Erstes Kapitel

Geborgen und geliebt ins Leben starten

bodymatterAlles beginnt in Ihren Armen, in denen Ihre Tochter sich geliebt und geborgen fühlt. Um ihr diese Geborgenheit geben zu können, müssen Sie jedoch selbst in Ihrer Mitte sein.bodymatter
In diesem Kapitel schauen wir uns an, wie Sie das Wichtigste in der Kindheit Ihrer Tochter gut hinbekommen: wie Sie Ihrer Tochter das tiefe Gefühl von Geborgenheit und Wertschätzung geben können. Jeder von uns braucht das, um sich in der Welt wohlzufühlen, anderen nah sein und entspannen zu können. Das Babyalter ist die beste Zeit, dieses Gefühl zu bekommen, aber es ist nie zu spät dafür.
Für ein Kleinkind bedeuten Mama und Papa die Welt. Deren Gefühle sind seine Gefühle. Ein Baby weiß nicht (oder es ist ihm egal), ob es in einer winzigen Hütte oder einem Palast lebt, solange die Menschen, die es versorgen, freundlich und friedlich sind. Wenn uns das zumindest eine Zeit lang gelingt, wird es diese Erinnerung noch lange, nachdem wir gegangen sind, in sich tragen. In schwierigen Zeiten wird es von diesem Gefühl zehren können. Vielleicht tun wir uns schwer, das zu hören, weil unsere Erwachsenenwelt voller Hetze und Stress ist. Vielleicht haben wir unser Leben bisher im Eiltempo verbracht, um klarzukommen. Aber mit einem Baby oder Kleinkind ändern sich die Prioritäten. Das Wertvollste, was wir tun können, ist – sehr wenig. Wir müssen für viel Ruhe sorgen.
Stellen Sie sich einmal vor, wie es sich anfühlt, ein kleines Baby zu sein, sanft in den Armen gehalten und liebevoll angeschaut zu werden. Können Sie in Ihrem Körper spüren, wie das wäre? Genießen Sie es einen Moment. Stellen Sie sich vor, zu wissen, dass Sie im Mittelpunkt der Liebe und Fürsorge dieser Person stehen. Zu wissen, dass diese Person fähig ist, sich gut um Sie zu kümmern. Dass Sie nichts tun, nichts beweisen und nichts fürchten müssen. Dass diese Person Freude an Ihnen hat, Sie genießt und liebt und Ihnen alles geben wird, was Sie brauchen. Dass Sie vollkommen sicher und geborgen sind. Stellen Sie sich das alles vor und achten Sie auf die Gefühle in Ihrem Körper. Wo fühlen Sie das? Wie fühlt es sich an?
MIT DIESEM GEFÜHL SOLLEN UNSERE KINDER INS LEBEN STARTEN
Ihre Tochter kann diese Art der Erfahrung nur von Ihnen bekommen – und hoffentlich noch ein paar weiteren Menschen, die sie lieben und ihr dies auch zeigen. Am besten und einfachsten geht dies, wenn sie noch ein Baby ist, aber es zieht sich durch das ganze Leben. Und auch wenn Ihre Tochter schon zehn oder siebzehn Jahre alt ist, können Sie es noch immer in Ordnung bringen. Im weiteren Verlauf des Buches erfahren Sie, wie das geht.
SORGEN SIE DAFÜR, DASS SICH IHRE TOCHTER GEBORGEN FÜHLT
»Werde ich geliebt, fühle ich mich geborgen?« Diese Frage steht im Mittelpunkt jedes Wimmerns von ihr, jedes Blickes, mit dem sie Ihr Lächeln sucht, jeder Exkursion, die sie krabbelnd oder auf unsicheren Beinchen unternimmt, bevor sie schnell in Ihre Arme zurückkehrt.
Eine gewaltige Frage. Die Antwort hängt davon ab, ob sich eine Mutter (oder ein Vater oder eine sonstige Betreuungsperson) selbst sicher gebunden fühlt. Unterstützt. Nicht durch äußere Faktoren gestresst. Sie hängt davon ab, ob die Menschen rund um die Mutter – ein Partner, die Großeltern, Nachbarn und Freunde – fürsorglich und warmherzig mit ihr umgehen, damit sie ihrem Baby gegenüber ebenso sein kann. Und sie hängt davon ab, ob sie selbst Erinnerungen an Wärme und Geborgenheit hat, wenn nicht aus der Babyzeit, dann aus einer späteren Lebensphase.
Babys brauchen die Liebe aus einem ganz praktischen Grund: Sie gewährleistet, dass sich jemand um sie kümmert, sie füttert, tröstet, sauber hält, mit ihnen spricht und singt und spielt. Das braucht sehr viel Zeit. Und es bringt einen Erwachsenen, der eine ausreichende Reife erreicht hat, dazu, die Bedürfnisse dieses kleinen Wesens über seine eigenen zu stellen. Liebe ist nicht nur ein sentimentales Gefühl, sie ist ein loderndes Feuer, eine gewaltige Kraftquelle, die Sie durch alle diese Dinge trägt. Deshalb muss dieses Feuer sorgfältig entfacht werden.
Hier können Sie Ihre Situation während der ersten Lebensjahre Ihrer Tochter bewerten – jede Frage kann bis zu fünf Sterne bekommen (5 = sehr, 1 = fast gar nicht). Lassen Sie sich Zeit und überlegen Sie gründlich. Als Ihre Tochter unter zwei Jahre alt war:
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1.Wie entspannt war Ihr Leben? bodymatter
2.Wie gut hat Ihr Partner Sie unterstützt? bodymatter
3.Wie gut fühlten Sie sich materiell abgesichert? (Wohnung, Geld, Gesundheitsfürsorge) bodymatter
4.Wie gut wurden Sie durch andere unterstützt – Großeltern, Nachbarn, Freunde? bodymatter
5.Gingen Sie an diese Aufgabe ruhig und gelassen heran oder waren Sie von Natur aus nervös, unsicher oder ängstlich (eine Ziffer einkringeln)? bodymatter
Sehr nervös und ängstlich12345So ruhig, dass ich fast einschlief
Diese Fragen tragen zu einem Gesamtbild bei, zählen Sie daher die Punkte zusammen.
Meine Gesamtpunktzahl:_______________
Bei weniger als 10 Punkten ist das eine ganz schön stressige Zeit. Etwa 15 Punkte ist durchschnittlich – gar nicht schlecht. Über 20 wäre ein Wunder!
Vielen Lesern wird dieser Fragebogen einen leichten Schlag versetzen, weil Elternschaft in der modernen Welt sehr stressig geworden ist und wenig unterstützt wird. Wir mögen zwar materiell gut abgesichert sein, aber emotional sind wir weit davon entfernt. Oder umgekehrt. Oder weder noch. Möglicherweise ist der Fragebogen in Ihrem Fall sogar völlig unzutreffend. Das kann vorkommen. Im ersten Jahr hatten Sie es möglicherweise sehr schwer – wenig Unterstützung, schlechte materielle Bedingungen, Sie waren isoliert, hatten schlimme Erinnerungen an Ihre eigene Kindheit und haben es dennoch durch Ihre große Liebe und Hingabe geschafft, für Ihre Tochter eine umsorgende, emotional antwortende und ruhige Atmosphäre zu schaffen. Kringeln Sie in diesem Fall den folgenden Satz ein, einfach so, zur Feier des Tages.
»Ich glaube, ich habe schwierige Umstände oder einen schrecklichen eigenen Hintergrund überwunden und es geschafft, dass sich meine Tochter geliebt fühlte.«
Größte Bewunderung und alles Liebe für Sie.
Falls der Start nicht ideal war, egal, wie Sie es drehen und wenden – machen Sie sich keine Vorwürfe. Machen Sie anderen keine Vorwürfe. Lassen Sie zu, dass es in Ihrer Familie und den frühen Erfahrungen Ihrer Tochter eine Belastung gegeben hat, die einige Herausforderungen erklären kann, mit denen sie zu kämpfen hat. Sie können daran arbeiten, aber am Anfang steht eine ehrliche Einschätzung.
Ist das Gefühl der Liebe und Geborgenheit unklar, liegt darauf der erste Fokus. Selbst wenn Ihre Tochter schon zehn oder sechzehn Jahre alt ist, kann es vorrangig sein, die Gefühle aus der Babyzeit in Ordnung zu bringen. Sie braucht vielleicht wirklich jeden Tag sehr viele Streicheleinheiten und ruhige Zeiten mit Ihnen, um ihr autonomes Nervensystem zur Ruhe zu bringen, das immer auf »Alarmstufe rot« lief, seit sie klein war. Auch wenn sie fähig und hilfsbereit ist und mit der großen weiten Welt zurechtkommt, braucht sie es vielleicht noch, innezuhalten und ihre Reserven aufzufüllen, bis ihr Verstand gelernt hat, dass sie wirklich geborgen ist.
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Wir haben unsere Tochter adoptiert, als sie ein Jahr alt war. Wir wissen nicht einmal, wie ihre Babyzeit verlaufen ist – wir vermuten, es war eher schrecklich. Sie hatte als Kind ziemlich viele Probleme. Aber wir haben sie unverdrossen und mit Geduld geliebt und wussten, dass sie sehr viel Bestätigung, Routine, Kuschelzeit und Aufbauendes brauchte. In Steves Büchern hatten wir gelesen, dass Kinder mit dreizehn Jahren ihre Babyzeit »recyceln« oder eine zweite Babyzeit durchmachen, in der sie für Liebe und Zuneigung offener sind. Daher haben wir sie in diesem Alter sehr verzärtelt. Mit vierzehn hatte sie alles hinter sich, und seither geht es ihr großartig. Wir glauben, sie wird immer ein ziemlich intensives Mädchen bleiben, aber ihr Leben wird gut verlaufen.
Mark, 48, und Amy, 42
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Als mein Baby ein Jahr alt war, musste ich wegen meines Studiums für ein Jahr aus China in die USA gehen. Unser Baby blieb bei seiner Großmutter. Als ich zurück war, bekam ich ein weiteres Baby. Unsere Beziehung ist dadurch eher wacklig. Es ging meiner Tochter bei der Oma gut, aber sie kann jetzt nicht mehr bei ihr leben. Ich weiß nicht, ob meine berufliche Laufbahn gut für sie war, und hoffe, manches wiedergutmachen zu können.
Guan-yin, 38
Kleine Kinder zu lieben, ist ganz natürlich – wir haben Hormone wie Oxytocin, die uns helfen, in ihrer Gesellschaft sanft und weich zu sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass jedem diese liebevolle Art ganz natürlich gelingt, denn auch wenn die Gefühle vielleicht da sind, muss deren praktische Umsetzung erlernt werden. Wer liebevolles Verhalten nie gesehen oder erlebt hat, ist vielleicht nervös und unbeholfen beim Ausdrücken der Liebe für sein Baby. (Es kommt auch vor, dass eine Mutter oder ein Vater gegenüber dem neugeborenen Baby gar nichts empfindet, schrittweise anfangen muss, es kennen zu lernen, und dabei Unterstützung von außen braucht.) Fast jeder hat heute Lücken in seiner Liebesfähigkeit, aber machen Sie sich darüber keine Sorgen: Sie können sie wie ein Feuer entzünden, das dann von selbst weiterbrennt.
Zwei Dinge verbessern die Liebesfähigkeit in Ihrer Familie. Diese Liebesquellen sind:
1.Das Entschleunigen Ihres Lebenstempos.
2.Das Eintauchen in den Fluss der Liebe.
Lassen Sie mich erklären, was dies bedeutet …

Entschleunigung

WO DIE LIEBE WÄCHST – DAS GEHEIMNIS
Wenn ich vor Eltern spreche, beobachte ich genau und höre gut zu. Bei einigen Gedanken werden sie still, andere bringen sie dazu, laut zu lachen. Von einigen kommt Zustimmung, ein gutes Beispiel dafür ist die Äußerung: EILE IST DER FEIND DER LIEBE. Wenn wir durch unser Leben hetzen, werden unsere Interaktionen immer lauter und unbefriedigender, bis zur Gefühllosigkeit. Wärme und Harmonie zwischen uns verschwinden. Ehepartner kommen nicht mehr miteinander klar. Eltern und Kinder sind gereizt. Die Liebe ist zwar da, sie wird aber davon ausgezehrt, dass man nicht mehr aufeinander eingestimmt ist. Es braucht Zeit, Nähe zu bestätigen, zu verstehen, »wo jeder gerade steht«. Wenn Sie Kinder haben, vor allem wenn sie noch klein sind, ist Langsamkeit sehr wichtig, damit die Liebe wachsen kann.
Damit Liebe zwischen Eltern und Kind (oder zwischen Erwachsenen) entstehen kann, müssen sich zunächst beide sicher und präsent fühlen. Sie müssen eingestimmt sein – auf sich selbst und die anderen.
Die Abfolge zum Aufbau einer zwischenmenschlichen Beziehung ist zeitlos und erfolgt in dieser Reihenfolge: Zuerst kommen Sie zur Ruhe. Sie atmen bewusst, Ihre Schultern entspannen sich, Sie sinken auf einen Stuhl und Sie fangen an, sich in Ihrem Inneren zu Hause zu fühlen. Nun ist da dieses Baby oder Kleinkind vor Ihnen. Auf der Basis Ihres inneren Gefühls, okay zu sein, strecken Sie Ihre Hand aus. Vielleicht ist das Kind ärgerlich oder ängstlich oder bedürftig, oder es möchte mit Ihnen sprechen oder braucht Ihre Hilfe. Da Sie in Ihrem Inneren okay sind und Zeit haben, färbt seine Not nicht auf Sie ab. Sie können sich um das Kind kümmern und freuen sich, helfen zu können.
Sie beruhigen es also mit Worten oder Streicheleinheiten und es spürt, dass Sie ruhig sind, also beruhigt es sich auch. (Babys und Kleinkinder können ihre Emotionen noch nicht regulieren. Mehrmals am Tag »flippt« ein Baby oder kleines Kind aus dem einen oder anderen Grund »aus«. Ein Großteil dessen, was wir als Eltern tun können, ist, das Kind geduldig im Arm zu halten, während seine Gefühle sich allmählich beruhigen, sodass es einen Weg aus seiner Not findet. Nachdem wir dies mehrere Jahre lang gemacht haben, haben sich in seinem Kopf die Wege zur Beruhigung eingeprägt und es schafft dies selbst.) Einfacher wird es natürlich, sobald Ihr Kind sprechen kann: Sie hören sich seine Sorgen an oder helfen ihm praktisch, sind aber weiterhin ruhig, aufmerksam und geduldig. Ihr Kind fühlt sich geliebt und beachtet. Es muss nicht »schwierig« werden, um Ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Das bedeutet jedoch, dass Sie nicht hektisch sein dürfen! Und das ist schwierig, weil die Welt Eile fordert – vieles muss unter einen Hut gebracht werden. Sie sollen Geld verdienen und ausgeben, Sachen kaufen, die Sie gar nicht brauchen, ständig an Aktivitäten zur Selbstoptimierung teilnehmen, die Kinder in Kurse und zum Sport hetzen usw. Das Leben ist so kompliziert und vollgepackt – wie können wir das ohne Hetze schaffen? Dabei geht ja immer etwas schief, wenn wir hetzen. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen?
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Ich stellte an mir fest, dass ich mich beinahe ständig innerlich gehetzt fühlte. Ich fragte mich, ob es wohl möglich wäre, etwas schnell zu tun, sehr aktiv zu sein, aber dabei dennoch innerlich ruhig zu sein. Allmählich stellte ich fest, dass es möglich war. Dazu musste ich wirklich achtsam sein und dieses Gefühl pflegen. Man kann schnell und dennoch geruhsam sein, zumindest kurzzeitig. Sie müssen aufhören, sich selbst unter Stress zu setzen und in die Opferposition zu gehen. Es ist ein ziemlich gutes Gefühl, zu genießen, dass man viel schafft und sich dabei innerlich gut fühlt. Aber ich ziehe es immer noch vor, faul herumzuliegen, wenn es mal geht!
Serena, 40
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Hier kommt eine sehr wichtige erste Frage:
Habe ich zu viel zu tun?
(Kreuzen Sie an, was am besten auf Sie zutrifft.)
bodymatter 1.Ja, aber nur so kann ich überleben.
bodymatter 2.Ja, und ich möchte das ändern.
bodymatter 3.Manchmal ist die Hölle los, aber dann wird es auch wieder ruhiger.
bodymatter 4.Ich habe das geändert. Heute lebe ich in einem langsameren Tempo als früher und es geht jetzt alles viel besser.
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Wie die Liebe wächst
Um es kurz zu sagen: Liebe braucht Zeit. Selten lieben sich zwei Menschen vom ersten Augenblick an. Das gilt auch für Babys. Liebe ist ein Austausch – Sie geben etwas, bekommen etwas zurück, geben mehr, bekommen mehr zurück. Das muss vorsichtig erfolgen, respektvoll, Sie müssen sich aufeinander einstimmen. Zudem ist diese Verbindung etwas Lebendiges – sie muss bei jeder Begegnung wiederhergestellt werden. Dasselbe gilt für Mann und Frau am Ende des Tages oder für Eltern und Kind, wenn dieses aus der Schule heimkommt.
Die Hektik, in der Familien heute leben, kann jedoch bedeuten, dass diese Verbindungsqualität immer weniger zustande kommt. Dann dauert es nicht lange, bis Sie einfach nur Menschen sind, die zwar unter einem Dach leben, von denen jeder aber sein eigenes Leben führt. Beinahe jede Ehe treibt manchmal an diesen einsamen und traurigen Punkt. Sie müssen die Zeit zurückgewinnen, koste es, was es wolle. Das ist billiger als eine Scheidung, ein Psychiater für Ihr Kind oder ein Teenager, der Drogen nimmt. (Drogenkonsum unter Teenagern hat nichts mit spezifischen Faktoren wie Armut zu tun, sondern mit einem Zeitmangel der Eltern.) Manchmal müssen Sie Ihre Familie durch Entschleunigung »wieder zusammenholen«. Wecken Sie wieder Respekt und Fürsorge in Ihren Beziehungen. Finden Sie wieder eine Bindung zu den Teenagern, die Sie nur noch zu »managen« scheinen. Bringen Sie Ihr Schulkind, das übermäßig verplant ist, wieder zur Ruhe. Und gewöhnen Sie sich an Ihr neues Baby, indem Sie einfach ausgiebig und faul mit ihm ausruhen. Gewinnen Sie Lebenszeit zurück und nutzen Sie diese, um Ihre Familie wieder harmonisch zu gestalten.
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Haben Sie Ihr Leben schon einmal ausdrücklich entschleunigt?
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Glauben Sie, Ihre Familie braucht das derzeit?
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Vielleicht brauchen Sie Hilfe, damit dies in Ihrer Familie gelingt. Sprechen Sie darüber. Entscheiden Sie konkret, was weggelassen werden muss, um Hetze und Eile zu reduzieren.
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Der Fluss der Liebe

Manchmal gelingt es nicht, aus dem Nichts Liebe zu wecken. Es gibt einen Mangel bei allen – jeder in der Familie fährt mit leerem Tank. Wie können Sie einander den Tank wieder füllen? Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Leben sei unmöglich zu bewältigen, sollten Sie in den »Fluss« steigen.
Der Mensch hat sich mit starker sozialer Unterstützung entwickelt, von der er immer umgeben war.
Millionen von Jahren lebten unsere Vorfahren in unterstützenden Gruppen, Großfamilien oder Clans von 20 bis 40 Mitgliedern. Wenn wir eine Familie gründen, ist es daher wichtig, dass wir uns nach dem »Dorf« umschauen, das wir brauchen werden. Nichts ist für Eltern wichtiger, als selbst Liebe und Fürsorge zu erfahren, um diese auch ihrem Kind schenken zu können.
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Meine Eltern waren liebevoll, aber ziemlich verklemmt. Sie hatten als Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebt, dabei waren aber zumindest viele Verwandte und Freunde an ihrer Seite. Als wir dann nach Australien auswanderten, waren sie von ihren Familien und Freunden getrennt. Es ging ihnen zwar materiell besser, aber sie waren viel einsamer. Wie viele Migranten hatten sie den Fluss verlassen. Ich musste selbst wieder in diesen Fluss hineinfinden. Als junger Mann verbrachte ich etwa zehn Jahre damit, mit freundlichen älteren Menschen herumzuhängen, bis ich mich wirklich wohlfühlte in der Welt und genügend Selbstvertrauen hatte, um Vater zu werden.
Will, 62
Wenn Sie Vater oder Mutter sind, und vor allem wenn Sie das schwierig finden, suchen Sie sich freundliche Menschen, mit denen Sie sprechen, herumhängen und von denen Sie Ermutigung bekommen können. Ich erinnere mich, dass ich als junger Vater einfach auf den Spielplatz ging und mit den Eltern sprach, denen ich dort begegnete. Manchmal braucht man aber jemanden, der älter ist, weniger konkurrierend oder urteilend. Suchen Sie sich in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz oder durch eine Beratungs- oder Elterngruppe und in Kursen liebevolle Menschen und lernen Sie von ihnen. Akzeptieren Sie deren Fürsorge und Aufmerksamkeit als notwendigen Teil Ihrer Elternrolle.
Wenn Sie diese beiden Dinge schaffen – mehr Zeit zu haben und freundliche Menschen zu finden, die Ihnen helfen –, werden die ersten beiden Lebensjahre Ihrer Tochter sehr viel besser verlaufen. Und in jedem Alter ab zwei Jahren bis zum Erwachsenenalter kann dies dazu beitragen, das, was Sie ihr zu geben haben, und die sich daraus ergebende Bindung zwischen Ihnen beiden zu reparieren oder zu stärken.
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Ich war der ultimative Einzelgänger. Wir zogen ständig um. Ich traute anderen Menschen nicht. Es fiel mir schwer, Freundschaften zu schließen, und die ein oder zwei Mal, die ich es versuchte, wurde ich böse ausgenutzt. Aber als ich mein Baby hatte, merkte ich, dass ich es einfach tun musste, und zum Glück waren andere Eltern, denen ich begegnete, einfach großartig. Kinder sind eine tolle Ausrede, um Freundschaften zu schließen.
Donna, 22
WAS WÄRE, WENN WIR DIESE PHASE VERSÄUMEN?
Sie haben vielleicht schon ältere Kinder, haben aber beim Ausfüllen des Profils der Mädchenzeit Ihrer Tochter am Anfang des Buches gemerkt, dass sie in dieser Phase nicht sehr gut abschnitt? Keine Sorge! Das Tolle an Kindern und Teenagern ist, dass sie Ihnen viele Chancen geben. Wurde eine Phase nicht erledigt, wissen sie das unbewusst und werden signalisieren, dass sie etwas von Ihnen brauchen. Das muss nicht offenkundig sein – häufig sind Frechheiten oder Streitereien oder Probleme draußen in der Welt die Sprache, mit der sie sagen, »beachte mich«.
In Das Geheimnis glücklicher Kinder (sowohl im Buch als auch in den Vorträgen, die ich halte) wird erklärt, wie Kinder etwa mit zwölf Jahren in eine zweite Babyphase kommen. Diese wird durch den neurologischen Zusammenbruch oder den Umbau im Gehirn hervorgerufen, der den Beginn von Jugendzeit und Pubertät markiert. (Die Pubertät des Gehirns setzt nicht immer zur selben Zeit ein wie die körperlichen Anzeichen. Die Entwicklung der Brust kann heute aufgrund der Umwelteinflüsse viel früher beginnen. Die Pubertät des Gehirns beginnt normalerweise noch immer etwa mit zwölf Jahren.)
Die Auswirkungen der Pubertät auf das Gehirn sind so groß, dass ein Teenager zwischen zwölf und achtzehn (bei Jungen noch länger) die bisherigen Stadien seines Aufwachsens erneut durchläuft. Das Tolle daran: Sie bekommen eine zweite Chance, es dieses Mal richtig zu machen. Als Faustregel ziehen Sie vom Alter Ihrer Tochter zwölf ab, dann haben sie die Altersstufe, die sie gerade zum zweiten Mal durchläuft. Viele Dreizehnjährige sind wie Babys – verwirrt, etwas verloren, aber auch emotional sehr offen. Sie können bei Dreizehnjährigen wieder eine Bindung aufbauen, können sie knuddeln, füttern und trösten, und sie lassen das zu! Vierzehnjährige durchlaufen erneut das »Trotzalter«. Sie müssen sich also Ihren Sinn für Humor bewahren, aber auch feste Grenzen setzen und dürfen sich nicht dazu verleiten lassen, herumzuschreien oder Drohungen auszusprechen, die Sie dann nicht umsetzen können (hier gilt ein besonderer Warnhinweis für Väter).
Trotz ihres tatsächlichen Lebensalters bleiben viele Kinder auf der Stufe hängen, in der sie nicht das bekommen haben, was sie gebraucht hätten. Dort warten sie, bis es uns gelungen ist, die fehlenden Erfahrungen zu erkennen und nachzuliefern. Das Tolle ist auch hier wieder, dass wir eine zweite Chance bekommen (und eine dritte und vierte usw.). Wir können Versäumtes nachholen: Ein schüchternes Kind kann schrittweise ermuntert werden, unternehmungslustiger zu werden und den Spaß dabei zu erkennen, lockerer zu werden und auch mal unordentlicher und lauter zu sein. Ein Kind, das es noch nicht gelernt hat, Freundschaften zu schließen, kann mit Ihnen darüber sprechen und Strategien aufstellen und lernen, gesellig zu sein. Und ein unsicheres Kind kann anfangen, mehr Vertrauen zu bekommen und zu entspannen. Wir können die Vergangenheit ausbessern. Dazu müssen wir logisch vorgehen und ein bisschen unerschrocken sein. Mehr dazu finden Sie in den nächsten Kapiteln.