Kapitel 19
Der Schädel des Mobs zerbrach mit haarsträubendem Knirschen, ein Auge sprang aus der Augenhöhle, der schwarze Mooskreucher grunzte noch einmal ohrenbetäubend auf und fiel auf den Rücken.
Tang schwang zufrieden seinen Streitkolben:
„Keine schlechte Waffe, nur verursacht sie nicht genug Schaden. Ich wünschte, ich hätte ein Schwert. Mein gutes altes Schwert.“
„War es wirklich so gut?“, fragte Babe neugierig.
„Für mein Level schon etwas mickrig, aber ich hatte mich so daran gewöhnt. Ich muss mal überlegen, was ich im Austausch dafür hergeben könnte. Ein Tank braucht natürlich vor allem eine starke Rüstung und einen anständigen Schutz gegen Magie, aber viel Schaden austeilen zu können, ist auch nie falsch.“
Ross setzte sich auf einen überraschend trockenen moosbewachsenen Stein:
„Machen wir eine Pause. Ich werde noch ein paar Items verzaubern. Übrigens ist heute ein großer Tag...“
„Wie bitte?“, fragte Babe verständnislos.
„Heute habe ich genau 300 Klumpen Golderz in meiner Tasche. Das heißt, einer von uns kann heute freikommen. – Bei dir oder mir reichen sogar 290, weil wir Agitrick ja schon zehn gegeben haben.“
Das Mädchen schüttelte den Kopf:
„Wir sind ein Team. Entweder gehen wir alle oder keiner.“
„Falls jemand von euch sich für meine Meinung interessiert – ich denke genauso wie Danger Babe“, klinkte sich Tang ein.
„Wisst ihr was? Ein Freund von mir glaubt, dass Agitrick uns wahrscheinlich belohnt, wenn wir mehr als die Norm abliefern, und gemessen an der Schwierigkeit der Quest, wahrscheinlich reichlich.“
„Zeig mal so einen Klumpen, Ross. Ich habe noch nie Golderz gesehen“, bat der Norder. „Du lässt uns ja nicht ran...“
„Ja, zeig her! Ich will es auch sehen!“, sprang Babe flink hinzu.
Tang drehte den Klumpen vor den Augen hin und her und sprach nachdenklich:
„Wenn ich mich nicht irre, sind in diesem Bröckchen etwa sieben Gramm reines Gold. Die Legierung, die hier für Münzen verwendet wird, ist stark verdünnt, also könnte man daraus vier kaiserliche Guineas herstellen. Folglich ist ein Erzklumpen etwa fünf Dollar wert. Wenn wir dreihundert abgeben, verlieren wir etwa anderthalbtausend.“
„Wie viel?!“, rief Babe schockiert. „Dann gebe ich nichts ab! Alle meine Sachen zusammen sind nicht so viel wert! So ein Tausch
macht doch gar keinen Sinn! Agitrick ist ein Gauner!“
Doch Ross schüttelte den Kopf: „Ich bezweifle, dass du dein Erz für 1500 verkaufen könntest.“
„Gold ist rar in der Zweiten Welt
“, gab Tang zu bedenken. Ist euch aufgefallen, dass alle nur mit Silber zahlen wollen? – Das gelbe Metall scheint knapp zu sein und sein Preis steigt – langsam, aber stetig. Was die anderthalbtausend betrifft, bin ich nicht sicher, aber tausend zu bekommen, ist auf jeden Fall realistisch.“
„Alles, was ich besitze, ist weniger wert“, murmelte Babe mit gesenktem Kopf.
„Mädchen, ich bin nicht in der Position, um Ratschläge zu erteilen, aber ich denke, du solltest die Quest erfüllen. Wer weiß, vielleicht haut die Belohnung dich einfach um – und du sparst Zeit.“
„Es ist nur schade um das Geld.“
„Du bist ein Flaiting und alles andere als dazu geschaffen, schwer zu schleppen. Kannst du überhaupt so viel Erz tragen? – Es sind über 300 Kilo Steine.“
„Wie viel? Hast du mich mal aufmerksam angeschaut? Nie im Leben trag‘ ich auch nur die Hälfte davon!“
„Sieht du?“
„Je weiter wir uns vom Eingang entfernen, desto mehr Gold finden wir“, bemerkte Ross. „Und auch Tantal, was noch seltener ist.
Und heute habe ich zum ersten Mal einen Klumpen Wolfram abgebaut. Das hatte ich davor noch nie gesehen.“
„Und? Was willst du damit sagen? Sollen wir noch tiefer in die Mine?“, fragte Tang.
Ross beschloss, sich ein wenig in die Karten schauen zu lassen.
„Ich habe gewisse Erfahrung als Bergmann.“
„Klar, deinen Bergbaustat hast du ja sicher nicht beim Schmetterlinge fangen hochgeschraubt“, sagte Babe.
„Exakt“, stimmte Ross trocken zu und fuhr fort. „Also, in der Regel gilt für Minen, in denen Mobs hausen: Je weiter weg vom Eingang, desto mehr und stärker werden die Mobs. Und desto mehr und wertvollere Ressourcen kommen vor. Obwohl ich dafür bei dieser Mine nicht die Hand ins Feuer legen würde. Sie ist doch ziemlich außergewöhnlich. Minen sind normalerweise mehr oder weniger nach einem Schema aufgebaut. Aber die hier ist völlig anders.“
„Ich bin dafür, dass wir weiter reingehen. Ist doch spannend, was uns da erwartet. Vielleicht springt für dann mehr Erz für uns raus oder wir finden eine Art Schatz.“
„Ross hat doch gesagt, dass die Mobs tiefer drinnen stärker sind als die nahe dem Eingang.“
„Aber wir sind auch nicht schwach auf der Brust. Wir haben uns nur zu zweit, mit bloßen Händen sozusagen, prima geschlagen,
und jetzt haben wir Zauberstäbe und Ringe, und du trägst eine Rüstung. Wir sind eigentlich eine Super-Party: ein Flaiting als Buffer, ein Damager-Magier und ein Tank. So wie wir jetzt kämpfen, riskieren wir gar
nichts. Selbst wenn die Mobs stärker sind, schaffen wir sie locker.“
„Ich hätte lieber eine bessere Rüstung. Die hier ist wie aus Papier. Ihr seid überhaupt nackt, Elixiere haben wir keine, das Level unseres Damagers ist zum Totlachen... Wir sind keine Party. Ich weiß nicht mal, was wir sind...“
„Tang, vergiss einfach mal, dass du in der realen Welt alt warst, okay?“, beharrte Babe. „Hier ist alles anders. Also vorwärts! Lasst uns Spaß haben und Abenteuer bestehen!“
„Mein liebes Mädchen, mir ist schon vor langer Zeit aufgefallen, dass Abenteurer wie du die Tendenz haben, oft mit wunden Hinterteilen herumzulaufen, weil sie dauernd die Hucke vollkriegen.“
„Ross, gehen wir?!“ Danger Babe war wild entschlossen.
„Ich bin dafür. Nur nicht heute.“
„Wieso nicht?“
„In drei oder vier Stunden musst du dich ausloggen, und ohne dich wird es da drinnen brenzlig für uns.“
„Na, dann aber morgen, oder? Gleich morgen früh?“
„Von mir aus. Wie steht‘s mit dir, Tang? Bist du dabei?“
„Habe ich eine andere Wahl?“
„Wir zerren dich sicher nicht gegen deinen Willen mit.“
Tang lächelte und nickte:
„Ihr macht es einem wirklich schwer, euch was abzuschlagen. Ich bin dabei. Vielleicht könntest du uns aber trotzdem ein paar Ringe und Armbänder machen. Halsketten könnten auch nicht schaden. Wer weiß, was uns da unten über den Weg läuft.“
„Ich könnte welche von mir abgeben“, schlug Babe vor. „Ist mir sowieso irgendwie peinlich, dass ich fast alles habe, und ihr fast nackt rumrennt.“
Tang schlug sich mit der Faust an den Harnisch:
„Ich bin definitiv nicht nackt. – Du dagegen hast nur nutzlose Lumpen an.“
„Ich meine doch die Ringe: Ich habe schon acht Stück, ein komplettes Set.“
„Man muss immer als Erstes für die Sicherheit der Heiler und Tanks sorgen. Deshalb stimme ich Ross zu: Er verteilt alles richtig. Nur mit seinem eigenen Zauberstab kann er nicht besonders viel anfangen. Äußerst schlecht bei einem Damager...“
„Ich werde mich heute Nacht besser ausrüsten“, winkte Ross ab, während er aufstand. „Gut, dann gehe ich jetzt zurück, und wir trennen uns bis auf Weiteres. Es wird schon Abend. Ich brauche
einen Haufen Metall. Hey! Danger Babe! Das gilt auch für dich.“
Der Norder wedelte mit der Hand vor dem Gesicht des reglosen Mädchens hin und her und schüttelte den Kopf:
„Sie ist nicht mehr bei uns.“
„Schon wieder aus heiterem Himmel. Vielleicht hat sie ein Problem mit ihrer Connection?“
„Möglich. Obwohl ich nicht glaube, dass es ein Verbindungsproblem ist.“
„Sondern?“
„Irgendein realer Störfaktor. Jemand reißt sie offenbar aus dem Spiel heraus.“
„Vielleicht sind ihre Eltern nicht gerade begeistert davon, dass sie so lange hier herumhängt?“
„Würde es dir vielleicht gefallen, wenn deine Tochter so wäre?“
„An sich habe ich über Kinder noch nicht nachgedacht, aber ich glaube, ich fände es cool. Für ihr Alter ist sie ziemlich schlau. Außerdem hübsch und hat einen guten Charakter.“
„Das stimmt schon. Aber hast du dir schon mal Gedanken über die Kehrseite des Spiels gemacht? Sieh mal hier.“ Tang zeigte auf Babes Gesicht. „Allmählich zeichnen sich Tränensäcke ab. In ein bis zwei Monaten wird sie eine fingerdicke Schicht Schminke brauchen,
um die zu kaschieren. Sie ist blass, und die Augen sind voller geplatzter Äderchen.“
„Kommt das vom Spielen?“
„Sicher. Und vom Schlafmangel. Sie verbringt zu viel Zeit mit uns. Bei hochmodernen Kapseln wirken sich fast alle Spielaktionen unmittelbar auf den realen Körper aus. Wenn man hier rennt, spannt man in Wirklichkeit die entsprechenden Muskeln an und atmet schneller. So kann man tagelang im Spiel bleiben, ohne dass es irgendwelche Folgen hat. Wenn man aktiv spielt und sich nicht gerade den Hintern auf dem Markt plattsitzt, es kann einem sogar guttun. Aber Danger Babes Equipment zählt offensichtlich nicht zum innovativsten. Höchstwahrscheinlich spielt sie mit Armbändern und Helm. Das ist die billigste Lösung, viele machen es so. Vielleicht hat sie noch einen Gürtel und Sensoren an Beinen und Hals. Manchmal verschwimmen ihre Bewegungen nämlich, und das kommt bei einer ordentlichen Kapsel sehr selten vor. Es ist eben nur fast, aber nicht ganz Full Immersion.“
„Anscheinend weißt du eine ganze Menge über Immersionstechnologien.“
„Wie könnte es auch anders sein? Das war schließlich mein Job – irgendwann vor langer Zeit, als die Technik nicht annähernd so fortgeschritten war. Aber mein Interesse ist natürlich noch da. – Tja, da steht sie jetzt. Was machen wir?“
„Ohne sie Erz abzubauen ist zu gefährlich. Wenn ein Mob anrauscht, sind wir nicht besonders wehrhaft.“
„Tatsächlich?“, fragte Tang in eigenartigem Tonfall.
„Meine Heals sind schwächer als ihre. Es ist gefährlich, und ich will das Risiko nicht eingehen.“
„Aber als sie sich zum ersten Mal ausgeloggt hat, bist du allein runtergegangen.“
„Allein draufzugehen finde ich nicht schlimm, und es macht mir auch nichts aus, wenn ich ein bisschen XP verliere.“
„Lass uns einfach hier bleiben und abwarten. Vielleicht findet uns ja keiner.“
„Wozu? Lass uns lieber hochklettern.“
„Und was ist mit ihr?“
„Wir nehmen sie mit. Sie hat mir die Erlaubnis gegeben, ihren Körper zu tragen.“ Vorsichtig berührte Ross Babes Schulter: „Kein Stromschlag, wie es aussieht.“
„Ich habe vom letzten Mob etwas Fleisch mitgenommen. Kannst du es braten? Es ist nicht mehr viel übrig, wird gerade mal für heute langen, aber für morgen wird nicht mehr.“
„Ich habe die ganze Tasche voll. Ich werde so viel braten, dass es für drei Tage reicht. Wie viele Abnehmer haben wir eigentlich?“
„Ungefähr die Hälfte, der Rest regt sich nach wie vor nicht. – Merkwürdig, oder? Es ist doch wirklich nicht schwer, einen
Forumsthread zu lesen...“
„Kann sein, dass der Thread nicht mehr gut auffindbar ist.“
„Ich poste es jeden Tag auf Neue, um mitzuteilen, wann die Ausgabe ist. Er rutscht also hoch. Außerdem könnten Freunde ihn sehen und es weitererzählen.“
„Ich glaube, viele haben einfach beschlossen, einen Monat Spielpause einzulegen.“
„Viele regen sich darüber auf, fordern ihr Geld für den Monat zurück, wegen dieses Schlamassels.“
„Und? Wurde es erstattet?“
„Nein. Es heißt, das sei eine normale In-Game-Situation, und sie hätten sich ja freiwillig ins Abenteuer gestürzt, jeder hätte Zeit gehabt zu flüchten, bevor die Mobs durch die Bresche in die Provinz einfielen.“
Ross hob Danger Babe hoch und legte sie über die Schulter.
„Sie ist leicht.“
„Was hattest du erwartet? Sie ist ein Flaiting.“
Als sie aus der Mine hinaustraten, blieb der Norder stehen und raunte Ross zu:
„Der Bogenschütze kampiert am Rand der Steilwand. Ich habe ihn gerade gesehen.“
„Denkst du, er will uns wieder aus dem Hinterhalt angreifen?“
„Weiß nicht. – Wirklich schlecht, dass ich keinen Schild habe. Dann könnte mir überhaupt nichts anhaben. Ein Bogenschütze, der versucht, es mit einem Tank aufzunehmen. – Das ist lächerlich.“
„Ich habe kein Leder. Und auch kein anständiges Holz.“
„Kannst du mit den Stäben hier nichts anfangen?“
„Nein. Ich muss als Erstes Bretter machen, und diese Stäbe sind dafür zu dünn.“
„Ross, dieser Bogenschütze zerreißt sich das Maul über dich im Forum.“
„Soll er doch. Das juckt mich nicht die Bohne.“
„Er schreibt, du wärst ein Top-Spieler, der zufällig in Rallia gelandet ist.“
„Wie kommt er darauf? Hat wohl mein Level übersehen?“
„Wenn deine Tarnung hoch ist und seine Aufmerksamkeit auf oder um Null steht, konnte er es möglicherweise nicht sehen. Vielleicht hat er es auch gesehen, aber schämt sich zuzugeben, dass ein Noob ihm übel mitgespielt hat. Tatsächlich nennt er mich einen Noob. Er schreibt, du, ich und Danger Babe hätten eine ‚Gang‘ gegründet, um Typen wie ihm Geld abzuknöpfen, und falls sich jemand wehrt, jagen wir ihn durch die Mine.“
„Ist das ein Vollidiot?“
„Ja, ich denke, das hast du korrekt diagnostiziert. Allerdings ist sein Vater eine große Nummer in einem der Top-Clans – behauptet er zumindest. Und er meint, dass wir alle deswegen auf die schwarze Liste kämen. Dafür wird er allerdings nur ausgelacht und hat sich den Ruf verdient, der lächerlichste Depp im ganzen Spiel zu sein. Sein Vater soll tatsächlich auch nicht besser sein als ein Noob, und ganz definitiv weit davon entfernt, die erste Geige in einem Clan zu spielen. In Wirklichkeit müsse er auch strunzdumm sein, heißt es – danach zu urteilen, wie missraten sein Sohn ist.“
„Tja, mit so einem Kind hat er echt Pech gehabt. – Also, wollen wir weiter hier herumstehen oder versuchen wir raufzuklettern?“
„Wir klettern hoch. Wenn er anfängt zu schießen, decke ich euch. Seine gespitzten Stöckchen dringen nicht durch den Harnisch. Außerdem ist sein Schaden, jetzt, wo er viele Stufen abgerutscht ist, schwächer als vorher. Sobald wir oben sind, nageln wir ihn am Respawn fest und stutzen sein Level noch ein bisschen.“
Ross nickte: „Bin ganz dafür.“
Auf halber Höhe zum Kraterrand war plötzlich von oben ein bedrohliches Grollen zu hören.
„Ross! Eine Steinlawine!“, rief Tang.
Mit dem Mädchen auf der Schulter fiel Ross die Flucht nicht gerade leicht, so leicht Babe auch war. Doch er kam davon. Zwar traf ihn etwas am Hinterkopf, doch der Schlag war nicht hart und kostete
ihn nur wenige HP. Es musste ein kleiner Stein gewesen sein. Erst als er den gefährlichen Bereich hinter sich gelassen hatte, blickte er zurück und sah gerade noch die letzten Brocken herabfallen.
Da stapfte auch schon der Norder mit gezücktem Streitkolben und ungemütlichem Blick an Ross vorbei.
„Dieser pubertierende Pickel will wohl wieder Spielchen mit uns spielen“, brummte er im Vorbeigehen. „Will sich nicht beruhigen. Ich reiße ihm die Ohren ab!“
„Du wirst ihn nicht einholen.“
„Ich verfolge ihn, bis er vor Erschöpfung zusammenbricht. Wir Tanks haben eine gute Ausdauer. Und ich habe alle Zeit der Welt. Irgendwann wird er IRL gehen müssen, er ist nicht aus Stahl. Und dann kriege ich ihn sowieso.“
„Vergiss ihn. Finde lieber heraus, wo er schläft, und bescher‘ ihm eine schöne Nacht. Dann läuft er nicht mal weg.“
„Er hat seinen Schlafplatz bei der Mauer. Was passiert, wenn ich ihn da direkt unter den Augen der Mobs angreife?“
„Keine Ahnung.“
„Tja, ich habe auch keine Ahnung, aber wir sollten uns hüten, es uns mit ihnen zu verscherzen.“
„Wieso ist er bis jetzt noch nicht verhungert?“
„Er hat damals viel Fleisch gestohlen.“
„Es verdirbt aber schnell. Nach höchstens drei Tagen. Besser kann ich es nicht zubereiten. Also wird er bald von selbst abkratzen. Verschwende deine Zeit nicht mit ihm. Pass lieber auf mich und Babe auf, während ich Ringe mache.“
„Und auch Armbänder und Halsketten?“
„Wenn ich dazu komme.“
„Bist du ganz sicher, dass wir tiefer in die Höhlen reingehen sollen?“
„Tang, das Schlimmste, was uns da passieren kann, ist, dass wir sterben. Wenn du nicht gerne respawnst, dann zwingt dich keiner mitzugehen.“
„Der Respawn macht mir keine Angst. Ich hätte nur gerne mehr Gewissheit. Wir haben uns nicht schlecht aufeinander eingestellt, aber morgen könnte etwas ganz Neues auf uns zukommen. Und neu heißt nicht immer gut.“
„Wir werden sehen. Zu verlieren haben wir nichts. Was machen wir mit Babe?“
„Was meinst du?“
„Ich kann sie jetzt nicht mehr auf die Füße stellen. Sie will immer umfallen.“
„Na, leg sie doch hin.“
„Das kommt mir irgendwie falsch vor.“
„Dann lehn‘ sie eben mit dem Rücken gegen den Fels. Sodass sie sitzt.“
„Ich frage mich, was bei ihr passiert ist. Bis zum Abend sind es noch drei Stunden. Ob ihre Eltern sie rausgeworfen haben?“
„Ich weiß es nicht. Wenn sie will, wird sie es uns selbst erzählen. Sowas fragt man nicht, das wäre schlechter Stil. Mach du mit den Ringen weiter. Und vergiss nicht, einen besseren Stab für dich selbst zu machen. Mit unserem Equipment und unseren Waffen sehen wir aus wie die letzten Noobs von der Müllhalde, die aus unerfindlichen Gründen in die tiefsten Höhlen marschieren.“
* * *
„Meine Freundin hat auch mal den Stecker gezogen, als ich gerad ‘nen Boss gebasht hab. Ich wünsche echt niemandem, was dann passiert ist: Bei mir sind so viele Adern in den Augen geplatzt, dass ich aussah wie ein Vampir, plus: Ich hatte Nasenbluten ohne Ende.“
„Wer‘s glaubt! Erzähl‘ den Bullshit jemand anderem. Mit meinem alten Internetanbieter ist die Verbindung dauernd abgerissen, und sowas ist mir NIE passiert.“
„Lies vielleicht mal den Thread von Anfang, du Vollkoffer! Früher gab es sowas nicht, aber wenn man jetzt plötzlich rausfliegt,
muss man damit rechnen, dass es echt unangenehm wird. Aller mögliche Scheiß passiert.“
„Ich hab gelesen, dass ein Typ einen Schlaganfall hatte, nachdem seine Frau das Modemkabel gezogen hat. Oder sein Kind, weiß nicht mehr, egal. Auf jeden Fall war der Typ dauerhaft afk
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.“
„Ihr solltet übrigens mal die Nutzervereinbarung lesen. Da steht klipp und klar, dass man eine stabile Connection braucht und sich übers Interface ausloggen muss.“
„Das ist mir egal. Als Arbeiter im Sägewerk reicht mir ‘ne 3D-Connection, ich brauche keine Immersion.“
„3D laggt jetzt genauso wie 2D früher. Niemand spielt jetzt mehr in 2D, und das Gleiche gilt bald auch für 3D.“
Ausschnitt aus einem Thread im Spielforum zum Thema „Bei wem reißt die Connection auch oft ab? Teilt eure Eindrücke!“