Nikos saß in seinem Ledersessel am Kopf des Tisches und hörte seinen Direktoren zu, die über die Konsequenzen der Fusion mit Coustakis Industries diskutierten. Allerdings war er überhaupt nicht bei der Sache, denn er musste immer wieder an die Frau denken, die er heiraten sollte.
Worauf hatte er sich da eingelassen? Wollte er wirklich eine verwöhnte, schlecht erzogene Xanthippe zum Traualtar führen, die bei der kleinsten Aufregung hysterisch wurde und die zu allem Überfluss auch noch Yiorgos Coustakis’ Temperament geerbt hatte?
Seine Miene verfinsterte sich. Das war das Letzte, was er brauchen konnte. Eins musste er ihr allerdings lassen: Sie hatte Mut bewiesen. Es gab nicht viele, die sich trauen würden, diesem hinterhältigen Widerling Paroli zu bieten. Sogar er, Nikos, war in Gegenwart dieses alten Barrakuda sehr auf der Hut – jedenfalls so lange, bis Coustakis Industries ihm gehörte.
Trotzdem durfte sich die zukünftige Mrs Nikos Vassilis nicht so benehmen. Er musste also dafür sorgen, dass sie wusste, wo ihr Platz war. Auch eine Aufgabe, die ihm überhaupt nicht gefiel. Plötzlich dachte er wieder daran, wie die Frau reagiert hatte, als sie von den Heiratsplänen erfahren hatte. Hatte Yiorgos Coustakis sie tatsächlich nicht darüber informiert? Dann hatte sie natürlich jedes Recht, schockiert zu sein. Sich so aufzuführen war natürlich völlig überzogen, aber er konnte sie verstehen.
Plötzlich sah er den alten Mann wieder vor sich, als dieser die Hand hob und seiner Enkelin eine Ohrfeige versetzte. Nikos konnte darüber nur den Kopf schütteln. Andrea mochte ihn herausgefordert haben, aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, sie zu schlagen. Man vergriff sich nicht an Frauen, Punkt und aus!
Er musste sie aus diesem unsäglichen Palast befreien. Sofort! Wieder verspürte er das Gefühl, sie beschützen zu müssen, und es verwirrte ihn zutiefst. Unwillkürlich hob er die Hand und unterbrach den Leiter der Marketingabteilung mitten in einem Vortrag über was auch immer. „Entschuldigen Sie mich bitte, Gentlemen“, sagte Nikos, „ich habe einen sehr wichtigen Termin. Machen Sie ruhig ohne mich weiter.“
Zehn Minuten später saß er in seinem roten Sportwagen und quälte sich durch die hoffnungslos verstopften Straßen Athens. Sein Ziel war Yiorgos Coustakis’ Haus – und die Frau, die dort wohnte.
Andrea hatte auf der Terrasse Platz genommen und sah nachdenklich hinaus in den penibel gepflegten Garten. Sie war erschöpft und erleichtert zugleich. Immer wieder spielte sie in Gedanken die Szene im Schlafzimmer ihres Großvaters durch und fragte sich nervös, ob sie wirklich das Richtige getan hatte. Immerhin ging es hier um ihr zukünftiges Leben. Sie hatte sich praktisch verkauft – für eine halbe Million Pfund.
Panik stieg in ihr auf, doch sie drängte sie zurück. Es war keine richtige Hochzeit. Sie, Andrea, musste nur die Zeremonie über sich ergehen lassen, und schon einen Tag später würde sie im Flugzeug nach London sitzen. Ihr „Ehemann“ war sicher froh, wenn er sie so schnell loswurde.
In einem Monat schon würde sie mit ihrer Mutter in Spanien eine Wohnung suchen. Allein dafür lohnte sich das Ganze doch! Sie lehnte sich zurück und genoss die warme Sonne auf ihren Beinen. Seit letzter Nacht schmerzten diese beinahe unerträglich. Die hochhackigen Schuhe und der Stress verlangten ihren Tribut. Sanft massierte sie die verspannten Muskeln und seufzte zufrieden.
In Spanien würde alles besser werden. Die Wärme bewirkte Wunder, da war sich Andrea sicher. Sie würde sich dort einen Job suchen, und Kim konnte mit Yiorgos Coustakis’ Geld endlich sorgenfrei leben. Auch wenn sie, Andrea, noch kein Spanisch sprach, gab es bestimmt eine Stelle für sie in der Tourismusbranche, denn sehr viele Engländer reisten jedes Jahr in den Süden.
Ich werde Tony und Linda einladen, dachte sie glücklich. Die beiden waren so gut zu ihr gewesen, sie konnte ihnen gar nicht genug danken. Sie hatte ihren Freund eben angerufen und ihm berichtet, dass sie doch in Athen bleiben würde. Es hatte lange gedauert, bis sie ihn überzeugt hatte, dass sie es tatsächlich ernst meinte und nicht von den Sicherheitsleuten ihres Großvaters gezwungen worden war.
In diesem Moment hörte sie, wie ein Sportwagen vor dem Haus vorfuhr. Der kraftvolle Motor klang ganz anders als der der großen Limousine, in der Yiorgos Coustakis vor einer halben Stunde fortgefahren war. Andrea atmete tief durch, denn sie ahnte schon, um wen es sich bei dem Besucher handelte.
Und sie hatte sich nicht getäuscht. Gleich darauf führte ein Bediensteter Nikos Vassilis auf die Terrasse.
Andrea verspannte sich, als sie ihn auf sich zukommen sah. Er trug einen dunkelgrauen maßgeschneiderten Anzug, ein weißes Hemd, eine graue Seidenkrawatte, und er sah einfach umwerfend aus!
Schweigend setzte er sich neben sie und streckte die Beine aus, bis sie ihre fast berührten. Schnell straffte Andrea sich und zuckte zusammen, als ihre verspannten Muskeln zu schmerzen begannen.
Er runzelte die Stirn und fragte besorgt: „Ist alles in Ordnung?“
Seine tiefe, verführerische Stimme ließ sie erschauern, und sie nickte schweigend.
„Tut es noch weh?“
Bevor sie sich’s versah, ließ er die Finger über ihr Gesicht gleiten. Sie waren kühl, und Andreas Puls begann zu rasen.
Nikos beugte sich vor und betrachtete nachdenklich den blauen Fleck auf ihrer Wange. Andrea hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn mit Make-up zu überdecken. Wozu auch? Jeder sollte sehen, was für ein Unmensch Yiorgos Coustakis war. „Ist schon in Ordnung“, sagte sie schließlich und schob seine Hand zur Seite. Sie wollte sein Mitleid nicht.
Er ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. „Du bist noch sehr aufgeregt, Andrea, das sehe ich dir an. Was gestern Abend geschehen ist, tut mir sehr leid.“ Nikos zögerte und suchte nach den richtigen Worten. „Dein Großvater ist ein … schwieriger Mann. Er ist es gewohnt, die Menschen herumzukommandieren und seinen Willen sogar mit Gewalt durchzusetzen. Dich zu schlagen war unverzeihlich, doch …“, er hob die Hand, als sie widersprechen wollte, „… verständlich. Er durfte vor mir nicht das Gesicht verlieren. Außerdem gehört er der Generation an, die Schläge für ein geeignetes Erziehungsmittel halten.“
Andrea machte kurz die Augen zu und dachte an ihren Vater. Wie musste er in diesem Haus gelitten haben! Die Liebe zu Kim hatte ihn auf ein besseres Leben hoffen lassen. Es war beinahe wie bei Shakespeares Romeo und Julia gewesen – romantisch und doch zum Scheitern verurteilt. Ich tue das nicht nur für dich, Mum, dachte sie traurig, sondern auch für Dad …
Nikos Vassilis sprach weiter, und Andrea konzentrierte sich wieder auf ihn.
„Ich bin davon ausgegangen, dass du von der Heirat wusstest“, sagte er gerade, „und ihr zugestimmt hast.“
Sie straffte sich und blickte ihm direkt in die Augen. „Ich habe zugestimmt“, erwiderte sie ruhig, „und zwar heute Morgen. Es ist alles geklärt, Mr Vassilis, Sie können sich ganz Ihren Fusionsplänen widmen.“
Stirnrunzelnd betrachtete er sie. „Hat Yiorgos dich dazu gezwungen?“, fragte er ohne Umschweife.
„Natürlich nicht!“ Sie zuckte die Schultern. „Wir haben ein Geschäft abgeschlossen, mit dem ich sehr zufrieden bin.“
„Ein Geschäft?“ Nikos betrachtete sie stirnrunzelnd. „Was für eins?“
Zufrieden lächelte sie. Nach fünfundzwanzig Jahren widerfuhr ihrer Mutter endlich Gerechtigkeit. Dabei hatte sie damals von Yiorgos Coustakis gar nichts gewollt, sondern hatte ihn und seine Frau nur trösten wollen. Obwohl sie selbst am Boden zerstört gewesen war, hatte sie den Großvater ihres ungeborenen Kindes aufgesucht, um ihm von der Schwangerschaft zu erzählen. Er hatte zwar einen Sohn auf so tragische Weise verloren, aber dieser würde in dem Baby weiterleben. Genau das hatte sie Yiorgos Coustakis erzählt – und war dafür von ihm wie ein Flittchen behandelt worden, das es nur auf das Vermögen der Familie abgesehen hatte.
„Ganz einfach, Mr Vassilis. Ich habe einen nicht unerheblichen Geldbetrag ausgehandelt“, sagte sie schließlich immer noch lächelnd.
„Geld?“ Er betrachtete sie, als hätte sie den Verstand verloren.
„Ja. Sie wissen schon, diese netten Scheinchen, um die sich im Leben alles dreht.“
„Erklär mir das.“
Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. So sprach er sicher mit seinen Untergebenen, und von diesen hatte er eine ganze Menge!
„Was ist daran so schwer zu verstehen? Es handelt sich um einen rechtsgültigen Vertrag, geschlossen zwischen mir und meinem Großvater. Wenn ich Sie heirate, erhalte ich eine bestimmte Summe.“ Sie lächelte bitter. „Im Gegensatz zu Ihnen ziehe ich Bares vor. Aktien sind mir zu riskant.“
Nikos konnte es nicht fassen. „Er bezahlt dich, damit du mir dein Jawort gibst?“
Beinahe hätte Andrea laut gelacht. Für wen hielt er sich? Er hatte kein Recht, wütend zu sein, denn er war keinen Deut besser. „Na und?“, fragte sie aufgebracht. „Mit Ihnen macht er doch das Gleiche.“
„Das ist etwas ganz anderes!“
„Ist es gar nicht. Sie würden mich nicht zur Frau nehmen, wenn ich nicht Coustakis Industries mit in die Ehe bringen würde.“ Kühl betrachtete sie den Mann, den sie schon bald heiraten sollte … für eine halbe Million Pfund Sterling. „Wenn die Fusion vonstattengegangen ist, werden Sie einer der reichsten Männer Griechenlands sein, Mr Vassilis. Wenn ich Sie nicht heirate, wird nichts aus dem Geschäft. Also werden Sie genau wie ich angemessen entschädigt.“
Ihr kühler Tonfall erzürnte Nikos nur noch mehr. Er hatte doch tatsächlich geglaubt, zu ihrer Rettung kommen und sie aus den Klauen ihres brutalen Großvaters befreien zu müssen. Was war er nur für ein Trottel gewesen! Sie kam sehr gut allein klar. Wie sie sich innerhalb von noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden von einem verführerischen, sanften Mädchen in eine knallharte Geschäftsfrau verwandeln konnte, war ihm allerdings ein Rätsel. Seine Miene wurde finster. Dabei hatte er so gehofft, dass ihre Ehe nicht nur Mittel zum Zweck war, sondern dass sie sich auch gut verstehen würden … vor allem im Bett.
Andrea betrachtete ihn schweigend. Er schien beleidigt zu sein, doch das war ihr egal. Hauptsache, die Fronten waren geklärt.
Sie ist wirklich eiskalt, dachte Nikos, und eine wahre Coustakis! Genau wie ihr Großvater dachte sie nur ans Geld und ihren Vorteil … alles andere spielte bei ihr keine Rolle. Und so eine Frau sollte er heiraten? Schnell stand er auf. „Jetzt, da sich die Aufregung gelegt hat, sollten wir endlich anfangen.“
Erstaunt blickte sie auf. „Womit?“
„Unsere offizielle Verlobung zu besiegeln.“ Er nahm ihre Hand und zog Andrea hoch. „Du würdest das sicher lieber mit einem Scheckbuch tun, aber ich ziehe die altbewährte Methode vor …“
Ehe sie sich’s versah, hatte er sich vorgebeugt und die Lippen auf ihre gepresst. Sein Kuss war sanft und fordernd zugleich und machte ihr unmissverständlich klar, wer in ihrer Beziehung das Sagen hatte.
Andrea spürte, wie alles um sie her verschwamm, als die Leidenschaft sie zu überwältigen drohte. Unwillkürlich krallte sie die Finger in seine Haare und stöhnte leise auf. Es war ein so wunderbares Gefühl, und sie wünschte sich, es würde nie enden.
Gleich darauf ließ er sie los und betrachtete sie nachdenklich. Dann legte er ihr einen Finger unters Kinn und brachte sie dazu, ihn anzusehen. Ihre Lippen waren geschwollen und verführerisch geöffnet, und in ihrem Blick stand die Begierde, die sein Kuss hervorgerufen hatte. „Ich freue mich schon darauf, dich zu erwerben, Andrea Coustakis“, sagte er leise, „und bin schon besonders gespannt auf unsere ganz private Fusion.“
Um seine Worte zu bekräftigen, ließ er zärtlich die Finger über ihre Wange gleiten, wich dann einen Schritt zurück und blickte auf die Uhr. „Lass uns zusammen essen gehen und der Welt zeigen, dass ein wichtiges Geschäft kurz vor dem Abschluss steht.“ Er nahm ihren Arm und führte sie ins Haus.
Das Restaurant war elegant und anscheinend sehr angesagt, denn fast alle Tische waren besetzt. Andrea zog sofort alle Blicke auf sich, als Nikos sie in den großen Raum führte. Verstohlen sah sie sich um und bemerkte, dass fast alle Anwesenden Männer waren, die ausnahmslos teure Anzüge trugen. Hier war also der Ort, an dem die Athener Geschäftsleute zu Mittag aßen, Kontakte knüpften und das große Geld verdienten.
„Kyrios Vassilis“, begrüßte der Restaurantbesitzer Nikos lächelnd, „wir freuen uns, Sie wieder als unseren Gast begrüßen zu dürfen. Das gilt natürlich auch für Ihre reizende Begleiterin …“
„Das ist Kyria Coustakis“, erklärte Nikos höflich und musste ein Lachen unterdrücken, als er das Gesicht seines Gegenübers bemerkte. Hierherzukommen war genau das Richtige gewesen. Noch heute Abend würde ganz Athen über seinen Geniestreich Bescheid wissen.
„Wir setzen uns so lange an die Bar, bis Sie einen Tisch für uns gefunden haben.“ Er blickte den Mann bedeutungsvoll an. „Ich bitte Sie, etwas Abgeschiedenes für uns zu suchen, vielleicht dort hinten in der Ecke …?“
„Natürlich“, erwiderte dieser nickend und schnippte mit den Fingern. Sofort kamen mehrere Ober auf ihn zu, und er gab ihnen mit leiser Stimme Anweisungen. Dann wandte er sich wieder seinen Gästen zu. „Hier entlang, bitte, Kyria Coustakis“, sagte er lauter als nötig, und Andrea bemerkte, wie einige Männer in ihrer Nähe aufhorchten und sie neugierig ansahen.
Als sie an der Bar Platz genommen hatten, fragte Andrea leise: „Ich komme mir vor wie im Zirkus. Was ist los mit den Leuten? Habe ich zwei Köpfe?“
Nikos lachte zufrieden. „Natürlich nicht, Andrea, agape mou, hier geht es nur ums Geschäft. Jetzt weiß die ganze Welt, dass sich Vassilis Inc. auf der Gewinnerstraße befindet.“
Es war nicht das entspannendste Essen, aber ganz sicher das teuerste, das Andrea in ihrem Leben zu sich genommen hatte. Das lag nicht nur am hervorragenden Champagner, sondern auch an den exquisiten Speisen. Als Erstes wurden schwarze Trüffel serviert, dann folgten Kaviar und exotische, ihr völlig unbekannte Meeresfrüchte in einer delikaten Soße mit Gemüsebeilage. Zusätzlich hatte Nikos noch eine Flasche Weißwein bestellt, und nach der Art und Weise zu urteilen, wie diese serviert wurde, war der gute Tropfen bestimmt noch teurer als der Champagner.
Andrea wünschte sich nur, dass sie das Ganze mehr genießen könnte, aber sie musste immer wieder daran denken, wie lange sie dafür hätte arbeiten müssen. Es schien eine solche Verschwendung zu sein, so viel Geld für einen Restaurantbesuch auszugeben. Außerdem war es furchtbar, von allen Gästen und Obern angestarrt zu werden, als wäre sie ein Kuriosum – und das nur, weil sie in der Öffentlichkeit mit Nikos Vassilis zu Mittag aß.
Allerdings war ihr Begleiter nicht ganz unschuldig an dieser Misere. Er hatte ihren Namen nur allzu gern verraten. Die ganze Aufregung schien ihm sehr viel Freude zu bereiten, und das ärgerte Andrea über alle Maßen.
Er hatte sie gebeten, ihn zu duzen, denn sie waren schließlich offiziell verlobt, und sie hatte es ihm, wenn auch widerwillig, versprochen.
Ihr zukünftiger Mann beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. „Die Gerüchteküche brodelt schon, Andrea“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Die Leute sind völlig aus dem Häuschen. Niemand hat gewusst, dass der alte Coustakis eine Enkelin hat. Doch nun bist du auf der Bildfläche erschienen, und ich habe die Trumpfkarte in der Hand – dich nämlich, agape mou –, die Erbin des Coustakis-Imperiums.“
„Hör auf, mich so zu nennen“, sagte sie aufgebracht.
Er hob spöttisch die Augenbrauen. „Wir sind verlobt, schon vergessen? Da erwarten die Leute gewisse Rituale. Ach übrigens, wo wir gerade beim Thema sind: Wie hast du dir unsere Hochzeit vorgestellt? Ich lasse dir in allem freie Hand, muss aber darauf bestehen, dass wir so schnell wie möglich heiraten. Deine Mutter wird sicher aus London anreisen, oder?“
Andrea biss sich auf die Lippe. „Nein“, erwiderte sie kurz angebunden.
Kim durfte nie von dieser Eheschließung erfahren.
„Warum nicht? Verachtet sie deinen Großvater so sehr?“
„Ich möchte darüber nicht sprechen“, antwortete Andrea kühl.
Nikos betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Auch wenn sie es verbergen wollte, spürte er instinktiv, wie unsicher und verletzt sie war. Plötzlich fiel ihm ihr Gespräch unter dem Sternenhimmel wieder ein. Sie hatte erzählt, wie sehr ihre Mutter ihren Vater geliebt hatte. Ja, genau das war es! „Es tut mir leid“, sagte er leise, „ich hätte es besser wissen müssen. Ich kann verstehen, dass sie nicht gern an den Ort zurückkehrt, an dem sie so glücklich mit deinem Vater war.“
Andrea atmete tief durch und versuchte, ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Ja, so ist es.“
„Dann wäre dir also eine Hochzeit nur im Familienkreis am liebsten?“
Sie trank einen Schluck Wein und stellte entsetzt fest, dass ihre Finger zitterten. Auch Nikos hatte es bemerkt, denn er legte sanft die Hand auf ihre. „Du scheinst es gar nicht erwarten zu können, meine Frau zu werden“, flüsterte er und sah sie leidenschaftlich an.
Ärgerlich befreite sie sich aus seinem Griff und funkelte Nikos an. „Ich bin zwar auch dafür, so bald wie möglich zu heiraten, aber nur, damit ich an das Geld meines Großvaters komme. Auch du kannst es bestimmt nicht erwarten, endlich die Fusion abzuschließen.“ Sie trank noch etwas Wein und stellte das Glas dann wieder auf den Tisch.
Nikos wusste nicht, ob er belustigt oder empört sein sollte. Er beschloss, das Ganze mit Humor zu nehmen. Seine zukünftige Frau lehnte ihn wenigstens nicht ab – ganz im Gegenteil. Sie genoss seine Küsse und Liebkosungen, und er war sich sicher, dass sie eine gute Geliebte sein würde. Da sie ihn nur wegen des Geldes heiratete, würde es ihm umso mehr Spaß machen, sie so zu erregen, bis sie es vor Sehnsucht nach ihm nicht mehr aushielt und ihn anflehte, sie endlich zu lieben. Wenn sie das Ehebett verließ, würde ihr nur zu deutlich bewusst sein, dass er die Oberhand hatte und sie wie Wachs in seinen erfahrenen Händen war …