Sowohl der Bulli als auch der Pick-up sind bis unters Dach vollgepackt, und wir Übriggebliebenen stehen in kleinen Grüppchen daneben. Wir haben beschlossen, Whitefield noch eine Stunde zu geben, aber dann fahren wir los und hinterlassen ihnen eine Nachricht mit den zwei Möglichkeiten. Es ist später Nachmittag, aber wir werden die Nacht durchfahren. Der Plan ist überhaupt, ohne Pause bis nach Alaska zu fahren. Wir werden uns mit dem Fahren abwechseln, so lange das sicher ist. In einer perfekten Welt würden wir für diese Strecke nicht mehr als vier Tage brauchen, aber diese Welt ist alles andere als perfekt.
„Wir brauchen eine Zombie-Vorhersage“, witzelt Mike. „Mit Live-Ticker.“ Er verzieht das Gesicht angesichts seines eigenen schlechten Humors und wirft einen Blick in die Runde. „Tut mir leid.“
„Schon gut, Mike“, sagt Penny mit einem schwachen Lächeln. „Ana hätte gelacht.“
Mike legt einen Arm um Rohans Schulter und beißt sich auf die Lippe.
„Nachdem meine Mutter und meine Schwester gestorben sind, hat mein Papa immer gesagt, dass es hilft, sich gegenseitig Witze zu erzählen“, sagt Hank. Er sitzt in der offenen Seitentür des Bullis. „Ich musste ihm jeden Witz erzählen, den ich kenne. Ich wollte nicht, aber er hat mich gezwungen. Am Ende haben wir so laut gelacht, dass wir aufhören mussten, weil wir Angst hatten, Zombies anzulocken.“ Er tritt gegen einen Stein auf der Erde.
„Also hat es funktioniert?“ Ich lege ihm meine Hand auf die Schulter. Er lehnt sich nickend an mich. „Na, wenn das so ist: Klopf, klopf?“
Er legt stöhnend den Kopf in den Nacken. „Das ist aber nicht der mit der Kuh, oder?“
Ich stupse ihn strafend mit dem Fuß an und tue so, als sei ich empört. „Bin ich etwa so berechenbar?“
„Cassie, du kennst nur einen einzigen Witz“, sagt Bits.
„Na ja, auf der Fahrt habt ihr ja mehr als genug Zeit, um mir noch ein paar mehr beizubringen.“
Inzwischen lächelt die ganze Mannschaft. Rohan hat das breiteste Grinsen von allen, Peter das kleinste; aber einer seiner Mundwinkel ist immerhin leicht nach oben gebogen. Maureen zwinkert mir zu. Sie weiß genauso gut wie ich, dass sie alle meinen einen Witz schon tausendmal gehört haben.
Aus dem Innern des Bullis erklingt ein leises Mauzen. Ich wirbele herum und suche nach der Transportbox, die ich in den Kofferraum gestellt und völlig vergessen hatte, aber Bits ist schneller als ich und stößt einen Freudenschrei aus. Sie drückt sich Fee an die Brust und blickt mit leuchtenden Augen zu mir auf. „Du hast sie wirklich mitgenommen! Das hätte ich nicht gedacht. Es waren ja drei Signaltöne.“
Ich nicke ausweichend. Wäre Bits im Wagen gewesen, hätte ich nie nach der Katze gesucht. Und so kann ich auch nicht guten Gewissens die Lorbeeren für Fees Überleben ernten.
Peter krault die Katze unterm Kinn. „Na klar hat sie das. Wir hätten doch Fee nicht zurücklassen können.“ Er schaut mich an und hebt die Augenbrauen. „Oder?“
„Auf keinen Fall“, lüge ich.
„Ist noch irgendjemand hungrig?“, fragt Maureen. „Ich wollte gerade …“
Aber das Dröhnen eines Motorrads übertönt ihre nächsten Worte. Zeke fährt auf den Parkplatz und bleibt vor uns stehen. Ihm folgen ein Wohnmobil und ein Pick-up. Niemals hat die ganze Zone in nur diesen beiden Wagen Platz gefunden. Ich kann nur hoffen, dass Nelly unter ihnen ist.
Zeke nimmt den Helm ab und ruft in die Runde: „Ein Anblick für die Götter seid ihr!“
Er steigt von seinem Gefährt und geht auf Penny und Peter zu. Ich höre, wie er Anas Namen sagt, bevor er sich zu Maureen umdreht. Jamie und Shawn müssen ihn schon am Tor eingeweiht haben. Tony und Margaret kommen aus dem Pick-up. Ihnen folgt Kyle, der Nicole so heftig umarmt, dass sie beide fast auf den Boden stürzen. Die Tür des Wohnmobils öffnet sich, und eine Frau namens Marissa kommt mit ihren zwei Kindern heraus, gefolgt von fünf anderen Erwachsenen, die ich nicht so gut kenne. Ich schnappe nach Luft, als Adam aussteigt. Und dann sehe ich ihn, sehe den wilden blonden Haarschopf und die breiten Schultern. Ich renne los und umarme ihn, noch bevor er festen Grund unter den Füßen hat. Er hebt mich hoch und drückt mich so fest an sich, dass ich schon fürchte, mir etwas gebrochen zu haben. Dann stellt er mich wieder auf dem Boden ab.
„Jamie hat es uns erzählt …“ Nelly fährt sich mit der Hand durch die Haare. „Bist du …“
„Uns geht’s gut.“ Meine Lippen zittern und ich muss tief Luft holen. „Besser, jetzt, wo du auch hier bist. Alles ist gut. Für den Moment.“
„Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dass wir es überhaupt schaffen.“ Ich will schon fragen, warum, aber er drückt meine Hand. „Ich erzähl dir später alles. Ich muss …“ Er weist mit dem Kinn auf die anderen. Ich sehe ihm hinterher und drehe mich dann zu Adam um.
„Hey du“, sage ich. „Komm her.“
„Selber hey.“ Adam schließt mich in die Arme. „Nel hat sich solche Sorgen gemacht.“
„Was ist passiert? Wo sind alle anderen?“
„Wir wissen es nicht.“ Seine Stimme bricht. Im Gegensatz zu Nelly trägt Adam sein Herz auf der Zunge. „Wir hatten fast keine Vorwarnung. Der Zaun war auf, bevor wir auf unseren Posten waren. Wir wurden getrennt. Keiner hat auf unsere Funksprüche reagiert, obwohl wir die ganze Fahrt über versucht haben, sie zu erreichen.“
Ich blicke mich um und nehme die kläglichen Reste der Zone in Augenschein: Etwas mehr als zwanzig Leute sind es nur noch. Es ist entmutigend. Aber dann sehe ich Nelly, der Bits hoch über seinen Kopf hebt und Hank ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Es mag eine geringe Zahl sein, sage ich mir, aber wie immer ist die Qualität entscheidend, und nicht die Quantität.