Quebec hat die ganzen Lebensmittel mitgenommen, aber sie haben sich nicht die Zeit genommen, die Gärten sorgfältig abzuernten. Wir geben Whitefield ein paar Stunden, um hier einzutreffen, und plündern in der Zwischenzeit den Gemüsegarten: Ich pflücke grüne Tomaten und versteckte Gurken. Die Lexer brauchen vielleicht ein paar Tage, um Quebec zu erreichen, aber wir werden mehr als nur ein paar Tage für die Tausende Kilometer nach Alaska brauchen. Unsere Reise wird uns durch das nördliche Kanada führen, wo das Terrain die Lexer aufhalten wird und die Straßen nicht so anfällig für Blockaden sind.
Bits und Hank füllen Container mit allem, was auch nur im Geringsten genießbar aussieht, in diesem Stück vom Gemüsegarten, das uns zum Plündern zugeteilt worden ist. Ich bin froh, dass wir zumindest etwas zu tun haben, denn die Warterei ist die Hölle. Peter zieht eine Karotte aus der Erde und wirft sie in eine Tüte. Die nächste steckt fest und er flucht und tritt mit dem Stiefel so lange gegen das Karottengrün, das unschuldig aus der Erde lugt, bis kaum mehr als ein kleiner grüner Stiel zurückbleibt. Ich komme ihm mit meiner Kelle zu Hilfe und grabe die Karotte vorsichtig aus. Meine Hände arbeiten routiniert, obwohl alles in meinem Innern so aufgewühlt ist, dass ich mir nicht mal einen Augenblick lang vorstellen kann, dass ich jemals wieder ruhig genug sein werde, um so etwas Banales zu tun, wie eine Karotte zu essen.
Ich blicke zu ihm auf. „Warum legst du dich nicht ein bisschen hin? Wir kümmern uns hier.“
Peter schüttelt den Kopf und hockt sich hin, um eine weitere Karotte aus der Erde zu reißen. Er wischt sich mit dem Handrücken übers Gesicht und greift grimmig nach der nächsten. Seine Fingernägel sind schwarz vor Dreck, und seine Knöchel sind blutig, weil die Wunden wieder aufgegangen sind.
„Du blutest ja“, sage ich. „Sollen wir das mal desinfizieren? Und du brauchst ein Pflaster.“
„Kannst du bitte verdammt noch mal aufhören?“, schreit er mich an. „Ich brauche kein verficktes Pflaster!“
Bits und Hank sehen sich mit offenen Mündern zu uns um. Hank nimmt Bits bei der Hand und führt sie in einen anderen Teil des Gemüsebeets. Mich überrascht sein Gefühlsausbruch nicht im Geringsten. Natürlich ist er wütend.
„Na, dann eben kein Pflaster“, sage ich beschwichtigend und halte ihm meine Kelle hin. „Hier, benutz die. Das hilft.“
Er sticht die Kelle in die Erde, als sei diese schuld an seiner Misere. Ich kenne diese Wut, die unter der Oberfläche brodelt, nur allzu gut. Die Schuldgefühle. Die Raserei und dieses Gefühl, dass einfach alles so unfair ist, dass man es kaum aushält. Manchmal kocht alles über und droht, einen zu ersticken. Und manchmal nutzt man die Energie für etwas Nützliches. Jetzt gerade tue ich nichts von beidem. Die Wut ist da, ebenso Trauer und Verzweiflung, aber ich habe alles schön säuberlich unter meinem Entschluss begraben, mich jetzt gerade nur auf die praktischen Aspekte des reinen Überlebens zu konzentrieren. Peter scheint es jedoch zu übermannen; es erstickt ihn. Er ist kein wütender Mensch. Er hat den größten Teil seines Lebens traurig verbracht, nicht wütend. Die einzige Person, die er jemals mit Nachdruck gehasst hat, war er selbst.
„Tut mir leid“, sage ich. „Hätte ich gewusst, dass du zur Anti-Pflaster-Fraktion gehörst, hätte ich dir nie eins angeboten.“
Die Kelle bleibt im Boden stecken. Ich hebe den Blick von meinen Karotten und sehe, wie er mich anstarrt. Mein kleiner Scherz, der darauf abzielen sollte, seine Wut ein wenig zu lindern, könnte auch nach hinten losgehen, aber glücklicherweise weicht die Anspannung aus seinem Gesicht und seine Schultern sinken ein ganzes Stück herab.
„Entschuldige“, sagt er. „Es ist nur … ich hätte …“
Ich schaue ihm in die blutunterlaufenen Augen. „Nein. Es war nicht deine Schuld. Tu dir das nicht an. Wir haben Bits. Ana wollte sie ebenso sehr retten wie wir.“
Er senkt den Kopf, legt eine Hand auf meine Schulter und zieht mich an sich. Ich halte ihn fest, als er weint, und spüre seinen heißen Atem auf meinem Hals. Ich weiß, wie das ist, wenn man einfach nur eine Schulter zum Anlehnen braucht, eine Umarmung, das Gefühl, nicht allein zu sein. Ich hätte meine Freunde viel mehr um all das bitten sollen, nachdem Adrian gestorben war.
Ich höre ein Rascheln und sehe Bits, die hinter einem Bohnenbusch kauert und uns beobachtet.
„Schon gut, Bits“, sage ich und halte ihr die Hand hin. Sie kommt langsam auf uns zu, aber als Peter den Kopf hebt, bleibt sie stehen.
„Komm her, mein Mädchen“, sagt er. „Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe.“
Sie rollt sich auf seinem Schoß zusammen und er legt sein Kinn auf ihren Kopf. Er blutet noch immer, aber langsam gerinnt es. Ich ziehe mein Taschentuch hervor und tupfe damit seine Knöchel ab.
„Ich glaub, ich könnte doch ein Pflaster gebrauchen. Hast du zufällig eins?“, fragt Peter. Es ist noch kein richtiges Lächeln, aber immerhin ist sein Blick nicht mehr so hoffnungslos.