Kapitel 4

 

Sisko war zu der Erkenntnis gelangt, dass Bajoraner sich von anderen humanoiden Völkern durch die Falten auf der Nase unterschieden – und durch ihre Dünnhäutigkeit. Der Sekretär des Rates für Ökologische Aufsicht, der gerade auf dem Hauptbildschirm in der Zentrale zu sehen war, gab ihm keinen Anlass, diese Erkenntnis zu revidieren.

»Nein! Auf gar keinen Fall«, erklärte der Sekretär mit Nachdruck. Nur sein Kopf und die Schultern waren auf dem ovalen Schirm sichtbar. Pova war ein junger Mann mit perfekt frisiertem blondem Haar und strahlend weißen Zähnen. Er hatte die selbstgerechte Art eines Menschen, der plötzlich in eine Machtposition gelangt war und sie mehr genoss, als gut für ihn war. »Sie werden die Horta-Eier unter gar keinen Umständen auf die Oberfläche Bajors transferieren.«

»Sekretär Pova«, sagte Sisko diplomatisch, »ich war davon ausgegangen, dass die Hortas ausdrücklich nach Bajor eingeladen wurden, um ein Bergbauprojekt zu unterstützen.«

»Dieses Abkommen«, erwiderte Pova, »wurde von einem Konsortium privater Unternehmer getroffen, die ihre verantwortungslosen Pläne in die Tat umsetzten, ohne sich um eine Genehmigung der provisorischen Regierung zu kümmern. Nachdem wir durch die bedauernswerte Entführung Kenntnis vom gesamten Projekt erhalten haben, können wir nicht mit gutem Gewissen tatenlos zusehen, wie fremdartige Lebensformen die empfindliche Ökologie unseres Planeten stören.«

Sisko unterdrückte ein Stöhnen und bemühte sich, eine zuversichtliche Haltung zu wahren, auch wenn die Ereignisse jetzt diese unangenehme Wendung genommen hatten. Er wusste nicht, ob die offiziellen Stellen von Bajor wirklich nicht über das Bergbauprojekt mit den Hortas informiert gewesen waren. Vermutlich hatten sich die politischen Kräfteverhältnisse wieder einmal verschoben, so dass jetzt der konservative Flügel größeren Einfluss gewonnen hatte. Das war nichts Ungewöhnliches, denn die provisorische Regierung, die nach dem Abzug der Cardassianer hastig zusammengestellt worden war, stellte eine lockere Koalition aus konkurrierenden Fraktionen dar, die ihre Politik bei jedem Vollmond änderte, wie es schien. Und Bajor hatte mehrere Monde …

Diese politische Instabilität, rief er sich ins Gedächtnis, war einer der Hauptgründe für die Präsenz von Starfleet in diesem System. Er überlegte, ob er sich an Vedek Bareil wenden sollte, der vermutlich der einflussreichste Freund der Föderation auf Bajor war. Doch im Gegensatz zur nicht mehr verfügbaren Kai Opaka war Bareils Macht begrenzt – und seine religiöse Autorität dürfte es ihm kaum erlauben, sich in Probleme des bajoranischen Bergbaus einzumischen.

Sisko holte tief Luft und versuchte noch einmal, an die Vernunft des Sekretärs zu appellieren. »Es mag durchaus sein, dass bei der Planung nicht alle Vorschriften eingehalten wurden«, gestand er ein, »doch die Tatsache bleibt bestehen, dass ich hier zwanzig Eier habe, und in jedem steckt ein Intelligenzwesen, das mit Sicherheit ausschlüpfen wird, bevor sich die Möglichkeit ergibt, sie nach Janus VI zurückzubringen. Es könnte sich inzwischen um Waisenkinder handeln, Pova, und sie sind biologisch nicht an das Leben in einer Raumstation angepasst.« Wieder stellte Sisko sich eine Horde von Horta-Babys vor, die außer Kontrolle geraten war. Welche Seite würde mehr unter einer solchen Situation leiden – die Hortas oder Deep Space Nine? »Sie gehören auf einen Planeten, in den festen Untergrund, nicht in den freien Weltraum.«

Es bestand kein Zweifel, dass Sekretär Pova sich nicht von dem Hinweis auf die Waisenkinder rühren ließ. »Das ist ein Problem der Föderation«, erklärte er. »Meine oberste Priorität ist die ökologische Unversehrtheit Bajors. Die Eier bleiben, wo sie sind.«

»Wenn wir sie jetzt mit einem Shuttle nach Bajor schicken«, erwiderte Sisko, »muss es sich keineswegs um eine dauerhafte Lösung handeln.«

»Nein.« Das Büro des Sekretärs sah tadellos sauber aus und war vielleicht sogar frisch gestrichen. Wenn Bajor sich in Transporterreichweite befände, überlegte Sisko mürrisch, würde er die Eier direkt auf Povas Schreibtisch beamen lassen.

»Sie haben unter Umständen ihre Mutter verloren, Pova.« Genauso wie Jake Jennifer verloren hatte, dachte Sisko und spürte einen Stich der Sympathie für die ungeborenen Hortas. Er fragte sich, ob Ttan einen Partner oder eine Familie auf Janus VI hatte, und hoffte, ihnen keine Todesnachricht schicken zu müssen.

»Sie verschwenden meine Zeit, Commander«, sagte Pova. »Unsere Entscheidung ist endgültig. Die Hortas erhalten keinen Zutritt zu Bajor.«

Bis die Koalitionsregierung es sich wieder anders überlegt, dachte Sisko. Aber wie lange wird es diesmal dauern? Diese Angelegenheit ist noch nicht erledigt, Pova, schwor er sich, während er völlig ruhig feststellte: »Ich gehe davon aus, dass wir noch einmal über die Sache reden werden. Vorläufig will ich Sie nicht länger bei Ihrer Arbeit stören. Sisko Ende.«

Povas Bild verschwand vom Schirm und wurde durch den Anblick des Weltalls ersetzt. Auf Siskos Befehl sollte der Hauptschirm die cardassianische Grenze zeigen, bis Kira zurückkehrte, falls er nicht für andere Zwecke benötigt wurde. Das Wurmloch war im Augenblick ohnehin unsichtbar. Sisko entspannte seine Schultern, beugte sich vor und stützte sich auf das Geländer, das die obere Ebene der Zentrale begrenzte. Er blickte sich in der Operationszentrale um. Alle wichtigen Stationen waren mit Ersatzleuten besetzt, der Situationstisch allein von vier Offizieren, doch die OPS wirkte ohne Dax oder Kira leer. Links von Sisko bastelte Miles O'Brien an einem trapezförmigen Anzeigeschirm der technischen Station herum. In Deep Space Nine schien die Kette der kleineren Pannen niemals abzureißen, so dass O'Brien ständig zu tun hatte.

O'Brien blickte von seiner Reparaturarbeit auf und grinste Sisko voller Mitgefühl an. »Er war nicht gerade sehr kooperativ, was?«, sagte O'Brien, während er mit einer Kopfbewegung auf den Hauptschirm deutete.

»Nein. Ich denke, wir sind vorläufig auf uns selbst gestellt. Wurden die Eier sicher untergebracht?«

»Ja, Sir. In einer unmöblierten Suite auf Deck fünfzehn. Es war ein Wunder, dass überhaupt noch ein Zimmer frei war, nachdem die Massen eingefallen sind, um diese ›Erleuchtung‹ zu bestaunen.« O'Brien kam zu Sisko herüber. »Dürfte ich Sie fragen, ob Sie schon etwas von Major Kira und den anderen gehört haben?«

Sisko schüttelte den Kopf. »Solange sie sich im cardassianischen Sektor befinden, sollen sie absolute Funkstille halten.« Seine Hände klammerten sich fester um das Geländer. »Es ist eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme. Wir können nur abwarten – und auf diese Eier aufpassen.«

»Ach, Sie kennen sicher das Sprichwort: Zähle niemals deine Hortas, bevor sie geschlüpft sind.« O'Briens breites Grinsen verschwand bald wieder, als Sisko ihn mit verständnislosem Blick anstarrte. »Ähem, das sollte ein Scherz sein, Sir.«

»Ich weiß, Chief. Machen Sie weiter.« Sisko marschierte in sein Büro und ließ hinter sich die Tür zugleiten. Dieser verdammte Sekretär Pova, regte er sich auf, und sein genauso verdammter Rat für Ökologische Aufsicht! Lieber würde ich mich mit Quark herumärgern, denn einen Ferengi kann man wenigstens bestechen! Der Gedanke, dass diese zwanzig jungen Hortas von demselben Planeten zurückgewiesen wurden, für den ihre Mutter vielleicht ihr Leben gelassen hatte, machte ihn wütend, zumal die Situation ihn auf unangenehme Weise an seinen eigenen mutterlosen Sohn erinnerte. Was wäre gewesen, spekulierte er unwillkürlich, wenn Jennifer und ich in der Schlacht bei Wolf 359 gestorben wären und Jakes Schicksal in den Händen irgendeines aufgeblasenen Bürokraten gelegen hätte? Sisko schwor sich, dass er alles tun würde, was in seiner Macht stand, um Ttans Kinder zu beschützen, bis Kira die Horta-Mutter unversehrt zurückgebracht hatte.

Gott sei Dank, dachte er, musste er sich wenigstens keine Sorgen um Jakes Sicherheit machen.

 

»Du musst verrückt sein!«, flüsterte Jake Sisko aufgeregt. »Odo wird uns bestimmt dabei erwischen!«

Nog wischte Jakes Einwände mit einer beiläufigen Handbewegung beiseite. »Weißt du, dass du richtig paranoid wirst, wenn es um Odo geht? Er kann doch nicht überall sein.«

»Ja«, erwiderte Jake, »aber er könnte alles sein.« Die zwei Jugendlichen kauerten hinter einem grauen Trägerelement aus Rhodinium vor der Suite Nummer 959. Es war noch früh am Tag, und dieser Abschnitt des Habitatrings war nicht sehr bevölkert. Nur ein paar ermüdete Händler, die nach den Spielen und Saufgelagen einer langen Nacht in Quarks Bar zu ihren Schiffen zurücktaumelten, waren während der vergangenen halben Stunde an Jake und Nog vorbeigekommen. Eine bajoranische Sicherheitswächterin fand sich in regelmäßigen Zeitabständen zu einem Routinecheck an der Suite ein. Nach Nogs Schätzung würde sie frühestens in zwanzig Minuten zurückkehren. Jake war sich nicht sicher, ob er sich auf Nogs Berechnungen verlassen konnte. Schließlich hatte er oft genug gesehen, wie Nog seine Schulaufgaben gelöst hatte …

»Ich verstehe überhaupt nicht«, sagte Jake, »was an ein paar Eiern so interessant sein soll.« Obwohl beide knieten, war Jake immer noch einen Kopf größer als der junge Ferengi. Um nicht aufzufallen, hatte Jake seinen dunkelsten Overall angezogen. Der unverschämte Nog dagegen trug ein helles orangefarbenes Hemd und eine knallrote Hose. Die metallischen Fasern seines Kopfschmucks hinter den Ohren glitzerten auffällig.

»Aber es sind doch Horta-Eier!« Nogs Augen leuchteten mit derselben Begeisterung, die er normalerweise nur für in Gold gepresstes Latinum entwickelte – oder für alles, was halbwegs weiblich aussah.

»Na und?«, fragte Jake.

»Nun … äh … das heißt …« Nog schien nicht bereit zu sein, die Vorstellung von einem traumhaften Profit aufzugeben, nur weil es keine stichhaltige Begründung dafür gab. »Die Cardassianer wollten sie haben, richtig? Also müssen sie etwas wert sein!«

»Aber das wäre Diebstahl«, protestierte Jake. Er wollte nicht schon wieder der Spielverderber sein, und die Möglichkeiten, auf DS Nine Spaß zu haben, waren dünn gesät, doch er hatte das Gefühl, dass er und Nog drauf und dran waren, mit dieser Sache eindeutig zu weit zu gehen. Sein Gewissen ermahnte ihn pausenlos mit einer Stimme, die verdächtig der seines Vaters ähnelte.

Natürlich war Diebstahl für einen Ferengi nur eine Kleinigkeit. Jake sah, wie Nog die Einwände seines Freundes mit einem Augenzwinkern abtat, während er sich gleichzeitig das Hirn zermarterte, weil er wusste, dass für Jake ein ›Na und?‹ als Antwort nicht genügte.

»Wir werden uns nur eines ausborgen«, sagte Nog statt dessen. »Außerdem ist es ein ganzer Haufen Eier, und niemandem wird es auffallen, wenn eines fehlt.«

»Ich dachte, es wären Horta-Eier von ausgesuchter Kostbarkeit«, sagte Jake, wobei er Nogs inbrünstige Gier treffend nachahmte. Ha!, dachte er. Jetzt habe ich dich.

Nog ließ sich durch logische Argumentationen nicht beeindrucken. »Konsequenz ist eine menn-schliche Eigenschaft«, sagte er, wobei er das Wort ›menschlich‹ auf eine Art und Weise dehnte, die es geradezu obszön klingen ließ. »Komm schon, bist du nun ein Spielverderber oder nicht?«

Jake dachte kurz darüber nach, ob er mit dem Kopf gegen den Stahlträger schlagen sollte. Wieso wurde er immer wieder in solche Schwierigkeiten hineingezogen? Dabei kannte er die Gründe sehr gut. Erstens langweilte er sich, und zweitens war Nog sein einziger richtiger Freund. Trotz der gemeinschaftlichen Bemühungen seines Gewissen und seines Verstandes konnte er sich selbst nicht davon überzeugen, dass irgendein seltsames Alien-Ei wichtiger als einer dieser zwei Gründe sein sollte. »Okay, ich bin dabei. Wir wollen es hinter uns bringen.«

»Ja, ja, ja!«, jubelte Nog begeistert. Die Jungen sprangen auf, schossen hinter dem Träger hervor und wären fast mit einer großgewachsenen bajoranischen Sicherheitswächterin zusammengestoßen.

Die Frau war mindestens 1,80 Meter groß, hatte gut entwickelte Muskeln – und eine beeindruckende Figur –, die sich deutlich unter ihrer braunen Uniform abzeichneten. Ihr strenger Gesichtsausdruck schien sich fest in ihre Züge eingebrannt zu haben. »Solltet ihr zwei nicht in der Schule sein?«, sagte sie. Es klang eher wie eine Feststellung als eine Frage.

Nogs Kiefer klappte herunter. Sein Mund stand offen, ohne dass er ein Wort herausbrachte, so dass er wie eine Forelle aussah, die an einem Angelhaken hing. War er sprachlos vor Angst, überlegte Jake, oder überwältigt von der Nähe der imposanten Kurven dieser Frau? Vermutlich spielte beides eine Rolle. Ich werde ihn umbringen, dachte Jake, vorausgesetzt, wir überstehend diese Sache lebend.

»Die Schule beginnt erst in einer Stunde«, erklärte Jake schnell. »Wir sind dabei, den Umfang des Habitatrings zu vermessen … eine Projektaufgabe für die Geometriestunde.« In Wirklichkeit hatte Nog schon seit Tagen nicht mehr an Mrs. O'Briens Unterricht teilgenommen, doch Jake sah keinen Grund, auf diesen Punkt hinzuweisen. »Wir waren genau bis fünfhundertfünfzig Schritte gekommen, stimmt's, Nog?« Er versetzte seinem Freund einen unsanften Ellbogenstoß. »Stimmt's?«

»Ja, sicher«, platzte Nog heraus. »Fünfhundertsechzig, natürlich!«

Die Sicherheitswächterin musterte die zwei Jungen skeptisch. Die Falten auf ihrer Nase schienen sich noch zu vertiefen. »Für eine sorgfältige Zählung seid ihr aber recht schnell gelaufen.«

»Wenn wir rennen, können wir besser zählen!«, redete Nog sich heraus. Jake stöhnte innerlich auf.

»Außerdem wollen wir auf keinen Fall zu spät zum Unterricht kommen«, fügte er hinzu. Bitte, dachte er, rufen Sie nicht meinen Vater. Ich habe immer noch Schwierigkeiten wegen dieser Sache mit Odos Eimer und dem Haferschleim.

Die Frau starrte sie schweigend an – wie es schien, für die Dauer einer transgalaktischen Reise, und zwar mit Impulskraft. Eine dünne Schweißschicht bildete sich auf Jakes Rücken. Nog schützte nervös seine riesigen Ohren.

»Also gut«, sagte sie schließlich. »Dann will ich euch nicht länger aufhalten.«

»Ja, Sir, Madam!«, sagte Jake, der vor Erleichterung beinahe geplatzt wäre. Er packte Nog am Arm und entfernte sich mit langen, eiligen Schritten von der Suite 959. »Fünfhunderteinundfünfzig, fünfhundertzweiundfünfzig, fünfhundertdreiundfünfzig …«

»Fünfhundertvierundsechzig«, sagte Nog an seiner Seite, »fünfhundertfünfundsechzig …«

Bei allen Wurmlöchern der Galaxis!, fluchte Jake stumm. Als er einen Blick über die Schulter warf, sah er, dass die Sicherheitswächterin ihnen nachschaute, die Hände in die Hüften gestemmt und das Gesicht misstrauisch verzogen. »Menschliche Schritte entsprechen eins Komma fünf Ferengi-Schritten«, rief er ihr zur Erklärung zu. Er hoffte, dass er nicht so idiotisch klang, wie er sich fühlte.

Endlich bogen sie um eine Ecke und verließen das Blickfeld der Bajoranerin. Jake ließ sich erschöpft gegen die Korridorwand sinken. Sein Herz pochte rasend. Der Schweiß auf seinem Rücken kühlte sich zu einer Eisschicht ab. Wenn das hier ein schlechtes Holoprogramm gewesen wäre, dachte er, würde ich jetzt in Ohnmacht fallen.

Nog jedoch schien erst richtig aufzuleben, nachdem sie in Sicherheit waren. »Wir haben den Gesetzeshütern ein Schnippchen geschlagen!«, jubelte er und vollführte mit ein paar Luftsprüngen einen Siegestanz. »Gibt es etwas Aufregenderes?« Er grinste seinen skeptischen Kameraden an. »Eine Projektaufgabe! Das war einfach genial … fast so gut wie das, was ich sagen wollte. Bist du sicher, dass sich unter deinen Vorfahren kein Ferengi befand?«

»Absolut«, antwortete Jake, während er sich klarzumachen versuchte, dass Nog diese Frage als Kompliment gemeint hatte. Allmählich schlug sein Herz wieder in normalem Tempo.

Nog drehte seine Ohren in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Sehr gut«, sagte er begeistert. »Ich kann ihre Schritte hören. Sie geht in die andere Richtung.« Ohne Jake nach seiner Meinung zu fragen, rannte er zur Suite zurück. Auf halber Strecke blieb er nur so lange stehen, um sich nach Jake umzusehen. »Worauf wartest du?«, fragte er mit ehrlicher Verwunderung. »Beeil dich!«

Ich glaube es einfach nicht!, dachte Jake. Und ich glaube es nicht, dass ich immer noch dabei bin! Er lief los und holte Nog vor der Tür zur Suite ein. Der Ferengi war bereits damit beschäftigt, einen weißen Kristall am Schloss neben der Tür zu befestigen. Jake musste nicht fragen, woher das Gerät plötzlich gekommen war. Wie die meisten Ferengi hatte Nog seine Taschen auf der Innenseite der Kleidung. »Ist das etwas, das du dir von deinem Onkel ›geborgt‹ hast?«, fragte Jake.

»Ich habe es von einem felinoiden Einbruchspezialisten bekommen, und zwar im Austausch gegen ein eeiauoanisches Pornoprogramm.« Er zuckte beiläufig mit den Schultern. »Ich stehe nicht auf Katzen.«

Der Kristall begann zu funkeln, während seine Färbung schnell das gesamte Spektrum von weiß bis schwarz durchlief. Er arbeitete völlig lautlos, was Jake überhaupt nicht wunderte, wenn er bedachte, für welchen Zweck das Gerät entworfen worden war. Dass es vorher einem professionellen Dieb gehört hatte, machte die Angelegenheit für Jake keinen Deut angenehmer. »Warte doch mal, Nog!«, setzte er zu einem Protest an.

Zu spät. Beim dritten Durchlauf fixierte sich das Gerät auf einen Farbton zwischen Rosa und Hellviolett. Es blinkte dreimal, dann glitten die zwei Hälften der robusten Tür in die angrenzenden Wände zurück. Nog rieb sich die Hände und flitzte in den Raum. Mit einem resignierten Seufzer folgte Jake ihm.

Als sie eintraten, wurde automatisch eine schwache Beleuchtung aktiviert. Jake stand in einer gruftartigen Kammer, die etwa halb so groß wie das Wohnquartier war, das er mit seinem Vater teilte. Graffiti in fremdartigen Schriftzeichen verunstalteten die Wände, der Boden war zerschrammt und musste dringend erneuert werden. Kein Wunder, dachte Jake, dass die Suite bis auf die Eier völlig leer war.

Sie lagen wie Bowlingkugeln aufgereiht auf einer etwa einen Meter hohen dreieckigen Plattform. »Vorsicht«, sagte Nog, »hier gibt es so eine Art Stasisfeld.« Um es zu demonstrieren, schob er seine Hände in die Nähe der Eier. Sofort wurden seine Finger durch knisternde blaue Energie zurückgestoßen. Nog schien über die Abschirmung eher belustigt als besorgt zu sein, wie Jake bemerkte, als er sich ihrem Ziel näherte. Er hielt sich mindestens einen halben Meter vom unsichtbaren Feld entfernt und starrte die Eier an, während Nog auf Knien herumkroch und den Feldgenerator inspizierte. Die Eier sahen alle völlig identisch aus. Es waren vollkommene Kugeln mit einem metallischen Schimmer, die etwas kleiner als ein altertümlicher Basketball waren. Im schwachen Licht hatte er Schwierigkeiten, die genaue Färbung der Eier zu bestimmen. Sie lag irgendwo zwischen violett und kupferrot, je nachdem, aus welchem Winkel man sie betrachtete. Wuchsen in ihrem Innern tatsächlich Lebensformen heran? Es war schwer zu glauben, denn die Kugeln sahen eher wie eine geologische Kuriosität als etwas Lebendiges aus.

Aber schließlich war er während seiner Reisen zusammen mit seinem Vater schon anderen ungewöhnlichen Lebensformen begegnet. Humanoide Spezies waren am häufigsten, doch Jake wusste sehr gut, dass nicht alles Leben terranischen Vorbildern entsprach. Das Universum – und sogar die Föderation – war voller seltsamer und exotischer Lebewesen, wie zum Beispiel die ›nichtlinearen‹ Intelligenzen, die sein Vater im Wurmloch entdeckt hatte. Oder Q, der wie ein Mensch aussah, aber keineswegs einer war. Oder das, was während ihres ersten Jahres auf der Station in den Rollen von Buck Bokai, Lieutenant Dax und diesem Troll aufgetreten war. Oder auch Constable Odo.

Als er an den Sicherheitsoffizier der Station dachte, schoss Jake wieder durch den Kopf, in welche Schwierigkeiten sie geraten konnten, wenn sie erwischt wurden. Er blickte sich nervös in der leeren Suite um und war froh, dass es keine herumliegenden Objekte gab, als die der Gestaltwandler sich hätte tarnen können – falls er sich nicht in eins der Eier verwandelt hatte!

»Was machst du da?«, fragte er Nog flüsternd. »Wo liegt das Problem?«

»Es gibt kein Problem«, antwortete Nog. Er berührte mit den Fingern eine Kontrollfläche, die am unteren Rand der Plattform angebracht war. »So! Jetzt kannst du zugreifen.«

Jake streckte zögernd die Hände nach einem Ei aus, während er insgeheim mit einem Energieschock rechnete. Doch nichts geschah. Er spürte keinen Widerstand. Seine Hand berührte die glatte, metallische Hülle, die sich überraschend kühl anfühlte. Er musste grinsen. Es war viel zu einfach! Offenbar war das Feld nur dazu gedacht, die Eier vor äußeren Einflüssen zu schützen, aber nicht … vor dem Ausborgen.

Nog sprang auf und flitzte um die ungeschützten Eier herum, während sein rotbraunes Gesicht strahlte. »Nimm das da!«, schlug er vor. »Nein, nein, das da! Oder warte mal, vielleicht lieber dieses hier …!«

»Nog!«, sagte Jake geduldig. »Sie sind alle völlig gleich.« Er erkannte plötzlich, dass er genauso wie sein Vater klang, wenn er mit Dr. Bashir sprach. »Such dir eins aus, und dann lass uns gehen.«

»Aber welches nur?«, jammerte Nog, der sich vor lauter Gier nicht entscheiden konnte. »Vielleicht sollten wir vorsichtshalber mehrere mitnehmen …«

»Kommt nicht in Frage!«, sagte Jake.

»Aber …« Nogs Blicke huschten in schneller Folge zwischen seinem Freund und den Eiern hin und her.

»Nein«, sagte Jake entschlossen. Er holte ein Handtuch hervor, das er sich vor der Aktion in den Stiefel gesteckt hatte. Irgendwo gab es für ihn eine Grenze. Selbst Nog konnte ihn nicht bis zum Äußersten treiben. Er suchte sich wahllos irgendein Ei aus und hob es vorsichtig von der Plattform, um es in das weiche weiße Handtuch zu wickeln. Einen Moment lang hatte er das Gefühl, im Ei hätte sich etwas bewegt, als hätte sich plötzlich der Schwerpunkt verschoben, aber dann schrieb er es seiner Aufregung zu. Diese Bajoranerin konnte jeden Augenblick zurückkehren!

Das gestohlene Ei hinterließ eine leere, kreisrunde Mulde auf der Oberfläche der Plattform, eine vorwurfsvolle Lücke, die Jake wie eine stumme Anklage ins Auge stach. Er wandte schnell den Blick ab. »Wir müssen verschwinden«, sagte er zu Nog. »Und zwar sofort!«

Der Ferengi zögerte noch einen Moment und starrte auf die übrigen Eier, als wollte er die gesamte Beute mit den Augen stehlen. Er strich mit der Zunge über seine spitzen, ungleichmäßigen Schneidezähne.

»Nog!«

Mit einem schmerzvollen Gesichtsausdruck wandte Nog sich von den Eiern ab und lief mit Jake nach draußen in den Korridor. Jake blickte sich im Gang um, während Nog hastig den Kristall vom Verschlussmechanismus entfernte. Zum Glück war niemand zu sehen. Als die Tür der Suite wieder zuglitt, waren die zwei Jungen bereits einige Meter entfernt. Jake drückte das eingewickelte Horta-Ei an seine Brust und lief schnell zum nächsten Turbolift, während Nog mit ihm Schritt zu halten versuchte.

Es könnte sein, dachte Jake, dass menschliche Schritte wirklich eins Komma fünf Ferengi-Schritten entsprechen.

 

Nog war ziemlich außer Atem, als sie den Turbolift erreichten. Er knurrte leise vor sich hin. Warum mussten Menschen so lange Beine haben? Das war ein ungerechter Vorteil, während ungerechte Vorteile eigentlich das Vorrecht der Ferengi waren. Doch wenn es um weibliche Menschen ging, hatte er im Grunde nichts gegen diese erstaunlichen Beine ohne Ende einzuwenden. Zu schade, dass sie die Angewohnheit hatten, sie meistens zu verhüllen. Lieutenant Dax zum Beispiel. Wenn er nur an sie dachte, ohne Uniform, und überhaupt ohne alles, dann juckten ihn bereits die Ohren. Wenn er sich vorstellte, sie beide wären allein irgendwo gestrandet …

»Sag mal, Nog«, riss Jake ihn aus seinen reizvollen Träumen, »mir ist gerade etwas eingefallen. Hast du das Stasisfeld um die Eier reaktiviert?«

Ein grober Patzer, dachte Nog und fluchte leise. Er hatte das Stasisfeld völlig vergessen. »Ich dachte, das hättest du getan«, erwiderte er hastig und verlegen. Irren war ferengisch, sagte er sich, der Trick bestand nur darin, schnell genug die Schuld auf andere zu schieben.

Zu seiner Überraschung ging Jake gar nicht weiter auf die Schuldfrage ein. »Ich schätze«, sagte sein Freund mit einem Schulterzucken, »es ist ohnehin ziemlich offensichtlich, dass ein Ei fehlt, auch wenn wir das Feld so hinterlassen hätten, wie wir es vorgefunden haben. Und wir erwarten ja in nächster Zeit kein Erdbeben oder eine ähnliche Katastrophe. Die Eier dürften also in Sicherheit sein, richtig?«

»Richtig!«, antwortete Nog automatisch. Jake ging offenbar gerade dieser seltsamen menschlichen Angewohnheit nach, seine Handlungen zu ›rechtfertigen‹, um ›sein Gewissen zu beschwichtigen‹. Nog verstand zwar nicht, warum Menschen so etwas taten, aber er kannte die Symptome dieses Verhaltens. Manchmal mussten Menschen regelrecht dazu überredet werden, im Sinne ihrer eigenen Interessen zu handeln. Jake hat Glück, dachte er, dass er einen Partner wie mich hat, der ihn auf die richtige Bahn bringt.

Der Turbolift setzte sie auf der Promenade ab. Wie Nog sich ausgerechnet hatte, herrschte zu dieser Tageszeit nicht viel Betrieb zwischen den Geschäften und Ständen. Obwohl Tag und Nacht auf DS Nine natürlich völlig abstrakte Begriffe waren, hielten sich die meisten Leute aus Bequemlichkeit an die Starfleet-Zeit. Vor allem auf der Promenade war es praktisch, regelmäßige Stunden für die Geschäfte – und das Vergnügen – zu haben. So früh am Morgen wurden die meisten Geschäfte, je nach ihrem Angebot, gerade geschlossen oder geöffnet.

Theoretisch hatte Quarks Bar rund um die Uhr geöffnet, doch als die beiden dort eintrafen, war so gut wie nichts los. Nur eine Handvoll Unentwegter und frisch Eingetroffener besetzten die Tische, wo sie Mahlzeiten aus dem Replikator einnahmen oder erfolglos versuchten, sich mit extrem verdünntem Synthehol zu betrinken. (Nog wusste, dass die harten Sachen erst dann serviert wurden, wenn Hochbetrieb an den Spieltischen herrschte.) Ein knochiger, lindgrüner Asominier, dessen Spezies nur alle zwanzig Jahre Schlaf brauchte, flirtete schamlos mit einem Dabo-Mädchen.

Quark selbst war nirgendwo zu sehen, was Nog nicht überraschte. Sein Onkel war selten vor Mittag auf den Beinen, und dann verbrachte er erst einmal ein oder zwei Stunden in einer Holokammer. Ein entfernter Vetter namens Chram hielt die Bar während der Morgenschicht besetzt. Büschel aus grauem Haar wuchsen dem Barkeeper aus den großen Ohren. Wenn ich einmal so alt bin, schwor sich Nog, werde ich nicht mehr für meine reicheren Verwandten arbeiten. Er winkte Chram flüchtig zu, während er Jake nach hinten in die Lagerräume führte. Chram blickte ihn nur finster an. Der ältere Ferengi war von Natur aus kein Frühaufsteher.

Im Gegensatz zum Glamour der öffentlich zugänglichen Bar waren die hinteren Räume ein Labyrinth aus Kisten, Kammern und Kabuffs, die großzügig mit schrägen Winkeln und Nischen ausgestattet waren. Schließlich wusste man nie, wie Nog schon mehrere Male erfahren hatte, wann man einmal einen abgeschiedenen Ort brauchte, um … was auch immer zu erledigen. Er führte Jake zu einer kaputten Kühleinheit, die von einer Kiste mit geschmuggeltem cardassianischem Wein und einem Stapel aus Datenscheiben mit antibajoranischer Propaganda flankiert wurde. Mehrere mit einer dicken Staubschicht überzogene Fünfliterflaschen mit Kamoy-Sirup standen auf den Kisten.

»Seit die Cardassianer abgezogen sind«, erklärte er, »fragt kaum noch jemand nach diesen Sachen. Mein Onkel wartet nur auf einen günstigen Zeitpunkt, um den Krempel abzustoßen – mit angemessenem Profit, versteht sich.« Er tippte auf die Kontrollen der Kühleinheit und schlug dann mit der Faust gegen die seitliche Verkleidung. Mit einem lauten Schmatzgeräusch öffnete sich der Deckel. »Da drinnen wird das Ei in Sicherheit sein. Gib es her.« Innerlich gratulierte er sich, dass er Jake dazu gebracht hatte, das gestohlene Ei die ganze Zeit an seinem Körper zu tragen. Auch wenn die menschliche Vertrauensseligkeit manchmal verwirrend war, hatte sie eindeutig ihre praktischen Seiten.

»Hier«, sagte Jake, während er langsam das Ei auswickelte. »Junge, bin ich froh, das Ding endlich loszuwerden.«

Um so froher bin ich, es mir nehmen zu können, dachte Nog.

Unter den Stoffschichten kam das schimmernde Horta-Ei zum Vorschein. Zum ersten Mal fragte sich Nog, was ein Horta eigentlich war und was er jetzt mit dem Ei anfangen sollte. Er streichelte nachdenklich sein rechtes Ohr. Ganz gleich. Es würde auf jeden Fall Profit abwerfen. Das wusste er ganz genau.

Seine Finger juckten ihn, das Ei zu berühren. Warum brauchte Jake so lange? Er wollte das Ei jetzt haben!

Doch sein menschlicher Freund gab es ihm nicht sofort, sondern blickte verwundert auf die halb enthüllte Kugel. »Seltsam«, sagte Jake. »Es fühlt sich wärmer an als zuvor.« Nachdem er es ganz ausgewickelt hatte, kam seine Hand erstmals wieder in direkten Kontakt mit der metallisch schimmernden Hülle. »Autsch! Verdammt! Aah!«, schrie Jake plötzlich und riss seine Hand vom Ei zurück. Entsetzt sah Nog, wie seine Beute auf den harten Molybdänitboden fiel.

»Du … du Menn-sch!«, rief er wütend. Das Ei polterte mit einem lauten Knall auf den Boden, so dass Nogs Ohrmuscheln zusammenzuckten. Dann rollte es in den hinteren Bereich des Lagerraums. Jake wedelte heftig mit den Fingern und blies sich dann in die Handfläche.

»Ich habe mich daran verbrannt!«, sagte Jake und zeigte ihm die gerötete Haut an seiner Hand. Nog bedachte die Verbrennung, die so schlimm nun wirklich nicht sein konnte, mit einem kurzen Blick, bevor er sofort dem Ei nachsetzte. Seine Hauptsorge war, dass das Ei vielleicht beschädigt worden war. Er sah, wie die rollende Kugel von einer Kiste mit klingonischen Kriegsspielen aufgehalten wurde. Nog streckte begierig die Hände danach aus. »Warte!«, schrie Jake hinter ihm. »Sei vorsichtig!«

In der letzten Sekunde riss Nog seine Hände zurück. Sein Widerwille gegen Schmerz war fast genauso groß wie seine Gier nach Profit. Er beugte sich über das Ei und suchte die Oberfläche mit seinen kleinen Knopfaugen nach irgendwelchen Rissen oder sonstigen Verformungen ab.

Auf den ersten Blick war keine Beschädigung zu erkennen. Gesegnet sei der Reinerlös!, dachte Nog dankbar. Dann begann das Ei plötzlich zu zittern. Nog riss die Augen auf. »Jake, komm schnell her! Irgend etwas passiert!« Ein helles knirschendes Geräusch kam aus dem Innern des Eies. Während die zwei Jungen zusahen, begann eine Seite der Kugel in einem schwachen rötlichen Schein aufzuglühen. Dünne Rauchfäden stiegen von der glühenden Seite auf. »Es wird explodieren!«, rief Nog und kroch hektisch auf allen vieren zurück. »Lauf!«

Jake packte Nogs Fuß und verhinderte seine Flucht. »Nein, Nog, nein! Verstehst du denn nicht? Es schlüpft!«

Was? Natürlich! »Das wusste ich doch«, sagte Nog sofort in herablassendem Tonfall. »Versteht ihr Menschen denn gar keinen Spaß?«

»Psst!«, sagte Jake. »Es geht los!«

Das Ei brach nicht auf. Statt dessen brannte sich etwas durch die Hülle und hinterließ darin ein rauchendes Loch. Das Wesen sah wie ein großer scharlachroter Wurm aus, der etwa einen halben Meter lang war. Seine Haut wirkte wie rohes Fleisch, nur dass darin stellenweise winzige mineralische Bröckchen eingebettet schienen. Ein Saum aus winzigen Fühlern oder Härchen verlief an der Unterkante des Wurmes. Damit schien sich das Geschöpf langsam über den Boden zu schieben, wobei es eine Spur aus verätzten Bodenplatten hinterließ. Das war also ein Horta, dachte Nog. Er fragte sich, wie viel es wohl wert sein mochte. Und wie viel mehr er dafür verlangen konnte.

Doch bevor er mit seiner Kalkulation zu einem Ergebnis gekommen war, kroch das neugeborene Horta – oder besser: ätzte es sich zum nunmehr leeren Ei zurück. Jake und Nog beobachteten, wie es sich ein neues Loch in die Schale brannte und anschließend wieder darin verschwand. »Was …?«, wollte er fragen, doch dann glühte das ganze Ei wie zuvor in rötlichem Schein auf und begann sich dann vor ihren Augen aufzulösen. Weißer Rauch stieg auf und verflüchtigte sich, während die harte Metallschale schmolz und vom Horta-Baby offensichtlich aufgesaugt wurde. Es schien sämtliche Materie zu absorbieren, die nicht verdampft war. Ein oder zwei Sekunden später war nichts mehr von der Eierschale übrig, nur noch ein sich windender roter Wurm, der ein ohrenbetäubendes Kreischen von sich gab, obwohl Nog keine entsprechende Körperöffnung entdecken konnte.

»Was hat es?«, fragte er Jake verzweifelt. »Was machen wir jetzt damit?« Und wie, überlegte er in stummem Entsetzen, sollte er dieses kleine ätzende Monstrum vor seinem Onkel geheim halten?

Jake sah nicht so zuversichtlich aus, wie Nog es sich gewünscht hätte. »Ich glaube, es hat Hunger«, sagte er.