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Warum müssen wir das eigentlich machen?«
McLean blickte über das Lenkrad auf die Straße, die sich Richtung Norden nach Inverness schlängelte. Sie hatten Perth schon längst hinter sich gelassen und steckten jetzt hinter einem Lastwagen fest, der kaum schneller als Schrittgeschwindigkeit fuhr. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß Grumpy Bob, der seine Zeitung weggelegt und den Becher mit dem Kaffee von der letzten Tankstelle ausgetrunken hatte und nun auf dem Sitz herumrutschte wie ein Schuljunge, den die Blase drückte.
»Ich muss das anscheinend machen, weil ich schon einmal mit den McClymonts zu tun hatte. Und vermutlich auch, weil der Deputy Chief Constable genervt war, dass man ihn aus seinem gemütlichen Büro gezerrt hatte. Aber verdammt, das ergibt doch keinen Sinn. Nicht wenn ich eine Mord-Ermittlung voranbringen soll. Aber wenn der DCC sagt: spring, dann ist nur noch die Frage: wie hoch?« McLean umklammerte vor lauter Frust das Lenkrad fester. »Und Sie sind hier, weil Sie nicht schnell genug eine Ausrede parat hatten und ich nicht alleine fahren wollte.«
Die Straße weitete sich zu einer autobahnähnlichen Schnellstraße, und McLean schaltete einen Gang herunter, um zu überholen. Noch ehe er in den Rückspiegel geblickt hatte, hörte er lautes Gehupe, der Wagen hinter ihm zwängte sich an ihm vorbei, wobei er mit zwei Reifen auf den Mittelstreifen geriet und der Fahrer wild gestikulierte, weil er unbedingt vorbeikommen wollte.
»Verdammt. Der hat’s so eilig, dass er sich noch selbst totfährt.« Grumpy Bob machte eine unhöfliche Geste, während McLean über die Schulter schaute, um festzustellen, ob noch andere Idioten unterwegs waren, ehe er den Lastwagen auf weniger hektische Art überholte und wieder einscherte, bevor die Schnellstraße endete.
»Wollen Sie die Verfolgung aufnehmen?«, fragte Grumpy Bob. Sie befanden sich in einem nicht gekennzeichneten Polizeiwagen, komplett ausgestattet mit einem im Kühlergrill versteckten Blaulicht und einer nicht ganz so diskreten Sirene unter der Motorhaube.
»Nein. Das ist schließlich nicht unser Bezirk. Vielleicht nur das Kennzeichen notieren und mit jemandem reden, wenn wir ankommen.«
Grumpy Bob fischte sein Notizbuch aus einer Tasche und schrieb irgendetwas hinein. »Allerdings wäre es schon eine gewisse Genugtuung, wenn wir etwas weiter vorn den Wagen im Straßengraben und auf dem Dach liegend überholen würden.«
»Machen Sie keine Witze darüber, Bob. Die Straße hier ist wirklich gefährlich. Je früher die ganz Strecke ausgebaut ist, desto besser.«
Worauf Grumpy Bob nichts erwiderte; McLean widmete sich wieder seinen Gedanken. Die ganze Fahrt war absolute Zeitverschwendung, eine Bestrafungsaktion, wenn er denn je eine erlebt hatte. Es war ihm nicht klar, warum er den Kopf für etwas hinhalten sollte, das die National Crime Agency vergeigt hatte. Die hatten die McClymonts observiert, aber trotz monatelanger Ermittlungen war es ihnen nicht gelungen, diesen Leuten irgendetwas nachzuweisen.
»Wieso kümmert sich nicht die OK darum?« Grumpy Bob stellte die Frage, über die auch McLean sich den Kopf zerbrochen hatte.
»Damit sie ein bisschen von ihrem Etat ausgeben können? Weiß der Himmel. Je früher wir dort ankommen, desto schneller können wir uns wieder an die wirklich wichtige Arbeit machen.« Er gab Gas, überholte ungefährdet den nächsten Lkw und beschleunigte den Wagen übers Tempolimit hinaus, sobald die Straße frei war.
»Ist trotzdem eine irre Zeitverschwendung.«
»Da bin ich ganz bei Ihnen, Bob. Das Ganze ist ein totales Desaster.«
Es dauerte eine weitere Stunde, bis sie im Raigmore Hospital ankamen, parkten und schließlich den Weg ins Leichenschauhaus fanden. Grumpy Bob nörgelte die ganze Zeit herum, und McLean ersann schon Wege, wie er den Miesepeter loswerden konnte. Er hätte ohnehin eine Zugfahrt zurück nach Edinburgh vorgezogen.
»DI McLean und DS Laird. Wir suchen nach einem Dr. Gilhooly.« McLean zeigte der Rezeptionistin seinen Ausweis, aber bevor sie antworten konnte, hörte er, wie sich hinter ihm jemand räusperte.
»Detective Inspector? Ihre Männer da drin müssen ja ziemlich wichtig sein.«
McLean drehte sich um und erblickte den Sprecher im kleinen Wartebereich hinter der Tür, durch die er soeben den Raum betreten hatte. Jetzt stand der uniformierte Beamte vom Stuhl auf; er war so groß, dass er fast den Kopf unter den Deckenfliesen einziehen musste.
»Sergeant Tanner, Sir.« Er streckte die Hand aus, die so groß wie der Teller eines Vielfraßes war. »Mir wurde gesagt, dass Sie kommen. Wenn Sie irgendetwas benötigen, fragen Sie einfach.«
»Vielen Dank, Sergeant. Die Leichen zu sehen dürfte genügen. Je früher ich das hinter mich bringe und aufhöre, unser aller Zeit zu verschwenden, desto besser.«
»Natürlich. Folgen Sie mir.« Tanner hob ein wenig den Kopf und sprach mit der Rezeptionistin. »Melden Sie uns bitte an, Janice.«
Das Leichenschauhaus war vielleicht nicht so gut ausgestattet wie Angus Cadwalladers Höhle im Cowgate, aber ziemlich funktionell. Sergeant Tanner musste bei jeder Tür den Kopf einziehen, ging jedoch langsamen Schrittes, sodass man ihm mühelos folgen konnte.
»Wie ich höre, sind die beiden irgendwelche Meisterverbrecher«, sagte er.
»Wohl kaum«, antwortete McLean. »Ich weiß nur, dass es sich um zwei Immobilienentwickler handelt, die ein, zwei Leute geschmiert haben dürften. Die NCA hat sie seit einiger Zeit im Visier, mutmaßlicher Drogenhandel, hat ihnen aber nichts nachweisen können.«
Sie waren im Obduktionssaal eingetroffen, ein viel kleinerer Raum, als McLean erwartet hatte. Der Tisch in der Mitte war bereits gedeckt, mit einer Leiche unter einem dicken weißen Laken.
»Sie müssen von der Edinburgher Polizei sein.« Ein Mann im weißen Kittel näherte sich von der anderen Seite des Saals und begrüßte sie. Er war eher klein, was noch offensichtlicher wurde angesichts der bedrohlichen Präsenz von Sergeant Tanner. »Ich hatte Sie bereits vor einer Stunde erwartet.«
McLean ging gar nicht darauf ein. »Dr. Gilhoody, nehme ich an. Ist das einer von Ihren Verkehrstoten?«
»Gewiss, Sie können ihn sich gerne anschauen.«
Der Arzt zog das Laken zur Seite – und zum Vorschein kamen Kopf und Schulterpartie eines Mannes. McLean hatte mehr als genug Verkehrstote gesehen, und sie kamen selten ungeschoren davon. Der Mann, auf den er hinabblickte, hatte auf einer Wange eine tiefe Schnittwunde und fast ein Auge verloren. Die Nase war zur Seite gedrückt, und er war blutverschmiert. Die Schultern saßen schief, was darauf schließen ließ, dass er unter dem restlichen Laken noch übler aussah. Der Arzt wollte mehr zeigen, aber McLean streckte abwehrend die Hand aus.
»Das reicht, ich hab genug gesehen. Ja, das ist Joe McClymont. Ist das sein Vater?« McLean deutete auf eine Rolltrage an der Wand, auf der eine weitere Leiche unter einem weißen Laken lag.
»Schätze ich mal.« Der Arzt zog das Laken beiseite, sodass das weitaus weniger beschädigte Gesicht von Jock McClymont sichtbar wurde. Im Tod wirkte er merkwürdig friedlich.
»Ja, das ist der alte Herr.«
»Nun, das hätte ich Ihnen auch sagen können. Es hätte Ihnen die Fahrt erspart.«
»Ich weiß. Aber wir müssen die Verfahren einhalten. Apropos, ist der Leichenwagen schon eingetroffen?«
»Steht schon bereit«, sagte der Arzt.
»Dann nehmen wir Ihnen jetzt die beiden Leichen ab und bringen sie nach Edinburgh, wo sie hingehören.«
Dr. Gilhoody ging dorthin zurück, woher er gekommen war, streckte den Kopf durch die offene Tür und rief jemandem dahinter etwas zu, das McLean nicht verstand. Kurz darauf gesellten sich ihnen zwei Pfleger mit einer Rolltrage hinzu. Joe McClymont wurde rasch vom Untersuchungstisch gehoben, dann rollte einer der Pfleger den Vater von seinem Platz an der Wand heran.
»Hier unterzeichnen, dann gehören sie Ihnen.« Der Arzt zog ein amtlich aussehendes Formblatt von seinem Klemmbrett und reichte es McLean, während die Pfleger die Leichen aus dem Obduktionssaal schoben. Er kritzelte seine Unterschrift darunter und nahm die oberste Kopie.
»Auf Wiedersehen, die Herren, ich habe heute Nachmittag noch jede Menge Sektionen vorzunehmen.« Und damit drehte sich Dr. Gilhoody um und ging.
»Ist der immer so?«, fragte McLean, als sie den Rückweg durch das Krankenhaus antraten, Sergeant Tanner.
»Im Grunde ja. Macht bestimmt keinen Spaß, tagaus, tagein mit Leichen zu tun zu haben.«
McLean wollte schon antworten, dass es seinem Freund Angus Cadwallader offenbar nichts ausmachte, als ihm aufging, dass der Sergeant ihn ja gar nicht kannte. »Was ist mit dem Wagen passiert?«, fragte er stattdessen.
»Was davon übrig ist, steht unten im Hof. Unsere Kriminaltechniker schicken einen Lkw mit Planendach her, um ihn in ihre Werkstatt zu bringen. Müsste heute Abend dort eintreffen.«
»Was davon übrig ist? Wie schlimm war der Unfall?«
»So schlimm, wie’s nur kommen kann, wenn ein Wagen mit hundertzwanzig Stundenkilometern gegen einen Felsen prallt. Die Feuerwehrleute mussten das Dach aufschneiden, damit sie die Leichen bergen konnten. Der Jüngere hatte den Großteil des Motors auf dem Schoß, der arme Kerl.«
McLean schaute über den Parkplatz zu seinem Wagen und erinnerte sich an den Idioten, der ihn überholt hatte, und die lange, eintönige Stunde, die er hinter dahinschleichenden Lkws zugebracht hatte. Plötzlich kam es ihm viel vernünftiger vor, mit der Bahn zu fahren.
»Wollen Sie den Wagen sehen?«, fragte Sergeant Tanner. »Er steht nicht weit von hier, auf dem Gelände der Werkstatt.«
Grumpy Bob sah McLean fragend an, wahrscheinlich, weil er hoffte, dass das nicht erforderlich sein würde. McLean wünschte, dem wäre so, aber die eine Sache, um die Detective Chief Superintendent Chambers von der NCA gebeten hatte, war, dass sie den Wagen inspizierten und aufpassten, dass nicht daran herumgefummelt wurde, bevor sich ihre kriminaltechnischen Teams ihn vornehmen konnten. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund hatte Chambers gewollt, dass niemand sonst von seinen Aktivitäten erfuhr. Fast so, als würde er der alten Northern Constabulary nicht ganz trauen. Das war zwar unhöflich und Zeitverschwendung, aber andererseits: Hatte man der NCA einen Gefallen getan, schuldete die einem auch einen. Das könnte sich irgendwann als nützlich erweisen.
»Ja, ist wohl besser. Wenn wir schon den weiten Weg gemacht haben.«
Es war gar nicht so leicht, Sergeant Tanner auf die Rückbank des Wagens zu bugsieren, aber er beklagte sich nicht. McLean saß am Steuer, sah im Rückspiegel aber nichts anderes als ein Gesicht. Immerhin war die Fahrt kurz. Ein Sicherheitszaun umgab ein Gelände, auf dem überwiegend Autowracks herumstanden, sodass es eher wie ein Schrottplatz aussah.
»Ihr Wagen ist da drin. Wir haben versucht, ihn so sauber wie möglich zu halten für die Jungs von der Kriminaltechnik.«
McLean brachte es nicht über sich, ihm zu sagen, dass es sich bei den »Jungs« heute meistens um Frauen handelte. Außerdem war er nicht erpicht darauf, den nagelneuen Wagen aus dem Fahrzeugpark so nahe an so vielen Wracks abzustellen. Aber er schloss ihn ab und folgte Sergeant Tanner in die große Werkstatt.
Viel Betrieb herrschte dort nicht. Aus einem unscharf auf irgendeinen Popsender eingestellten Radio dudelte Musik. Ein halbes Dutzend Buchten, alle mit einer Hebebühne wie in jeder gut ausstaffierten Werkstatt irgendwo im Land ausgestattet. Zwei Streifenwagen wurden gerade repariert; diverse wichtig aussehende Teile lagen um sie herum. Drei weitere Buchten waren leer, und in der letzten stand ein großer Flachbrettauflieger mit einer Plane darüber, die verbarg, was immer sich darunter befand.
»Hallo, Boaby. Wie geht’s denn so?« Vom anderen Ende der Werkstatt erschien ein kleiner, rundlicher Mann im schmuddeligen Overall und rieb sich dabei die ölverschmierten Hände an einem ebenfalls dreckigen Lappen ab.
»Ich hab hier zwei Detectives aus der großen Stadt, die sich das Wrack dort ansehen wollen, Tam.« Tanner deutete Richtung Plane; der Mechaniker musterte McLean und Grumpy Bob. Er musste sie wohl für würdig befunden haben, denn er nickte ihnen kurz zu, ging dann rüber zum Trailer und begann, die Plane zurückzurollen.
»Verdammt!« Grumpy Bob unterstrich seinen Ausruf mit einem leisen Pfiff des Erstaunens. Der Grund war unschwer zu erraten. McLean kannte sich ein wenig mit Autos aus und war deshalb ziemlich sicher, dass das hier ein 5er BMW gewesen sein musste. Allerdings sah er nicht mehr so aus, wie der Hersteller das beabsichtigt hatte. Zum einen gab es kein Glas mehr, außerdem war das Dach wieder da hingelegt worden, wo es hingehörte, allerdings umgekehrt, nachdem man es aufgeschnitten hatte, um die Leichen herauszuholen. Die Frontpartie wirkte so vollständig eingedrückt, dass man kaum erkennen konnte, wohin sie verschwunden war.
»Wissen wir, wie sich der Unfall zugetragen hat?«, fragte er und ging langsam um das Wrack herum, wobei er sich bemühte, sich das grauenhafte Geschehen nicht vorzustellen. Hatten die McClymonts gewusst, dass sie sterben würden? Oder war alles so schnell gegangen, dass ihnen keine Zeit dafür geblieben war?
»Der Idiot muss viel zu schnell gefahren sein.« Tanners normalerweise heiterer Tonfall war verschwunden. »Die Leute fahren doch alle viel zu schnell. Kaufen sich diese dämlichen, PS-starken Autos und halten sich dann für Jim Clark oder Stirling Moss. Und wir müssen anschließend die Scherben von der Straße aufsammeln. Aber wenigstens hat der Kerl nicht noch jemand anders mit in den Tod gerissen. Abgesehen vom Vater natürlich.«
McLean ging in die Hocke und betrachtete die Rückseite des Autos. Der Wagen war neu, nicht älter als ein paar Monate, nach dem amtlichen Kennzeichen zu urteilen. Ein BMW M5, in der Tat extrem PS-stark, wenn er sich nicht irrte. DC MacBride würde ihm die genauen technischen Daten heraussuchen können, aber das war nicht so wichtig.
»Glauben Sie, dass er einfach nur die Kontrolle über den Wagen verloren hat, weil er zu schnell gefahren ist? Keine Hinweise auf Fremdeinwirkung?«
»Nichts, was uns am Unfallort ins Auge gesprungen ist, nein.« Tanner drehte sich wieder zum Mechaniker um. »Ist dir irgendwas aufgefallen, Tam?«
»Ich hab mir den Wagen nicht angesehen. Das durften wir auch nicht. Den sollen die Großstadtjungs von der Kriminaltechnik untersuchen.« Vielleicht lag ein Hauch Verbitterung in den Worten des alten Mechanikers, weil man es nicht ihm überlassen hatte, dem Wagen seine Geheimnisse zu entlocken.
»Ich glaube, die interessieren sich mehr fürs Innenleben.« McLean versuchte dahinterzukommen, ob man die Motorhaube geöffnet hatte. Die Heckpartie war fast völlig intakt, aber weil sich der Entriegelungsmechanismus irgendwo in den zerquetschten Überresten der Frontpartie befand, war die Haube vermutlich nicht geöffnet worden.
»Hier können wir sowieso nicht mehr viel rausfinden.« Als er sich aufrichtete, verspürte er ein leichtes Ziehen im Rücken, das ihm verriet, dass die vierstündige Rückfahrt nach Edinburgh kein Vergnügen sein würde. »Abgesehen von der Tatsache, dass er zu schnell gefahren ist und auf ein stehendes Objekt gekracht ist. Ruhet in Frieden, Joe und Jock McClymont. Ich nehme an, man wird euch nicht vermissen.«
»Was haben die da oben bei Inverness gewollt?«
Während McLean und Grumpy Bob auf derselben Straße nach Edinburgh zurückkehrten, die sie am Vormittag gekommen waren, wurde McLean bewusst, dass er nicht mehr als sechzig Meilen pro Stunde auf der Schnellstraße gefahren war und noch langsamer, als diese zweispurig wurde. Sie hatten Sergeant Tanner vor seinem Revier abgesetzt, das Angebot, mit ihm in der Kantine zu Mittag zu essen, abgelehnt und waren wieder gen Süden aufgebrochen.
»Woran denken Sie?« McLean riskierte einen Seitenblick, nur um festzustellen, dass Grumpy Bob seine Zeitung nach etwas durchsuchte, das er noch nicht gelesen hatte.
»An die McClymonts. Das sind doch Immobilienentwickler aus Edinburgh. Kommt mir etwas seltsam vor, dass die beiden hier raufgefahren sind.«
»Vielleicht hatten sie vor, ihr Geschäftsfeld zu erweitern. Die Grundstückspreise in Edinburgh sind stark gestiegen. Vater und Sohn könnten gedacht haben, dass es leichter ist, hier oben Geld zu verdienen.«
»Das glauben Sie doch selber nicht, Sir.« Grumpy Bob hatte das nicht als Frage formuliert.
»Nein. Und die NCA glaubt es auch nicht.«
»Was hat also der kleine Joe vorgehabt, als er die A9 hochgedüst ist?«
»Das ist die große Frage. Viele Drogen kommen über die Häfen an der Westküste ins Land. All die kleinen alten Dörfer und versteckten Buchten. Könnte sein, dass sich die McClymonts mit einigen ihrer Lieferanten treffen wollten – wenn sie denn überhaupt Drogen geschmuggelt haben. Bislang hat ihnen noch keiner etwas nachweisen können.«
»Waren Sie deshalb so sehr an der Motorhaube des Wagens interessiert?«
»Das ist Ihnen aufgefallen?« McLean hob eine Augenbraue. »Hätte nicht gedacht, dass das so offensichtlich ist.«
»Das liegt an meinen ausgeprägten detektivischen Fähigkeiten.«
»Na ja. Der Chief Superintendent von der NCA, Chambers, wollte sicherstellen, dass der Wagen in Ordnung ist. Es wird interessant sein zu erfahren, was die Kriminaltechnik rausfindet. Nicht viel, schätze ich.«
»Hätten wir beim Wagen bleiben sollen, bis der Tieflader aufkreuzt?«
McLean hielt inne, bevor er antwortete, spulte noch eine Meile ab. »Ich nehme an, dass Chambers das von mir erwartet hat. Dass ich auf der Rückfahrt im Tieflader sitze, nur für den Fall, dass irgendetwas verschwindet. Ich bin mir nicht sicher, woher Chambers’ Paranoia kommt.«
»Wie lange sind die schon hinter den McClymonts her, was meinen Sie?«
»Keine Ahnung, aber vermutlich seit Jahren. Sie wissen ja, wie die sind, wenn sie sich erst mal festgebissen haben. Allerdings wurde nicht genug gefunden, um den beiden irgendwas anhängen zu können. Deshalb ergibt es auch keinen Sinn, beim Wagen zu bleiben. Auch wenn die Unterstellung, dass man den Leuten in Inverness nicht trauen kann, ein bisschen irre ist.«
»Ja. Irre. Und reine Zeitverschwendung.«
McLean blickte auf in die Landschaft, während sie an Pitlochry vorbei und weiter nach Süden Richtung Perth fuhren. Als sie wieder im Revier ankamen, wartete ein winziges Büro, randvoll mit Papierkram, auf McLean. Ein Einsatzraum, in dem nichts so richtig voranging. Ein Detective Constable, den zu verlieren er sich nicht leisten konnte und der aufgrund von Arbeitsüberlastung auf der Schwelle zur Kündigung stand. Und ein Chef, der schlecht gelaunt war, weil er bald in den Ruhestand gehen würde. »Ich weiß nicht. Es gibt schlimmere Arten, den Tag zu verbringen, Bob.«