• Musik zum Eingang
• Eingangslied: Wie soll ich dich empfangen? (EG 11, 1. 7 – 8.10)
• Votum mit Anzünden der drei Kerzen am Adventskranz
Ich zünde das erste Licht an: im Namen Gottes.
Er liebt die Welt so sehr, dass er uns seinen Sohn gibt.
Ich zünde das zweite Licht an: im Namen des Sohnes.
Er kommt zu uns, er ist uns schon ganz nah.
Ich zünde das dritte Licht an: im Namen des Geistes.
Er öffnet unser Herz für die Freude und das Licht.
• Liturgischer Gruß
• Psalmgebet
Es ist Zeit.
Gott reißt Risse in den Himmel,
kämmt die Bäume mit Windhänden.
Es ist Zeit,
Stimmen flüstern im Wind,
flüstern Liebesworte,
flüstern deinen Namen,
flüstern die Botschaft der Engel:
Fürchte dich nicht.
Es ist Zeit.
Gott singt im Wind,
singt ein Schlaflied
den Kindern, den Bäumen,
der Saat, die schläft in der Erde
tief.
Es ist Zeit.
Die Stille leuchtet.
Gott schreibt Botschaften zwischen die Sterne,
heftet Trostworte an den Vogelzug.
Es ist Zeit.
Gott zündet Lichter an in den Herzen der Zweifler.
Enttäuschte verlieben sich neu.
Verwundete heilen im Licht
der Wintersonne.
Es ist Zeit.
Eine junge Frau ist hochschwanger.
Es ist Zeit.
Gott kommt.
• Gloria
• Eingangsgebet
Heute Nacht sah ich dich, Gott.
Du hast den Frost in die Luft gestreut,
hast die Sterne poliert
mit weichem Tuch.
Laternen sind sie.
Dieser Stern ist meiner,
ich habe ihn erkannt,
am Funkeln.
Ihm will ich folgen, Gott,
er ist mein Stern,
der sehnen ist
und lieben
und hoffen.
• Kyrie
• Gnadenzusage
Saget den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht! Sehet, da ist euer Gott (Jes. 35, 4a).
• Bittlied: Macht hoch die Tür (EG 1, 5)
• Tagesgebet
Ja, weil du kommst, kann sich etwas verändern,
mein Heiland Jesu Christ,
ja, verändere,
fang mit mir an,
verändere mein Herz,
das verzagte,
wende es um im Licht deiner Liebe.
Öffne mein Herz, das verschlossene,
dass die Tore aufschwingen
in Mitgefühl und in Liebe.
Lass dein Wort
widerhallen von den Herzwänden
und mir die Botschaft der Hoffnung durch die Adern pumpen.
Du kommst Gott, es kann sich noch etwas ändern, auch bei mir.
• Lesung: Jesaja 40, 1-11a
• Gebetsspruch: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt (Joh. 1, 29).
• Glaubensbekenntnis
• Hauptlied: O Heiland, reiß die Himmel auf (EG 7, 1. 4-5)
• Predigt zu Matthäus 11, 2-6
Suspekt war er mir schon immer, dieser Johannes.
Das muss mit unserer ersten Begegnung zu tun haben. Da war ein Bild in meiner ersten Kinderbibel. Johannes mit wilden Haaren. Er trug eine Art Mantel, aus Kamelhaar, wie ich später erfuhr. Der Mantel ähnelte dem von Onkel Arno, der immer so nach muffigem Schrank roch, also der Mantel. Der Johannes meiner Kinderbibel sah verwildert und gefährlich aus. Mit Schaudern las ich, als ich es endlich konnte, dass er außer Honig auch dem Genuss von Heuschrecken nicht abgeneigt war. Igitt. Johannes sah nicht nur wild und ein bisschen irre aus, sondern auch sehr wütend. Viel später erst konnte ich etwas anfangen mit dieser Wut. Wütend, weil die Welt nicht so ist, wie Gott sie sich träumt. Das ist ein ziemlich guter Grund, sehr wütend zu sein. Trotzdem schaffte es Johannes nie in die Top Ten meiner biblischen Lieblingsfiguren.
Auch jetzt stört er mich. Am dritten Advent will ich nichts von diesem Johannes hören, der einen Hauch Hitze des Jordantals in unsere winterkühle Kirche trägt. Heute will ich von Hirten hören, von Sternen und von Schnee. Johannes stört da. Zum Johannistag, da passt er wunderbar. Da haben wir ihn in den Frauenkreis eingeladen und bei einem Glas Johannisbeerbowle die Stationen seines Lebens und diverse Bräuche zum Johannistag abgeklappert. Aber Johannes im Advent, nee. Wie er in die Adventszeit hineingeraten ist, das ist mir schon klar. Advent ist Zeit der Vorbereitung, Zeit der Buße. Lila ist unser Altar geschmückt, wie in der Passionszeit. Zugegeben, das ist nicht gerade präsent. Als meine katholische Kollegin in der Schule kürzlich sagte, sie esse erst an Heiligabend Christstollen und Weihnachtsplätzchen, denn jetzt sei ja Fastenzeit, schoben die anderen Lehrerinnen erstaunt die Augenbrauen nach oben. Fastenzeit? Jetzt? Die Vorstellung war angesichts der Verlockungen, die freundliche Eltern auf dem Tisch im Lehrerzimmer placiert hatten, allzu befremdlich. Und du, wollte die Lehrerin aus der Vierten neben mir wissen, isst du auch keine Plätzchen? Ich musste zugeben, dass ich allzu viele Plätzchen esse, mir beim Schokoladenverzicht in der Passionszeit schon vorkam wie ein Held und nicht vorhabe, dieses Heldentum in die Adventszeit zu verlagern. Außerdem kenne ich keinen Menschen in der Gemeinde, der im Advent fastet. Oder??? Fastet hier jemand? Na also. Ich sag‘s ja, Johannes mag ja ein prima Bußprediger sein, aber er und Advent, das passt so gut wie ein Glühweinstand in der Sahara.
Und jetzt sitzt er also im Knast, der Johannes. Kein Wunder, es war ja abzusehen, dass so einer Ärger macht und auch Ärger kriegt. Schon auf dem Bild in der Kinderbibel habe ich das sehen können, dass einer, der so streng ist und so wütend, dass so einer nicht weiß, wann es besser ist, den Mund zu halten. Dass der sich anlegen wird mit den Mächtigen und nicht kuscht. Jetzt sitzt er also im Gefängnis. Die Leute haben ihm zu gern zugehört, diesem Johannes. Und dann wurden es immer mehr, die ihm gern zugehört haben. Herodes konnte nicht mehr darüber hinwegsehen. Vielleicht plant er einen Aufruhr, eine Rebellion, hat Herodes sich gedacht, so einer sollte besser weggesperrt werden. Ärger kann Herodes sich nicht leisten, er hat schon genug davon, seine Frauengeschichten haben schon reichlich Staub aufgewirbelt, und Herodes ist nervös. Also weg mit Johannes.
Johannes im Gefängnis. Wenn ich auf diese Szene blicke, kommt hinter dem strengen und wütenden Johannes in meiner alten Kinderbibel ein anderer Johannes hervor. Hier zeigt mir Johannes ein anderes Gesicht, ein sehr menschliches Antlitz. Mit weicheren Zügen, immer noch Hunger im Blick, aber noch etwas anderes, Sehnsucht ist da und Angst. Sehnsucht, Angst und Zweifel schwingen in den Obertönen seiner Frage mit: Bist du der Kommende, auf den wir gewartet haben? Oder sollen wir auf einen anderen warten?
Warten kann ja sehr verschieden sein. Auch im Advent sehe ich das. Da ist das ungeduldige Warten der Kinder, das sich schon mal vorfreut, und das durch das Öffnen eines weiterenTürchens am Adventskalender nur schwer zu bändigen ist. Da ist das etwas gestresste Warten: Ups, so bald ist schon Weihnachten, und ich habe noch kein Geschenk im Versteck, keine Plätzchen gebacken, noch nicht mal den Strohstern ins Fenster gehängt. Da ist angespanntes Warten: Wird es wieder Streit geben unterm Weihnachtsbaum? Da ist ängstliches Warten: Wie wird es sein, das erste Weihnachten ohne den geliebten Menschen? Da ist sorgenvolles Warten: Werde ich Weihnachten im Krankenhaus feiern müssen? Zum Glück auch ganz leichtes, unbekümmertes Warten. Warten hat viele verschiedene Farben, Klänge, Stoffe.
Johannes hat immer gewusst, wer dieser Jesus ist. Er wusste es schon, als die anderen noch nichts davon gesehen hatten: Siehe, da ist das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt. Er gilt als Wegbereiter, er hat Jesus den Weg geebnet und ihn begleitet. Jetzt aber, im Gefängnis, da kommen die Zweifel: Bist du der Kommende? Oder sollen wir auf einen anderen warten? Johannes ist unsicher geworden in seinem Warten.
In seinem wütenden Warten, dass einer kommt, damit die Welt nicht so bleiben muss, wie sie ist.
In seinem keuchenden, hungrigen Warten, dass sich endlich etwas verändert, dass Gott wieder ganz nah kommt.
In seinem sehnsüchtigem Warten, dass für ihn, der immer groß und stark und streng und ein Alphatierchen sein musste, ein anderer kommt, der größer ist als er selbst und in dessen Schatten er sich bergen kann.
Es ist nicht nur sein Warten. Es ist das Warten des Jesaja, der das Licht herbeisehnt über dunkles Land. Es ist das Warten des Micha, der träumt, wie sich Schwerter in Pflugscharen verwandeln. Es ist das Warten Hannas, dass Jerusalem Frieden findet. Es ist das Warten von Maria, dass Gott kommt, die Mächtigen vom Thron nimmt und die Niedrigen erhöht. Uraltes Warten ist das Warten von Johannes, es ist gewoben aus den Hoffnungsfetzen, Traumfäden und dem Lichtleinen Israels.
Am Ende kommen die Zweifel. Ist er es? Ist er es wirklich?
Gibt es ihn wirklich, den Gott, der mich liebt, fragt der alte Mann im Krankenbett. Mein ganzes Leben habe ich an ihn geglaubt und ihm vertraut, und jetzt bin ich hier, allein, alt, krank und finde ihn nicht mehr.
War es wirklich richtig, fragt mich die Freundin. Nach langem Zögern und weil es für sie nicht mehr weiterging, hat sie ihre Ehe beendet. War es richtig? Die Antwort lässt sich nur durch das Leben finden.
Die Frau schaut mich an: Jahrelang habe ich mich und meine Bedürfnisse hinten angestellt, war nur für die Kinder und die Familie da, und jetzt? Und jetzt?
Jesus verweist nicht auf eine Zukunft. Er verweist nicht auf etwas, das irgendwann kommt. Er lenkt Johannes‘ Blick auf das Jetzt. Schau doch, was jetzt passiert. Blinde sehen. Lahme gehen. Aussätzige werden rein. Taube hören. Tote stehen auf. Armen wird die gute Nachricht gesagt. Selig ist, wer keinen Anstoß nimmt an mir. Es war nicht vergeblich, das Warten. Gestrauchelte stehen wieder auf. Traurige lernen lachen. Enttäuschte verlieben sich neu. Weil er da ist. Und weil er auch jetzt kommt, in mein Warten und in deines, in die Zweifel und in den Traum, dass die Welt nicht so bleiben muss, wie sie ist. Dass das Leben nicht so bleiben muss, wie es ist. Dass ich nicht so bleiben muss, wie ich bin.
Es ist der dritte Advent. Die Kinder haben schon die Krippe aufgestellt. Sie ist leer. Maria und Josef haben noch einen langen Weg vor sich. Nur der Ochse liegt da, als Dauermieter, neben der leeren Krippe. Die Hirten stehen draußen und passen auf die Schafe auf. Da ist noch Platz. Aus der Puppenkiste meiner Tochter nehme ich eine kleine Spielfigur. Brauner Umhang. Bestimmt Kamel. Wirre Haare. Passt. Ich stelle Johannes in den Stall. Denn hier ist Platz für ihn. Platz ist hier für das Warten, das wütende, sehnsüchtige, hungrige Warten. Platz ist hier für die Zweifel, für die bangen Fragen. Platz ist hier für das pralle, sehnsüchtige Leben. Weil er kommt. Er ist schon ganz nah. Er ist es wirklich.
• Predigtlied: Seht, die gute Zeit ist nah (EG 18)
• Fürbittgebet mit gesungenem Gebetsruf „Das Volk, das noch im Finstern wandelt“ (EG 20, 1)
Wir beten für unsere Welt, dass es nicht dunkel bleibt
über denen in Angst,
über denen, die hungern,
über denen, die fliehen müssen und nicht wissen wohin,
über denen, die fremd sind.
Dass wir einander den Trost nicht versagen
und das Brot füreinander brechen
und einander den Becher reichen, den köstlichen,
gefüllt bis an den Rand
mit Gastfreundschaft und Willkommen,
mit Freude und Fest.
Für unsere Welt singen wir: Das Volk, das noch im Finstern wandelt (EG 20, 1).
Wir beten für den Wind und den Schnee,
die Luft und die Erde,
für das Klima, dass wir es nicht gänzlich verderben
und bitten um Einsicht für alle, die auf den Klimakonferenzen beraten und in ihren Ländern regieren.
Für unsere Erde mit allen Geschöpfen singen wir: Das Volk, das noch im Finstern wandelt (EG 20, 1).
Wir beten für alle, die warten,
warten auf die Diagnose,
warten auf Heilung,
warten auf einen Arbeitsplatz,
warten auf ein gutes Wort,
auf einen Menschen, der sie befreit mit seiner Zuneigung,
warten, dass sie wieder lachen können,
für sie singen wir: Das Volk, das noch im Finstern wandelt (EG 20, 1).
Hilf uns, dass das Licht sich ausbreitet in unserem Herzen, dass wir es mitnehmen in unseren Alltag, in unsere Häuser und Familien und zu allen Menschen, denen wir begegnen.
• Vaterunser
• Schlusslied: Das Volk, das noch im Finstern wandelt (EG 20, 2-4. 7-8)
• Segen
• Musik zum Ausgang