Nate

Ich bin am Arsch.

Das sind Worte, die ich sonst niemals sage und niemals denke. Selbst in den schmerzlichsten, erbittertsten Scheidungsprozessen gebe ich mich nicht geschlagen. Ich schieße mich auf das Problem ein und verschwinde in einem Tunnel aus Alpha-Anwalt-Großartigkeit, weil ich diesen Scheißprozess gewinnen werde. So bin ich. Das ist mein Job.

Doch jetzt haben mich zwei gottverdammte Eheringe so aus der Fassung gebracht, dass ich genauso gut meine Sachen packen und zurück nach Chicago gehen könnte. Ich stehe mitten im Wohnzimmer, wo es aussieht, als sei eine Bombe eingeschlagen.

Ich bin ein furchtbarer Trauzeuge. Ich lasse meinen Freund auf seinem Junggesellen-Abschied im Stich für Sex. Zugegeben, dieser Aspekt tut mir nicht besonders leid, aber es ist trotzdem beschissen. Dann verbringe ich den Großteil des nächsten Tages, des Hochzeitstages, damit, auf der Suche nach meiner Beinahe-Hochzeitslokalität am Strip rumzulaufen, während ich bei Mike hätte bleiben und ihm dabei hätte helfen sollen, Tylers albernen aufmunternden Sprüchen aus dem Weg zu gehen. Und jetzt, wo ich es gerade noch rechtzeitig geschafft habe, mich in meinen Trauzeugen-Anzug zu zwängen, mit noch ungebundener Krawatte und Haaren, die wie ein Vogelnest aussehen, kann ich die eigens gravierten Ringe nicht finden.

Genau deshalb sollte ich keinen Sex haben. Ich sollte einfach einen Polypen von mir selbst ausbilden, ihn von meinem Körper abschneiden und ihn wachsen lassen, damit er losziehen und anderen Menschen bei ihren Scheidungen helfen kann. Ich überlasse ihm meinen besten Anzug, Haargel und alles. Was ich eigentlich sagen will: kein Sex mehr. Jemals.

Okay, daran kann ich mich nicht halten. Aber zurück zum vorliegenden Problem. Die Sofakissen liegen überall auf dem Boden verteilt. Hab ich im Schlafzimmer nachgesehen? Gründlich?

Ich nehme das Bett auseinander, ziehe die Steppdecke weg, reiße die Laken runter. Ich schüttele die Kissen aus, krieche auf Händen und Knien über den Badezimmerboden und sehe sogar in meinem Kontaktlinsen-Behälter nach, um mich zu vergewissern, dass ich gestern Nacht nicht erfinderisch mit Verstecken geworden bin.

Gestern Nacht. Vieles ist mir wieder eingefallen, aber nicht alles. Wer weiß, wann mir der Rest wieder einfällt. Mist, vielleicht hab ich die Ringe draußen im Springbrunnen verloren. Vielleicht hab ich sie einer Nutte gegeben. Oder sie bei Phoebe gelassen, und jetzt kann sie mich mühelos mit dem Einbruch in Verbindung bringen (ich bin in das Haus meiner Exfreundin eingebrochen, was für ein geistesgestörtes Arschloch bin ich eigentlich?), und ich kann mein ganzes verdammtes Leben in den Wind schreiben.

Vor allem werde ich die Hochzeit meines besten Freundes ruinieren, und weswegen? Wegen dem Scheiß-Tequila, deswegen. Weil ich ein beschissener Pisser-Freund bin, deshalb.

Wie kommt es, dass jede bekackte romantische Fehlentscheidung mit Tequila anfängt? Warum kann es nicht nur ein einziges Mal Gin sein, verdammt noch mal?

Während ich auf dem Bauch liege und jeden Zentimeter des Teppichbodens im Wohnzimmer untersuche, öffnet sich die Tür.

Scheiße. Mike.

Er kommt rein und knöpft seine Manschettenknöpfe zu. Er hat sich sogar die doofe Ansteckblume ans Revers gesteckt. Es ist eine lila, mit Glitzer besprühte Orchidee. Die haben Stacy am besten gefallen. Ihr ganzer Brautstrauß besteht aus Orchideen.

Kann man ohne Ringe heiraten? Können wir zwei Ring-Pops organisieren wie in der Antragsszene in Deadpool? Muss ich sie zwischen die Arschbacken geklemmt zum Traualtar tragen, genau wie in Deadpool? Warum zum Henker denke ich so viel an Deadpool? Ich meine abgesehen davon, dass der Film perfekt ist.

Als Mike sieht, wie ich auf dem Bauch durchs Wohnzimmer robbe, grunzt er. Er sieht sich in dem demolierten Zimmer um; der Couchtisch ist umgestürzt, die Kissen liegen überall verstreut.

»Oh Scheiße. Okay«, sagt Mike, rennt zu mir rüber, kniet sich neben mich und packt mich an den Schultern. »Sag mir die Wahrheit, Kumpel. Wie viel Koks hast du geschnupft?« Er sieht total erschrocken aus. Obwohl ich dabei bin, seine Hochzeit zu ruinieren, schlage ich ungehalten seine Hand weg.

»Herrgott, das ist es nicht. Ich … ich überprüfe nur die Sauberkeit des Hotels.« Ich lege mich wieder auf den Bauch und bemühe mich, die Couchtisch-Trümmer zu durchforsten.

Scheiße, was würde Julia denken, wenn sie jetzt hier wäre?

Aber ich muss jetzt aufhören, an Julia zu denken, denn das Letzte, was ich gebrauchen kann, ist eine unbeabsichtigte Erektion, während ich meinem Freund beichte, dass ich seine Hochzeit sabotiert habe.

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass du in den siebenundfünfzig Minuten vor meiner Trauung was Besseres zu tun hast«, sagt Mike leicht verwundert. »Was zum Teufel ist mit dir los?«

Vielleicht könnte ich Gedächtnisverlust vortäuschen. Nein. Das finde selbst ich wenig überzeugend.

»Warum gehst du nicht runter und hältst Tyler davon ab, im Schokoladenbrunnen Sex zu haben? Ich mache mich hier nur noch zurecht«, sage ich und luge unter die Couch.

Ah, da liegt was. Ich greife darunter und hole zwei Pfefferminz-Life-Savers raus. Scheiß Pfefferminze. Die isst sowieso keiner. Wem gehören die?

»Du siehst aus, als würdest du dir vor Angst in die Hose machen. Da du mein Trauzeuge bist, sollte man meinen, es wäre andersrum. Ich sollte ausflippen und du mir ein paar erbauliche Worte über die Liebe sagen. Naja, erbaulich vielleicht nicht, wenn es aus deinem Munde kommt«, sagt Mike, setzt sich auf die Couch und sieht wütend auf mich runter.

Ich stehe auf und ziehe meine Anzugjacke gerade. Ich muss Folgendes tun: Mein Anwalts-Pokerface aufsetzen und ihm sagen, dass die Ringe sich nicht mehr in meinem Besitz befinden. Das ist kein Schuldeingeständnis; es ist nur eine Erklärung, dass mir zu irgendeinem Zeitpunkt gestern Nacht die Ringe abhandengekommen sind, wahrscheinlich durch Diebstahl oder durch einen Dritten. Wenn das der Fall ist –

»Ich hab deine Trauringe verloren, Mann.« Wem mache ich was vor? So ein Arsch bin nicht mal ich. Ich kann Mike nicht mal mehr ins Gesicht sehen. »Ich war gestern Nacht sturzbesoffen und kann mich noch nicht wieder an alles erinnern. Keine Ahnung, wo sie sind.«

Himmel, ich muss mich wegdrehen. Ich stecke die Hände in die Taschen, trete ans Fenster und sehe auf den Strip herab, während die Sonne direkt hinter den Bergen versinkt. Die ganze Stadt ist in Halbdunkel und tiefes Rot getaucht, und am Horizont der Wüste beginnen die Lichter zu funkeln. »Es tut mir leid«, murmele ich.

»Ist das alles?«, fragt Mike, kommt zu mir rüber und stellt sich neben mich. Er blickt mit mir auf die Berge. Seine Stimme verrät keine Gefühlsregung. Kein fassungsloses Schreien, wie ich bloß so bescheuert sein konnte. Nur zwei Männer, die auf irgendwelche Scheißberge sehen. »Scheiße. Ich dachte, es wäre ein Notfall. Dass du krank wärest oder Liam Neesons Tochter entführt hättest.«

»Oh Mist. Jetzt fällt es mir wieder ein«, sage ich und reiße entsetzt die Augen auf. Mike lächelt.

Hab ich’s nicht gesagt? Ich bin saukomisch.

»Naja. Du kannst sie ja wieder zurückbringen. Wahrscheinlich.« Endlich sieht Mike mich an. »Ist schon okay. Kein Problem. Wir treiben Ersatzringe auf oder tun nur so.«

»Aber es ist ein Problem, Mike. Ich weiß, was dich die Ringe gekostet haben. Ich geb dir das Geld zurück«, murmele ich. Das ist zwar echt scheiße, aber ich mach’s.

»Klar ist das nicht das Prickelndste, das ich an meinem Hochzeitstag hören will«, gibt Mike zu. »Aber weißt du, was echt prickelnd ist? Ich heirate die Frau, die ich mehr als alles andere auf der Welt liebe.« Er sagt es langsam, als wäre ich ein Außerirdischer, der erst vor Kurzem damit angefangen hat, Englisch zu lernen, und er müsste mir etwas erklären. »Ich hab meine besten Freunde bei mir. Selbst Tyler, der große Kindskopf, ist mir wichtig. Das ist wichtig, Mann. Nicht die Ringe, oder die Location, oder die Dildos vom Junggesellinnen-Abschied, die im Dunkeln leuchten.« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Obwohl ich glaube, dass Stacy ein paar davon für die Flitterwochen in ihr Gepäck geschmuggelt hat.«

»Mir hat es besser gefallen, als du sauer auf mich warst«, sage ich, und mir ist irgendwie schlecht.

»Ich war nie sauer auf dich, Nate. Ich hab dich lieb, Arschloch.« Er schlägt mich auf die Schulter. »Stacy wird wahrscheinlich ein bisschen mehr ausflippen als ich, aber ich weiß, dass sie sich wieder abregen wird. Weil unsere gemeinsame Zukunft das ist, worauf wir gewartet und hingearbeitet haben.«

»Wie macht ihr das?«, frage ich ihn. Ich kann nicht anders; ich muss es wissen. »Woher wisst ihr, dass es das Richtige ist? Abgesehen davon, dass ihr schon fast zehn Jahre in wilder Ehe zusammenlebt. Und dass Stacys Familie aus Alabama dich schon vor fünf Jahren mit der Schrotflinte bedrohen wollte.«

»Du vergisst, dass Onkel Aaron während der Trauung verdeckt seine Waffe bei sich trägt.« Mike zuckt mit den Achseln. »Du kennst mich. Ich lege keinen Wert auf blumige Sprache. Aber woher weiß man, dass man die Richtige getroffen hat?« Er zählt es an seinen Fingern ab. »Man hat mehr Spaß mit ihr als allein. Alles ist ein Abenteuer. Man passt in wichtigen Fragen zusammen. Der Sex ist heiß. Und man vertraut darauf, dass sie dir zur Seite stehen wird, was auch kommen mag.« Er zuckt die Achseln. »Deshalb heiratet man, Kumpel. Das ist der einzige Grund. Ich meine, jetzt wo man nicht mehr aus finanziellen Gründen oder so ’nem Scheiß heiraten muss.«

»Stacy würde bestimmt gern ein paar Ziegen in euren Haushalt einbringen«, sage ich. »Der Tradition zuliebe.«

»Ich hatte eher an eine Milchkuh gedacht, aber klar. Dasselbe Prinzip«, antwortet Mike.

Ich lache, denn wer steht nicht auf gute Nutztierwitze? Aber es macht mich auch nachdenklich. Denn was Mike über Abenteuer sagt, übers Spaßhaben, über Vertrauen … jedes seiner Worte beschwört Julias Gesicht deutlicher vor meinem geistigen Auge herauf.

In all meinen Jahren mit Phoebe haben wir nach logischen Aspekten zusammen gepasst. Uns gefielen dieselben Filme, wir hatten denselben Beruf und dieselben Vorlieben im Bett. Aber irgendwas hat immer gefehlt, und wenn ich jetzt zurückblicke, verstehe ich, warum sie gegangen ist. Sie war nicht vollständig. Nicht ganz. Vielleicht war sie zufrieden, aber glücklich? Wahrscheinlich nicht.

Zum ersten Mal wird mir klar, dass es nicht darum ging, dass ich ihre Erwartungen nicht erfüllte. Sondern darum, dass wir nicht zusammenpassten.

So sehr Julia mich auch zur Weißglut treiben kann, ich weiß, dass mich niemand so zum Lächeln und Lachen bringen kann wie sie. Selbst wenn wir den Tag nicht damit verbracht hätten, mit dem Elvis-Klon fertigzuwerden oder uns pseudosowjetischer Kidnapper zu erwehren, hätten wir Spaß gehabt.

Eine Erinnerung blitzt in mir auf, wie wir beide in einem Café sitzen, wahrscheinlich sehr früh heute Morgen. Wir haben gelacht, und ich erinnere mich an das Gefühl in meinem Bauch. Es war fast ein Schwindelgefühl, so was wie Erleichterung. Mit Julia zusammen braucht man sich um nichts zu sorgen. Selbst wenn wir einander an die Gurgel gehen wollen, ist es unkompliziert.

Aber ich habe die Tür zu einer möglichen Beziehung zugeschlagen. Ich hab dicht gemacht, als wir rausgefunden haben, dass der Trauschein ungültig ist. Ich hab sie so schnell ausgeschlossen, wie ich konnte. Ich habe mir Ausreden dafür zurechtgelegt. Es schien mir zu dem Zeitpunkt nicht das Richtige zu sein. Immerhin leben wir in verschiedenen Städten, in verschiedenen Bundesstaaten. Wer will sich nach einer Nacht in Las Vegas auf so schwierige Verhandlungen einlassen? Absolut niemand.

Aber vor allem hat mich die Angst davor geleitet, in ihren Augen die gleiche Enttäuschung zu sehen wie in Phoebes, als es vorbei war. Diesen Schmerz will ich nie mehr erleben.

Aber was, wenn es doch das Richtige ist? Ist es nicht jeden Schmerz wert, wenn es richtig ist?

Scheiße. Ich hab sie allein ins Hotel zurückgeschickt.

Aber sie scheint auch kein großes Interesse daran zu haben, mit mir verheiratet zu sein. Sonst hätte sie etwas sagen oder tun können.

Vielleicht war das ihr großer romantischer Moment, in dem sie lieber warten wollte? Vielleicht wollte sie wie die Figuren in ihren Romanen im Sturm von mir erobert werden? Und ich hab die Erwartungen nicht erfüllt. Wieder mal. Ich hatte die Chance und hab sie vermasselt.

»Alles okay, Mann? Deine Augen sind auf einmal so glasig«, sagt Mike besorgt.

Ich seufze, rücke meine Krawatte gerade und knöpfe mein Jackett zu. Jetzt wird’s ernst! »Wir sollten lieber runtergehen. Zu spät zur großen Terrasse zu kommen wird nicht gern gesehen. Vor allem von Stacys Eltern. Die haben die Location nämlich gebucht.«

»Schon, aber meine Eltern haben die Deko und die Beleuchtung bezahlt. Sie haben bestimmt alles stundenweise gemietet, also setzen wir unsere Ärsche lieber in Bewegung«, sagt Mike.

Wir eilen in den Fahrstuhl und fahren runter ins Erdgeschoss. Mir ist immer noch schlecht. Keine Ahnung, ob das an den Ringen oder an Julia liegt.

Wir treten hinaus, biegen nach rechts ab und rennen zur Terrasse. Ich sehe zwei von Stacys Brautjungfern in dieselbe Richtung gehen. Ihre blasslila Taftkleider wehen im heißen Wüstenwind, als wir hinter ihnen auf die Terrasse treten. Ich sollte mich wie ein normaler ungebundener Trauzeuge aufführen, ihre Ärsche begutachten und herauszufinden versuchen, welche von den beiden nach der Trauung für Sex auf der Veranda zu haben wäre. Aber mir ist einfach nicht danach.

Weil sie nicht Julia sind. Es ist nicht sie, die dort im hübschen gelben Kleid am Eingang zur Terrasse steht, mit hochgesteckten Haaren und den Ringen in der Hand und –

Eigentlich passiert genau das. Alles davon. Ich renne zu ihr und fühle mich lebendig. Als sie zu mir aufblickt, weht eine Haarsträhne über ihren Mund. Ich will sie ihr ganz langsam und sexy wegstreichen und sie fragen –

»Wollt ihr heute noch heiraten oder was?«, fragt Julia atemlos und sieht über meine Schulter zu Mike. »Wenn ja, hab ich, was ihr braucht. Und zum richtigen Preis kann es euch gehören.«

Als sie ihm die offene Hand hinhält, funkeln die Goldringe im abnehmenden Sonnenlicht. Sie lächelt mich an, weicht jedoch rasch meinem Blick aus. Vielleicht will sie die Situation nicht noch peinlicher machen, als sie schon ist. Ich nehme ihr die Ringe ab und will dabei gefasst klingen, als würde ich meinen Scheiß geregelt kriegen.

Stattdessen sage ich: »Ich dachte, ich falle in Ohnmacht.« Ich räuspere mich. Depp. »Wo waren die zwei bösen Jungs?« Klingt schon viel besser, cool und unerschütterlich. Als würde ich die Trauringe meines Freundes jeden Tag in … dem Striplokal lassen?

»Das Café im Venetian. Irgendwann zwischen dem Vogelnapping und dem Springbrunnen haben wir dort Supercroissants gegessen.«

»Wir haben uns doch vorher die Hände gewaschen, oder?«

Das ist kein Scherz; bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um.

Julia zuckt mit den Achseln. »Hoffen wir, dass es uns wieder einfällt. Oder vielleicht auch lieber nicht.«

»Da seid ihr ja!« Stacy kommt zu uns gerannt. In ihrem schulterfreien Hochzeitskleid sieht sie atemberaubend aus. Ihr Schleier schwebt hinter ihr her, und ich bilde mir ein, in Mikes Augen Comic-Herzchen zu sehen. Stacy umarmt Julia und sieht mich an. »Ich wusste nicht, wo ihr wart. Was soll das?«

»Wir, äh, das heißt ich«, stammele ich und überlege fieberhaft, wie ich es ihr erklären soll. Mike, der immer noch in seinem Las-Vegas-Märchen gefangen ist und seine perfekte Zukünftige anstarrt, ist da keine Hilfe.

»Du hast die Hochzeit gerettet, stimmt’s?«, fragt Stacy Julia und nimmt die Ringe. »Du bist meine Heldin. Superleistung, Nate.« Offenbar nicht sauer, blinzelt sie mir zu und gibt mir die Ringe zurück. »Halt die in den nächsten fünfzehn Minuten fest. Schaffst du das?«

»Ja«, sage ich einsichtig. Sie hat das Recht, mich aufzuziehen.

»Du. Du musst bei der Trauung dabei sein«, sagt sie und zerrt Julia hinter sich her, die fast über die Brautschleppe stolpert.

Gut, denn ich war mir nicht sicher, wie das alles sonst noch lächerlicher werden könnte.

»Hab ich eine Wahl?«, fragt Julia und wirft mir über die Schulter einen Blick zu. Will sie gerettet werden? Vielleicht will sie auch nur sichergehen, dass ich mitkomme.

Ich wünschte, der Gedanke würde mir nicht so gefallen.

»Du musst nur auf der Seite des Bräutigams stehen. Tyler hat sich eine heftige Magenverstimmung zugezogen. Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, gibt er alles wieder von sich, was er zuletzt gegessen hat.« Stacy seufzt. »Eigentlich sollte Onkel Aaron seinen Platz einnehmen, aber der hat darauf bestanden, seine Uzi auf den Rücken geschnallt zu behalten, und ich hätte lieber jemanden, der unbewaffnet ist.«

»Tyler ist krank? Was ist passiert?«, frage ich erschrocken.

Stacy winkt lachend ab. »Seine Sugar Mamma hat ihm Austern spendiert. Anscheinend ist ihm eine davon nicht bekommen.«

Julia Stevens und ihre Freundinnen: der Quell all meines Frusts und Glücks auf diesem Trip.

Als der Nachmittag langsam in den Abend übergeht, nehmen wir unsere Positionen ein und schreiten zum Altar. Eine Sängerin singt schmachtend in ein Mikrofon, und Rosenblütenblätter liegen verstreut zu unseren Füßen, als wir zum Rabbi kommen und beiseitetreten.

Bald stehen Julia und ich direkt nebeneinander. Ich kann ihr berauschendes Parfüm riechen. Alle kommen zur Ruhe und warten. Kurz darauf schreitet Stacy strahlend am Arm ihres Vaters zum Altar.

Und alles, was ich will, ist die Hand ausstrecken und Julia berühren. Ich will den Träger ihres Kleids spüren, die weiche Haut darunter.

Aber das geht nicht. Weil ich auf einer Hochzeit bin und keinen Mucks machen darf.