Personen, die versuchen, demokratische Institutionen zu untergraben, effektiver entgegenzuwirken. Eine weitere Schwachstelle, die dringend in Angriff genommen werden muss, ist die unzureichende Finanzierung von Universitäten, die mittlerweile in vielen Fällen von gewinnorientierten Managern geleitet werden, die glauben, ihr Erfolg hänge von guten Beziehungen zu China ab. Die Freiheit von Forschung und Lehre zu verteidigen wird schwieriger, wenn dies finanzielle Nachteile nach sich ziehen kann. Die Universitäten brauchen mehr Geld, um unabhängige China-Expertise zu finanzieren, die der Öffentlichkeit auch helfen kann, die Strategien der KPCh zu verstehen.
Größere Investitionen in die öffentlichen Medien würden ein Gegengewicht zur Berichterstattung jener Medien schaffen, die ein finanzielles Interesse daran haben, sich das Wohlwollen des chinesischen Regimes zu sichern. Maßnahmen zur Aufdeckung und Bekämpfung der Kontrolle des Regimes über chinesischsprachige Medien sollten Schritte zur Überwindung von Werbeboykotten beinhalten, die viele unabhängige Medien aus dem Markt gedrängt haben. Neue Medienunternehmen werden möglicherweise finanzielle Unterstützung brauchen.
Jedes Land wird einen Preis dafür bezahlen müssen, seine Anfälligkeit für den Druck des chinesischen Regimes zu verringern, aber langfristig wird es sich lohnen. China setzt seine wirtschaftliche Macht wie eine überwältigende Waffe ein. Die wirtschaftliche Erpressung erweist sich als sehr wirksam, verzerrt die Entscheidungen gewählter Regierungen, schüchtert Bürokraten ein, bringt Kritiker zum Schweigen und macht ungezählte Unternehmen abhängig. Diese Macht wächst weiter, wenn chinesische Unternehmen, die der Partei unterstehen, kritische Infrastrukturen in anderen Ländern besitzen. Der Westen muss sich gegen diesen Druck abschirmen, wo immer das möglich ist. Wo es nicht möglich ist, muss er sich zu schwierigen Entscheidungen durchringen und Verbindungen kappen.
Sämtliche Wirtschaftsbereiche einschließlich Bildungswesen und Tourismus müssen verstehen, welche politischen Gefahren mit der Abhängigkeit von Einnahmeströmen aus China einhergehen. Die kurzfristige Gewinnmaximierung macht diese Sektoren anfällig für langfristige Schäden. Wenn Unternehmen über Partnerschaften mit chinesischen Organisationen nachdenken, sollten sie Personen zurate ziehen, die des Chinesischen mächtig sind und tatsächlich verstehen, wie das System der KPCh funktioniert.
Die Politik sollte den Unternehmen klarmachen, dass sie selbst die Kosten tragen müssen, wenn sie sich den Risiken aussetzen, die mit einer zu großen Abhängigkeit vom chinesischen Markt einhergehen. Unternehmen dürfen nicht von ihrer Regierung erwarten, dass sie die Menschenrechte und bürgerlichen Freiheiten opfert, um das chinesische Regime zu beschwichtigen. Solange in China die KPCh herrscht, ist die Diversifizierung der Märkte ein unverzichtbarer Bestandteil eines vorausschauenden Managements.
Die Vereinigten Staaten können dem weltweit wachsenden Einfluss der KPCh nicht alleine begegnen. Indem sie das versuchen, spielen sie China in die Hände. Gleichzeitig müssen andere westliche Länder erkennen, dass ein von der KPCh beherrschtes China nicht ihr Freund ist und es nie sein wird. Beijing verabscheut alle Bündnisse, die es nicht kontrollieren kann, und tut alles, um sie aufzubrechen. Die demokratischen Länder in aller Welt müssen sich zusammenschließen, um die universellen Menschenrechte zu schützen und die demokratischen Prinzipien zu verteidigen. Bündnisse mit Entwicklungsländern werden hier ebenso wichtig sein wie solche zwischen den Industrieländern.
Obwohl wir in diesem Buch ein düsteres Bild gezeichnet haben, hegen wir die Hoffnung, dass die Demokratie und der Wunsch nach Freiheit die Oberhand behalten werden. In Hongkong und Taiwan wehren sich die Menschen gegen die Versuche der KPCh, sie zu kontrollieren und einzuschüchtern. Es stimmt, dass viele Bürger westlicher Länder ihre eigenen Regierungssysteme mit Zynismus und Resignation betrachten, aber eine wachsende Zahl von ihnen begreift, dass die KPCh eine fundamentale Bedrohung für die Rechte und Freiheiten darstellt, die in großen Teilen der Welt als selbstverständlich betrachtet werden. Und es ist ermutigend, dass sich über die Grenzen der traditionellen politischen Lager hinweg Widerstand gegen Einflussnahme, Einmischung und Einschüchterungsversuche der KPCh regt. Menschen im gesamten politischen Spektrum erkennen zunehmend die von der KPCh ausgehende Gefahr und schließen sich zusammen, nicht zuletzt mit denjenigen, die selber aus China geflohen sind. Die Gegenreaktion gewinnt tagtäglich an Kraft, und die Parteiführung in Beijing ist besorgt.