EPILOG

„Wenn es ein Junge ist, nennen wir ihn Andreas, wenn es ein Mädchen ist, soll sie Kim heißen“, sagte Nikos energisch.

Andrea lachte leise. „Kim ist nicht gerade ein griechischer Name.“

Ihr Ehemann zuckte die Schultern und legte die Hand auf ihren gerundeten Bauch. „Er hat sich gerade bewegt“, sagte er verwundert und ehrfürchtig zugleich.

„Oder sie“, erwiderte Andrea, lehnte sich dann an ihn und blickte hinaus auf das azurblaue Ägäische Meer, das sie umgab. Sie saßen auf dem Oberdeck der Jacht und genossen die angenehm warme Sonne. „Habe ich es wirklich verdient, so glücklich zu sein?“, fragte sie leise.

Nikos liebkoste mit der freien Hand sanft ihr Haar. „Natürlich, agape mou. Du hast jedes Recht dazu.“

„Und du auch.“ Trotzdem kam ihr alles noch wie ein Traum vor. Es war sehr viel geschehen seit dem Abend, als Nikos ihr seine Liebe gestanden hatte. Er hatte Kim und sie gleich am nächsten Morgen auf eine kleine Privatinsel in der Ägäis gebracht und sie dort in einer Villa untergebracht.

„Ihr sollt aus der Schusslinie sein, wenn die Wahrheit ans Licht kommt“, hatte er gesagt. „Es wird sehr viel Schmutz aufgewirbelt werden, und ich möchte nicht, dass ihr mit hineingezogen werdet.“

Dann war er nach Athen gefahren und hatte seinen Rachefeldzug gegen Yiorgos Coustakis begonnen. Er war gnadenlos gewesen, und die Medien hatten ihm in nichts nachgestanden. Der Skandal hatte Griechenland erschüttert, und als Nikos auch noch öffentlich machte, dass die Fusion mit Vassilis Inc. nicht zustande kommen würde, waren die Aktienkurse von Coustakis Industries ins Bodenlose gestürzt. Die sonst so zurückhaltenden Aktionäre hatten drastische Maßnahmen gefordert, und als Folge hatte der Aufsichtsrat Andreas Großvater gezwungen, zurückzutreten und in Pension zu gehen.

Damit war er gesellschaftlich ruiniert, und das konnte er nie verwinden. Als er kurz darauf starb, gab es nur wenige, die das bedauerten.

Sein gesamtes Vermögen ging an die verhasste Enkelin, denn der alte Mann hatte in einem Wutanfall sein Testament zerrissen, in dem er alles seinem zukünftigen Urenkel vermacht hatte. Andrea hätte das Geld am liebsten abgelehnt, doch Nikos hatte sie gebeten, es nicht zu tun.

„Bist du sicher, dass wir uns richtig verhalten haben?“, fragte sie auch jetzt wieder und schmiegte sich enger an ihren Mann.

„Ja“, antwortete Nikos, ohne zu zögern, „mit der Andreas-Coustakis-Stiftung hast du deinem Vater ein Denkmal gesetzt. Er wird nie vergessen werden, und das ist die Hauptsache. Außerdem hat auch deine Mutter zugestimmt. Immerhin wissen wir drei ganz genau, wie es ist, arm zu sein, Andrea mou. Mit der Stiftung gibst du vielen Kindern die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“

Sie war immer noch nicht überzeugt. „Wir hätten wenigstens die Coustakis-Anteile behalten sollen, denn ich weiß, wie sehr dein Herz …“

„Nein“, unterbrach er sie, „wir haben genug Geld. Yiorgos Coustakis’ Vermögen wird für mich immer schmutzig bleiben. Es ist nur gerecht, wenn wir damit etwas Gutes tun.“

„Er war so gemein zu Mum und mir“, flüsterte sie, „und dennoch habe ich ihm dieses Ende nicht gewünscht. Es muss furchtbar sein, so allein zu sterben und genau zu wissen, dass niemand um einen trauert.“

Nikos zuckte die Schultern. „Er hat es herausgefordert. Ihr wart übrigens nicht die einzigen Opfer. Als die Zeitungen eure Geschichte veröffentlicht haben, sind noch andere Dinge ans Licht gekommen, die bewiesen haben, wie brutal und herzlos er gewesen ist. Und jetzt gehört sein Reichtum dir, und du kannst anderen damit helfen.“ Er nahm ihre Hand und ging mit Andrea über das leicht schwankende Deck. „Doch jetzt genug von diesen traurigen Geschichten. Dies hier ist unsere Abschiedskreuzfahrt, und wir sollten sie genießen!“

Andrea lachte befreit. „Ich bin sicher, dass irgendein Milliardär diesen schwimmenden Palast nur zu gern kaufen will – und die überfrachtete Villa meines Großvaters in Athen dazu! Das wird die Kassen der Stiftung noch weiter füllen.“

„Bestimmt“, erwiderte Nikos nachdenklich. „Was hältst du übrigens davon, wenn wir Kapitän Petrachos eine andere Stelle anbieten? Ich würde ihn nämlich ungern verlieren, und er hat bereits durchblicken lassen, dass er daran interessiert wäre, Jugendlichen das Segeln beizubringen. Das wäre doch etwas für deine Stiftung.“

„Was für ein Zufall!“, sagte Andrea lächelnd, „Mum hat gerade gestern erst den Vorschlag gemacht, so ein Projekt einzurichten. Da steckt bestimmt mehr dahinter. Ich würde mich ja so freuen, wenn auch sie einen Partner findet. Sie wird meinen Vater immer lieben und nie vergessen, aber es tut ihr sicher gut, jemanden zu haben, dem sie sich anvertrauen kann.“

Nikos nickte. „Dann drücken wir die Daumen, dass die beiden zusammenfinden. Mögen sie genau so glücklich werden wie wir.“

Andrea wandte sich ihm zu und legte die Arme um ihn. „Ich liebe dich so sehr, Nikos.“

Er beugte sich hinunter und presste die Lippen auf ihre. „Ich liebe dich auch, Andrea mou, und ich freue mich schon auf die langen gemeinsamen Jahre, die wir noch zusammen verbringen werden.“

Ihr zukünftiges Leben lag golden vor ihnen wie das von der Sonne beschienene Wasser der Ägäis, und sie waren entschlossen, es gemeinsam zu genießen.

– ENDE –